Titel: | Notizen über Mahlmühlen. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 440 |
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Notizen über Mahlmühlen.
Mit Abbildungen auf Taf.
VI [c/1].
Ueber Senfmühlen.
Prof. Dr. M. Rühlmann hat in
den Mittheilungen des Gewerbevereines für Hannover, Jahrgang 1876, verschiedene
interessante Notizen über Mahlmühlen veröffentlicht, welchen wir folgendes
entnehmen.
Senfmühlen. Man muß naturgemäß Mühlen zum Mahlen,
(Zerkleinern, Verwandeln in Mehl) des Senfsamens (sinapis
alba und sinapis nigra.) von denen der
Teigbereitung zur Fabrikation des Mostrichs (französisch Moutarde; englisch Mustard), des bekannten
Speise-, Reiz- und Genußmittels, unterscheiden. Die Mühlen zum Mahlen
des Senfes, entweder zum Zwecke der Mostrichbereitung oder zum Schroten oder
Mehlmahlen für medicinische Zwecke, sind in der Regel Walzwerke zum Grobmahlen, wie
man sie zum Verarbeiten der Oelsämereien verwendet, und Kollersteine zum Feinmahlen,
wie man sie ebenfalls bei der Fabrikation des Oeles aus Samen oder für andere
Zwecke, z.B. bei der Bereitung des Knochenmehles benutzt, und wobei man wohl auch
unter Umständen (wie beim Traß- und Cementmahlen) gewöhnliche
Getreidemahlmühlen mit französischen Steinen in Anwendung bringt.Vgl. hierüber Rühlmann: Allgemeine Maschinenlehre.
2. Aufl. Bd. 2 S. 295 ff.
Zur Bereitung (Mengen, Kneten, Durcharbeiten) der den Mostrich bildenden Teigmasse,
wo das Senfmehl mit Most, Wein, Fruchtessig, Zucker, Gewürze u. dgl. vermengt wird,
bedient man sich dagegen Mühlen, welche den Charakter der alten Handmühlen mit
horizontalen und zwar oberläufigen kleinen Steinen an sich tragen, und die man bei
größern Fabrikbetrieben in der Regel als Systeme (in Gruppen aufgestellt) in
Anwendung bringt. Seit langer Zeit werden daher für Senf-, richtiger
Mostrichfabriken die fraglichen Mühlen von der vormals G. Egestorff'schen
Maschinenbauanstalt, jetzt Hannoversche Maschinenbau-Actiengesellschaft in
Linden, so angeordnet und ausgeführt, wie in Fig. 23 und 24 in
Verticaldurchschnitt und Grundriß dargestellt ist.
Hier besteht die Gruppe aus sechs Paar horizontaler Mühlsteinen (aus gutem
Sandsteinmaterial), wovon die Läufer (von 0m,610 Durchmesser) in der Abbildung mit a, die
zugehörigen Bodensteine mit b bezeichnet sind.
Die Mühleisen (Spindeln) werden hier von kurzen Zapfen c
gebildet, die man im Bodensteine b festgegossen hat; die
Hauen sind feste, dreiflügelige (sogen. Kreuzhauen), wie sie namentlich noch gegenwärtig bei den
deutschen Graupenmühlen vorzukommen pflegen. Wie ferner aus den Abbildungen erhellt,
ist jeder Läuferstein an seinem obern Rande mit einem Zahnkranze versehen, dessen
Zähne in die eines Stirnrades g fassen, was auf
sämmtliche Gänge die erforderliche Betriebskraft überträgt. Ein geeignetes
Riemenvorgelege, dessen passive Scheibe auf der stehenden Welle i befestigt ist, vermittelt die Verbindung mit dem
vorhandenen Motor, in den meisten dem Verfasser bekannten Fällen eine kleine
Dampfmaschine. Daß sämmtliche Bodensteine mit geeigneten hohen Rändern (Zargen)
umgeben sind, in die man durch Seitenöffnungen der Bodensteine zeitweise die fertige
Teigmasse abführt, während dieselbe vor der Bearbeitung ohne weiteres in die
Läuferaugen eingetragen wird, bedarf wohl ebenso wenig der Erörterung, wie das
völlig isolirte Holzgerüst d, welches zum Tragen des
ganzen Maschinenwerkes bestimmt ist.
Die Production vorbemerkter Mühle beträgt ungefähr 75k fertiger Mostrichteigmasse bei 24
stündiger Arbeit aller sechs Gänge, wobei die Läufer 30 Umgänge in der Minute
machen.Eine sächsische Senffabrik beschreibt Rühlmann im
Hannoverschen Wochenblatt, 1877 S. 39. Hier sind hauptsächlich drei
Mahlgänge mit horizontal liegenden Steinen in einer Reihe neben einander
aufgestellt, welche alle drei von einer oben angeordneten, horizontal
liegenden Welle, unter Einschaltung dreier Kegelradpaare (für jeden Gang ein
Paar), von einer Dampfmaschine betrieben wurden.Die laufenden Obersteine von 54cm
Durchmesser machten 85 Umläufe in der Minute, wobei man den arbeitenden
Steinflächen die sogen. „alte Windmüllerschärfe“
gegeben hatte, welche hier aus sechs Feldern mit etwas gekrümmten
Hauschlägen bestand.Der erste dieser drei Gänge empfing die trockene Saat (Senfsamen), welche aus
dem Rüttelschuh durch das Läuferauge des Obersteines eingeführt wurde,
während gleichzeitig Essig etc. zutropfte. Auf diesem Gange wurde die Saat
zu „Grobgut“ gemahlen. Letzteres wurde dem zweiten
Gange überliefert und hier zu „Mittelgut“ vermahlen,
endlich letzteres beim dritten Gange aufgeschüttet und hier zu
„Feingut“ verarbeitet.Diese drei (zusammen arbeitenden) Gänge lieferten in 11 Arbeitsstunden 5
Anker Speisesenf (Mostrich), den Anker zu 34l,238 gerechnet.Bemerkenswerth dürfte noch Folgendes sein: Die Steine der ersten zwei
Mahlgänge hatte man aus den Krawinkler Steinbrüchen (bei Gotha) bezogen,
während die Steine des dritten oder Feinmahlganges Franzosen (wahrscheinlich
aus La Ferté) sind. Das Walzen des Senfsamens vor dem Zermahlen
erklärte der betreffende Senfmüller für durchaus verwerflich, indem
hierdurch das Lieferungsquantum vermindert werde, vor Allem aber der Senf an
Güte verliere. Die Bodensteine sind schließlich mit einem Blechkranze
umgeben, welcher vorn an einer Seite mit einem Auslaufe versehen ist, durch
welchen das Mahlgut in untergesetzte Kübel tropft.