Titel: | Untersuchungen über den Zucker der Trauben; von E. Mach. |
Autor: | E. Mach |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 471 |
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Untersuchungen über den Zucker der Trauben; von
E. Mach.
Mach, Untersuchungen über den Zucker der Trauben.
Ueber die Beschaffenheit des Zuckers in den Trauben herrscht vielfach die größte
Unklarheit; wird doch nicht selten derselbe als vollkommen identisch bezeichnet mit
dem Stärkezucker, dem sogen. Traubenzucker des Handels. Man weiß nun zwar im
Allgemeinen, daß der Zucker der Trauben, wie überhaupt aller sauren Früchte, aus
einem Gemenge der Dextrose und der Levulose oder Chilariose besteht; über das
Verhältniß dieser beiden Zuckerarten im Moste sind aber die Ansichten noch sehr widersprechend. Man
nimmt gewöhnlich an, die beiden Zuckerarten seien im Verhältniß des Invertzuckers
vorhanden, wie derselbe aus dem Rohrzucker durch Behandlung mit Säure entsteht.
Andere nehmen nur Levulose oder Linkszucker in den Früchten an.
Bekanntlich findet man die Traubenstielchen mit Stärke ganz gefüllt, in der Beere
selbst aber kaum Spuren davon; die Stärke hat sich hier allem Anscheine nach völlig
in Zucker umgesetzt. Während aber in den Stärkezuckerfabriken nur ein rechts
drehender Zucker, die Dextrose, erhalten wird, ist der Zucker der Trauben stets
links drehend.
Zur Erforschung dieser Zuckerbildung in den Pflanzen hat E. Mach
Annalen der Oenologie, 1876 S. 415 bis 429. in Verbindung mit F. Kurmann eine große Anzahl
Moste mit der Klosterneuburger Mostwage, der Fehling'schen Lösung und dem
Polarisationsapparat von Ventzke-Soleil untersucht und hierbei den Zucker als Invertzucker
berechnet (nach Bolley – 1° = 0g,833 Invertzucker in 100cc bei 15°). Am 1. October 1875
ausgeführte Traubenuntersuchungen gaben nun folgende Resultate:
Textabbildung Bd. 225, S. 471
Die Unterschiede in den Zuckerprocenten, die nach Fehling
und durch Polarisation gefunden wurden, sind hiernach nur gering, im Mittel 0,5
Proc. zu Gunsten der Polarisation; die mit einem * versehenen, in der Reife
zurückgebliebenen Sorten geben mit Fehling'scher Lösung einen etwas größern
Zuckergehalt.
Traubenuntersuchungen vom 15. October gaben im Mittel 2,02 Proc. Differenz an Zucker,
am 3. November bereits 4 Proc. Später wurden noch durch Aufhängen in einem kühlen Raume conservirte
Trauben untersucht und folgende Resultate erhalten:
Textabbildung Bd. 225, S. 472
Datum; Traubensorte; Polarisirt;
Nach Fehling; Differenz in Proc.; Specifisches Gewicht; Mostwage; Säure in 1000;
Grad; Invertzucker; Proc.; November; Most von faulen Marzemino; Most von
gesunden Nosiola; December. Most von ganz verfaulter Nosiola; Marzemino gesund
„ sehr eingetrocknet
Hier wurden also Differenzen bis 10,5 Proc. gefunden. Je später man demnach vom Stock
getrennte Trauben untersucht, um so weniger stimmen die durch Polarisation
erhaltenen Resultate mit jenen der Fehling'schen Methode überein, und um so weniger
ist man berechtigt, den Zucker der Traube als Invertzucker zu berechnen, da die
Levulose um so mehr der Dextrose gegenüber vorzuherrschen scheint.
Namen der Sorten.
Polarisirt.
NachFehling.
Differenz.
Spec. Gew.
Säurein 1000.
Grad.
Zucker.
Aepfel.
Proc.
Proc.
Härtling
– 7,6
12,61
6,49
6,12
1,064
5,8
Rother Stettiner
– 11,7
19,45
7,17
12,28
1,062
4,1
„ Rosmarin
– 7,7
12,61
7,29
5,32
1,078
7,2
Platter Lederapfel
– 12,3
20,35
7,36
12,99
1,067
6,2
Edelrother
– 8,4
13,96
6,64
7,32
1,062
5,7
Gelber Winterstettiner
– 7,2
12,01
6,08
5,93
1,058
6,4
Perlreinette
– 5,1
3,38
9,32
0,94
1,073
6,7
Birnen.
Spina carpi
– 15,4
25,56
5,16
20,40
1,064
2,5
Viguolese
– 9,7
16,12
11,07
5,05
1,075
6,8
Trockener Martin
– 13,4
23,01
9,02
13,09
–
1,1
Louise bonne
– 14,3
23,75
8,16
15,59
1,063
1,9
Marie cuisse
– 19,4
33,03
18,74
14,59
–
1,6
Am 21. December 1875 wurde nun der Saft einer Anzahl Aepfel und Birnen untersucht.
Vorstehende Tabelle, die nur einen Theil der vom Verfasser mitgetheilten Analysen
enthält, zeigt, daß die Berechnung als Invertzucker zu ganz falschen Resultaten führt, da
hier entschieden die Levulose vorherrscht; die erste Birne enthält ausschließlich
Levulose. Der Most einiger Aepfelsorten, z.B. des Edelrothen, war trotz des ziemlich
hohen Säuregehaltes auffallend süß, vielleicht in Folge des Vorherrschens der süßen
Levulose.
Es wurden nun Gährungsversuche mit verschiedenen Mostsorten gemacht; nachfolgende
Tabelle enthält die Resultate eines solchen Versuches mit frischem
Teroldigomost.
Datum.
Polarisirt.
NachFehlingin
100cc.
Differenz.
Grad.
In 100cc.
g
g
15. October
– 13,0
22,60
20,49
2,11
22. „
– 11,2
19,77
18,93
0,84
26. „
– 10,4
18,36
16,34
2,02
29. „
– 10,8
19,07
13,44
5,63
30. „
– 10,8
19,07
13,44
5,63
3. November
– 9,5
16,77
11,49
5,28
8.
„
– 4,2
7,41
1,52
5,89
15. „
– 0,7
1,23
0,75
0,48
Während anfangs die Levulose rascher vergährt, tritt bald die schnellere Vergährung
der Dextrose ein.
Ferner wurde 1l Most mit 13g 91procentigem Rohrzucker, in 100cc Wasser gelöst, versetzt und bei
15° zur Gährung gebracht.
Datum.
Sorte.
Polarisirt.
NachFehling.
Zucker nachder Invertirungnach Fehling.
NachvorhandenerRohrzucker.
Specif. Gew.
Grad.
Invertzucker.
Proc.
Proc.
Proc.
29. Novbr.
Ursprünglicher Most
– 12,6
20,52
16,95
–
–
1,084
Mit Rohrzucker gallisirt
– 10,4
16,97
15,40
16,52
1,12
1,082
3. Decbr.
Vergährung
– 12,3
20,20
14,17
15,10
0,93
–
9. „
„
– 12,5
20,96
10,23
10,50
0,27
–
15. „
„
– 10,6
18,01
7,16
7,16
0,00
–
30. „
„
– 0,8
1,40
0,42
–
–
–
Der Rohrzucker hält sich demnach bis in die Mitte der Gährung, dann verschwindet er.
Aus diesen und andern Versuchen folgt, daß mit Rohrzucker versetzter Most stets
einen links drehenden Wein geben wird, mit käuflichem Traubenzucker gallisirter
dagegen einen rechts drehenden. (Vgl. 1876 219 146. 220 565.)
In einem Nachtrag bemerkt Mach noch, daß nach Zuckovsky das Moleculardrehungsvermögen des Invertzuckers
richtiger mit – 24,2° anzunehmen sei, woraus sich der Factor 0,7898
für Invertzucker und 0,18035 für Levulose ableitet. Bei Annahme dieser Zahlen würden
sich die durch Polarisation erhaltenen Invertzuckerprocente um fast 1/9 verringern.
Die Schlußfolgerungen aus dieser Arbeit würden dann nur in so weit verändert, daß im
Zucker der unreifen Trauben (1. October) die Dextrose vorherrschte, zur Zeit der
allgemeinen Lese (15. October) im Moste fast vollkommener Invertzucker vorhanden
war, während beim Nachreifen die Levulose immer bedeutender wurde.