Titel: | Zur Prüfung von Portlandcement. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 565 |
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Zur Prüfung von Portlandcement.
Zur Prüfung von Portlandcement.
Die Untersuchung von Cement kann eine eingehende sein unter Zuhilfenahme aller
derjenigen Mittel, welche Wissenschaft und Praxis an die Hand geben, oder eine
einfachere, praktische, welche in möglichst kurzer Zeit, jedoch auch zuverlässig
genug ausgeführt werden kann, um bei Lieferungsabschlüssen als Controlprobe zu
Grunde gelegt werden zu können. Von einer solchen praktischen Prüfungsmethode
verlangt Dyckerhoff (Journal für Gasbeleuchtung, 1877 S.
75 bis 82), daß sie einheitlich, einfach, zuverlässig und möglichst rasch
auszuführen sei.
Dyckerhoff führt aus, daß Portlandcement mittels der
7-Tag-Probe nicht beurtheilt werden könne, daß dem entsprechend J. Grant in London, Lindley und
Ch. Colson jetzt die 28-Tag-Probe fordern.
Der Schrift des letztern (Experiment on the
Portlandcement. London) entnimmt er folgende Angaben über die
Zerreißungsgewichte (Pfund auf 2 1/4 Quadratzoll engl., bezieh. k auf 1qc) von
fünf verschiedenen Cementen nach 7 Tagen, 2, 6 und 12 Monaten:
Cementsorte.
7 Tage.
2 Monate.
6 Monate.
12 Monate.
Pfd.
k
Pfd.
k
Pfd.
k
Pfd.
k
Booth und Comp.
1000
31,2
985
30,8
947
29,6
1241
38,8
Burham Company
959
30,0
1099
34,3
1102
34,4
1245
38,9
Wouldham Company
836
26,1
1194
37,3
1467
45,8
1488
46,5
Hooper und Ashby
589
18,4
1050
32,8
1227
38,3
1500
46,9
Francis und Comp.
604
18,9
1241
38,8
1492
46,6
1762
55,1
Die nach 7 Tagen am wenigsten Festigkeit zeigenden Cemente hatten also schließlich
die höchste Festigkeit erlangt.
Folgende Tabelle zeigt die Bruchgewichte (k auf 1qc) verschiedener deutscher und englischer
Portlandcemente nach den Versuchen des Verfassers. Die Probekörper von 5qc Querschnitt der Bruchfläche sind nach
der Michaëlis'schen Methode auf der Gypsplatte angefertigt und mit dem
Zerreißungsapparate von Frühling, Michaëlis und
Comp. (*1877 224 487)
geprüft.
Siebrückstände.
Cementsorte.
BindezeitinMinuten.
1l
wiegtg
900Maschenauf 1qm.
400Maschenauf 1qm.
7Tage.
2Wochen.
4Wochen.
12Wochen.
I
420
1201
13,7
6,5
39,6
43,9
45,2
45,9
II
240
1370
29,2
19,7
35,0
41,9
43,7
37,2
III
480
1303
12,5
5,2
34,2
43,8
45,9
42,6
IV
200
1250
–
3,0
30,5
34,0
44,1
46,9
V
150
1315
11,3
3,7
26,9
34,7
41,4
43,8
VI
180
1292
13,3
5,5
26,7
33,6
36,0
43,8
VII
35
1342
10,3
2,5
24,7
–
31,8
44,9
Erscheint nun auch hiernach die 28-Tag-Probe zweckentsprechender als
die 7-Tag-Probe, so kann doch selbst aus dieser mit reinem Cement
vorgenommenen Untersuchung kein zuverlässiger Rückschluß gezogen werden auf den Grad
der Bindefähigkeit verschiedener Cemente zu Sand, auf welche aber grade das größte
Gewicht zu legen ist.
Folgende Tabelle gibt die Festigkeit (k auf 1qc) verschiedener Cemente rein und mit 4
Th. Sand gemischt nach 7 Tagen, 2, 4 und 12 Wochen an; die Probekörper wurden
ebenfalls nach Michaëlis auf der absaugenden
Gypsplatte angefertigt.
Textabbildung Bd. 225, S. 566
Cementsorte; Bindezeit in Minuten;
1l wiegt g; Siebrückstand bei; 900
Maschen auf 1qc; 400 Maschen auf 1qc; 1 Woche; rein; mit 4 Sand; 2
Wochen; 4 Wochen; 12 Wochen.
Dyckerhoff nimmt daher keinen Anstand, entgegen den
Angaben von Michaëlis u.a. (1877 224 188) 287. 417), für die Prüfung von Portlandcement
eine Controlprobe mit Sand nach 28 Tagen als die richtigere zu empfehlen, und zwar
eine solche mit hohem Sandzusatz, da dann der eigentliche Werth eines Cementes um so besser zum
Ausdruck gelange; bei 1 und 2 Th. Sandzusatz mögen sich zwei Cemente noch nahezu
gleichstehen, bei mehr Sandzusatz dagegen können schon wesentliche Differenzen zu
Tage treten. Eine solche Prüfung würde den Anforderungen, welche er an eine
verläßliche Controlprobe stellt, am meisten entsprechen.
Wird in Zukunft Portlandcement für praktische Zwecke nur mit hoher Sandbeimischung
geprüft, so werden die sonst so dringend gebotenen Siebversuche zur Controle der
feinen Mahlung sich beinahe als überflüssig erweisen; denn der Fabrikant muß, um
hohe Bindekraft mit Sand zu erzielen, den gut gebrannten Cement auch fein mahlen,
und das Bestreben der Industrie wird sich alsdann darauf richten, Cement von
höchstem effectivem Werth anzufertigen, während namentlich in der letzten Zeit man
vielfach bemüht war, eine möglichst hohe, aber bedeutungslose Festigkeit bei der
7-Tag-Probe mit reinem Cement auf der Gypsplatte zu erzielen.
C. Heintzel (Notizblatt des deutschen Vereines für
Fabrikation von Ziegeln, 1876 S. 199) schließt sich dagegen im Allgemeinen den
Vorschlägen von Michaëlis an, zeigt aber, daß es
keineswegs gleichgiltig ist, wie viel Wasser zu den Proben genommen werde. So hatte
ein langsam bindender Cement nach 7 Tagen beim Anmachen von 100 Vol. Cement mit 50
Vol. Wasser eine Festigkeit von 17k,9, mit
45 Vol. Wasser von 21k,6 und mit 32 Wasser
eine solche von 29k,6. Zu berücksichtigen
ist ferner, daß aus dem Wasser genommene Zugstücke beim Abtrocknen an der Luft auf
noch nicht erkannte Weise innerhalb verhältnißmäßig kurzer Zeit ihre hohe Festigkeit
verlieren.
Entgegen der Angabe, daß Probekörper, nach Michaëlis'scher Aufsaugungsmethode
angefertigt, überhaupt nicht im Stande seien, den Charakter eines Cementes bereits
nach 7 Tagen erkennen zu lassen, da Cemente nach dieser Frist sehr hohe Festigkeit
zeigen könnten, die nach einigen Wochen dieselbe verlieren und allmälig in ihrem
Werthe zurückgehen, bemerkt Heintzel, über derartige
kalküberreiche, dehnende Cemente könne gar nicht verhandelt werden, da diese von
vornherein fehlerhaft und verwerflich seien. Schließlich leitet er aus seinen
Versuchen folgende Sätze von allgemeiner Bedeutung ab:
1) Portlandcement von richtiger chemischer Zusammensetzung erhärtet, gleichmäßig in
Luft oder Wasser gehalten, fortschreitend mehr und mehr. Alle Schwankungen und
„Oscillationen“ seiner Festigkeit sind zurückzuführen auf
nichtnormale Zustände, resp. abweichende, bisher unberücksichtigt gelassene
Verhältnisse bei Herstellung der Probekörper.
2) Je größer der Wasserverbrauch beim Anmachen eines Cementes, desto geringer die
Festigkeit der abgebundenen Mörtel.
3) Cemente von feinerm Korn geben höhere Festigkeiten als solche von gröberer
Mahlung, bei demselben Brande und derselben chemischen Zusammensetzung.H. Seger und J. Aron
(Thonindustriezeitung, 1877 S. 241) haben mittels Petroleum das spec. Gew.
einer Anzahl von Cementen bestimmt:Cement von Groschowitz3,03 spec. Gew.
„
„ Wildau3,01 „
„
„
„ Höxter3,08 „
„
„
„ Stern3,08 „
„
„
„ Lüneburg3,03 „
„
„ „
Beckum3,04 „ „
„ „
Offenbach2,99 „ „
Ein nicht gar gebrannter Cement aus Lüneburg hatte das
spec. Gew. 3,04. Durch Bestimmung des specifischen Gewichtes kann man
demnach weder die Portlandcemente unter einander, noch ihrer Qualität nach
unterscheiden, noch auch bei demselben Cement Garbrand und Schwachbrand. Eine leicht zu erklärende Ausnahme findet statt beim Betoniren in quellendem
Wasser.
4) Cemente, welche bei gleicher Körnung im reinen Zustand höhere Festigkeiten geben
als andere werden diese auch übertreffen, sobald sie in Sandmischung geprüft
werden.
5) Je größer das Korn des zum Beton verwendeten Sandes, um so höher ist die
Festigkeit des Betons.
6) Die maßgebende Festigkeit eines Cementes kann nach der Michaëlis'schen
Aufsaugemethode schon nach den ersten 7 Tagen erkannt werden, nicht nur durch
Prüfung von reinen Cementkörpern, sondern auch bei solchen aus Cement und Sand.
F. Schiffner (Thonindustriezeitung, 1877 S. 110) führt
nochmals aus, daß die Festigkeit des reinen Cementes nach 7 Tagen keinen sichern
Maßstab für die Erhärtungsfähigkeit des Cementes in reinem Zustande, viel weniger
noch für die Bindefähigkeit desselben zu Sand abgebe, sowie auch die Vorschrift
einer Minimalzugfestigkeit von 25k für 1qc für reinen Cement nach 7 Tagen nicht als
begründet angesehen werden könne.
Heintzel (daselbst S. 141) macht Schiffner auf einige Fehlerquellen bei Herstellung der Probestücke
aufmerksam, bedauert, daß zur Prüfung der reinen Cementkörper die Aufsaugungsmethode
verlassen sei, erklärt, daß er dieselbe für seine Privatinstruction vor wie nach
anwenden werde, und einen Cement, der bei sorgfältigem Einklopfen des Mörtels in die
Form nach 7 tägiger Erhärtung nicht wenigstens 25k für 1qc Bruchgewicht zeige,
auch ferner nicht als gute Handelswaare bezeichnen könne.
Wie bereits (Bd. 224 S. 655) bemerkt, zeigen die schließlich angenommenen Normen für
die einheitliche Lieferung und Prüfung von Portlandcement einzelne Abweichungen von
den Vorschlägen. Außer einigen redactionellen Aenderungen ist ein Zusatz zur
Anfertigung der Proben hinzugekommen; derselbe lautet, wie folgt.
Will man, wie in den Motiven zu VI erwähnt (vgl. Bd. 224 S. 420),
nach 7 Tagen schon eine Controle an der abgelieferten Waare vornehmen, so kann dies
durch eine Vorprobe geschehen, und zwar auf zweierlei Art: entweder mit
Sandmischung, jedoch muß dann die Verhältnißzahl der 7-Tag-Festigkeit
zur 28-Tag-Festigkeit am betreffenden Cement erst ermittelt werden (es
können nämlich die Festigkeitsresultate verschiedener Cemente bei der
28-Tag-Probe einander gleich sein, während sich bei der
7-Tag-Probe noch wesentliche Unterschiede zeigen), oder mit reinem
Cement, indem man auch hier das Verhältniß der 7-Tag-Festigkeit des
reinen Cementes zur 28-Tag-Festigkeit bei 3 Th. Sand an dem
betreffenden Cement ermittelt.
Die 7-Tag-Probe mit Sand ist einfach dadurch
auszuführen, daß man nach obiger Vorschrift 10 Probekörper mehr anfertigt und diese
nach 7 Tagen schon prüft.
Macht man die 7-Tag-Probe aber mit reinem Cement, so
können die Probekörper auf verschiedene Weise hergestellt werden; entweder auf
undurchlässigen Unterlagen (auf Metall- oder undurchlässigen Steinplatten)
oder auf absaugenden Unterlagen (Gypsplatten oder schwachgebrannte Ziegelplatten).
Bei der letztern Probe erreicht man bedeutend höhere Zugfestigkeiten, und ist bei
Vergleichung von Zugfestigkeiten der reinen Cemente sowohl, als der Cemente mit
Sandmischung stets darauf Rücksicht zu nehmen, ob die betreffenden Probekörper auf
die eine oder die andere Weise angefertigt sind.
Bei der Probe auf undurchlässiger Unterlage nimmt man auf 1000
Gew.-Th. Cement 200 bis 275 Gew.-Th. Wasser, je nach der Bindezeit des
betreffenden Cementes, arbeitet die Masse gut durch einander, füllt dieselbe in die
Formen, welche von der Unterlage durch Blättchen Löschpapier getrennt sind, und
rüttelt dieselbe durch Schläge mit dem Spatel gegen die Form derartig zusammen, daß
alle Luftblasen entfernt werden und ein zusammenhängender Körper ohne Hohlräume sich
bildet. Man streicht hierauf den überschüssigen Mörtel ab und zieht die Form
vorsichtig ab. Proben mit dem gleichen Cement müssen hinsichtlich des Wasserzusatzes
sowie beim Gusse stets gleich behandelt werden, da jedes Moment, welches auf eine
Vergrößerung oder Verringerung der Verdichtung der Masse einwirkt, auch sofort die
Festigkeit verändert.
Will man die Probe auf absaugender Unterlage machen, so nehme man
auf 1000 Gew.-Th. Cement 330 Gew.-Th. Wasser; der Ueberschuß von
Wasser wird hier von der Unterlage aufgesaugt und dadurch eine bedeutende
Verdichtung der ganzen Masse herbeigeführt. Selbstverständlich müssen die
Unterlagen, um die absaugende Eigenschaft zu behalten, öfter gewechselt und
getrocknet werden. Nachdem die Masse in die Form gegossen ist, werden durch
Anklopfen an die Form die Luftblasen entfernt. Nachdem die Oberfläche abgestrichen
und eine leichte Erstarrung eingetreten ist, kehrt man die Form um, so daß nun auch
die obere Seite abgesaugt wird. Die Masse sinkt dann in der Form in Folge der
Verdichtung. Man füllt dann von neuem Cement auf, streicht bei beginnender
Erstarrung ab und zieht die Form vorsichtig vom Probekörper ab. Haftet hierbei der
Cement zu fest an der Form, so klopft man die Form von allen Seiten leise an,
wodurch eine Lösung von den Wandungen bewirkt wird. Es gehört einige Uebung dazu, um
auf diesem Wege zu guten, gleichmäßige Festigkeit zeigenden Probekörpern zu
gelangen.
Die weitere Behandlung und Prüfung der Probekörper hat, wie oben
beschrieben, zu geschehen.
Aus den Verhandlungen des Berliner Architectenvereines über diese Nonnen am 21. April
d. J. ist hervorzuheben, daß man dieselben keineswegs als feste, unabänderliche
Regeln für alle Fälle aufgefaßt wissen will. Die Normen
enthalten hiernach nur minimale Anforderungen, über die
man in Specialfällen hinausgehen möge; es liegt in ihnen überhaupt nur ein erster
Anfang vor, welcher verbesserungsfähig den im Fortgange der Zeit für nothwendig
erkannten Erweiterungen und Umgestaltungen unterzogen werden kann.
Die Frage über die beste Art der Prüfung von Cement ist demnach keineswegs völlig
erledigt; doch ist es wohl als unzweifelhaft anzusehen, daß die Absaugungsmethode
und die 7-Tag-Probe nur zur Beurtheilung eines
und desselben bekannten Cementes und bei der Prüfung durch dieselbe Hand,
nicht aber zur Vergleichung verschiedener Cemente verwendbar ist, namentlich wenn
dieselben verschiedene Bindezeit haben.
F.