Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, Nr. , S. 607 |
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Miscellen.
Miscellen.
Wassereinbruch in eine Kohlengrube und Rettung der
eingeschlossenen Arbeiter.
Am 11. April d. J. brach in die Tynewydd Kohlengrube (Süd-Wales, England)
Wasser ein und ersäufte die etwa 100m unter
der Oberfläche liegenden tiefsten Stollen mit einer Wasserschichte von beiläufig
10m. Die dort beschäftigten Arbeiter, 5
an der Zahl, fanden keine Zeit mehr, sich nach einem höheren Stollen zu flüchten und
wurden an ihrem Arbeitsort, der in einer Länge von 40m mit 1/8 Steigung nach aufwärts führte,
eingeschlossen. Hier jedoch bildete sich ein Luftsack, der das Vordringen des
Wassers hinderte und den Unglücklichen vorläufigen Schutz gewährte. Inzwischen
hatten sofort nach Einbruch des Wassers die Rettungsarbeiten begonnen und war es
gelungen, vier Arbeiter, die an einem höheren Punkte eingeschlossen waren, nach
Durchbruch einer 4m starken Kohlenschichte
zu befreien. Dies geschah am 12. April, und erst hier hörte man durch dumpfes
Klopfen, daß in einem tieferen Orte noch Bergleute eingeschlossen waren, an deren
Rettung vor Auspumpen des Wassers nicht gedacht werden konnte. Es wurde deshalb die
Wasserförderung mit verdoppeltem Eifer fortgesetzt und außer den bereits
functionirenden Schöpfwerken noch eine große Tangye'sche Pumpe in die Grube gebracht
und mittels einer 120m langen Dampfleitung
von dem Kessel einer rasch beigestellten Locomotive betrieben. Auch versuchte man
durch die ersoffenen Stollen Taucher zu den Eingeschlossenen zu bringen, ohne jedoch
einen Erfolg zu haben.
Endlich am 16. April war das Wasser bis auf 0m,5 über dem Boden eines alten Baues, Glynog
heading, gesunken, von wo aus der Rettungsstollen getrieben werden sollte.
Doch war noch eine Kohlenwand von 35m zu
durchbrechen, wozu weitere 4 Tage erforderlich wurden, so daß man fürchten mußte,
die schon jetzt seit 5 Tagen Gefangenen nicht mehr lebend zu erreichen; der
Ingenieur T. Hurry Riches aus Cardiff stellte daher in 24
Stunden einen Bohrapparat zusammen, mit welchem er die Kohlenschichte in 4 Stunden
durchbohren und den Arbeitern, mittels kleiner auf Rollen laufender Hülsen, Nahrung
zuführen wollte. Der Apparat bestand aus an einander zu schraubenden Gasrohren, von
denen das vorderste nach Art eines Kronbohrers Zähne eingefeilt hatte, die
verschränkt und im Einsatz mit Blutlaugensalz und Salmiak gehärtet wurden. Auf das
Rohr war ein kleines Stirnrad gesetzt, das durch ein größeres Rad mittels
Kurbelantrieb bewegt wurde und das bohrende Gasrohr mitnahm, während dasselbe
gleichzeitig durch eine Druckschraube den entsprechenden Vorschub erhielt. Nach
Durchbohrung der Schichte sollten an das Ende des Rohres zwei Wechsel kommen,
zwischen welchen die Transporthülse eingelegt und nach Abschluß des äußern und
Eröffnung des innern Wechsels in der Leitung hinabrollen sollte, ohne einen
Druckverlust der das Wasser zurückhaltenden comprimirten Luft herbeizuführen. So
rationell dieser Apparat war und so günstig sich derselbe nachträglich bewährte, so
hatte man damals doch nicht den Muth, denselben anzuwenden und fuhr mit dem
Durchtreiben des Rettungsstollens und den Pumparbeiten fort, bis endlich am 20.
April, nach neuntägiger Gefangenschaft, die eingeschlossenen 5 Mann erreicht und
sämmtlich gerettet wurden. Das gesammte in dieser Zeit aus einer mittleren Tiefe von
90m ausgepumpte Wasserquantum betrug
34000cbm.
M.
Alfred Brandt's
Gesteinsbohrmaschine.
Nach Oberingenieur Franz Rziha (Wochenschrift des
österreichischen Ingenieur- und Architectenvereines, 1877 S. 231) ist die Brandt'sche Bohrmaschine (vgl. Patentertheilung 1877 223 552) berufen, eine Umwälzung in der Arbeit auf
Felsgesteine herbeizuführen. Das neue Bohrprincip ist folgendes: Brandt drückt mittels einer hydraulischen Presse einen
gezahnten stählernen Hohlbohrer sehr mäßig tief in das Gestein, spült mit dem
Ausströmwasser das Bohrmehl (Druckmehl) fort und dreht,
wieder mit Wasserkraft, den Bohrer, dessen Zähne nun
durch Reißen und Wegbröckeln ein ringförmiges Loch herstellen helfen.
Man sollte nun im ersten Augenblicke meinen, das neue Princip sei deshalb
unpraktisch, weil sich die Bohrer zu rasch und zu grell abnutzen würden; in der That
ist aber diese Abnutzung eine äußerst geringe und eine sehr langsame, und erklärt
sich diese interessante technische Erscheinung dadurch, daß hier alle jene Momente
fortfallen, welche den Schlagbohrer zunächst so gewaltsam abnutzen und die im Wesen
des Stoßes, in der Funkenerzeugung, in der Wärmeerzeugung durch Reibung des Bohrers
an den Bohrlochswänden und in der Concentration des gewaltsamen Stoßes auf einzelne
Schneidenelemente des Meißels beruhen.
Der Brandt'sche Hohlbohrer hat 78mm äußeren
Durchmesser, 9mm Fleischstärke, 5 Zähne und
bohrt ein zirkelrundes Loch von 82mm Weite,
da die Kerne immer sofort ausbröckeln. Die angewendete Druckkraft beträgt etwa
7000k; die 5 scharf zugeschliffenen
Zahnkanten stellen eine Schneidenlänge von 5 × 9 = 45mm dar, und bei einer beobachteten
Einpressung des einzelnen Zahnkeiles bis zur Basisbreite von etwa 1mm eine Zermalmfläche von ungefähr 45qmm; auf 1qmm dieser letztern Fläche entfällt also
etwa 160k zermalmender Druck. Dieser Druck
entspricht annähernd der Kraftäußerung des Schlagbohrens und ist, wie es seitdem die
Erfahrung gezeigt hat, hinreichend, das härteste Gestein zermalmen. (Thatsächlich
zeigen ja die Bauschinger'schen Versuche, daß der härteste Granit schon bei 1430k Druck auf 1qc zerspringt.) Der Brandt'sche Bohrer
dringt also in jedes Gestein ein, welches überhaupt mit dem Meißelbohrer noch
bearbeitet werden kann. Dieses Eindringen ist ein sehr ruhiges und stetiges und in
immerwährender Verbindung mit der Drehung; es ist also ein spiralförmiges, und
wechselt die Höhe des Schraubenganges mit der Festigkeit des Gesteins; selten
beträgt sie mehr als 4mm. Die Kraft zum
Drehen bezieh. zum Wegbrechen des Gesteins ist nahezu eben so groß, als jene zum
Einpressen des Instrumentes.
Die Brandt'sche Bohrmaschine ist in ihrer äußern Erscheinung sehr einfach. Der Bohrer
sitzt an dem Kolben einer hydraulischen Presse; dieser Kolben ist drehbar
eingerichtet, und wird die Drehung durch zwei kleine Wassersäulenmaschinen
hervorgebracht, indem dieselben eine Schraube ohne Ende bewegen, die in ein um den
Kolben herumgelagertes Schraubenrad eingreifen. Die Vorpressung und die Drehung
werden getrennt gespeist, und kann ein Arbeiter die beiden Speisehähne dirigiren,
was sogar eine Nothwendigkeit ist, weil manches Gestein eine stärkere Pressung als
Drehung des Bohrers und umgekehrt bedingt, also nach dem Gefühle eines einzelnen
Menschen behandelt werden muß. Die Bohrmaschine sitzt auf einer Spreize in
Röhrenform, aus der ebenfalls ein hydraulischer Preßkolben herauskriecht und sich so
mit zermalmender Kraft zwischen die Stollenwände klemmt. Das Druckwasser wird durch
schmiedeiserne Röhren in den unterirdischen Bau eingeleitet, hat eine Spannung von
80 bis 85at, und bedarf eine Bohrmaschine
keines größern Motors als 12 bis 13e,
selbst bei Leitungen von etwa 800m
Stollenlänge. Der Wasserverbrauch beträgt für eine Bohrmaschine und Stunde etwa 2cbm.
Die Brandt'sche Bohrmaschine wurde im Sonnsteintunnel (1429m lang auf der Strecke
Gmunden-Ebensee) der Salzkammergutbahn zum ersten Mal praktisch und mit
durchschlagendem Erfolge erprobt: mit nur einer Bohrmaschine ist bei einem Profile
zwischen 6 und 7qm nach dem ersten
Arbeitsmonate ein durchschnittlicher Stollenfortschritt von 2m,3 in 24 Stunden erzielt worden. Das
Gestein im Sonnstein ist außerordentlich fest; es ist vorherrschend Dolomit von
solchem Quarzreichthum durchfahren worden, daß jeder Meißelschlag der Handbohrung
von Funkensprühen begleitet war, und trotz der größten Anstrengungen ein größerer
täglicher Fortschritt als 1m,0 mit
Handarbeit nicht erzielt werden konnte.
Mühle zum Zerkleinern von Erzen und Steinen, angeblich System
Vapart.
Die Zeitschrift Engineering bringt in ihrer Nummer vom 2.
Juni, die Revue industrielle in der Nummer vom 4. Juli
d. J. die Beschreibung einer „Broyeur
Vapart“ genannten Zerkleinerungsmühle.
Man erkennt nun auf den ersten Blick, daß dieser Zerkleinerer im Wesentlichen genau
übereinstimmt mit der Rittinger'schen Steinschleudermaschine.Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1867 Bd. 11 S. 672. Die Verschiedenheit besteht lediglich darin, daß Rittinger nur eine Schleuderscheibe, Vapart
dagegen derer drei über einander an derselben Spindel anbringt. Deshalb mußte Vapart seitliche Thüren in dem Mantel der Mühle
anbringen, da es andernfalls nicht möglich sein würde, zum Innern derselben zu
gelangen.
Die Aehnlichkeit des 1877 in Frankreich erfundenen Zerkleinerers mit dem 1866 in
Oesterreich erdachten erstreckt sich sogar auf die Umdrehungszahl der
Schleuderscheiden – 1000 in der Minute – und den Kraftbedarf –
4e bei Rittinger, 4e für das kleinste
Modell bei Vapart.
H. F.
Ueber die Abnutzung der Dampfkessel.
In dem Geschäftsbericht des Hannoverschen Vereines zur Ueberwachung der Dampfkessel
berichtet L. Grabau über die bei 277 inneren
Untersuchungen aufgedeckten Schäden. Von Unterfeuerkesseln waren 5 durch schlechtes
Speisewasser auf der Wasserleite verrostet, 9 zeigten Nietlochrisse, 11 hatten in
Folge einer Anhäufung von Kesselsteinsplitter (vgl. 1876 220 172) Beulen in der Feuerplatte, 5 Unterkessel waren im Scheitel
verrostet durch die mit dem Speisewasser eingeführte atmosphärische Luft, 5 Kessel
waren von außen in Folge von Undichtigkeiten verrostet. Von Innenfeuerkesseln waren
durch gleiche Ursache von außen 30 verrostet, 8 von innen durch schlechtes
Speisewasser, 32 zeigten andere Schäden. Durch Kesselsteinanhäufungen hatte eine
Locomobile Risse im Blech der Feuerkiste. Unter den 30 Kesseln, welche sofort außer
Betrieb gesetzt werden mußten, wird besonders hervorgehoben, daß bei 2 Kesseln mit
Unterwindgebläse die Feuerplatte quer durchgerissen war.
Ueber die Zuverlässigkeit der Federmanometer wird bemerkt, daß bei Gelegenheit der
äußeren Revisionen untersucht wurden:
Plattenfeder-Manometer283
Bourdon-Manometer171
Summe454
Davon zeigten falsch
143
47
190
„ „
richtig
140
124
264
Die Abweichungen derselben vom Controlmanometer betrugen:
Plattenfeder-Manometer.
at
0,05
0,1
0,15
0,2
0,25
0,3
0,35
0,4
0,5
0,6
0,7
mehr als1,0
Summe
+
6
37
12
26
1
7
–
4
4
1
2
2
102
–
8
18
2
6
–
3
–
–
1
–
1
2
41
Bourdon-Manometer.
+
3
15
3
1
1
2
–
–
4
1
1
1
32
–
2
7
–
4
–
2
–
–
–
–
–
–
15
Ueber die Magnetisirung ellipsoidisch geformter Eisen-
und Stahlkörper und die Veränderung des temporären und permanenten
Magnetismus.
In einer längern bemerkenswerthen Abhandlung bespricht A. L. Holz (Poggendorff's Annalen, Ergänzungsband 8 S. 354) die
Magnetisirungsfunction und die magnetische Reibungsgröße und gelangt auf Grund
seiner eingehenden Versuche zu folgender Hypothese: Die Coercitivkraft wird mit der
Ausdehnung der gebundenen Krystallflächen oder mit Erweiterung des Innern der
Molecüle, wo die elektrische Verschiebung erzeugt wird, verringert, wobei die
Centrifugalkraft der Rotationsbewegungen der Aetheratome nach Entfernung der äußeren
einwirkenden Kraft kleiner wird, und zwar in dem Maße, wie die Räume sich
vermindern, durch welche hindurch die Fortpflanzung der Rotation der Wirbel
stattfindet. Eine Deformation der magnetisirten Masse wird von der Centrifugalkraft
der magnetischen Wirbel erzeugt.
Trennung von Eisen und Mangan.
A. Funaro (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1877 S. 1383) empfiehlt die quantitative Trennung von Eisen und Mangan mittels
benzoësauren und bernsteinsauren Ammoniums. Werden die zur Fällung
anzuwendenden Lösungen der Ammoniumsalze mit den betreffenden Säuren gesättigt, so
reißt der Eisenniederschlag kein Mangan mit sich nieder.
Zur Bestimmung des Mangans im Spiegeleisen.
Zu der Angabe von Stöckmann (vgl. S. 108 d. Bd.), daß bei
der Trennung des Eisens vom Mangan durch essigsaures Natron bei einmaliger Fällung
bis 1 Proc. Mangan beim Eisen bleibe, bemerkt C. Krämer
(Zeitschrift für analytische Chemie, 1877 S. 334), daß dies lediglich am Auswaschen des
Niederschlages liege. Wird dasselbe mit warmem Wasser so lange fortgesetzt, bis das
Filtrat durch salpetersaures Silber nicht mehr getrübt wird, so bleibt in dem
Eisenniederschlage höchstens 0,1 Proc. Mangan zurück. Die einzige Vorsicht, welche
beim Scheiden von Eisen und Mangan durch essigsaures Natron nach vorherigem
Neutralisiren mit kohlensaurem Natron beobachtet werden muß, ist, daß man einen oder
zwei Tropfen verdünnte Essigsäure zusetzt.
Zur Analyse des Chromeisensteins.
Einer längern Arbeit von A. Christomanos (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1877 S. 10) über die Analyse des Chromeisensteins
entnehmen wir folgende Vorschrift zur Bestimmung des Chromoxydgehaltes dieses Erzes
zu technischen Zwecken.
Man zerreibt 6 bis 10g gut getrocknetes
Aetznatron in einer erwärmten Reibschale, mischt 10 bis 15g Magnesia hinzu, mischt damit innig 0,3
bis 0g,5 des feinst gepulverten Chromits
und erhitzt das Gemenge in einem geräumigen Platintiegel, besser noch Goldtiegel,
mittels eines einfachen Bunsen'schen Brenners 1 Stunde lang. Die Masse wird dabei
nicht flüssig, sondern schäumt erst auf und sintert endlich zusammen, zeigt aber
beim Erkalten die gelbe Farbe der Chromsäure. Durch Einlegen des noch warmen Tiegels
in eine Porzellanschale mit heißem Wasser, längeres Erhitzen zum Sieden und
Filtriren erhält man im Filtrate sämmtliche Thonerde und Chromsäure mit
unerheblichen Mengen Kalk und Magnesia.
Soll nun eine volumetrische Probe des Chromoxydes ausgeführt werden, so reicht schon
dieses Filtrat aus, um nach dem Ansäuern direct mit der Titrirflüssigkeit probirt zu
werden; wenn aber das Chromoxyd als solches gefällt werden soll, muß vorher mit
Salzsäure schwach übersättig, ein Ueberschuß von Aetzammoniak, kohlensaurem und
oxalsaurem Ammon hinzugefügt und bis zum Aufhören des Ammoniakgeruches (unter
Ersetzung des Wassers) gekocht werden. Das Filtrat, die Chromsäure enthaltend, wird
sodann mit überschüssiger Salzsäure und Alkohol siedend zu Chromchlorid reducirt und
das Chromoxyd mit Ammoniak ausgefällt.
Trennung des Arsens von Nickel und Kobalt; von F. Wöhler.
Man löst das Erz, Kupfernickel, Kobaltspeise, Speiskobalt in Königswasser auf,
dampft, wenn nöthig, die meiste überschüssige Säure ab und fällt die Lösung
siedendheiß mit kohlensaurem Natron. Nach dem Auswaschen wird der Niederschlag noch
naß mit einem Ueberschuß einer concentrirten Lösung von Oxalsäure übergossen.
Hierbei werden beide Metalle in Oxalate verwandelt, während alle Arsensäure davon
getrennt wird und nebst dem Eisenoxyd in Lösung geht. Das Gemenge von oxalsaurem
Nickel und Kobalt wird vollkommen ausgewaschen; beide können dann nach Langier's
Verfahren durch Ammoniak getrennt werden. Enthielt das Erz Kupfer, so könnte dieses
vor der Fällung mit kohlensaurem Natron durch mit Wasserstoffgas reducirtes, fein
vertheiltes Eisen gefällt werden, worauf freilich die aufgelösten Eisenmassen höher
oxydirt werden müssen. Speiskobalt kann vorher geschmolzen und dadurch ein großer
Theil des Arsens entfernt werden. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1877 S. 546.)
Zur Untersuchung des Nitroglycerins.
Zur Bestimmung des Stickstoffes im Nitroglycerin zersetzt C. Beckerhinn dasselbe mit einer genau titrirten zehntelnormalen
alkoholischen Kalilösung, welche in bedeutendem Ueberschuß angewendet wird, und
titrirt mit Zehntel-Oxalsäure zurück; 1cc verbrauchtes Kali soll 1mg,4
Stickstoff entsprechen.
F. Heß und J. Schwab
(Sitzungsbericht der kais. Akademie in Wien, 19. April 1877) haben nach dieser
Methode in einem Nitroglycerin 25,3 und 26,0 Proc. Stickstoff gefunden, nach der
verbesserten Dumas'schen Methode dagegen 15,72 und 15,65 Proc. Da Nitroglycerin
höchstens 18,5 Proc. Stickstoff enthalten kann (vgl. 1875 215 92), so erhält man nach der Methode von Beckerhinn völlig unrichtige Resultate.
Schlachten von Vieh mittels Dynamit.
In England erzählt man sich wieder von einer neuen Art des Schlachtens, welche aber
wohl voraussichtlich keine Aussicht auf allgemeine Einführung haben wird. In dem Chamber of Agriculture Journal vom 23. Juli d. J. und
daraus in der Milchzeitung, 1877 S. 436 wird nämlich über das Schlachten mittels
Anwendung von Dynamit folgendermaßen berichtet: Vor kurzer Zeit hat Johnsen mehrere Versuche mit Dynamit beim Schlachten
gemacht. Er legte nämlich ein Stück Dynamit in der Größe eines Fingerhutes auf die
Stirn von Bullen und Pferden, welche geschlachtet werden sollten, ließ es auf die
gewöhnliche Weise mittels eines Sicherheitszünders explodiren. In der letzten Woche
wurden die Versuche wiederholt, und zwar wurde die Explosion durch Elektricität
herbeigeführt. Zwei große Pferde und ein Esel wurden in einer Linie, ungefähr 1m von einander entfernt, aufgestellt. Eine
kleine Patrone von Dynamit, mit einem elektrischen Zünder verbunden, wurde auf die
Stirn der Thiere gelegt und mit einer um die Kinnladen gelegten Schnur befestigt;
die Drähte wurden dann verbunden und an die elektrische Batterie befestigt. Die drei
Patronen explodirten zu gleicher Zeit und alle Thiere waren auf der Stelle todt.
Gefälschter Pfeffer; von F. Hulva.
Die Breslauer Polizei hat neulich einen gefälschten Pfeffer confiscirt. Das gemahlene
Gewürz hatte ein schmutzig graues Aussehen, enthielt etwa 30 Proc. Staub, erinnerte
zwar im Geruch an Pfeffer, schmeckte jedoch mehr fade als scharf. Nach F. Hulva (Industrieblätter, 1877 S. 305) bestand dasselbe
aus entöltem Palmkernmehl, gemischt mit Pfefferstaub.
Verunreinigung des Wassers durch städtische
Abfallstoffe.
H. de Bey bespricht in seiner soeben erschienenen Schrift:
„Die intermittirenden Fieber in Aachen“ (Aachen 1877) auch
den Einfluß verunreinigten Wassers auf diese Krankheiten. Danach ist es
festgestellt, daß sich noch in einem Theile der Häuser in Aachen nicht abfließende
Latrinen befinden, durch welche die benachbarten Brunnen verunreinigt werden, und
daß in Folge dessen wirklicher Typhus und typhusähnliche Krankheiten, sowie zur Zeit
des Herrschens der Cholera unzweifelhafte Cholera
asiatica vorgekommen ist (vgl. 1877 223 519).
Für Intermittens ist ein solcher directer Einfluß noch nicht nachgewiesen, doch wird
von anderer Seite das Trinken von Sumpfwasser als Gelegenheitsursache für den
Ausbruch der Krankheit angesehen. In näherer Beziehung hierzu steht jedoch der
Wormbach, der nach Aufnahme zahlreicher Verunreinigungen durch Latrinen- und
Schmutzwasser ganz in der Nähe von Aachen einen weiten, schlammigen, durch sehr üble
Ausdünstungen ausgezeichneten Teich füllte, von wo aus der Bach dann langsam durch
die Thalniederung abfloß. Die an demselben liegenden Mühlen und Gehöfte waren zur
Zeit, wo Intermittens in Aachen und Burtscheit herrschte, der fast unausgesetzte
Sitz hartnäckiger und bösartiger Krankheitsfälle. Auch tritt der Wormbach bei
starken Regengüssen auf seinem weitern Verlauf häufig aus, überschwemmt die Ufer und
setzt einen den Wiesenbebauern sehr erwünschten, den zu Intermittens Veranlagten
aber sehr unbequem riechenden Schlamm ab, welcher lange Jahre hindurch in diesem
Gebiete die Malaria unterhalten hat, die auch gegenwärtig, nach theilweiser
Ueberwölbung des Wormbaches, in den Landgemeinden der Wormufer noch keineswegs ganz
ausgerottet ist.
Ueber den Ammoniakgehalt der Luft und der Meteorwässer; von A.
Levy.
Vom 1. November 1876 bis 31. Januar 1877 hat A. Levy (Comptes rendus, 1877 t. 84
p. 273) den Ammoniakgehalt der Meteorwässer und der
atmosphärischen Luft bestimmt; die Resultate dieser Untersuchung sind in folgender
Tabelle zusammengestellt.
Textabbildung Bd. 225, S. 613
Datum; November 1876; December
1876; Januar 1877; Meteorwasser; in 100cbm Luft; in 1l; auf 1qm; Mittel oder Summe;
a) Nebel, b) Reif, c)
Thau.
100cbm atmosphärische Luft enthielten
demnach im Mittel im November 0,65, im December 0,8 und im Januar 0mg,76 Ammoniak. 1l Regenwasser enthielt während derselben
Zeit bis 4mg,8, Nebel sogar 39,0 und 65mg,6, Thau 6mg,7 und Reif 0,3 bis 8mg,4 Ammoniak. Die Menge des auf 1qm mit den Meteorwässern niedergefallenen
Ammoniaks beträgt für die 3 Monate 36,8, 86,6 und 79mg,7.
Das Wasser der Seine und Vanne enthielt zu derselben Zeit in 1l folgende Mengen Ammoniak:
Seine
Vanne
mg
mg
November
6
–
1,06
14
0,44
1,21
22
0,47
0,49
24
0,70
0,89
27
0,76
0,90
December
7
1,59
2,83
15
2,30
2,04
23
2,32
1,57
Januar
2
3,40
1,67
10
2,38
2,03
18
1,76
1,84
26
1,48
1,68.
Zeitdauer der Geschmacksempfindungen.
Die Zeit, welche verstreicht zwischen dem Auftragen einer schmeckbaren Substanz auf
die Zungenspitze und dem Zeichengeben nach bewußt gewordener Geschmacksempfindung,
die Reactionszeit der Geschmacksempfindungen, haben M. v. Vintschgau und J. Hönigsschmied (Naturforscher,
1877 S. 155) durch zahlreiche Versuche an mehreren Personen gemessen. Die Versuche
wurden derart ausgeführt, daß durch das Aufdrücken eines mit der concentrirten
Lösung der schmeckbaren Substanz getränkten Pinsels auf die Zunge ein elektrischer
Strom geschlossen und von der Versuchsperson bei der ersten Wahrnehmung des
Geschmackes geöffnet wurde; die Zeit, während welcher der Strom geschlossen gewesen,
wurde in bekannter Weise an einem rotirenden Cylinder angegeben und entspricht der
gesuchten Reactionszeit. Im weitern Verfolg dieser Untersuchung wurde dieselbe dahin
abgeändert, daß nicht einfach die Geschmacksempfindung beantwortet werden sollte,
sondern es wurde die Zunge der Versuchsperson abwechselnd, und ohne daß diese vorher
davon unterrichtet war, bald mit Wasser, bald mit einer schmeckenden Lösung betupft;
und es sollte von der Person entschieden werden, ob der Pinsel mit Wasser oder mit
der schmeckenden Substanz getränkt gewesen, nur im letzten Falle sollte der Kreis
geöffnet werden. In einer letzten Versuchsreihe endlich wurden stets zwei
schmeckende Substanzen geprüft; es wurde bald die eine, bald die andere angewendet,
und die Versuchsperson sollte, ohne vorher etwas zu wissen, bei der einen Empfindung
mit der einen Hand einen Strom öffnen, bei der andern mit der andern Hand; die Hände
ruhten bereits auf den betreffenden niederzudrückenden Schlüsseln. Hier mußte also
nicht nur die Geschmacksempfindung wahrgenommen, sondern die eine von der andern
unterschieden und dann die richtige Wahl der zeichengebenden Hand getroffen werden.
Die hierbei erlangten Zahlenwerthe sind in der nachstehenden Tabelle enthalten; die
erste Verticalreihe gibt die Namen der schmeckenden Substanzen an; die zweite die
Zeit in Secunden, welche zwischen dem Betupfen und dem Zeichengeben verstrich; die
dritte die Reactionszeit, wenn d e sm eckendedie schmeckende Substanz abwechselnd mit Wasser angewendet wurde und von diesem
unterschieden werden mußte; die vierte die Reactionszeit bei Vergleichung mit
Kochsalz; die fünfte mit Säure; die sechste mit Zucker; die siebente mit Chinin.
Textabbildung Bd. 225, S. 614
Einfache Empfindung; Vergleichung
mit; Wasser; Kochsalz; Säure; Zucker; Chinin
Ueber die Bestandtheile des Schnupftabaks.
Das südschwedische Laboratorium zu Asarum hat folgende Schnupftabaksorten untersucht
(Chemikerzeitung, 1877 S. 208), welche in Schweden am meisten gebraucht werden:
Sorten.
In lauwarmemWasser
lösl.Bestandtheile.
Davon dieAsche.
In der ganzen Probe wurden gefunden:
Salmiak.
Kalk.
Thonerde.
Sand.
Bahia
56,82
17,48
2,40
2,47
4,49
7,55
Dahls snus
56,55
14,02
1,32
5,38
3,52
6,57
Generalblandning Malmö
64,58
15,09
1,00
3,70
3,29
6,08
Ljunglöfs blandning
59,72
11,19
2,20
3,29
–
3,83
Ljunglöfs Nr. 1
52,70
10,14
1,32
5,42
2,65
3,62
Virginia
50,28
9,54
0,44
2,96
3,62
2,50
Ueber die Zusammensetzung des Peru-Guanos.
Den gegenwärtig in Belgien eingeführten Peru-Guano bringt A. Petermann (Biedermann's Centralblatt für
Agriculturchemie, 1877 Bd. 2 S. 418) in folgende zwei Classen: 1. Guano, von
ziemlich trockner Beschaffenheit und hellgelber Farbe, mit 6,5 bis 9 Proc.
Stickstoff; 2. Guano, weniger pulverig und etwas dunkler, mit 2,5 bis 4 Proc.
Stickstoff. Die im Handel vorkommenden Sorten mit 2 bis 9 Proc. Stickstoff sind
Gemische dieser beiden. Zwei vom Verfasser untersuchte Guanoproben hatten folgende
Zusammensetzung:
GuanoMarke A.
Guanoohne Marke.
Wasser
14,82
17,08
Organische Substanzen und Ammoniaksalze
14,88
34,01
Kalk
8,64
7,42
Eisenoxyd
0,96
1,62
In Wasser lösliches Kali
2,37
3,97
In Säuren lösliches Kali
1,63
1,24
Natron
3,64
1,47
In Wasser lösliche Phosphorsäure
0,81
6,94
In Wasser unlösliche Phosphorsäure
17,62
5,08
Schwefelsäure
1,76
4,38
Chlor
2,81
6,77
Sand, Glimmer und Kieselsäure
30,69
11,55
–––––––––––––––––––––––––––––
100,63
101,53
Dem Chlor entsprechender Sauerstoff
0,63
1,53
–––––––––––––––––––––––––––––
100
100
Stickstoff
2,83
Proc.
8,43
Proc.
Da in der mit Säuren behandelten Asche dieser Proben eine große Menge aller für den
Peru-Guano charakteristischen Diatomeen aufgefunden wurde, so lag hier
unzweifelhaft Peru-Guano vor.
Der gegenwärtig in Belgien eingeführte Peru-Guano unterscheidet sich vom
Chinchas-, Ballestas-, Guanapé-Guano durch eine
Verminderung des Glühverlustes, durch eine beträchtliche Vermehrung des in Säure
unlöslichen Theiles, durch einen hohen Gehalt an in Wasser sofort auflöslicher
Phosphorsäure und durch einen hohen Gehalt an Kali, welcher zwei bis dreimal höher
ist, als in dem Guano von ehemals. Wenn nun zwar einerseits die Steigerung des
Kali- und Phosphorsäuregehaltes einen entschiedenen Vortheil darbietet und
beweist, daß der dem Guano gemachte Vorwurf, die Ackererde an mineralischen
Pflanzennährstoffen zu erschöpfen, gegenwärtig nicht mehr stichhaltig ist, so ist
anderseits die fortwährende Verminderung des Stickstoffgehaltes eine Thatsache von
hoher Bedeutung.
Die Terpene des schwedischen Holztheeres aus Pinus sylvestris.
In Schweden wird durch trockne Destillation des kienigen Fichtenholzes neben
Holzessig und Holzgeist viel Theer und Theeröl gewonnen. Von den Bestandtheilen
dieses Theeröles ist bisher nur das Reten näher untersucht worden. A. Atterberg (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1877 S. 1202) hat aus demselben zwei neue Terpene abgeschieden, das
Austraten, eine bei 156,5 bis 157,5° siedende farblose Flüssigkeit von
Terpentinölgeruch und das bei 174° siedende Sylvestren
C₁₀H₁₆ vom spec. Gew. 0,8612 bei 16°.
Verbrennungswärme des Wasserstoffes.
Schuller und Martha (Berichte
der deutschen chemischen Gesellschaft, 1877 S. 1298) haben die Verbrennungswärme des
Wasserstoffes bestimmt. Folgende kleine Tabelle enthält das von ihnen erhaltene
Resultat, verglichen mit denen früherer Versuche.
Wärmemenge für 1g H bei 0°760mm in mittleren
Grammcalorien.
Beobachter.
Jahreszahl.
33534
Andrews
1845
33633
Thomson
1870
33971
v. Than
1877
34095
Favre und Silbermann
1843
34126
Schuller und Wartha
1877
Ueber das Vorkommen von Methylanthracen im
Steinkohlentheer.
F. R. Japp und G. Schultz
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1877 S. 1049) haben im
Steinkohlentheer Methylanthracen nachgewiesen. Sollte derselbe in größeren Mengen im
käuflichen sublimirten Anthracen enthalten sein, so würde dieser Umstand für die
Fabrikation des künstlichen Alizarins nicht ohne Bedeutung sein. Bekanntlich wird
der Gehalt an Anthracen durch die Ueberführung in Anthrachinon und Wägen des
letzteren bestimmt (vgl. 1877 225 92). Diese Oxydation
wird bei der Analyse jedoch in Eisessig mit Chromsäure vorgenommen, also unter
anderen Bedingungen als die nachherige Darstellung des Anthrachinons im Großen. Nun
ist aber das Methylalizarin ein ebenso guter Farbstoff wie das Alizarin; bei der
Chinondarstellung entsteht Methylanthrachinon neben Anthrachinon (also später
Methylalizarin neben Alizarin), während bei der Analyse nur das Anthrachinon gewogen
wird, da die Anthrachinon-Carbonsäure durch Behandlung mit Alkalien in Lösung
geht. Es würde daraus folgen, daß das Anthracen bei einem Gehalte an Methylanthracen
unter seinem Werthe bezahlt wird. Mit Bestimmtheit ist im käuflichen Alizarin eine
Verbindung des Methylanthracens noch nicht nachgewiesen worden. Vielleicht ist die
Purpuroxanthincarbonsäure von E. Schunk und H. Römer (1877 224 659) ein
Derivat dieses Kohlenwasserstoffes.