Titel: | Webb's runder Muschelschieber. |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 21 |
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Webb's runder
Muschelschieber.
Mit Abbildungen auf Taf. IV [b.c/3].
Webb's Muschelschieber.
Bei der letzten Versammlung zu Bristol der „Institution
of Mechanical Engmeers“ hielt der bekannte
Obermaschinenmeister der „London and Northwestern
Railroad“, F. W. Webb,
einen Vortrag über den von ihm erfundenen runden Muschelschieber,
bezüglich dessen wir dem Engineer, 1877 S. 68
Folgendes entnehmen.
Der Vortragende führt an, daß bei gewöhnlichen Muschelschiebern,
wie sie bei den meisten Dampfmaschinen und speciell auch bei den
Locomotiven angewendet werden, die Schleiffläche der Schieber
dadurch bald ungleich abgenutzt werden muß, daß die Seiten des
Schiebers dauernd aufliegen, während die mittleren Partien
abwechselnd über das Schiebergesicht und über die Canäle
gleiten. Die seitlichen Schlitze, welche in die Schieberflächen
eingebohrt sind und entweder hohl bleiben, oder mit Weißmetall
ausgegossen werden, sollen nach Meinung des Vortragenden
erfolglos versucht worden sein, dieses ungleiche Ablaufen zu
verhindern, während Referent behaupten möchte, daß überhaupt
dieser Uebelstand bei gutem gleichhartem Material nicht so
bedenklich ist, und daß speciell die angeführten Einbohrungen
oder Weißmetallfutter wohl nur den Zweck einer bessern
Schieberschmierung erfüllen sollen.
Wie dem auch sei, Webb hat, von diesem
Standpunkte ausgehend, einen Schieber construirt, der seit 1 1/2
Jahren in verschiedenen Ausführungen im Betrieb steht und sich
durchaus bewährt hat derart, daß nirgends ein Einreißen der
Schieberfläche oder Convexlaufen derselben beobachtet wurde. Der
Webb'sche Schieber ist in Fig. 3 und
4 dargestellt, in seiner Anwendung für eine Locomotive
mit Innencylindern, deren beide Schieberkästen zusammenstoßen
und einen gemeinsamen Dampfraum bilden, in welchem die beiden
Dampfschieber unmittelbar neben einander liegen. Die äußere
Steuerung und Bewegung der Schieber entspricht vollkommen der
bei Locomotiven gebräuchlichen Anordnung; während jedoch die
Schieberstange gewöhnlich in einen viereckigen Rahmen ausgeht, welcher den Muschelschieber
umfaßt, ist hier dieser Rahmen ringförmig hergestellt, so daß sich der Schieber in
demselben zu drehen vermag. In gleicher Weise ist die
Schleiffläche des Schiebers eine Ringfläche, deren Breite die
Summe von äußerer und innerer Deckung und Canalbreite beträgt;
der ganze Schieber läßt sich soweit auf der Drehbank fertig
stellen. Die Dampfcanäle sind entsprechend innen und außen von
Kreisbögen begrenzt, deren Radien mit der innern,
beziehungsweise äußern Arbeitskante des Schiebers identisch
sind, während der Auspuffquerschnitt ein Kreis ist. In Folge
dessen findet selbstverständlich das Einlassen und Abschneiden
des Dampfes in gleicher Weise wie bei einem geraden Schieber
längs der ganzen Arbeitskante auf einmal statt; gleichzeitig
aber kann sich auch der Schieber beliebig in dem Schieberrahmen
verdrehen, ohne die Dampfvertheilung zu ändern. Dies geschieht
nun, nach Webb, jedesmal, wenn irgend eine
Stelle des Schiebers einseitig größere Reibung findet, und so
soll sich der Schieber fort und fort auf seiner Gleitfläche
immer besser einschieben, gleichzeitig auch das Schmiermaterial,
welches durch die in Figur 4
ersichtlichen Röhrchen zugeführt wird, besser auf der Oberfläche
vertheilen.
Zur Vervollständigung möge noch bemerkt werden, daß die in den
Zeichnungen dargestellten angenieteten Ansätze der
Schieberrahmen dazu dienen, um das Schiebergewicht beim Leergang
aufzunehmen, da die gewöhnliche Führung längs der untern
Schieberleiste hier nicht anwendbar ist.
Der Webb'sche Schieber wurde sowohl in Metall, als Gußeisen
hergestellt und soll sich in beiden Ausführungen gleichmäßig gut
bewährt haben; auch Entlastungsvorrichtungen können leicht
disponirt werden; doch bemerkte Webb
in seinem Vortrage sehr richtig, die Reibung guter
Schiebergleitflächen sei eine so geringe, daß auch nur die
geringste Undichtheit der Entlastungsvorrichtung kostspieliger
fei als der ersparte Reibungsverlust.
M-M.