Titel: | Die Probirung von Blicksilber auf den Gold- und Silbergehalt; von Otto Lindemann, Chemiker zu Oker. |
Autor: | Otto Lindemann |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 67 |
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Die Probirung von Blicksilber
auf den Gold- und Silbergehalt; von Otto Lindemann, Chemiker zu
Oker.
Lindemann, über die Probirung von
Blicksilber.
Das auf den Unterharzer Hüttenwerken zu Oker, Herzog Julius- und
Frau Sophien-Hütte gewonnene Blicksilber ist vor seiner
Weiterverarbeitung zum Zweck der Goldscheidung stets Gegenstand
der Untersuchung auf den Gehalt an Gold und Silber, und
dienen die erhaltenen Resultate den Betriebsbeamten zur
Controlirung des Metallausbringens im Großen. Die Probenahme
geschieht in der üblichen Weise auf der Hütte, auch wird das
Granuliren der Proben unter Vermeidung des Feinbrennens von
Seiten der Hütte besorgt. Es ist also das dem Laboratorium in
versiegelten Büchsen zugehende Probematerial jederzeit zur
Untersuchung geeignet und bedarf keiner weitern Vorbereitung.
Die folgenden, vom Verfasser nach dem Gay-Lussac'schen und
Volhard'schen Verfahren (vgl. 1874 214 398)
ausgeführten und in der Berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1876
S. 333 mitgetheilten Versuche sind mit Blicksilber angestellt
worden, welches zu verschiedenen Zeiten auf den einzelnen
Hüttenwerken durch Abtreiben von Werkblei gewonnen war; die
angegebenen Zahlen sind das Mittel aus mindestens zwei unter
einander übereinstimmenden Versuchen. Die Titerbestimmung beider
Lösungen, sowohl der Kochsalz- wie der Rhodankaliumlösung, wurde
stets vorangeschickt, wenn zwischen der Beendigung einiger
Proben und der Einsendung neuer ein längerer oder kürzerer
Zeitraum lag. Auch diente die Volhard'sche Probe stets als
Vorprobe, um aus dem Ergebniß derselben diejenige
Blicksilbermenge zu berechnen, welche die Concentration der
Kochsalzlösung vorschreibt.
Silbergehalt
nach Volhard.
nach Gay-Lussac.
93,75
Proc.
93,73
Proc.
93,34
„
93,37
„
95,00
„
94,99
„
95,80
„
95,88
„
93,75
„
93,77
„
94,30
„
94,26
„
94,31
„
94,29
„
93,47
„
93,48
„
93,22
„
93,27
„
94,97
„
94,99
„
Die Genauigkeit der Resultate ist wie bei allen maßanalytischen
Methoden so auch bei der Volhard'schen abhängig von der
richtigen Beschaffenheit der Meßgefäße, sowie von der
Richtigkeit der titrirten Lösungen, und ist daher in diesem
Falle der Wirkungswerth der Rhodansalzlösung mit größter
Genauigkeit festzustellen. Ferner sind bei späteren Silberproben
möglichst dieselben Bedingungen einzuhalten wie bei der
Titerstellung selbst.
Zur Ermittlung des Wirkungswerthes einer empirisch dargestellten
Rhodankaliumlösung bedient man sich nach Volhard einer Silberlösung von bestimmtem
Gehalte, welche man durch Auflösen von 10g chemisch reinen Silbers
in der erforderlichen Menge chlorfreier Salpetersäure und
Verdünnen der Lösung auf 1l bereitet hat. Von dieser Flüssigkeit, die später in
einer andern gut verschließbaren Flasche vor Licht geschützt
aufzubewahren ist, werden 50cc in ein Becherglas gebracht, mit dem 3- bis 4 fachen
Volum Wasser verdünnt und 5cc einer Auflösung von schwefelsaurem Eisenoxyd (1 : 10)
hinzugefügt. Man läßt nun unter beständigem Umrühren mit einem
Glasstabe aus einer bis zum Nullpunkte gefüllten, in 0cc,1 getheilten 50cc-Bürette
Rhodankaliumlösung anfangs rascher, zuletzt tropfenweise
zufließen, bis durch den letzten Tropfen eine bleibende
röthliche Färbung der Flüssigkeit eintritt.
Waren zu diesem ersten Versuche 50cc oder auch nur annähernd
50cc Rhodankaliumlösung
erforderlich, so hat dieselbe die richtige Concentration; wurden
dagegen weniger verbraucht, so berechnet man die Wassermenge,
welche der gesammten Rhodankaliumlösung zugesetzt werden muß, um
die gewünschte Verdünnung zu erzielen. Jetzt wiederholt man den
Versuch noch 2 oder 3 Mal in der angegebenen Weise und notirt
die verbrauchten Volume Rhodankalium, welche genau
übereinstimmen müssen. Sie entsprechen der in 50cc Silberlösung enthaltenen
Silbermenge und bilden die Grundlage zur Berechnung späterer
Resultate.
Um nun mit der Bestimmung des Feinsilbergehaltes gleichzeitig die
des Goldgehaltes zu vereinigen, operirt Lindemann mit dem von der Hütte übersandten Materiale, wie
folgt: Auf einer chemischen Wage werden etwa 10g Blicksilbergranalien von
Linsengröße genau abgewogen und in einem Digerirkölbchen von 200
bis 250cc Inhalt und
schlanker, birnenförmiger Gestalt mit etwa 50°°
reiner, chlorfreier Salpetersäure von 1,2 spec. Gew. auf dem
Sandbade so lange erwärmt, bis die Einwirkung der Säure beendet
ist und keine rothen Dämpfe mehr entweichen. Hierauf verdünnt
man mit destillirtem Wasser, wartet bis sämmtliches Gold sich
vollständig am Boden des Kölbchens angesammelt hat und gießt die
klare Silbernitratlösung vorsichtig unter Vermeidung jeglichen
Verlustes in eine bereit gehaltene Literflasche. Das im
Lösegefäß zurückbleibende Gold wird noch einige Male in
derselben Weise wie zuvor, jedoch mit geringern Mengen
Salpetersäure, digerirt und durch vorsichtiges Decantiren
zuletzt mit destillirtem Wasser so lange ausgewaschen, bis der
Literkolben fast bis zur Marke angefüllt ist und in einer Probe
der abgegossenen Flüssigkeit kein Silber mehr nachgewiesen
werden kann. Jetzt füllt man das Kölbchen vollständig mit Wasser
bis zum Rande, der, wenn er mit Fett bestrichen war, zuvor wieder
gereinigt werden muß, deckt einen Porzellantiegel mittlerer
Größe über die Oeffnung des Kölbchens und dreht beide über einer
flachen Porzellanschale rasch um, so daß zunächst der Tiegel bis
zu einer bestimmten Höhe mit Wasser gefüllt wird, nach und nach
aber auch sämmtliches Gold vermöge seiner Schwere langsam durch
den Hals des Kölbchens in den Tiegel gelangt. Ist letzteres
vollständig erreicht, so kommt es darauf an, mit einiger
Geschicklichkeit durch eine rasche seitliche Bewegung das mit
Wasser fast gefüllte Kölbchen vom Tiegel zu entfernen, ohne daß
durch stürmischen Wasserausfluß Goldtheilchen aus dem Tiegel
geschleudert werden, die sich jedoch zunächst in der geräumigen
Porzellanschale wieder finden würden. Die richtige Form des
Kölbchens, die richtige Länge und Weite seines Halses, sowie vor
Allem die geschickte Manipulation des Probirers helfen über
diese geringe Schwierigkeit rasch hinweg. Das im Tiegel
befindliche Gold wird nun, nachdem das Wasser vorsichtig
abgegossen ist, bei mäßiger Wärme getrocknet, über der
Spiritusflamme erhitzt und im Exsiccator erkalten gelassen.
Alsdann bestimmt man mit Hilfe einer chemischen Wage das Gewicht
desselben bis auf 0mg,2
genau.
Hierauf schreitet man zur Untersuchung der Silberlösung, deren
Volum zunächst genau auf 1l zu verdünnen ist. Da hierzu natürlich nur abgemessene
Volume der Lösung verwendet werden, so zieht Lindemann es vor, um sich von etwaigen
Fehlern der Meßgefäße unabhängig zu machen, die Verdünnung der
Silberlösung stets in derselben Literflasche vorzunehmen, welche
auch zur Darstellung der sogen. Normalsilberlösung gedient
hatte, und, falls mehrere Bestimmungen gleichzeitig neben
einander auszuführen sind, die Lösungen sofort, nachdem sie auf
1l verdünnt und durch
Umschütteln gemischt sind, wieder in andere völlig trockene,
oder mit der Silberlösung zuvor ausgespülte Glaskolben zu
gießen. Ebenso benutzt Verfasser stets ein und dieselbe Bürette
und Pipette von 50cc
Inhalt und operirt mit der zu untersuchenden Silberlösung
überhaupt genau in derselben Weise, wie bei der oben
beschriebenen Bestimmung des Titers, indem mit derselben stets
mehrere Versuche hinter einander ausgeführt werden, welche über
den wirklichen Verbrauch der Rhodankaliumlösung und somit über
den wahren Silbergehalt der Lösung resp. der angewendeten Menge
Substanz keinen Zweifel lassen.
Lindemann theilt noch einige nach
vorstehendem Gange ausgeführte Versuche mit und bemerkt, daß die
niedrigen Silbergehalte der 3. und 5. Probe (S. 70) ihren Grund
in dem Vorhandensein einer verhältnißmäßig größern Menge Blei
hatten, welche sich schon auf Zusatz des
schwefelsauren Eisenoxydes zur anfangs wasserhellen
Silbernitratlösung durch eine milchige Trübung zu erkennen gab,
aber ebenso wenig wie geringe Kupfermengen die Genauigkeit des
Titrirverfahrens beeinträchtigte. Die verbrauchten Volume
Rhodankaliumlösung, von welcher 100cc 0g,99356 Silber fällten,
waren auch hier bei öfterer Wiederholung des Versuches constant.
Bezüglich der Reinheit des abgeschiedenen Goldes ist zu
erwähnen, daß, trotz der dreimaligen Behandlung desselben mit
kochender, chlorfreier Salpetersäure, ein geringer Rückhalt an
Silber nicht umgangen werden konnte.
AngewendeteMenge
Blicksilber,zu 1000cc gelöst
Ausbeute an
Gold
VerbrauchtesRhodankalium
zu50cc
Silberlösung100cc Rhodankal.= 0,99356 Silber
Berechneter
Feinsilbergehaltfür 50cc Lösung = 1/20
derangewendeten Blicksilbermenge
g
mg
Proc.
cc
mg
Proc.
9,9804
28,9
0,289
47,2
468,96
93,976
10,0060
30,3
0,302
47,2
468,96
93,735
10,0414
73,6
0,732
43,5
432,20
86,083
10,0046
32,1
0,320
47,85
475,42
95,039
10,0544
23,4
0 232
46,35
460,52
91,604