Titel: | Ueber Bestimmung des Bindevermögens der Thone; von Dr. Carl Bischof. |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 196 |
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Ueber Bestimmung des
Bindevermögens der Thone; von Dr. Carl Bischof.Im
Separatabzug aus dem Notizblatt des Deutschen Vereines für
Fabrikation Ziegeln, Thonwaaren, Kalk und Cement vom
Verfasser gef. eingeschickt.
Bischof, Bestimmung des Bindevermögens der
Thone.
Das Bindevermögen, die Bindefähigkeit, oder auch Bindekraft
genannt, diese technisch höchst werthvolle Eigenschaft, beruht
bekanntlich auf der Fähigkeit der Thone, wenn sie mit Wasser
angemacht werden, andere pulverförmige oder auch grobkörnige
Massen in sich aufzunehmen und, nachdem sie zusammengetrocknet,
ein Ganzes von gewisser mechanischer Festigkeit zu geben.
Mit der bezeichneten sehr wichtigen und in der Praxis ausgiebig
verwertheten Erscheinung steht eine ganze Reihe von
wissenschaftlich interessanten Thatsachen in Zusammenhang,
welche alle sich bei dem Verhalten der Thone gegen Wasser,
sowohl bei dessen Aufnahme wie Abgabe, kundgeben. Es gehört
dahin die Wassersaugkraft der Thone, deren damit sich
einstellende Klebrigkeit, Schlüpfrigkeit, Verschmierbarkeit,
Bildsamkeit, Formbarkeit – bekannte Wahrnehmungen, die
wir mit dem allgemeinen Namen Plasticität bezeichnen, und beim
Fortgehen des Wassers, sei es durch Trocknen oder Glühen, als
Schwinden sich äußern. Der Plasticität verdankt der Thon
überhaupt seine Bearbeitsamkeit, und wie sie die
charakteristischste, so ist sie auch zugleich die nützlichste
Eigenschaft der Thone, welche gewissermaßen dieselbe Rolle
spielt, wie bei den Metallen die Hämmerbarkeit, beim Eisen die
Schweißbarkeit, oder beim Glase die so fügsame Erweichbarkeit im
Feuer, wodurch alle diese Materialien eine wirthschaftlich wie
industriell unermeßliche Bedeutsamkeit erlangt haben.
Man kann das Bindevermögen mit einer gewissen Sicherheit nur auf
empirischem und indirectem Wege bestimmen, und zwar in
verschiedener Weise: 1) Mit Hilfe von Quarzpulver oder Sand
unter Beobachtung des Abstaubens oder der Ablösbarkeit der
Sandtheile.
Der Grad des Bindevermögens eines Thones, ausgedrückt in einer
bestimmten Zahl, läßt sich ermitteln durch ein Titriren des
Thones mit Sand und Feststellung des geringern oder größern
Zusammenhaltes der Theile der so gebildeten und getrockneten
Gemenge. Die Art der Bestimmung wird bekanntermaßen vorgenommen,
indem man zu dem zu prüfenden Thone die 1, 2, 3 u.s.w. fache
Volummenge feinen Quarzpulvers hinzusetzt, das von stets gleich
feiner Korngröße ist, aldann die Gemengtheile sorgfältig, erst
trocknen, dann im breiartigen Zustande vollständigst
vermischtUm einen sichtlichen Anhalt zu gewinnen, wie weit und
vollständig die Durchmischung zu treiben ist, mische man etwa
weißen Sand mit einen Zehntel oder noch mehr rothen oder gelben
Thon und durchknete beide im breiartigen Zustande so lange, bis
eine völlig gleichmäßige Färbung erreicht ist.,
hierauf Proben in Gestalt kleiner Cylinder formt, welche mit der
Zahl, die der Quarz- oder Sandmenge entspricht, numerirt werden,
und sie zuletzt genügend trocknet. Werden endlich die einzelnen
(keinenfalls mehr warmen) Proben durch gelindes Streichen gegen
den Ballen des Zeigefingers geprüft, so wird bei einem gewissen
Zusatze stets eine Masse erhalten, welche sich abreiben oder
abkörnen läßt. Beim ersten kräftigen Anstreichen findet oft ein
geringes Abfallen einzelner Körnchen statt, welches aber sehr
bald aufhört und von dem der innern Masse deutlich zu
unterscheiden ist. Die Probe, welche, in der beschriebenen Weise
gestrichen, ein leichtes und reichliches Abreiben der Theile
zeigt, wurde als Norm angenommen.
Diese Methode, welche von demselben Beobachter und in derselben
gleichen Weise mit einer für technische Zwecke genügenden
Genauigkeit sich ausführen läßt, ist dennoch einiger
Vervollkommnungen fähig, da sie von den möglichen Schwankungen
in der Kraft des Angriffes der Prüfungsobjecte, d.h. dem
subjectiven Ermessen abhängig ist, was unter gelindem Streichen
gegen den Ballen des Zeigefingers zu verstehen. Benrath (Glasfabrikation S. 78) schlägt
daher vor, den Finger als Reibfläche durch eine Gänsefederfahne
oder einen Roßhaarpinsel von bestimmter Haarlänge zu ersetzen,
mit welchem die Probe abzustäuben wäre.
Verfolgen wir diesen Gedanken näher und versuchen, die
bezeichnete Prüfungsweise in diesem Punkte zu einer mehr
objectiven zu machen, indem wir eine zu dem Zwecke rein
mechanische Behandlung der Proben mittels einer einfachen
Drehvorrichtung an die Stelle setzen. Man kann sich dazu eines
an einen Tisch anschraubbaren Holzes, etwa einer Art
Nähschraube, bedienen, welche oben rechtwinklig durchbohrt ist.
Legt man durch die runde Oeffnung eine horizontale Welle und
bringt auf der einen Seite einen rechtwinkligen Arm an, in den
ein zurecht geschnittener gewöhnlicher feiner Anstreichpinsel
aus Schweineborsten gesteckt wird, und auf der andern Seite
einen Schwengel zum Drehen, so ist der Apparat fertig. Beim
Versuche streift der Pinsel, den man statt zu rotiren besser hin
und her sich bewegen läßt, an den bis zur Hälfte des Cylinders
fest und unausweichbar eingespannten Thonproben vorbei. Stellt
man die Vorrichtung jedesmal genau so ein, daß der Pinsel die
Proben nicht blos eben berührt, sondern in gleichem Uebergreifen
um einige Millimeter überfaßt, und zählt das Hin- und
Herstreichen gleichmäßig in bestimmter Zahl ab, so läßt sich
unter Beobachtung der beschriebenen Vorsichtsmaßregeln bei ein
und denselben Proben ein überraschend sicheres Zutreffen
beobachten. Auch ist diese Prüfungsart im Ganzen einfach und
nicht zeitraubender als die frühere. Ferner sind es noch zwei
Momente: das Abmessen und die Kornbeschaffenheit des
Sandzusatzes, deren genauere Regelung im Stande ist, die Methode
zu verschärfen, um für die Praxis recht genügend genaue
Resultate zu geben, wenn dieselbe auch immerhin auf vollständige
wissenschaftliche Genauigkeit keinen Anspruch erheben kann.
Das Messen, wenn es auf der Gewichtsbestimmung beruht, ist für
den stets eine bedeutende Größe, ein Vielfaches, bildenden
Sandzusatz der einfachern und raschern Handhabung wegen als
genügend sicher beizubehalten; dagegen wird die Genauigkeit
erhöht, wenn man sich die ein für alle Mal als Einheit dienende
kleine Thonmenge stets abwiegt. Bei einer
verhältnißmäßig kleinen Menge kann, je nachdem das Abstreichen
der Meßprobe mehr oder weniger scharf geschieht, ein Fehler
gemacht werden, der unbemerkt das Resultat zu beeinflussen
vermag. Es empfiehlt sich daher, wenn man etwa 0cc,1 des feinst geriebenen
und durch ein Sieb von 225 MaschenEin nicht allzu feines Sieb, das
die beigemengten Sandkörner leichter durchfallen läßt, ist
absichtlich gewählt. auf 1qc gesiebten Thones als
Einheit annimmt, dafür als Gewicht in runder Zahl ein dem
QuarzpulverDie specifischen Gewichte des Quarzes und Thones, welche
nicht sehr abweichen, einander als gleich angenommen. gleiches von 0g,16 zu setzen. Der Sandzusatz wird alsdann nach wie
vorher abgemessen mittels kleiner knöcherner oder hölzerner
vertiefter Löffel oder Cylinder, welche mit dem gekörnten
Sandpulver, wovon also 0cc,1 = 0g,16,
geeicht genau 1, 2, 4, 6 Gewichts-, sowie demnach auch
Maßtheilen des Sandpulvers entsprechen. In Betreff der Korngröße
des Sandes hat eine zu große Feinheit den Nachtheil, daß alsdann
das Abkörnen der Proben weniger deutlich hervortritt. Eine
gewisse Korngröße ist daher nur zweckmäßig, womit indeß
anderseits, um nicht an Gleichmäßigkeit bei der Herstellung der
Proben zu verlieren, nicht zu weit gegangen werden darf. Das
Sieben eines von fremden Beimengungen freien natürlichen
reinweißen QuarzsandesDerselbe darf selbstredend Wasser
nicht trüben und ist sonst vorher sorgfältigst zu waschen., welcher durch ein Sieb von 225 Maschen auf 1qc fällt und von dem
alsdann der Staubsand durch ein solches von 1296 Maschen
entfernt worden, scheint so den genannten Bedingungen am
entsprechendsten. Von einem so erhaltenen feinen und feinsten
Sande sind am zweckmäßigsten gleiche Maßtheile mit einander zu
vermischen, und dient alsdann dieses Gemenge als das bezeichnete
Titrirmittel.
Um die vorstehenden Angaben einer Controle zu unterwerfen, wurde
einer der bindendsten oder fettesten Thone, die es gibt, und um
uns an einen aufgestellten Normalthon zu halten, der beste
belgische Thon mit 10, 20 und 30 Proc. eines Magerungsmittels,
und zwar mit gebranntem feinstem Saarauer Thon Nr. I (gesiebt
durch ein Sieb von 1296 Maschen auf 1qc) versetzt und alsdann
ermittelt, wie weit sich das damit nothwendig abnehmende
Bindevermögen in einer gewissen regelmäßigen Uebereinstimmung
verfolgen und feststellen läßt. Nachdem der belgische Thon in
den bezeichneten Verhältnissen mit feinstem Saarauer
Chamottemehl, beide bei 100° getrocknet, auf das innigste
erst trocken und dann breiartig vermischt worden, hierauf 0g,16 des Gemenges abgewogen
und je mit der 10, 11, 12, 13 und 14fachen Menge des
doppelt gesiebten Sandes ebenso vollständig vermengt war, wurden
die betreffenden Proben geformt, entsprechend numerirt und bei
100 bis 120° getrocknet. In Folge der Chamottebeimengung
wird der belgische Thon nicht blos heller und verliert an
Klebrigkeit, sondern verdichtet sich dadurch. Bei dem Verkneten
des Thones mit dem Sande mittels eines Spatels in der Handfläche
ist darauf zu achten, daß dies so lange fortgesetzt wird, bis
kein Thonbrei mehr aus der Masse, sei es streifenweise oder
stellenweise, hervortritt. Auch ist die Menge des zugesetzten
Wassers nicht gleichgiltig, sondern man muß einen jedes Mal
annähernd gleich steifen Brei zu erhalten suchen. Die
Wassermenge darf nicht zu reichlich sein, da sonst die
getrockneten Proben sich loserEs können so Schwankungen
eintreten und kann alsdann eine niedere Probe gleich einer
höhern und selbst weniger fest als diese erscheinen.
verhalten oder sich leichter abreiben lassen. Der Wasserzusatz
ist so abzupassen, daß sich das Gemenge gut formbar zeigt, aber
es darf nicht aus einander fließen; hat letzteres aus Versehen
stattgefunden, so sind die Proben vorher zu trocknen und dann
von Neuem mit Wasser vorsichtig bis zu dem gedachten und bei
einiger Uebung bald zu treffenden Punkte zu versetzen.
Schließlich wurden die in Gestalt kleiner Cylinder geformten und
in einer mit Tuch gepolsterten Reißfeder eingespannten, völlig
abgekühlten Proben mittels der oben beschriebenen
Drehvorrichtung mit dem 2cm langen und an seinem dicksten Ende 1cm breiten Borstenpinsel
behandelt. Der Pinsel bestrich dabei 3 bis 5mm übergreifend und 25 Mal
auf und ab gehend die Proben, so daß jede Probe 50 Pinselstriche
erhielt.
Die ungemagerten belgischen Prüfungskörper ergeben: Probe Nr. 10
wie Nr. 11 und 12 zeigen keinen Angriff des Pinsels, höchstens
läßt sich ein ganz leises Abstauben bemerken. Bei Nr. 13 beginnt
ein leiser Angriff, welcher bei Nr. 14 ziemlich, aber erst bei
Nr. 15 deutlich hervortrittGenau dieselben Zahlenwerthe geben
zwei Mal hinter einander, aber nicht gleichzeitig hergestellte
Proben. Als dritter Versuch wurden die Proben hierauf, nachdem
sie zur einmaligen Bestimmung gedient hatten, zerdrückt, mit
Wasser wiederum angemacht, geformt, getrocknet und von Neuem
geprüft, wobei sich denn ein allerdings leichteres Abreiben der
Proben, das aber nur 1/2 bis höchstens 1 Theil betrug,
herausstellte. und sich in der doppelten Weise
sowohl durch ein sichtbares Abfallen der Sandkörnchen, als auch
durch ein Abgefressensein der betreffenden Proben zu erkennen
gibt. Als Kennzeichen stellt sich hierbei folgendes heraus. Ist
das Abreiben gering, so erscheint die abgefressene Fläche
convex; ist es stärker, so hat sie ein concaves ausgenagtes
Ansehen, und ist es noch reichlicher eingetreten, so zeigt sich
die abgeriebene Fläche völlig eben, wie abgeraspelt. Nimmt man
ein deutliches Abreiben, welches mit dem concaven Ansehen
der abgeriebenen Probe bereits eintritt, als Norm an, so erhält
man nach der in Rede stehenden verbesserten Methode für den
belgischen Thon das Bindevermögen = 14 bis 15, d.h. also vier
Nummern höher, als es früher nach der alten Bestimmungsweise von
mir gefunden wurde. Da diese höhere Zahl um so annehmbarer ist,
weil sich damit die Scale erweitert, also an Meßbarkeit gewinnt,
so wurde absichtlich kein steiferer Pinsel sowie auch kein
reichlicheres Bestreichen, als zur bezeichneten Kennzeichnung
ausprobirt und angegeben, gewählt.
Wird der um 10 Proc. gemagerte belgische Thon ebenso versetzt,
verknetet, geformt, getrocknet und die Proben bestrichen, so
zeigt die gleichfalls wiederholte Bestimmung bereits ein
beginnendes Abreiben der Probe 12 und ist der Angriff ein
deutlicher bei Nr. 13. Die 10 Proc. Magerung haben also
entschieden das Bindevermögen völlig um einen ganzen Zusatz
vermindert. Desgleichen zeigt die Prüfung des um 20 Proc.
gemagerten belgischen Thones bereits für die Probe Nr. 11 ein
ziemlich deutliches Abreiben, so daß hier das Bindevermögen = 11
bis 12 zu setzen ist. Ferner tritt bei dem um 30 Proc.
gemagerten belgischen Thon, gemäß dem ebenso doppelt
angestellten Versuch, bereits ein deutlicher Angriff bei der
10proc. Probe auf, also ist hier das Bindevermögen = 10. Mittels
der verbesserten, mehr objectiven, wie verschärften
Bestimmungsweise des Bindevermögens ist somit nicht blos die
Magerung eines fetten Thones um 10 Proc. augenfällig und sicher
nachzuweisen, sondern gibt sich auch die einer größern Magerung
entsprechende allmälige Abnahme des Bindevermögens maßgebend
kund.
Bestimmen wir so noch das Bindevermögen der übrigen 6
Normalthone, so wird für den sehr wenig bindenden Eaarauer Thon
(Cl. I) das Bindevermögen = 3 gefunden. Probe 1 staubt leise ab
beim ersten Anstreichen des Pinsels, aber ein deutliches
Abreiben und Abfressen zeigt erst die Probe 3. Für den
Zettlitzer geschlämmten Kaolin (Cl. II) ergibt sich nunmehr das
Bindevermögen zwischen 6 und 7. Probe 3 zeigt das feine
Abstauben beim ersten Anstreichen und ein sehr geringes
Abreiben, desgleichen Nr. 4 und 5, Nr. 6 reibt sich ziemlich und
Nr. 7 deutlich ab. Der Mühlheimer Thon (Cl. IV) zeigt erst bei
Probe 12 ein leises Abstauben und geringes Abreiben, desgleichen
Nr. 13. Probe 14 reibt sich deutlich ab, ziemlich glatt. Das
Bindevermögen stellt sich auf 14. Der Grünstädter Thon (Cl. V)
gibt das Bindevermögen = nahe 12. Probe 9 und 10 lassen ein
feines Abstauben und einen ganz leisen Angriff, Probe 11 ein
ziemliches und 12 ein deutliches Abreiben beobachten. Der Thon
von Oberkaufungen (Cl. VI) gibt das Bindevermögen = nahe 13. Probe 11
und 12 zeigen ein feines Abstauben und leisen Angriff, Probe 12
ein ziemliches und 13 ein deutliches Abreiben. Der Thon von
Niederpleis (Cl. VII) gibt endlich das Bindevermögen = 11. Probe
10 läßt bereits ein ziemliches Abreiben und 11 ein concaves
Abfressen wahrnehmen. Alle Thone haben, wie schon der belgische
Thon voraus gezeigt, mit der neuen Methode gewonnenDer
Gewinn liegt theils in der jetzt auf der Gewichtsbestimmung des
Sandes beruhenden Methode., am meisten die fetten,
bei denen die Scale fast durchweg um vier Nummern erweitert
ist.
Anstatt das Abstauben oder Abkörnen zu beobachten, läßt sich auch
das Bindevermögen aus der Zerdrückbarkeit der mit Sand
versetzten Proben bestimmen.
Wiewohl sich diese Bestimmungsweise durch ähnliche, wenn auch
leichter construirte Vorrichtungen, wie sie für die Cementproben
in Anwendung sind, zu einer völlig objectiven machen läßt, so
wird dieselbe doch von einigen andern Mißständen begleitet,
welche eine solche Methode gegenüber der vorgenannten in eine
tiefere Linie stellen. Abgesehen von der größern Umständlichkeit
der bezüglichen Ausführung und des dabei erforderlichen längern
Zeitaufwandes bietet dieselbe den Nachtheil, daß sie die
bekannten Bedingungen der in Form, Größe wie Dichtigkeit
jedesmaligen ganz gleichen und nothwendig mehrfachen
Prüfungskörper, um Mittelzahlen zu erhalten, nur auf erschwertem
Wege erfüllen kann, wobei aber die Einfachheit der Herstellung
der Proben, wie zugleich, was wichtiger, die Verläßlichkeit
leidet. Da die Proben mit dem steigenden Sandzusatze immer
umfangreicher werden, so müßte man entweder von den in
hinreichender Menge abgewogenen oder abgemessenen Gemengtheilen
je eine gleiche Größe stets abnehmen, oder eine Berechnungsweise
mit einer Reihe von Bruchtheilen eintreten lassen, was die
Ausführung compliciren und sie immer erschweren wird, ja, wie
gesagt, Anlaß zu einer größern Fehlerquelle geben würde.
2) Nicht blos indirect sondern von einer andern Beobachtung
ausgehend, ist das Bindevermögen zu ermitteln aus der Größe der
Wasseraufnahme der Thone, wovon die fetten oder die meist
bindenden mehr verschluckenVgl. Aron, Notizblatt des deutschen Vereines für Fabrikation
von Ziegeln etc., 1873 S. 171. – C. Bischof: Die feuerfesten Thone S. 124., um
eine bildsame Masse zu geben, als die weniger fetten und die
magern.
Je plastischer ein Thon ist, desto mehr Wasser nimmt er auf, d.h.
desto mehr Wasser muß man dem trocknen Thone zusetzen, um damit
einen Teig von einem gewissen Grade der Weichheit zu bilden,
und desto längere Zeit ist aber auch erforderlich, diesem Teig
das Wasser zu entziehen. Es ist zu dem Zwecke unter der
Voraussetzung, daß die so aufgenommene Wassermenge dem
Bindevermögen eines Thones proportional sei, eine hauptsächlich
analytische Methode vorgeschlagen worden. Man trocknet eine
gewogene Menge des zu prüfenden Thones über Schwefelsäure
mehrere Tage, bis kein Gewichtsverlust mehr stattfindet, wägt
von diesem trocknen Thon 25 bis 30g ab, bringt dieselben in
ein tarirtes Becherglas und übergießt sie mit destillirtem
Wasser. Das Wasser läßt man darauf 12 Stunden stehen, gießt den
vom Thone nicht aufgenommenen Antheil „gut“
ab, stellt das Glas dann eine Stunde über Schwefelsäure und
wiegt.
Offenbar findet sich in dieser Bestimmungsweise nicht nur ein
recht ungenauer, sondern noch dazu ein selbst fehlerhafter
Punkt. Man soll das Wasser „gut“ abgießen und dann das Glas eine Stunde
über Schwefelsäure stellen, was ersteres selbstredend eine sehr
willkürliche Operation, während letzteres, wenn man selbst bei
gleichmäßigster Behandlung ein wenigstens relatives Zutreffen
annehmen wollte, von dem erwähnten Umstande abhängig ist, daß
der bindendere Thon das Wasser hartnäckiger und länger
zurückhält, als die aufgenommene Wassermenge überhaupt
schwankend und in diesem Falle zu gering gefunden wird. Will man
eine solche analytische Bestimmungsweise befolgen, so kann sie
nur verläßliche Resultate geben, wenn sie auf sicher
feststehenden Beobachtungen und richtigen Methoden begründet
wird. Eine in dieser Hinsicht weit zuverlässigere, wenn auch
langwierige Bestimmung gibt so die Ermittlung der Menge der
Wasseranziehung des völlig trocknen Thones in einer mit
Wasserdampf gesättigten Atmosphäre unter einer Glasglocke
ab.Vgl.
1870 196 438. Das hygroskopische
Wasser oder das Wasser, welches der lufttrockne Thon bei einer
Temperatur von 110° verliert, gibt keinen Anhalt für die
Bestimmung des Bindevermögens.
In den bei 110° getrockneten, von mir aufgestellten
Normalthonen wurde so als Maximum der Wasseranziehung gefunden:
Bei dem höchstbindenden (B in
früherer Bestimmung = 10 bis 11), dem besten belgischen Thon
(Cl. III) 10,73 Proc. Bei dem nächstbindenden (B = 9 bis 10), dem Mühlheimer Thon (Cl.
IV), 10,46 Proc. Bei dem wenigstbindenden (B = 1 bis 2), dem Saarauer Thon Nr. 1
(Cl. I), 3,26 Proc. Ferner ergeben sich als abweichend von den
vorstehenden Zahlen, wie auch theils von denen des
Bindevermögens, für den Grünstädter Thon (B = 8) 7,43 Proc.; für den von Oberkaufungen (B = 9) 6,88 Proc. und für den von
Niederpleis (B = 8 bis 9) 6,55
Proc.
Am abweichendsten und unzutreffendsten verhält sich der
Zettlitzer geschlämmte Kaolin, welcher mit dem Bindevermögen = 3
doch die außerordentliche Maximalwasseranziehung von 8,90 Proc.
aufweist. Dieses auffallende und völlig abnorme Ergebniß
verlangt eine nähere Erklärung, welche indeß naheliegend ist und
in Gemeinschaft mit vorstehenden Abweichungen auf die hier
einflußreichen störenden Verhältnisse hindeutet.Beiläufig bemerkt, ist das geringe Bindevermögen des
Zettlitzer Kaolins oder dessen „Kürze“
nicht in einer großen Beimengung von unzersetzten
Mineraltrümmern (vgl. Aron,
Notizblatt, 1873 S. 171, 187 und 192) zu suchen, da nach den
neuern interessanten Bestimmungen von Seger (Notizblatt, 1876 Nr. 14) in diesem Kaolin ganz bedeutend weniger Mineraltrümmer
sich finden als in den ebenso untersuchten fetten Thonen von
Liegnitz und Kottiken.
Nicht unwahrscheinlich dürfte mit einem lange Zeit andauernden
Suspendirtsein eines Thones in Wasser und einem dabei
herbeigeführten mehr aufgequollenen Zustande ein großes
Bindevermögen in Zusammenhang zu bringen sein, aus welchem
Grunde daher im Allgemeinen die Thone secundärer Ablagerung weit
bindender sind, als die primärer.
Unter sämmtlichen Normalthonen ist der geschlämmte Zettlitzer
Kaolin am specifisch leichtesten, d.h. auf dasselbe Gewicht
bezogen, gibt er ganz augenscheinlich die größte Raum- oder
Volummenge, oder ist er am voluminösesten. Bei einer voluminösen
oder mehr lockern Masse ist aber die Oberflächenanziehung eine
größere und wird daher bei sonst gleichen Verhältnissen von
einer solchen mehr Wasser aufgenommen als von einer specifisch
schwerern oder mehr dichten. Bei voluminösen Thonen wird daher
das Bindevermögen, wenn man dasselbe aus der Wasseraufnahme
bestimmen will, zu hoch gefunden, ja, wie der vorliegende Fall
zeigt, kann dies in sehr erheblichem Grade geschehen. Ferner ist
hier auch der Kohlegehalt der Thone, welcher wechselnd und nicht
unbedeutend sein kann, in Betracht zu ziehen, und wissen wir ja
in bestimmter Weise aus den Untersuchungen von Aron, daß die drei und zwar auf nassem
Wege abgeschiedenen Körper, namentlich das Kieselsäurehydrat,
sowie das Thonerde- und Eisenoxydhydrat, ein großes
wasseranziehendes Vermögen besitzen. Die hygroskopische
Eigenschaft der Kohle ist bekannt, und lehrt die
Landwirthschaft, daß ein humusreicher Boden weit mehr
Feuchtigkeit anzieht und aufnimmt wie auch zurückhält, als ein
humusarmer.
Dasselbe Vermögen ist von Einfluß auf die Thone je nach ihrem
verschiedenen Kohlegehalt, und wird daher ein mehr kohlehaltiger
Thon Mehr bindend erscheinen als ein kohlefreier, wenn auch
sonst beide Thone in ihren Eigenschaften sich gleich sind. Auch
hierin liegt also ein Grund, weshalb aus der
Bestimmung der Wasseranziehung zutreffende Zahlen im Allgemeinen
nicht zu erhalten sind, wenn man auch anderseits bei sonst sehr
gleichartigen Materialien sich dieser Bestimmungsweise bedienen
kann, wie z.B. der belgische und Mühlheimer Thon zeigt. Dazu
kommt, namentlich im Vergleich zur Sandmethode, überhaupt die
Kleinheit des Prüfungsmittels, d.h. die auch vom fettesten Thone
aufgenommene Wassermenge bildet keine verhältnißmäßig bedeutende
Größe, d. i. nur einen kleinern Bruchtheil der Thonmenge selbst.
Fehler in der Bestimmungsweise multipliciren sich daher um so
mehr. Endlich aber ist hervorzuheben: wollte man die 8 bis 10
Tage Zeit erfordernde Wasseranziehung durch ein directes
Zutröpfeln des Wassers zu dem Thon aus einer Bürette ersetzen,
so entsteht die Schwierigkeit, den Zeitpunkt der Sättigung zu
bestimmen, oder nimmt man einen gewissen Grad der Weichheit des
mit Wassers versetzten Thones als Norm an, so ist dessen scharfe
Feststellung nicht zu erreichen. Diese Schwierigkeiten kann man
allenfalls umgehen durch Anwendung einer einfachen Restmethode,
indem man den auf ein durchnäßtes und bedecktes Filter
gebrachten Thon mit einer abgemessenen Menge Wasser übergießt,
den Ueberschuß ablaufen läßt und hierauf denselben zurückmißt;
doch bleiben auch dann noch Ungenauigkeiten übrig. Bei sonst
sehr gleichen Thonen läßt sich in dieser letzten Weise bei
möglichst gleicher jedesmaligen Ausführung von derselben Hand
eine geringe Verschiedenheit der Wasseraufnahmefähigkeit eines
Thones resp. des Bindevermögens noch ermitteln, während die
überhaupt gerügten Fehlerquellen der Bestimmung des
Bindevermögens aus der Wasseraufnahme bestehen bleiben.
Zum Schluß erwähne ich noch kurz der Vollständigkeit halber die
praktischen Proben, deren man sich bei der Bestimmung des
Bindevermögens oder der Bildsamkeit bedient. Hinsichtlich der
Verarbeitung eines Thones im Allgemeinen muß ein aus demselben
bereitetes, länglich cylinderförmiges Stück sich zu einem Ringe
zusammenlegen lassen, ohne daß letzterer aus einander reißt und
Sprünge bekommt. Formt man aus dem Thone Kugeln von
verschiedener Größe, so müssen sich dieselben ungefähr um die
Hälfte ihres Durchmessers verflachen lassen, ohne an den Rändern
Risse zu zeigen, und zieht man den Thon aus einander, so muß
eine gewisse ductile Dehnbarkeit der Thontheilchen zu beobachten
sein. Als Maßstab zur Vergleichung der Bildsamkeit verschiedener
Thone hat man die Länge von freihängenden Fäden genommen, welche
sich aus einer Henkelpresse heraustreiben lassen, bis sie durch
ihr eigenes Gewicht abreißen; oder bei zwei verschiedenen
Massen, die aber gleichen Wassergehalt und gleiche Feinheit
haben, kann man ihre relative Plasticität bestimmen nach der
Länge, bis zu welcher man einen Ballen ausrollen kann, ohne ihn
zu zerreißen.
Selbstredend bleiben solche von verschiedenen wechselnden
Bedingungen und Umständen abhängige empirische Proben, welche
ohne Bezug auf eine zahlenmäßige Einheit nur ein und derselbe
und in derartigen Versuchen sehr geübter Arbeiter mit
annähernder Genauigkeit ausführen kann, ziemlich unsichere
Bestimmungsmittel und können keinen Anspruch auf eine größere,
geschweige eine nur einigermaßen wissenschaftliche
Zuverläßlichkeit machen.