Titel: | Sicherheitsvorrichtungen für Aufzüge; von Otto Schrott. |
Autor: | Otto Schrott |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 243 |
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Sicherheitsvorrichtungen für
Aufzüge; von Otto
Schrott.
Mit Abbildungen auf Taf. VI [a/1].
Schrott, über Schlenker's
Sicherheitsvorrichtungen für Aufzüge.
Jeder Elevator, insbesondere aber jeder Personenaufzug muß mit
einer Sicherheitsvorrichtung versehen sein, welche im Falle des
Seilbruches die Platform anhalten und vor dem Hinabstürzen
bewahren soll. So einleuchtend diese Nothwendigkeit auch ist, so
fällt es doch viel schwerer, eine Sicherheitsvorrichtung zu
finden, welche tatsächlich diesen Namen verdient, die unter
allen Umständen wirksam bleibt und im Momente der Gefahr nicht
den Dienst versagt.
Bevor man die Frage nach der Güte verschiedener
Sicherheitsvorrichtungen beantworten kann, ist es zunächst
nöthig, zu untersuchen, auf welche Principien man dieselben
überhaupt basiren kann, oder mit anderen Worten festzustellen,
welche Erscheinungen bei dem Risse eines Zugseiles ausnahmslos
eintreten und daher als Grundlage einer Construction dienen
können.
Als solche Erscheinungen können bezeichnet werden: 1) das
Aufhören der Zugspannung im Seile; durch Verklemmen des Seiles
kann jedoch diese Erscheinung theilweise vernichtet werden, wie
auch das große Gewicht des abgerissenen Seiltrummes oft störend
wirkt; 2) das frei gewordene Gewicht der Platform, welches auf
Acceleration verwendet wird und 3) die Vergrößerung der
Geschwindigkeit beim Hinabstürzen.
Man findet bei einem großen Theile der Sicherheitsvorrichtungen
die erste Erscheinung zu Grunde gelegt – meist so, daß
das Zugseil an zwei gefederten Hebeln wirkt, an deren Enden sich
Sperrhaken befinden. Längs zwei Seiten der Platform befinden
sich verzahnte Stangen. Reißt nun das Seil und wird auf diese
Weise der Zug, welcher die Feder sonst comprimirt hat,
beseitigt, so soll die Feder nun die Hebel nach abwärts drücken
und die Sperrhaken zum Einfallen in die Sperrzähne bringen. Dies
ist aber, wie ausgedehnte Versuche in Amerika bewiesen, sehr oft
nicht der Fall, indem sich die Feder
„versetzt“ und im kritischen Momente sich
nicht schnell genug, oft auch gar nicht ausdehnt. Man
sieht sich daher gezwungen, falls man eine solche Vorrichtung
anwendet, noch eine zweite anzubringen, welche eine sichere
Wirkung verspricht.
Unter den Vorrichtungen, welche durch das Gewicht der Platform
wirken, gibt es gleichfalls große Verschiedenheiten in der
Anordnung. Einige derselben benutzen schiefe Ebenen, die durch
Keile nach außen getrieben werden, welch letztere in dem festen
Greifeisen geführt sind und durch das freigemachte Gewicht der
Last heraus gedrückt werden, wodurch das Aufhalten der Platform
bewerkstelligt wird.
In Figur 19
ist eine neue amerikanische Sicherheitsvorrichtung mit einem
Excenter dargestellt, welche sich an den Aufzügen der
„Howard Iron Works“ in Buffalo, N.-Y,
befindet und deren Erfinder E. Schlenker ist. Das links hinaufreichende Seilstück läuft
über Führungsrollen auf die Seiltrommel. Dasselbe ist um ein
Excenter geschlungen und stellt in seiner rechtsliegenden
Fortsetzung das Balanceseil dar, welches gleichfalls über eine
Führungsrolle reicht und am Ende das Gegengewicht für die
Platform trägt.
Der Vorzug von Schlenker's
Construction besteht darin, daß dieselbe nach dem zweiten oben
aufgezählten Princip ausgeführt ist und die in der Figur
ersichtlichen Federn nicht dazu dienen, die verzahnten
Greifeisen in die Zahnstangen zu drücken, sondern vielmehr nur
dazu, die Greifeisen während des Betriebes außer Eingriff zu
setzen. Im Falle das Zugseil reißen sollte, wird durch die
Friction des Seiles am Excenter, welche durch das Freiwerden des
Platformgewichtes entsteht, das Excenter in der durch einen
Pfeil angedeuteten Richtung gedreht und dadurch die Greifeisen
zum Einfallen gebracht. Beim Betriebe erscheint natürlich die
Belastung des Excenters durch das Zugseil weggenommen und können
die Federn die Greifeisen außer Eingriff setzen.
Trotzdem diese Einrichtung sehr einfach ist, so erfüllt dieselbe
ihren Zweck nicht, wenn mit dem Zugseile auch das Balanceseil
reißen sollte, da dann das Excenter keine besondere Belastung
erfährt. Um also den Folgen eines Unglücksfalles unter diesen
Umständen vorzubeugen, bringt man meistens noch eine unfehlbar
wirkende Sicherheitsvorrichtung an, welche nur oft der Vorwurf
trifft, daß dieselbe zu spät ihre Wirkung äußert, weil sie erst
durch die Erhöhung der Geschwindigkeit der herabfallenden
Platform bethätigt wird. Diese Erscheinung tritt natürlich
unausbleiblich ein, wenn überhaupt von Gefahr die Rede sein
kann.
Dem Wesen nach bestehen diese Vorrichtungen meist aus einem
Regulator, welcher entweder in Verbindung mit einer zweiten
Trommel gebracht wird, von der ein Reserveseil zur Platform
reicht, und der bei erhöhter Geschwindigkeit eine Bremse
anzieht, welche die Trommelumdrehungen verzögert; oder der
Regulator wird direct auf die Platform gesetzt, wie dies bei der
zweiten Anordnung von Schlenker der
Fall ist, welche in Figur 20
dargestellt erscheint. Diese Anordnung, welche vollkommen
unabhängig von dem Seilantriebe der Platform ist, vereinigt alle
Vorzüge in sich, welche auf diesem Wege erreichbar sind, und ist
dabei äußerst einfach.
Wie man sieht, erhält der Regulator seinen Antrieb von einer
horizontalen Welle, die an ihrem Ende eine Frictionsrolle aus
Kautschuk trägt, welche an den äußeren Flächen der
Platformführungen läuft und durch die Reibung die Drehung der
Welle bewirkt. Im Falle die Platform rascher fällt, gehen die
Kugeln des Regulators aus einander, pressen mittels des
verticalen Gleitstückes auf die in der Figur ersichtlichen Hebel
und bringen die Greifeisen zum Eingriffe. Der Regulator ist von
besonderer Construction mit einer Fangvorrichtung für die
Kugelarme versehen, damit nicht, wenn die Platform zum
Stillstand gebracht wurde, durch das Fallen der Kugeln und die
Mithilfe der Federn, welche, wie früher erwähnt, die Greifeisen
außer Eingriff zu bringen suchen, wieder ein erneutes Fallen der
Platform eintreten kann.
Der Regulator ist bei dieser Anordnung so construirt, daß schon
bei einem Steigen der Geschwindigkeit um 5m in der Secunde derselbe
seine Energie bethätigt. Ueberhaupt ist bei Regulatoren, welche
für derartige Zwecke verwendet werden, Empfindlichkeit eine
Hauptsache, ebenso wohl wie große Energie, da jede Secunde
Zeitverlust großes Anwachsen der lebendigen Kraft in der
herabfallenden Platform bedingt und mitunter aus diesen Gründen
die Wirkungsweise illusorisch wird, indem die Greifeisen den
riesigen Stoß nicht mehr ertragen können, die Zähne ausbrechen
und die Vorrichtung ihren Zweck verfehlt.
Das für Drahtseilbahnen vorgeschlagene Mittel, den Wagen oder die
Platform durch die Unterbrechung eines durch das Seil geleiteten
elektrischen Stromes zu bewirken, hat unseres Wissens noch keine
ausgedehntere praktische Anwendung gefunden.