Titel: | Verbesserung an Schramm's Doppel-Jacquardmaschine; von L. Antl, Director der Manufactur-Zeichen- und Webschule in Wien. |
Autor: | L. Antl |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 354 |
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Verbesserung an Schramm's
Doppel-Jacquardmaschine; von L. Antl, Director der
Manufactur-Zeichen- und Webschule in Wien.
Mit einer Abbildung auf Taf. VIII [d/3].
Antl's Verbesserung an Schramm's
Doppeljacquardmaschine.
Die Verbesserung betrifft jene Jacquardmaschine, die, in Wien
unter dem Namen Schramm's
DoppelmaschineVgl. Kick und Rusch: Beiträge zur Spinnereimechanik
(Wien 1868) S. 68. Grothe: Die
Spinnerei, Weberei und Appretur auf der Weltausstellung zu Paris
1867 (Berlin 1868) S. 90. F. Kohl:
Geschichte der Jacquardmaschine (Berlin 1873) S. 127. bekannt, zur Erzeugung von Schafwollen-Damentüchern,
Doppelstoffen, zweifärbigen Kidderminster-Teppichen, überhaupt
solchen Stoffen dient, welche für jede Seite eine eigene Kette
und besondere Schußfäden bedingen, so daß z.B. alle ungeraden
Ketten- und Schußfäden die untere Seite, alle geraden Ketten-
und Schußfäden die obere Seite des Stoffes bilden.
Mit dieser Maschine kann man in Vergleich zu einem gewöhnlichen
Jacquard mit der Hälfte Nadeln und mit der Hälfte Karten ein
Muster erzeugen. Um dies zu erreichen, sind in jeder Nadel zwei
gleichlange Platinen mit den Rücken an einander gestellt, so daß
ihre Nasen auswärts stehen und je nach Erforderniß einmal die
hintere (ungerade) oder die vordere (gerade) Platine von den
Messern des Hebzeuges erfaßt und gehoben werden. Die ungeraden
Platinen heben alle ungeraden Fäden (für die untere Seite des
Stoffes), die geraden Platinen alle Fäden für die obere Seite.
Die Messer sind beweglich, d.h. es läßt sich ihre Kante nach
Bedarf entweder unter die Nasen der ungeraden oder der geraden
Platinen stellen, um die einen oder die andern zu heben. Die
Bewegung der Messer wird, wie sofort noch näher erwähnt, durch
eine Platine des kleinen Cylinders bewirkt.
Um die Hälfte Karten zu ersparen, ist der Cylinder (Prisma) in
zwei Stücke getheilt, so daß er einen kurzen und einen langen
Cylinder bildet, wovon jeder für sich allein drehbar ist und
seine eigene Laterne und seine eigenen Hunde besitzt. Der
längere Theil des Cylinders o (Fig.
18) dient zur Aufnahme der Figurkarten, welche das Muster
ohne alle Bindung enthalten; der kleine Cylinder p enthält die Karten für die
Grundbindung des Gewebes, sowie die Löcher für Messerwechsel,
für Hebung des Hundes an dem Figurcylinder, dann für die
Hebeschäfte (Tringles).
Soll mit dieser Maschine ein zweifärbiges Muster gewebt werden,
in welchem die Grundbindung Croisé ist und fortwährend
ein lichter mit einem dunklen Schuß wechselt, so wird hier für
alle zwei Schüsse, d.h. für den lichten und dunklen, nur eine
Figurkarte geschlagen – und zwar so, als ob das Muster
nur einfärbig zu arbeiten wäre; diese Karte wird auf den
Figurcylinder aufgelegt. Für den kleinen Cylinder sind blos 8
Karten nöthig.
Die Bewegung der beiden Cylinder ist eine solche, daß sich der
kurze Cylinder bei jedem Hub der Maschine dreht, während der
Figurcylinder sich erst nach jedem zweiten Hub einmal wendet,
daher ein und dieselbe Karte zweimal vor das Nadelbret bringt.
Daß der lange Cylinder sich immer erst bei dem zweiten Schuß
oder Hub dreht, wird dadurch erreicht, daß in jeder 1., 3., 5 .
. . . Karte des kleinen Cylinders ein Loch für die Platine a geschlagen ist, wodurch diese Platine
bei allen ungeraden Karten mitgehoben wird; da sie mit den
Hebeln b und c verbunden ist, so werden die beiden Hunde d und d' so
hoch gehoben, daß der Figurcylinder nicht erfaßt, also nicht
gedreht wird.
Bei jedem 2., 4., 6 . . . . Hub dreht aber der obere Hund d den Cylinder wie
gewöhnlich, und es rückt dadurch eine neue Karte vor;
gleichzeitig stellen sich die Messer so, daß sie auf ein und
derselben Figurkarte bei dem ersten Hub die Platinen mit den
Kettenfäden für die untere Seite, bei dem zweiten Hub die
Platinen mit den Kettenfäden für die obere Seite des Stoffes
aufheben, wodurch, wie man sieht, durch ein Kartenloch zwei
Fäden verschiedene Bewegung erhalten, daher statt einer
gewöhnlichen 1200er Maschine hier eine 600er sogen.
Doppelmaschine ausreichen würde. Ebenso werden die Hälfte Karten
dadurch erspart, daß jede Karte zwei Mal arbeitet.
So vortheilhaft diese Maschine in ihrer Anwendung für die
eingangs erwähnten Stoffe auch ist, so konnte sie doch nicht die
ihr gebührende Verbreitung finden, indem sich nur wenige
Arbeiter damit befreunden konnten, wodurch viele Fabrikanten
gezwungen waren, wieder zur alten Maschine zurückzugreifen. Die
Ursache davon lag in der ungleichartigen Bewegung der Hunde,
welche das Suchen eines verlornen Schußfaches (z.B. bei
abgerissenem oder ausgegangenem Schuß) sehr erschwert und, weil
dies oft vorkommt, äußerst zeitraubend macht, da hier zuerst
durch Anzug der Schnur f die Karte
vom Figurcylinder zurückgenommen und das Figurfach gesucht, dann
erst zu dem gefundenen Fach durch Anzug der Schnur e die Karte des kleinen Cylinders
zurückgetreten und das Schußfach für die Grundbindung dazu
gesucht werden mußte, während bei der gewöhnlichen
Jacquardmaschine ein einfaches Anziehen der Repetirschnur
genügt, um die Karten zurückzunehmen und in kürzester Zeit zu
dem verlorenen Fach zurückzukehren.
Dem Verfasser ist es nun gelungen, dem besprochenen Uebelstand in
einfachster Weise abzuhelfen, so daß jetzt bei der
Doppelmaschine eben so leicht wie bei der gewöhnlichen Maschine
das verlorne Schußfach zu finden ist, wobei es gleichgiltig ist,
ob die Karten eben vorwärts oder rückwärts gearbeitet
wurden.
Es wird zu diesem Zwecke ein schwaches Litzeneisen zu einem
kleinen Haken gebogen, wie in der Figur bei h zu sehen ist. Dieser Haken wird an den
Hund d' unter Einschaltung einer
Spiralfeder angehängt und zwar so hoch, daß der Haken h mitten in die Drahtschlinge g des Hebels b eintrifft; eine Schnur mit einem kleinen Bleigewicht i zieht den Haken von der Drahtschlinge
g zurück. Weiter wird vorn in dem
Loch des Hakens h eine Schnur m angeknüpft, durch die Drahtschlinge
g über die Leitrolle k gezogen und mit dem Hund l' nach Einschaltung einer Spiralfeder
verbunden.
Werden nun die Hunde d, d' und l, l' durch Gewichte, welche an das Ende
der Schnüre e und f angehängt sind, gehoben, so zieht die
Schnur m den Haken h in die Drahtschlinge g hinein; wird ferner gleichzeitig die
Platine a gehoben, so zieht diese
mittels des Hebels b und des Hakens
h die Hunde d, d' wieder nieder – jedoch nur so weit, daß
dieselben den langen Cylinder o frei
zwischen sich durchgehen lassen, letzterer also sich nicht
dreht.
Soll nun ein Muster vorwärts wie gewöhnlich gearbeitet werden, so
müssen die Gewichte an den Schnüren e und f wieder ausgehängt
werden, damit blos die oberen Hunde d und l in Thätigkeit kommen;
soll aber ein verlornes Schußfach gesucht, d.h. die Karte
zurückgenommen werden, so sind die beiden Schnüre e und f
gleichzeitig anzuziehen, so daß die unteren Hunde d', l'
eingreifen, kurz es ist beim Vorwärts- und beim
Rückwärtsarbeiten ebenso zu verfahren wie bei einer gewöhnlichen
Jacquardmaschine. Es ist noch zu bemerken, daß die zwei
Spiralfedern an den Hunden d' und
l' einen etwas schärfern Zug haben
müssen als die übrigen.