Titel: | Der Bau der unterirdischen Telegraphenlinie Berlin-Halle-Mainz. |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 363 |
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Der Bau der unterirdischen
Telegraphenlinie Berlin-Halle-Mainz.
Mit Abbildungen auf Taf. VIII [d/1].
Wohlfahrt, über den Bau einer unterirdischen
Telegraphenlinie.
Am 23. Juli d. J. wurde die über 80 Meilen (gegen 600km) lange, die
Hauptstationen Halle, Leipzig, Cassel, Frankfurt a. M.
berührende, unterirdische telegraphische Linie zwischen Berlin
und Mainz durch Versenkung eines Flußkabels in den Rhein
zwischen Castel und Mainz vollendet und erwies sich bei den
gleich darauf angestellten Versuchen zwischen Mainz und Berlin
als vollkommen. Eine zweite unterirdische Linie von solcher
Länge gibt es in der Welt nicht (vgl. 1876 221 483). An
diesen kostspieligen Versuch heranzutreten, dazu drängte vor
allem (vgl. 1876 220 93) der Wunsch, die
Hauptlinien des telegraphischen Verkehres gegen die so
zahlreichen Störungen und Beschädigungen sicher zu stellen,
denen oberirdische Linien ausgesetzt sind, und deren Beseitigung
oft viel Zeit und Geld kostet. Als Beleg dafür sei nur erwähnt,
daß allein durch den Sturm in der Nacht vom 12. zum 13. März
1876 auf den oberirdischen Reichs-Telegraphenlinien 1073 Stangen
zerbrochen, 9372 Stangen aus der normalen Stellung gedrückt
bezieh. umgeworfen, 1696 Streben und Ankerpfähle herausgehoben,
die Leitungsdrähte an 1631 Stellen zerrissen und an 729 Stellen
verschlungen wurden.Nach amtlichen Nachweisen sind im J. 1876 innerhalb des
Deutschen Reichs-Telegraphengebietes 6198 Betriebsstörungen
eingetreten, und davon kommen 87 Proc. auf oberirdische
Leitungen der Strecke, 7 Proc. auf oberirdische Stadtleitungen,
1,5 Proc. auf Kabel, 4,5 Proc. auf Zimmer- (und Erd-)
Leitungen. Es waren in Folge dessen zwei Fünftel
aller Reichs-Telegraphenleitungen, nämlich 52390km, zum Theil auf mehrere
Tage außer Betrieb gesetzt. Die nur provisorischen Reparaturen
dieser Beschädigungen einer einzigen Nacht kosteten 44000 M. und
die indirecten Verluste für Handel und Gewerbe waren
unberechenbar. Von welcher Tragweite, von welchem Nachtheile für
den Staat müßte ein solches Naturereigniß zu Zeiten wichtiger
politischer Verhältnisse oder gar beim Ausbruch eines Krieges
sein!
Ueberdies ermuthigten sowohl die Theorie, wie die in kleineren
Verhältnissen, namentlich bei den in verschiedenen Städten
Deutschlands gelegten Kabeln, gemachten Erfahrungen zu einem
größern Unternehmen. Bevor jedoch die oberste Leitung der
Reichstelegraphie zur Ausführung des im J. 1875 gefaßten
Entschlusses, eine längere unterirdische Linie zu legen,
schritt, entsendete sie den Geh. Rath Hucke aus Berlin in Begleitung von F. C. Guilleaume in Cöln, dessen Fabrik seit
vielen Jahren die Herstellung und Legung sämmtlicher
Telegraphenkabel für das Deutsche Reich und für viele andere
außerdeutsche Staaten ausgeführt hatte, nach England, um dort
Erhebungen über die Beschaffenheit und den Betrieb einer
kleinern, zwischen Liverpool und Manchester bestehenden
unterirdischen Linie zu machen und mit hervorragenden englischen
Elektrikern, welche reiche Erfahrungen über die den Erdkabeln in
vieler Beziehung ähnlichen unterseeischen Kabeln besitzen, zu
berathschlagen. Der günstig lautende Bericht führte 1876 zur
Legung der ersten unterirdischen Linie, als welche aus
verschiedenen Gründen Halle-Berlin gewählt wurde. Die Legung
fiel so befriedigend aus, daß im laufenden Jahre nicht nur diese
Linie (von Felten und Guilleaume) einerseits nach Leipzig,
anderseits nach Mainz fortgesetzt, sondern (von Siemens und Halske) auch eine Linie von Berlin über Hamburg nach Kiel
gelegt wurde. Ueber letztere ist noch Nichts veröffentlicht. Die
Legung der Linie Berlin-Halle dagegen ist von Postrath Wohlfahrt in Leipzig in dem Archiv für
Post und Telegraphie, Februar 1877 S. 97 ff., eingehend
beschrieben worden, und wir folgen dieser Beschreibung im
Nachstehenden mit dem Bemerken, daß diese Legung auf der Linie
Leipzig-Halle-Mainz in derselben Weise erfolgt ist, wie auf der
Strecke Halle-Berlin, und daß die Leitungslitzen in dem
Leipzig-Halle-Mainz-Kabel aus 7 Kupferdrähten von 0mm,63 Dicke (anstatt 0mm,60 im
Halle-Berlin-Kabel) gebildet sind.
Man hatte sich dafür entschieden das zu erbauende unterirdische
Telegraphennetz im Allgemeinen nicht entlang den Eisenbahnen,
sondern im Zuge der großen Landstraßen herzustellen. Für die
Anlage der unterirdischen Linie von Berlin nach Halle sollte die
von Berlin über Cassel nach Frankfurt a. M. führende alte
Kunststraße benutzt werden. Da die Bereisung derselben auf dem
Wege
Berlin-Potsdam-Beelitz-Treuenbrietzen-Wittenberg-Gräfenhainchen-Bitterfeld
bis Halle die Verwendbarkeit derselben für den beabsichtigten
Zweck vollkommen bestätigte, so schritt die oberste
Telegraphenverwaltung auf Grundlage der gemachten Beobachtungen
zum Abschluß des General-Uebernahmevertrages, auf Grund dessen
nunmehr mit der Anfertigung des Kabels ungesäumt begonnen wurde.
Durch diesen mit den Fabrikanten Felten und Guilleaume zu Cöln
abgeschlossenen Vertrag wurde im Wesentlichen folgendes
festgesetzt: Die in Einzellängen von 800m zu liefernden Kabel
sollten 7 isolirte Leitungsdrähte enthalten, deren jeder eine
Litze von 7 Kupferdrähten von 0mm,6 Durchmesser sein
sollte. Die Leitungslitzen sollten mit einer doppelten
Guttaperchahülle und zwei Lagen Chatterton compound derart umpreßt sein, daß die erste
Lage des letztern auf die Kupferlitze selbst, die zweite
zwischen die beiden Guttaperchaschichten kam. Als Stärke der
isolirten Drähte war 5mm, als Stärke der Umspinnung mit getheertem Hanfe 17mm bestimmt. Die Armatur
der Kabel sollten 16 verzinkte Eisendrähte von 4mm Durchmesser bilden, auf
je 23 bis 26cm
Kabellänge einen Umgang um das Kabel machen und vollständig
dicht an einander schließen. Die Leitungswiderstände in den zu
liefernden Kabeln sollten bei einer Temperatur von + 15°
betragen: für die Kupferlitze höchstens 10,5 Siemens-Einheiten,
für die Guttapercha-Isolirung mindestens 500 Millionen S. E. auf
1km.
Das Kabel war vertragsmäßig unmittelbar nach dem Verlegen (also
vor der Wiederausfüllung des Grabens) mit einem Asphaltüberzuge,
aus eingedicktem creosotfreiem Steinkohlentheer bestehend, zu
umgeben. Die Dauer der Arbeitsausführung der Kabelverlegung war
auf 3 1/2 Monate, der Beginn der Verlegung für den Monat März
1876 festgesetzt. Außerdem hatten die Unternehmer auf die Dauer
eines vollen Jahres, vom Tage nach Vollendung der ganzen Anlage
an gerechnet, Garantie für die elektrische Eigenschaft des
Kabels und für die verlegte Linie in ihrem ganzen Umfange zu
übernehmen.
Die Vereinbarungen mit den Chaussee-Verwaltungsorganen, sowie mit
den bei der Anlage betheiligten sonstigen fiscalischen,
städtischen und Militär-Behörden wurden bald zum Abschluß
gebracht, so daß dem Beginn der Kabellegungsarbeiten bei
Eintritt milder Witterung nichts entgegenstand, nachdem der
Unternehmer die Anfertigung der Kabel und die sonstigen
Vorbereitungen genügend gefördert hatte. Demgemäß geschah der
erste Spatenstich an der Linie am 13. März in Halle a. S.,
woselbst an diesem Tage mit der Einführung des Kabels in das
Telegraphenamtsgebäude begonnen wurde. Gleichzeitig wurden die
Arbeiten im Dorfe Hohenthurm, 10km von Halle entfernt, in
Angriff genommen, weil die Chaussee, welche im großen Ganzen
zwischen Halle und Berlin vorzugsweise in leichtem, mit dem
Spaten zu bearbeitendem Boden (meistens Sandboden) läuft, im
vorgenannten Dorfe auf eine Länge von rund 400m über eine aus festem
Porphyr bestehende Bodenerhöhung geführt ist, deren Umgehung
nicht thunlich war. Da die zeitraubende Felssprengung behufs
Herstellung des Kabelgrabens so frühzeitig begonnen wurde, trat
eine Unterbrechung der Kabellegungsarbeiten nach Fertigstellung
der Kabelstrecke von Halle bis Hohenthurm nicht ein. Das
allmälige Fortschreiten des in Angriff genommenen Werkes
veranschaulichen folgende Angaben.
Die am 13. März in Halle begonnenen Arbeiten erreichten am 27.
März Hohenthurm (Entfernung 10km von Halle), am 4. April
Bitterfeld (31km), am
13. April Gräfenhainchen (48km), am 27. April Wittenberg (70km) und am 1. Juni Potsdam
(140km). Am 19. Juni
wurde der Landwehrcanal in Berlin überschritten, und am 28. Juni
schloß sich das Pflaster der Französischen Straße vor dem
Haupt-Telegraphenamtsgebäude in Berlin (etwa 170km) über der letzten
Löthstelle der unterirdischen Linie.
In Hinblick auf spätere Kabellegungen für gleiche Strecken war
bald nach Beginn der Kabellegung bestimmt worden, zwischen
Potsdam und Berlin (auf 30km Entfernung) noch ein zweites sowie zwischen Schöneberg
und Berlin (auf etwa 6km Entfernung) ein drittes Kabel zu verlegen. Diese Kabel
wurden gleichzeitig mit dem Kabel Halle-Berlin gelegt, ohne daß
eine Verzögerung der Arbeiten für die Hauptlinie veranlaßt
wurde.
Nach dem Vertrag war das Kabel für gewöhnlich mindestens 1m tief unter die
Erdoberfläche zu versenken; es war also ein Graben von dieser
Tiefe auszuschachten und nach Einlegung des Kabels wieder zu
verfüllen. Dazu machte sich die Bildung zweier größerer
Erdarbeiter-Colonnen nothwendig, welche durch eine kleinere, die
Auslegung des Kabels bewirkende Arbeiterabtheilung getrennt
waren. An der Spitze der vordern Colonne steckten einige
Vorarbeiter nach vorheriger Anweisung den Kabelgraben durch
Einschneidung der beiden parallelen Kantenlinien desselben in
die Straße ab. Diesen schlossen sich die Arbeiter der Colonne
unmittelbar an, welche den Graben in vorgeschriebener Tiefe bei
thunlichst geringer Breite auszuheben hatten. Einige Hundert
Meter hinter dieser Colonne vollzog sich die Verlegung des
Kabels, und zwar wurde der Kabelstrang zuvörderst neben dem
Graben ausgelegt und sodann in denselben hinabgesenkt. Im
Anschluß hieran wurde der Graben wieder verfüllt, befestigt und
geebnet, die Chaussee gesäubert und endlich die Verbindung der
einzelnen Kabellängen zu einem ununterbrochenen Ganzen
vollzogen.
Die Chaussee Halle-Berlin ist auf neun Zehnteln ihrer Länge mit
einem breiten Sommerwege neben der Steinbahn ausgestattet; zur
Seite der letztern befindet sich das Materialbankett, neben dem
Sommerwege das Fußgängerbankett. Eine Ausnahme hiervon machen
– abgesehen von den Straßenzügen innerhalb der
Ortschaften – nur die Chausseestrecken von Halle bis
Brehna, diejenige nördlich von Bitterfeld im Fluthgebiete des
Muldeflusses und eine kurze Strecke im Ueberschwemmungsgebiete
der Elbe bei Wittenberg. Die Einlegung des Kabels in den
Sommerweg der Straße empfahl sich von vornherein als zweckmäßig;
denn einerseits war die Herstellung des Grabens in einem nicht
befestigten Boden am wenigsten zeitraubend und kostspielig, anderseits wurden Beschädigungen der kunstgerecht
hergestellten Steinbahn vermieden, welche für längere Zeit
kostspielige Herstellungsarbeiten wiederholt bedingt haben
würden. Für gewöhnlich wurde das Kabel 0m,75 von den Bordsteinen
der Steinbahn entfernt verlegt. Auf den nicht mit Sommerweg
versehenen Straßenstrecken mit meist geringerer Planumbreite
liegt das Kabel, und zwar auf freier Strecke im
Fußgängerbankett, innerhalb der Ortschaften mit durchgängig
gepflasteter Straße im Straßendamm, etwa 0m,75 vom Rinnsteine
entfernt. An der Kreuzung von Bauwerken, welche die Einlegung
des Kabels in eine Erdschicht von der vorgeschriebenen Tiefe
nicht gestatten, gab man dem Kabel eine den Verhältnissen nach
möglichst gesicherte Lage entweder durch vollständige Umgehung
der Hindernisse, oder durch Vertiefung des Kabellagers bis unter
die Sohle der Bauwerke, oder endlich durch Anordnung besonderer
Schutzvorrichtungen für das nicht tief genug eingelegte
Kabel.
Vollständig umgangen werden mußten in erster Reihe die Brücke
über die Elbe bei Wittenberg, die beiden Havelbrücken bei
Potsdam und einige Fluthbrücken im Ueberschwemmungsgebiete der
Elbe und Mulde. Auch ist der Landwehrcanal in Berlin im Zuge der
Kabellinie mit einer Brücke für den Landverkehr nicht
überspannt. Die vorgenannten Brücken bestehen, mit Ausnahme
derjenigen über die Havel, aus hölzernem Oberbau auf massiven
Pfeilern, welcher mit Rücksicht auf seine öftere Reparaturen
bedingende, verhältnißmäßig geringe Dauer und wegen der
Erschütterungen, unter denen hölzerne Brücken zu leiden haben,
zur Bergung des Kabels wenig geeignet ist. Die Havelbrücken bei
Potsdam sind zwar massiv bezieh. mit eisernem Oberbau erbaut,
aber mit beweglich überdeckten Durchfahrtsöffnungen für die
Schifffahrt versehen, auf deren Sohle das Kabel – nicht
zum Vortheile der Sicherheit der Anlage – hätte
heruntergeführt werden müssen. Eine im Zuge der unterirdischen
Linie befindliche erhebliche Anzahl kleinerer Brücken und
Durchlässe von geringer Tiefe unter der Planumoberfläche konnte,
da die Chausseegräben zur Zeit der Arbeitsausführung wenig
Wasser enthielten, mit dem geringen Nachtheil eines
unbedeutenden Zuwachses an Länge der Kabellinie seitlich bequem
umgangen werden. Die Elbebrücke und die beiden Brücken über die
Havel wurden mit Rücksicht auf die Gefahr der Beschädigung durch
Schiffsanker etc. mittels Flußkabel (mit einer zweiten Armatur
aus 8mm,6 starken
verzinkten Eisendrähten geschützter Landkabel der
vorbeschriebenen Construction) und zwar im Unterwasser der
Brücken umgangen. Soweit sie von der Schifffahrt berührt werden
können, erhielten diese Kabel noch eine Umkleidung von starken
gußeisernen, verzinkten, 50cm langen Muffen, welche zu einem biegsamen, das Kabel
umschließenden Rohr mit einander verbunden wurden. Bei dem
Landwehrcanal in Berlin wurden die drei gleichzeitig zu
verlegenden Kabel gewöhnlicher Art lose neben einander gelegt,
mit einer gemeinschaftlichen Umkleidung von Muffen für Flußkabel
der vorgedachten Art versehen und in eine reichlich 1m tief in die Canalsohle
gebaggerte Rinne eingesenkt.
Unter das Grundmauerwerk von Brückenbauwerken wurde das Kabel in
der Regel nur bei kleineren Durchlässen mit thunlichst
wasserfreier Sohle gelegt; nur zwei größere, über Wasser
führende Brücken – beide über Mühlenfließe –
innerhalb der Städte Gräfenhainchen und Beelitz mußten der
örtlichen Verhältnisse halber, welche eine Umgehung nicht
gestatten, gleichfalls in solcher Weise behandelt werden.
Während in Beelitz die Zulässigkeit der vollständigen Ablassung
des Wassers die Arbeiten unter der Sohle des Bauwerkes bezieh.
des Gerinnes erleichterte, mußte bei der Brücke in
Gräfenhainchen, deren Trockenlegung nicht statthaft war, die
Rinne für das Kabel in fließendem Wasser unter das
Grundmauerwerk der Brückenwangen und in die Sohle des Gerinnes
eingetieft werden. Bei der Kreuzung kleinerer Durchlässe unter
den vorbezeichneten Verhältnissen empfahl sich fast ausnahmlos
die vollständige Durchschneidung des Mauerwerkes derselben,
welches nach Einsenkung des Kabels wieder kunstgerecht
hergestellt wurde. Die Unterhöhlung solcher Bauwerke und das
Durchziehen des Kabels unter dieselben waren nur in vereinzelten
Fällen, insbesondere in den Straßen größerer Städte, geboten und
fanden auf freier Strecke nur dann Anwendung, wenn in die Nähe
des betreffenden Bauwerkes eine Löthstelle
(Kabelverbindungsstelle) zu liegen kam, so daß nur ein kurzes
Stück Kabel durchzuziehen war. Bei der Kreuzung der Bahngleise
wurde von einer Trennung der Schienen grundsätzlich abgesehen
und das Kabel stets unter die Gleise durchgezogen.
In der ersten Zeit der Kabellegung und bei den Arbeiten in den
tief liegenden Gegenden des Straßenzuges ließen sich wegen der
mehr oder weniger bedeutenden Wassermengen, welche die
Chausseegräben und die Durchlässe füllten, ohne verhältnißmäßig
hohen Zeit- und Kostenaufwand weder die erste, noch die zweite
dargelegte Art der Kabellegung anwenden. Es mußte von der
Versenkung des Kabels auf 1m Tiefe überhaupt abgegangen und dafür darauf Bedacht
genommen werden, das in geringere Tiefe unter der Erdoberfläche
verlegte Kabel durch besondere Mittel gegen Beschädigungen,
insbesondere gegen die Einwirkungen der Atmosphäre zu schützen.
Zur Sicherstellung gegen Druck, Stoß etc. wurde das Kabel wirksam
mit eisernen Röhren umkleidet oder ummauert, wenn es über
Mauerwerk zu führen war; gegen die Einwirkungen der Luft wurde
es durch Umhüllung mit einem schlechten Wärmeleiter geschützt.
Als solcher wurde Schlackenwolle für besonders geeignet erkannt
und daher in den vorerwähnten Fällen allgemein verwendet. War
das Kabel über ein Bauwerk mit ungenügend hoher Erdüberschüttung
zu führen, so wurde behufs seiner Sicherung eine Rinne von 15
bis 25cm Tiefe und 8
bis 10cm Breite in das
Mauerwerk (Brückengewölbe) eingespitzt, das Kabel in dieselbe
eingelegt, mit Schlackenwolle umgeben und mit einer etwa 3cm hohen Schicht reiner
steinfreier Erde oder reinen Sandes überdeckt; sodann wurde die
Rinne mit einem Brei von Cementmörtel ausgefüllt und für
gewöhnlich auch noch 5cm hoch gewölbartig übermauert. In einigen wenigen Fällen
mußte das Gewölbe einer Brücke fast um seine ganze Dicke
ausgearbeitet werden, um eine zu flache Lage des Kabels zu
verhüten. Um hier das Kabel gegen Beschädigungen von unten her
zu schützen, wurde es innerhalb einer eisernen Muffenumkleidung
fest in Schlackenwolle eingepackt und außerdem die Muffe in
vorgedachter Weise mit Cement übermauert.
Die beiden ersten Arten der Unterbringung des Kabels an
Kreuzungen mit Brücken etc. haben vor der letztbeschriebenen den
Vorzug, daß das Kabel von Um- bezieh. Neubauten dieser Bauwerke
unbetroffen bleibt; jene sind daher überall, wo die örtlichen
und Wasser-Verhältnisse es gestatten, in erster Linie in
Erwägung gezogen worden.
Das Kabel wurde in der (jetzt nach Mülheim a. Rh. verlegten) den
Unternehmern Felten und Guilleaume gehörigen Fabrik bei Wahn in
Einzellängen von 800m
angefertigt. Die Längen der Flußkabel aber entsprachen immer nur
dem wirklichen Bedarf, und die für die innere Stadt Berlin
bestimmten Kabel wurden in Rücksicht auf die außerordentlichen
Schwierigkeiten, welche die Verlegung längerer Kabel in
winkeligen, nur auf kurze Strecken übersehbaren, mit Gas-,
Wasserleitungs- und Entwässerungsanlagen durchzogenen
städtischen Straßenzügen verursacht, in Längen von 200m zur Baustelle geliefert.
Die fertigen Kabel wurden zunächst in der Fabrik durch einen
Beauftragten des kais. General Telegraphenamtes dem Vertrage
gemäß auf Stromfähigkeit und Isolation geprüft; dazu wurde jedes
Kabel für sich in einen mit Wasser gefüllten Bottich mit
isolirten Enden eingelegt und nach Verlauf von mindestens 3
Tagen der Einwirkung einer Batterie von 10 bezieh. 100 Elementen
nach dem Princip der Stromvertheilung unter Anwendung eines
Thomson'schen Reflexgalvanometers ausgesetzt, wie dies später
näher angegeben werden soll. Nach vertragsmäßigem Befunde wurde
jedes Kabel für sich auf einen gewöhnlichen hölzernen Haspel
aufgewickelt, demnächst mit einer 3 bis 4cm dicken stark durchnäßten
Strohpackung umgeben und endlich zum Schutz gegen Beschädigungen
von außen in eine Hülle von mit weißer Kalkfarbe überzogenem
Eisenblech eingeschlossen. Diese Verpackung hat sich vorzüglich
bewährt, so daß selbst in den heißen Junitagen das Kabel bis zur
Verwendung eine so niedrige Temperatur behielt, daß jede
nachtheilige Veränderung seines Isolationszustandes vollkommen
ausgeschlossen blieb.
Die in offenen Bahnwagen verladenen Kabel wurden auf die der
Baustrecke zunächst gelegenen Güterbahnhöfe versendet. Zum
Abladen daselbst bediente man sich in der Regel der auf den
Bahnlinien Halle-Wittenberg (-Berlin) und Potsdam-Berlin
reichlich vorhandenen Viehrampen. Die weitere Vertheilung auf
die Baustrecke erfolgte mit vom Unternehmer besonders hierzu
erbauten Wagen, welche auch zur Auslegung des Kabels und zur
Einsammlung der leeren Haspel dienten und allen diesen Zwecken
vollständig entsprachen. Ein solcher Kabellegungswagen ist in
den Figuren
23 und 24
abgebildet. Ueber der vordern Achse und unter dem Kutschersitz
befindet sich eine mit einem Getriebe versehene Windevorrichtung
mit Trommelwelle; die hintere Achse ist unter dem Boden des
Wagens gekröpft und gestattet in dieser Form die Senkung dieses
Bodens auf den zulässigen Mindestabstand vom Erdboden. Mittels
dieser Wagen wurden die Kabel an diejenigen Punkte befördert, in
deren Nähe eine Kabelverbindungsstelle zu fertigen war, und auf
der von der Kabellegung nicht betroffenen Straßenseite mit Hilfe
der als schiefe Ebene dienenden Schrotleiter abgeladen und auf
die hohe Kante des Haspels aufgestellt, bis sie behufs ihrer
Verlegung wieder aufgeladen wurden.
Von den für Berlin verwendeten Kabeln von 200m Länge waren jedesmal 3
Stück, welche auch in der Erde neben einander zu liegen kamen,
auf demselben Haspel neben einander aufgewickelt. In den
größeren Städten, insbesondere Berlin, nöthigten die
Verkehrsverhältnisse zur unmittelbaren Verlegung der gelieferten
Kabel ohne vorherige Vertheilung. Eine Stockung in den
Kabellegungsarbeiten, welche auf eine ungenügende Sorgfalt in
der Anlage und Ausführung des Vertheilungsplanes zurückzuführen
gewesen wäre, ist niemals eingetreten.
Behufs der Verlegung war das Kabel zuvörderst auf den
Legungswagen wieder herauszuschaffen. Zu diesem Zwecke wurde der
Wagen in eine solche Lage zu dem aufzuladenden vollen Haspel
gebracht, daß dieser mit Hilfe der Schrotleiter, welche an dem
hintern Ende des Wagens durch Einhaken befestigt wurde, auf
letzteren unmittelbar hinaufgerollt werden konnte. Dabei wurde
unter ungünstigen Bodenverhältnissen von der vorgedachten
Windevorrichtung Gebrauch gemacht. Sobald das Kabel auf dem
Boden des Wagens eben aufstand, wurde eine lose eiserne Achse
durch die Mittelpunkte der beiden Haspelscheiben gesteckt,
hierauf zwischen die Achse und das Holz der Scheiben auf jeder
Seite eine Büchse eingeschoben, welche sich mit dem Haspel
leicht um die eiserne Achse drehte und gleichzeitig dazu diente,
den Kabelhaspel beim Abrollen des Kabels von den Seitenwänden
des Wagens abzuhalten; sodann wurde der Haspel im Wagen nach
vorn weiter gerollt, bis die Achse auf dem schräg ansteigenden
Theile der Wände in ihr Lager eingelaufen war. Nach Festlegung
der Achse mittels eines Ueberwurfes auf jeder Seite wurde
nunmehr die Blechumkleidung nebst der Strohhülle von dem Kabel
abgenommen, das äußere Ende des letztern frei gemacht und um
einige Schläge (Ringe der Aufwickelungsspirale) vom Haspel
abgezogen. Nun wurde der Wagen (Fig. 25
und 26) mit
der zur Asphaltirung des Kabels dienenden Flüssigkeit an dem
hintern Ende des Legungswagens an Stelle der nach dem
Heraufrollen des Kabels wieder beseitigten Schrotleiter
befestigt, endlich das abgewickelte Kabelstück einige Meter von
seinem Ende ausgeschlossen, in das Asphaltbad eingesenkt und in
den röhrenförmigen Ansatz am hintern Ende des Wagens
eingepaßt.
Der Asphaltwagen ist aus gewalztem Eisenblech zusammengesetzt;
quer über den obern Rahmen der Breite nach angebrachte
Winkeleisen bieten den Fässern, in denen der flüssige
Kabelasphalt (verdickter creosotfreier Steinkohlentheer) zur
Baustelle geliefert wurde, ein sicheres Auflager. In der
Hinterwand befindet sich ein in verticaler Richtung in einem
Rahmen verschiebbares, horizontal getheiltes Feld; beide Theile
desselben sind mit je einem halbkugelförmigen, auf einander
passenden, nach hinten offenen Ansatz versehen, um welchen eine
eng, aber nicht vollständig umschließende größere Kugel mit
trichterähnlicher Verlängerung, ebenfalls der Länge nach
getheilt, umgelegt und mit einer Schraube zu einem Ganzen
geschlossen wird. Die Oeffnung am Ende des Trichters ist nur
wenig größer als der Querschnitt des Kabels, damit nicht beim
Hindurchziehen des Kabels durch die Röhre mehr Asphalt, als zur
Umhüllung des Kabels grade nöthig ist, aus derselben
heraustritt. Da einer Bewegung der äußern Kugel über der innern
um den gemeinsamen Mittelpunkt beider nichts entgegensteht, so
vermag der Asphaltirungstrichter jeder seitlichen Bewegung des
ausgelegten Kabels frei zu folgen. In einem unter dem Trichter
angebrachten Blechkasten wurde der in Folge der
Pressung aus jenem gleichwohl heraustretende Asphalt zur
Wiederverwendung aufgefangen. Die auf solche Weise bewirkte
Asphaltirung des Kabels ließ in Bezug auf gleichmäßige Umhüllung
und Einpressung der Asphaltmasse in die Zwischenräume der
Schutzdrähte des Kabels nichts zu wünschen übrig.
Wo der Asphaltwagen nicht Anwendung finden konnte, weil das
Abrollen des Kabels nicht thunlich war, wurde dies mittels eines
Pinsels mit Asphalt überzogen, ebenso auch die wegen der noch
bevorstehenden Verspleißung der Kabel unasphaltirt gelassenen
Kabelenden nach Fertigstellung der Löthstellen.
Das Abrollen des Kabels geschah nunmehr lediglich durch die
Fortbewegung des Legungs- und des angehängten Asphaltwagens.
Durch die Pressung, welche das Kabel beim Austritt aus dem in
Bewegung befindlichen Asphaltwagen bezieh. beim Durchgange durch
den Asphaltirungstrichter zu erleiden hatte, entstand eine
ziemlich bedeutende Spannung in demselben, deren Folgen dadurch
entgegengetreten werden mußte, daß der Kabellegungswagen in
einer schlangenförmigen Linie fortbewegt wurde. Dies war aber in
der Regel ungenügend, wenn sich der Wagenzug in gekrümmter
Straße auf der innern Seite der Curve des Kabelgrabens bewegte;
dann mußte man den erforderlichen Ueberschuß an Kabellänge durch
die mit dem Einlegen des Kabels in den Graben beauftragten
Arbeiter wiederholt aus dem Asphaltwagen herausziehen lassen.
Stets wurde darauf gehalten, daß das Kabel ohne Spannung in der
Erde liegt, und dabei berücksichtigt, daß das aus der warmen
Luft in die kühlere Erde verpflanzte Kabel an Länge verlieren
muß. Das auf vorbeschriebene Weise neben dem Kabelgraben
abgerollte Kabel wurde mit eisernen Haken nach dem Graben
hinübergetragen und in denselben hinabgelassen.
Den hiermit beschäftigten Leuten folgte eine kleine Abtheilung
der zweiten Erdarbeiter-Colonne, um das Kabel zum Schutz gegen
Sonne etc. ungesäumt mit einer etwa 10cm hohen Schicht
steinfreier Erde zu bedecken. Um dies zu erleichtern und
gleichzeitig zu verhindern, daß beim Herübertragen des Kabels
zum Graben steiniges Material in den letztern mit hineinfiel,
wurde schon bei der Herstellung des Grabens das ausgehobene
Material seiner Beschaffenheit nach getrennt, das Stein- und
Kiesmaterial der obersten Straßendecke stets auf der Seite des
Banketts, der leichte Boden, Sand etc. auf der Seite der
Steinbahn, auf der das Abrollen des Kabels geschah,
niedergelegt. Die mit der Zufüllung des Grabens beauftragte
zweite Erdarbeiter-Colonne vollendete nun die von ihrer
Abtheilung begonnene Wiederherstellungsarbeit, indem sie die
Füllerde in Schichten von höchstens 30cm in den Graben einwarf,
mit hölzernen und eisernen Rammen feststampfte und – auf
offener Chausseestrecke – die wenige überschüssige
Grabenerde in einer geringen Ueberhöhung über dem Graben beglich
und befestigte. War das Kabel unter oder in das Mauerwerk einer
den Straßenkörper durchschneidenden Brücke etc. eingelegt
worden, so konnte die Zufüllung des Grabens selbstredend erst
nach geschehener Wiederaufmauerung des Bauwerkes geschehen; die
hierzu erforderlichen sachkundigen Arbeiter und Materialien
(Kalk, Cement etc.) wurden nach Maßgabe des Bedarfes bei der
Colonne mitgeführt. Bei der Durchschneidung kleinerer
Wasserläufe wurde die Rinne, in welche das Kabel einzusenken
war, für gewöhnlich erst nach dessen Auslegung ausgebaggert. Des
größern Zeitaufwandes wegen wurden dagegen die durch das
Havelbett an der Langen-Brücke in Potsdam und durch den
Landwehrcanal in Berlin mit Hilfe von Baggermaschinen
eingeschnittenen 1m
tiefen Rinnen vor der Kabelverlegung vollständig ausgehoben.
Erwähnenswerthe Schwierigkeiten bei der Verlegung der Flußkabel
verursachte nur der Uebergang über die Elbe bei Wittenberg wegen
des noch immer hohen Wasserstandes zur Zeit der Kabellegung. Da
es an einem Ladeufer (Quai) oder einer Vermittlung zwischen
Land- (Eisenbahn-) und Wassertransport daselbst gänzlich
mangelt, so wurde das auf dem Haspel gelieferte Kabel mittels
Rollwagens nach der unmittelbar unterhalb der Chaussee-Elbbrücke
befindlichen Uebergangsstelle geschafft, daselbst neben der
Straße abgeladen und mit der einen Haspelscheibe auf eine gut
mit grüner Seife eingeschmierte, mit eisernem Dorn versehene
Abrollscheibe gestülpt. Behufs der Einladung in den – mit
den sonstigen erforderlich gewesenen Fahrzeugen, Tauen etc.
– seitens der Elbstrom-Verwaltung dem bauleitenden
Beamten zur Verfügung gestellten Fährprahmen wurde das Kabel
durch Drehen des Haspels auf der Scheibe abgewickelt, zunächst
auf dem Vorlande des Stromes in über einander liegenden
concentrischen Ringen ausgelegt und sodann in umgekehrter Weise
auf den inzwischen mit der Abrollscheibe im Fährprahmen
aufgestellten Haspel wieder aufgewickelt.
Behufs der Verlegung selbst wurden zwei Leinen von der Brücke aus
mit dem Fährpramen in Verbindung gebracht; die eine sollte den
Prahmen beim Uebergange in annähernd gleicher Entfernung von der
Brücke halten, die andere als Zugleine dienen. Der nunmehr in
die Gierstellung (mit der Spitze ein wenig stromaufwärts)
gebrachte Prahmen wurde theils an der vordern Leine gezogen,
theils durch die Strömung des Wassers nach der andern Seite des
Stromes herübergedrückt, während an seinem
hintern Ende das vorher am Ufer festgelegte Kabel über Bord
ablief. Durch eine einfache Bremsvorrichtung wurde die drehende
Bewegung des Haspels auf der Abrollscheibe zur Verhütung eines
allzu großen Verlustes an Kabellänge geregelt. Das also
ausgelegte Kabel mußte behufs Aufbringung der Muffen, welche zu
seinem Schutz gegen Beschädigungen durch die Schifffahrt in der
Breite der eigentlichen Stomrinne umgelegt wurden, nochmals
gehoben werden; es wurden zu diesem Zwecke zwei leichte, mit den
nöthigen Muffen beladene Kähne an dem einen Elbeufer neben
einander unter das Kabel gebracht und an diesem entlang bis zur
Mitte der Stromrinne unterhalb der Brückenöffnung für die
Schifffahrt gezogen. Darauf wurde von der Mitte aus gleichzeitig
nach beiden Seiten hin das Kabel mit den Muffen umkleidet.
Zwischen den Kähnen sank das umkleidete Kabel wieder auf die
Sohle des Strombettes herab. Wo das Elbkabel sich mit der für
die Zwecke der Kettenschleppschifffahrt in der Elbe liegenden
Kette kreuzt, war es nothwendig, letztere während der Verlegung
des Kabels zu öffnen, um das Kabel unter die Elbkette zu legen.
Ein von der Schleppschifffahrt zu diesem Zwecke zur Verfügung
gestellter Schleppdampfer schloß die Kette wieder, nachdem die
Muffenumkleidung aufgebracht und das Kabel wieder versenkt
worden war. Wegen des hohen Wasserstandes wurde das Kabel nicht
gleich beim Legen, sondern erst nachträglich im Hochsommer ins
Elbbett eingebaggert.
Von großer Wichtigkeit ist die gute Verbindung der einzelnen
Kabeladern mit einander. Löthstellen, welche nicht auf das
sorgfältigste hergestellt sind, verlieren mit der Zeit ihre
Isolation und sind eine Quelle dauernder Uebelstände für den
Betrieb der Linie. An jeder Kabelverbindungsstelle muß für die
gute Isolirung der verbundenen Leitungsadern und für die
Sicherung der Verbindungsstellen gegen von außen kommende
Einwirkungen gesorgt werden.
Für die Anfertigung der Löthstellen und deren Isolirung hatte die
englische Guttapercha-Compagnie, von welcher der Unternehmer die
zur Fabrikation des Kabels verwendeten Guttapercha-Adern bezogen
hatte, einige geübte Leute (Jointers) gestellt, welche die
schwierige Arbeit mit so gleichmäßiger Sorgfalt ausführten, daß
die dauernd angestellten elektrischen Beobachtungen nur in einem
einzigen Falle eine geringe Abnahme des Guttapercha-Widerstandes
der einen Leitungsader zeigten, deren kurze Dauer die Ermittlung
ihrer Ursache leider vereitelte. Zu den übrigen Arbeiten, soweit
dieselben nicht die gewöhnlichen Handlangerdienste betrafen,
hatte der Unternehmer Vorarbeiter (Meister) aus seinen Fabriken
herangezogen. Uebrigens wurden die Arbeiten in einem über der
Löthstelle errichteten wasserdichten Zelte vorgenommen, auf ein
wenig über der Grabensohle erhöht liegenden hölzernen Böden.
Vor dem Beginn der Anfertigung einer Löthstelle wurden an den
Enden der Kabel die Guttapercha-Adern so weit abgetrennt, als
sie nicht unbedingt zuverlässig erschienen; hierauf wurde über
das eine der beiden Kabel die Löthmuffe nebst einer
Verschlußscheibe (eiserne Muffen zum Schutze der Löthstellen,
von denen später die Rede sein wird), über das andere Kabel die
entgegengesetzte Verschlußvorrichtung der Löthmuffe einstweilig
übergeschoben. Sodann wurden an denjenigen Stellen, bis zu
welchen die Schutzdrähte der Kabel abzutrennen waren,
beiderseits Bunde von dünnem verzinktem Drahte (etwa 1m von jedem Kabelende
entfernt) angelegt, die Schutzdrähte über diese Bunde
zurückgebogen, auf 3 bis 4cm Länge gleichmäßig abgeschnitten und gleich einer Krause
mit einem Hammer an das Kabel angeklopft. Durch Lösung der
Hanfumspinnung, welche nicht abgetrennt, sondern zur
Wiederverwendung bereit gehalten wurde, wurden hierauf die
beiderseitigen Guttapercha-Adern frei gelegt. Endlich wurden die
beiden Kabelenden in den hölzernen Löthbock (Fig. 27
und 28)
derart eingespannt, daß die Krausen der zurückgebogenen
Schutzdrähte neben den beiderseitigen Backen des Bockes zu
liegen kamen.
Bis hierher wurde die Arbeit von einem Fabrikmeister ausgeführt.
Den Jointers blieb nun noch Folgendes zu thun übrig: Die (je 7)
Guttapercha-Adern der beiden Kabel wurden zunächst in annähernd
gleichen Entfernungen von den Backen des Löthbockes beiderseits
so weit verkürzt, daß die zu verbindenden Adern ohne Spannung in
den kleinen eisernen, auf dem Bock befestigten Löthwinkel
eingelegt werden konnten. Bevor letzteres geschah, wurden die
Kupferlitzen der Leitungsadern jede für sich an ihrem Ende auf
etwa 25mm Länge durch
Abschneiden der Guttapercha nach Art des Bleistiftspitzens frei
gelegt, jedes Drähtchen der Litzen Mit Schmirgelpapier
sorgfältig blank gescheuert und demnächst die Litze durch
Verlöthung der einzelnen Drähtchen mit einander zu einem steifen
Leitungsdraht verbunden. Hierauf wurde jeder dieser beiden
Leitungsdrähte mit der Feile am Ende schräg abgeschnitten, so
daß die beiden zusammengehörigen Schnittflächen genau auf
einander paßten. Die sodann paarweise in die kleinen Löthwinkel
W (Fig. 27
und 29)
eingespannten und auf einander gepaßten beiden Leitungsadern
wurden nunmehr mit einer eng schließenden, etwa 16mm langen Spirale von
feinem Kupferdraht umwickelt und diese in ihrer ganzen, die
Berührungsfläche der beiden Leitungsadern nur wenig überragenden
Länge verlöthet. Nach sorgfältiger Glättung des Umfanges der
Löthstelle mittels der Feile wurde über die erste eine zweite
gleichartige Umwicklung in entgegengesetzter Richtung
aufgebracht, welche die untere auf jeder Seite um 3 bis 4mm überragte und nur in den
überschüssigen Theilen an den beiden Enden mit der Leitungsader
verlöthet wurde. Nach Glättung auch dieser Löthung war die
Verbindung der Kupferadern vollendet; nun wurde die isolirende
Hülle über denselben hergestellt, indem die verlöthete
Leitungsader mit einer dünnen (ersten) Lage an einer
Spiritusflamme erwärmten Chatterton
compound in ihrer freien Länge überzogen wurde, worauf die
beiderseitigen Guttaperchahüllen auf einige Centimeter erwärmt
und von beiden Seiten gleichmäßig über die Löthstelle bis zu
ihrer Vereinigung in der Mitte der letzteren unter gleichmäßiger
Vertheilung der andauernd erwärmten isolirenden Guttapercha
herübergedrückt wurden; über die so geschlossene doppelte Hülle
wurde eine (zweite) etwas stärkere Lage Chatterton übergelegt und ein Streifen erwärmter
Guttaperchaplatte von etwas größerer Breite, als zur
Umschließung der Löthstelle erforderlich war, mit seiner Mitte
von unten an die letztere angedrückt und – unter
fortdauernder sorgfältigster Verdrängung der Luft –
überall genau anschließend um dieselbe umgelegt. Die
überschüssigen Lappen der Guttaperchaplatte wurden mit der
Schere scharf abgeschnitten und die Schnittkanten bei dauernder
Erwärmung durch gleichmäßigen Druck mit einander verbunden; eine
(dritte) kräftige Lage Chatterton
wurde als letzter Ueberzug aufgebracht und überall gleichmäßig
vertheilt.
Jede einzelne dieser fünf isolirenden Hüllen wurde von dem
Jointer mit den Fingern so lange geknetet bezieh. mit dem
erwärmten Glätteisen geglättet und vertheilt, bis der
Kupferdraht von einer überall gleichmäßigen Isolirschicht von
kreisrundem Querschnitt umgeben war. Dabei muß der Jointer durch
das feine Gefühl der Fingerspitzen sich jederzeit von der
tadellosen Beschaffenheit der in der Entstehung begriffenen
Löthstelle überzeugen.
Sämmtliche Löthstellen des Kabels Halle-Berlin, soweit nach dem
Nachstehenden nicht eine Ausnahme für zulässig erachtet wurde,
wurden nach ihrer Herstellung darauf geprüft, daß ihr Widerstand
nicht geringer sei, als der Guttapercha-Widerstand einer 4m langen untadelhaften
Guttapercha-Ader des vertragsmäßig befundenen Kabels. Bei dieser
Vergleichung wurde zuerst die Normalader und hiernach jede
einzelne zu prüfende Löthstelle der Reihe nach in einen mit
Wasser gefüllten Zinkblechtrog eingetaucht und eine an Erde
liegende Batterie von 100 Elementen mit dem einen Ende der zu
untersuchenden, am andern Ende isolirten Leitungsader eine
Minute lang in Verbindung gebracht.
Die durch die Guttapercha bezieh. die Lüthstelle in das Wasser
abfließende Elektricität wurde mittels eines isolirten Drahtes,
welcher einerseits mit dem Blechtroge, anderseits mit einem
Condensator leitend verbunden war, von diesem aufgesammelt und
nach Ablauf der Ladungszeit durch ein Thomson'sches
Spiegelgalvanometer zur Erde entladen. Je kleiner die
Nadelablenkung bei dieser Entladung des Condensators, desto
besser war die Isolation.
Um die einzelnen Löthstellen einer Kabelverbindungsstelle in
vorgedachter Weise laden zu können, ohne die Batterie von den
Meßapparaten zu trennen, was aus andern Gründen sich nicht
empfahl, war die jedesmalige Auslegung eines isolirten
Verbindungsdrahtes zwischen der Batterie und dem Ende des
Kabels, dessen Anschluß soeben hergestellt worden, in einer
Länge von 800m
erforderlich. Die Unzuverlässigkeit und Umständlichkeit einer
solchen Verbindung führte sehr bald zu dem dann dauernd
beibehaltenen Verfahren, die eine Leitungsader des Kabels zur
Ladung der übrigen sechs zu benutzen, auf die Untersuchung der
sodann nachträglich gefertigten Löthstelle in der betreffenden
siebenten Ader aber ganz zu verzichten. Mit Rücksicht auf ihre
am besten isolirte Lage wurde die in der Mitte des Kabels
befindliche (siebente) Kabelader ausschließlich zu dem gedachten
Zwecke benutzt. Ein Uebelstand irgend welcher Art ist hieraus
nicht erwachsen.
Nach Fertigstellung der siebenten Löthstelle wurde nun die
Hanfumspinnung über die neben einander gelegten 7 Leitungsadern
von beiden Seiten spiralförmig wieder übergelegt und sodann die
im Vorstehenden bereits erwähnte Löthmuffe mit den
Verschlußscheiben von beiden Seiten über die Verbindungsstelle
übergezogen und, wie folgt, befestigt: Nach Fig. 30
und 31 legen
sich die inneren Scheiben, deren Oeffnung dem Querschnitt des
Kabels möglichst entspricht, dicht an den Vorsprung an, welchen
die innere Wandung des Rohres der Löthmuffe gegen den
erweiterten Querschnitt an den Enden der Muffe bildet. Auf diese
inneren Scheiben wird je ein aus weichem Mastix gedrehter Ring
gelegt, gegen welchen die äußere Scheibe mit Hilfe von
Schraubenbolzen derart angepreßt wird, daß der Mastixring aus
einander und in die Zwischenräume zwischen der innern Scheibe
und dem Kabel, dieselben fest ausfüllend, eingedrückt wird. Die
innere Scheibe legt sich hierbei auch gegen die Stumpfe der von
den abgeschnittenen Schutzdrähten gebildeten Krause und
verhindert hierdurch ein Auseinanderziehen der Löthstelle in
ihrer Längsrichtung. Dazu muß die Länge der Löthstelle
einschließlich der beiderseitigen Schutzdrahtkrausen etwas
größer bemessen sein als die Länge des innern Rohres der
Löthmuffe. Mit der Aufbringung der Muffe war die
Herstellung der Löthstelle beendet; es blieb nur noch übrig, die
Kabelenden zu asphaltiren, den Kabelgraben zu verfüllen und den
mit der laufenden Nummer der Löthstelle versehenen Merkpfahl
neben der Löthstelle aufzustellen.
Bei jeder Löthstelle war der Kabelgraben wesentlich erweitert,
wodurch zugleich der an der Verbindungsstelle entstehende
Ueberschuß an Kabellänge durch bogenartige Verlegung des Kabels
sich unterbringen ließ.
Zu Untersuchungszwecken ist das Kabel in die Telegraphenämter in
Bitterfeld, Gräfenhainchen, Wittenberg, Treuenbrietzen, Beelitz,
Potsdam und Schöneberg eingeführt worden.
Es erübrigt jetzt nur noch, über die Untersuchungen des Kabels
auf Leitungsfähigkeit und Isolation, d. i. auf Widerstand der
Leitungsader und der isolirenden Hülle, näher zu berichten. Dazu
hatte der Unternehmer den in Fig. 32
und 33
dargestellten Untersuchungswagen erbauen lassen, welcher mit
einer Leclanché-Batterie von 100 Elementen und einem sehr
empfindlichen Thomson'schen Spiegelgalvanometer ausgerüstet
wurde. Ein Condensator, ein zur Schaltung einer Wheatstone'schen
Brücke eingerichteter Stöpselrheostat, einige Umschalter, ein
Widerstand von 100000 Siemens-Einheiten und mehrere
Ladungsbezieh. Entladungsschlüssel vervollständigten die innere
Einrichtung des Wagens. Ein der Telegraphenverwaltung gehöriges
Feldtelegraphen-Apparatsystem ermöglichte die unausgesetzte
telegraphische Verständigung mit dem Telegraphenamt zu Halle,
dessen dauernde Mitwirkung bei den elektrischen Messungen nicht
entbehrt werden konnte. Beim Betreten des Wagens durch die auf
der hintern Seite befindliche Eingangsthür hat man den
Batterieschrank zur Rechten, diesem gegenüber einen Sitzkasten,
gleichzeitig zur Aufbewahrung von Geräthen, Reservestücken etc.
dienend. An der Vorderwand, dem Eintretenden gegenüber, ist die
Tischplatte, welche die Meßapparate trägt, befestigt; das
Spiegelgalvanometer steht jedoch nicht auf dieser Platte selbst,
sondern unabhängig von den Schwankungen des Wagens – in
einer kreisrunden Oeffnung G (Fig.
32) derselben auf einem Stativ, zusammengesetzt aus einem
starken eisernen Dreifuß, auf welchen eine mit einer runden, der
Größe der vorgedachten Oeffnung in der Platte entsprechenden,
hölzernen Scheibe bekrönte Säule aufgesetzt ist. Der auf die
Erde aufzustellende Dreifuß wurde von außen unter den Wagen in
die Oeffnung geschoben und die Säule vom Innern des Wagens aus
auf jenen aufgebracht. Auf der Tischplatte, dem Galvanometer
gegenüber, wurde die horizontale Scale für das Spiegelbild der
Nadel und hinter einer Lichtöffnung in der Scale die das Bild
erzeugende Flamme aufgestellt. Vor dem
Galvanometer befand sich der zugehörige
„Shunt“, ein mit fein bestimmten
künstlichen Widerständen von den Werthen 1/9, 1/99 und 1/999 des
Galvanometerwiderstandes versehenes Instrument, durch dessen
Einschaltung neben dem Galvanometer in Form eines Stromzweiges
eine Theilung des die Umwindungen des Galvanometers
durchlaufenden Stromes in dem Verhältniß von 0,1 0,01 oder 0,001
der ungetheilten Stromstärke bewirkt wird. Zwischen dem
Galvanometer und der Scale, sowie in dem Raume unter der
Tischplatte waren die übrigen Apparate aufgestellt. Der
Sprechapparat war über dem Batterieschrank untergebracht, dessen
obere Decke als Tischplatte eingerichtet war.
Es verhält sich bei der Wheatstone'schen Brücke r : ρ
= R : x,
worin r und ρ beliebige constante Widerstände, R einen veränderlichen und x den zu messenden Widerstand bedeuten,
woraus sich x = (ρ/r)
R ergibt. Behufs Messung des
Widerstandes der Leitungsadern empfiehlt es sich, unbekannte
Widerstände, also auch denjenigen der Erde, von der Rechnung
auszuschließen; zu diesem Zwecke wurden bei der Anlage
Halle-Berlin jedesmal zwei in Halle mit einander verbundene
Kabeladern zusammen auf ihren Leitungswiderstand gemessen,
welcher also gleich der Summe der Widerstände der beiden
einzelnen Adern war; die Widerstände der einzelnen Adern wurden
sodann durch Rechnung ermittelt.
Bezeichnet man die Widerstände von drei beliebigen Kabeladern mit
I, II und III, und es ergeben sich durch Messung die Werthe:
I + II = A I + III
= B II + III
= C
so folgt daraus:
I = (A + B –
C)/2 II = (A + C –
B)/2 III = (B + C –
A)/2.
Die Widerstände A, B und C wurden unter Einschaltung einer
Batterie von 10 Elementen ermittelt, durch allmälige Aenderung
des Widerstandes (Rheostaten) R bis
zum Eintreffen des Nadelspiegelbildes auf dem Nullpunkte der
Scale.
Behufs der Messung des Widerstandes der Guttaperchahülle der
Leitungsader kam bei entsprechender Verbindung der Apparate eine
Batteriestärke von 100 Elementen zur Anwendung. In den
Stromkreis dieser Batterie wurde zunächst der Widerstand von
100000 S. E., sowie das Spiegelgalvanometer nebst dem Shunt mit
dem Werthe von 1/999 des Galvanometer-Widerstandes
eingeschaltet. Die Stromstärke in den Umwindungen des
Galvanometers war also gleich 0,001 der Gesammtstromstärke und
entsprach somit der unmittelbaren Einschaltung eines
Widerstandes von 1000 × 100000 = 100 Millionen S. E. Das
Maß der Abweichung des Spiegelbildes auf der Scale wurde
abgelesen und als sogen. „Constante“ des
Galvanometers aufgezeichnet, um als Vergleichsmaß zur Messung
des Widerstandes der Guttapercha der Kabelader zu dienen. Zu
letzterem Zwecke wurde die zu messende, in Halle isolirte Ader
an Stelle des vorgedachten Widerstandes, sowie der Shunt mit dem
Werthe von 1/9 des Galvanometerwiderstandes neben dem
Galvanometer eingeschaltet und die Ablenkung des Spiegelbildes
an der Scale wiederum abgelesen. Dieses Mal entsprach die
Stromstärke im Galvanometer einem unmittelbar eingeschalteten
Widerstande von dem 10 fachen Werthe des Guttaperchawiderstandes
der Ader. Bezeichnet man den Nadelausschlag bei Messung der
Constante mit C, bei Messung der
Ader mit L und den Widerstand der
Guttapercha der Kabelader mit W, so
findet man unter der Voraussetzung, daß die Nadelablenkungen
bezieh. die Abweichungen der Spiegelbilder an der Scale sich im
graden Verhältniß wie die Stromstärken, oder umgekehrt wie die
Widerstände verhalten:
C/L =
10W/100 Mill. und W = C/L × 10 Millionen S. E.
Die Anwendung dieser Formel sei an einem Beispiel gezeigt. Am 21.
Mai war das Kabel in einer Länge von 126km,7 gelegt und verbunden;
die Messung der Constante ergab C =
460 Scale-Einheiten, diejenige der Ader Nr. 2 des Kabels in
ihrer ganzen Länge L 200 Einheiten.
Es war daher W = 460/200 × 10
Mill. = 23 Mill. S. E. und der Widerstand auf je 1km der Leitungsader W₁ = 126,7 × 23 Millionen
= 2914,1 Millionen S. E. Der Widerstand der Guttapercha ist nun
keineswegs ein beständiger; derselbe vermindert sich unter dem
Einfluß zunehmender Wärme sehr bedeutend und wächst in gleichem
Maße beim Niedergang der Temperatur. Um daher beim Messen des
Guttaperchawiderstandes Unrichtigkeiten zu vermeiden, ist es
nothwendig, den Wärmezustand derselben mit in Rechnung zu
ziehen.