Titel: | Verdampfversuche mit einem Ten-Brink'schen Dampfkessel. |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 461 |
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Verdampfversuche mit einem
Ten-Brink'schen Dampfkessel.
Teichmann, Verdampfversuche mit einem
Ten-Brink'schen Dampfkessel.
Gegenstand der von Prof. K. Teichmann
in Stuttgart ausgeführten Versuche war die neue, von Gebrüder
Decker und Comp. in Cannstatt ausgeführte Dampfkesselanlage mit
rauchverzehrender Ten-Brink-Feuerung (*1877 224 245) in der Papierfabrik zu Salach. Der Kessel ist,
abgesehen von der Feuerung, ein gewöhnlicher Vorwärmerkessel,
als Gegenstromapparat eingemauert, bestehend aus drei neben
einander liegenden cylindrischen Röhren von 6815mm Länge und 750mm Durchmesser und sechs
ebenfalls cylindrischen Vorwärmern von je 4950mm Länge und 600mm Durchmesser, in zwei
Schichten unter den Oberkesseln liegend. Quer unter den drei
Oberkesseln liegt der Ten-Brink'sche Feuerungsapparat, bestehend
aus einem horizontalen Cylinder von 2240mm Länge und 1400mm Durchmesser, welcher in
zwei schiefen, schwach conischen Feuerröhren von 800mm mittlerem Durchmesser
quer durchdrungen wird; letztere enthalten die beiden etwas mehr
als 45° gegen den Horizont geneigten Roste von 800mm Breite und 1250mm Länge. Das Brennmaterial
wird durch eine enge Oeffnung von oben auf den Rost gegeben,
rutscht allmälig herab und unten sammeln sich die ausgebrannten
Rückstände, welche die untere Oeffnung des Feuerraumes
abschließen. Die untere Fläche des Rostes ist beständig
sichtbar; zur Beobachtung des Feuers dienen
verschiedene Schaulöcher. Das Feuer brennt zunächst nach oben
und mischt sich mit den aus den frischen Kohlen sich
entwickelnden Gasen, während zugleich an dieser Stelle durch
eine regulirbare Spalte Luft eintritt. Von da zieht das Feuer
unter den Oberkesseln nach hinten, unter den Mittlern Vorwärmern
nach vorn, unter den untern wieder nach hinten durch eine 950mm breite, 850mm hohe Schieberöffnung in
den etwa 33m hohen und
oben 860mm weiten
Kamin. Das Wasser macht den entgegengesetzten Weg. Der Dampf
sammelt sich in einem quer über den Hauptkesseln liegenden
Dampfsammler, in welchen er durch enge Röhren aus den
Dampfräumen der Oberkessel tangentiell eintritt und in
rotirender Bewegung sein Wasser an den Wänden absetzt.
Die Heizfläche beträgt mit dem Ten-Brink'schen Apparat 80qm, die Rostfläche 2qm.
Die Versuche hatten den Zweck, festzustellen, ob die von den
Erbauern der Kesselanlage übernommene Garantie, daß dieselbe in
der Stunde mindestens 1100k kalten Wassers in Dampf von 5at Ueberdruck verwandle,
und daß dabei 8 fache Verdampfung stattfinde, erfüllt fei.
Vertragsmäßig war die Probe 6 Tage und 6 Nächte ununterbrochen
fortzusetzen, von denen die drei ersten zur Ermittlung der
zweckmäßigsten Art des Heizens dienen, die drei letzten aber den
Ausschlag für den Nachweis der Garantieerfüllung geben
sollten.
Die Kesselanlage war nach der Aufstellung etwa drei Wochen in
ununterbrochenem Betrieb gewesen, wurde hierauf gründlich
gereinigt und 24 Stunden vor Beginn der Versuche wieder
angeheizt.
Die verwendeten Kohlen waren Saarkohlen, Grube Heinitz, 1.
Sorte.
Die Bestimmung der Verdampfung geschah durch Messung des
Speisewassers in einem Behälter von 1410mm Durchmesser. Dasselbe
wurde geeicht durch Zuwägung von je 100k Wasser von 8°. Der
Wasserstand wurde mittels einer Schraubenspindel von 2mm Steigung gemessen, deren
Spitze bis zur Berührung mit dem Wasserspiegel hinabgeschraubt
wurde, und welche mittels einer Kreistheilung die sichere
Ablesung von Zehntelsmillimeter ermöglichte.
Aus den sorgfältigst erhobenen, in der Tabelle S. 464 und 465
eingetragenen Hauptresultaten ergibt sich, daß während der
ganzen 136 stündigen Dauer der Versuche erzeugt bezieh.
verbraucht wurden:
Dampf
165863k
Kohlen
17850k
Also mit 1k Kohle
9k,292
Dampf von einer Mittlern Spannung
=
3at,97
aus Speisewasser von
8,70
Während der drei letzten entscheidenden
Versuchstage wurden in einer Betriebszeit von 64 Stunden erzeugt
bezieh. verbraucht:
Dampf
71191k
Kohlen
7540k
Also mit 1k Kohle
9k,442
Dampf von einer Spannung =
3at,9
aus Wasser von
9,3°.
Die Verdampfung für 1k roher Kohle berechnet
sich außerdem an den drei letzten Tagen:
k
reducirt auf Dampf von 5at Spannung
zu
9,41
reducirt auf Speisewasser von 0°
und Dampf von 5at zu
9,28
reducirt auf Speisewasser von 100°
und Dampf von 5at zu
10,93
Mit 1k reiner Kohle nach Abzug der Rückstände wurde
erzeugt:
k
wirklicher Dampf von 3at,9 aus Wasser von
9,30
9,96
berechneter Dampf von 5at aus Wasser von
0°
9,79
berechneter Dampf von 5at aus Wasser von
100°
11,54.
Die Stärke der stündlichen Verdampfung war
dabei die normale, nämlich statt der vertragsmäßigen 1100k:
k
am
4. Tage
1147
„
5. „
1072
„
6. „
1120
im
Mittel
1114.
Die Beobachtung der Rauchfarbe ließ auf eine sehr vollständige
Verbrennung schließen. An den drei letzten Tagen lauteten von
den 128 halbstündigen Notizen hierüber
71
unsichtbar
28
weiß (wie leichte Dampfwolken)
25
hellgrau
4
dunkelgrau.
Die Rauchtemperatur betrug an den drei letzten Tagen 102 bis 114,
im Mittel 108,5°. Die Wärme wurde also sehr vollständig
ausgenutzt, und ist dieses günstige Resultat neben der
Ten-Brink-Feuerung auch der Anordnung des Kessels als
Gegenstromapparat und der reichlich bemessenen Heizfläche
zuzuschreiben. Mit so starker Abkühlung der Rauchgase steht
häufig ein Schwitzen der Vorwärmer im letzten Zug und damit ein
Rosten der Bleche in Verbindung. Bei Befahrung der Feuerzüge
nach Schluß der Versuche fand sich jedoch keine Feuchtigkeit am
Kessel und kaum Spuren von Rost. Dagegen zeigte ein im Hofe
liegender alter Vorwärmerkessel deutlich, daß der Rost an der
Stelle, wo der Rauch abzieht und das Speisewasser eintritt, am
stärksten ist
Textabbildung Bd. 226, S. 464–465
Zeit der
Versuche; Bestimmung der Verdampfung; Hauptresultate;
Nebenumständen der Verdampfung; Nebenumstände der
Verbrennung; Stärke des Betriebes; Qualität der Kohlen;
Versuchstag; März 1877; Nr.; Schicht; Dauer; Gespeiste
Wassermenge; Wasserstand im Kessel; Anfang; Ende; Diffrenz;
Speisewassercorrectur; Verdampfte Wassermenge; Verbrauchte
Kohlen; Verdampfung auf 1k Kohlen; Mittlere Temperatur des
Speisenwassers; Mittlere Dampfspannung Ueberdruck; Mittlere
Wasserstand im Kessel über der Nadel; Mittlere
Lufttemperatur; im Freien; im Kesselhaus; Mittlere
Rauchschieberöffnung; Rauchtemperatur im Fuchs; Zug im Kanin
Vacuum; Barometerstand; Verdampfung pro Stunde; Verdampfung
pro Stunde und 1qm Heizfläche; Kohlenverbrauch pro Stunde;
Kohlenverbrauch pro Stunde u. 1qm Rostfl.; Unverbrannte
Rückstände; Bemerkungen; Std.; k; mm; Grad; at; mm Wasser;
mm Quecksilber; Proc.; Samstag; Sontag; Montag; Dienstag;
Mittwoch; Donnerstag; Gesamtresultat aller 6 Tage; Resultat
der 3 letzten Tage
Bemerkungen. 1
Pause, Ersatz von zwei Roststäben links. 2 Ohne die Pause. 3 Mit
Einrechnung der Pause. 4 Mittwoch wurde von Vormittag 10 bis
Nachts 10 Uhr versuchsweise die Aschenfallthüre geöffnet und
dadurch der Heizapparat unnöthig gekühlt, daher die ungünstigen
Resultate der zweiten Schicht. 5 Ohne Berechnung der an diesem
Tage mitverbrannten 102k,5 Rückstände von 5 Tagen. 6 Ohne der Pause am II. Tage.
7 Mit der Pause am II. Tage. 8 Ohne Berechnung der von den
ersten Tagen rückständigen Kokes. 9 Mit Berechnung der von den
ersten Tagen rückständigen Kokes.
und nach dem Feuer hin allmälig abnimmt.
Doch ist auch dort die Rostbildung nach langjährigem Betrieb
noch ganz unbedenklich. Bei Speisung mit vorgewärmtem Wasser,
wie es für den gewöhnlichen Betrieb vorgesehen ist, wird
übrigens die Abkühlung im letzten Zug eine kleinere werden.
–
Zu diesen Mittheilungen bemerkt Referent, daß die mit der
untersuchten Feuerung erzielten Resultate insofern ganz
ausgezeichnete sind, als 1k Saarkohle fast 9k,3 Wasser verdampfte; doch waren auch alle Bedingungen,
unter welchen diese Resultate erzielt wurden, besonders günstig.
Die Rostfläche von 2qm
bei einer Heizfläche von mehr als 80qm, die Leistungsfähigkeit
von nahe 14k Dampf für
1qm Heizfläche, die
geringe Menge von verbrannter Kohle (60k) für 1qm Rostfläche und 1 Stunde
sind im Verein mit der höchst sorgsamen Heizmanipulation und der
außerordentlich niedrigen Temperatur im Fuchs so günstige
Umstände, daß diese an und für sich schon einen sehr guten
Erfolg bedingen. Es wäre deshalb sehr interessant, einen
vergleichenden Versuch unter ganz denselben Bedingungen nur mit
dem Unterschied zu machen, daß man statt der Ten-Brink'schen
Feuerung eine gewöhnliche, zweckmäßig
angeordnete Unterfeuerung verwendet. Auch wäre zur Vergleichung
mit anderen Resultaten wichtig, zu wissen, wie groß der genaue
theoretische Heizeffect der Kohle und wie hoch sich die Anlagekosten für die in der Stunde erzeugte
Dampfmenge stellen.
C. L.