Titel: | Ueber Dampfkesselexplosionen; von Dr. Hermann Scheffler, Oberbaurath zu Braunschweig. |
Autor: | Hermann Scheffler |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 592 |
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Ueber Dampfkesselexplosionen;
von Dr. Hermann
Scheffler, Oberbaurath zu Braunschweig.
Scheffler, über
Dampfkesselexplosionen.
Der Verfasser hat wiederholt die Ansicht geäußert, daß das Wesen
einer Explosion, wodurch sich dieselbe von den Wirkungen eines
Bruches unterscheidet, in einer Stoßwirkung oder
in einem Dampfstoße bestehe, daß dieser Stoß aus einer
plötzlichen Dampfentwicklung entspringe, und daß die letztere
ein momentanes Mißverhältniß zwischen dem auf dem Kesselwasser
lastenden Drucke und der Temperatur dieses Wassers in der Weise
voraussetze, daß der Druck im Vergleich zur Temperatur zu
schwach geworden, also entweder eine Entlastung, oder eine
Ueberhitzung des Wassers eingetreten sei. (Vgl. 1874 213 296.)
Diese Vorstellung über den physikalischen Proceß soll
selbstverständlich den Charakter, insbesondere die Heftigkeit
der Explosion, nicht aber die Veranlassung derselben erklären;
dieselbe kann sehr wohl in der Unhaltbarkeit des Kessels, im
Erglühen des Kesselbleches durch Wassermangel und überhaupt in
einem Bruche der Kesselwand liegen; ein solcher Bruch würde
indessen im Allgemeinen eine ungleich schwächere Wirkung äußern,
wenn die damit verbundene plötzliche Oeffnung des Kessels nicht
eine plötzliche Entlastung des Wassers und demnach eine rapide
Dampfentwicklung, einen intensiven Nachschub von Dampf, welcher
den Bruch in einen Stoß verwandelt, nach sich zöge. – Ein
unhaltbarer Balken bricht ebenfalls, allein er explodirt nicht.
Ein Gefäß mit Wasser unter starkem Druck kann zerspringen, aber
nicht explodiren; das mit großer Geschwindigkeit ausströmende
Wasser kann Gefäßtheile mit sich fortreißen und einen Rückschlag
erzeugen, welcher nach dem Grade des Druckes und der Masse des
bewegten Wassers unter Umständen eine gewisse Aehnlichkeit mit
einer Explosion gewinnt, aber im Allgemeinen doch sehr
verschieden davon ist.
Während in vielen Fällen die Veranlassung zum Bruche in der
Unhaltbarkeit des Dampfkessels liegt und die das Unglück
verschlimmernde plötzliche Entlastung des Kesselwassers eine
Folge des Bruches ist, wird unzweifelhaft in manchen Fällen auch
die plötzliche Entlastung eine Ursache des Bruches sein. Im
letztern Falle werden zwei Entlastungen, die ursächliche und die
secundäre auf einander folgen.
Die Anhänger der Ansicht, daß die plötzliche Entlastung des
Kesselwassers niemals die Veranlassung zu einer Explosion sei,
Pflegen die Unwahrscheinlichkeit eines Siedeverzuges, d.h. einer
Ueberhitzung des Wassers, für sich anzuführen. Verfasser theilt
diese Ansicht insofern vollkommen, als er ebenfalls glaubt, daß
die Beschaffenheit des Wassers wohl selten bei normalem
Gebrauche der Maschine eine Ueberhitzung bewirken werde. Allein
der Ausdruck Siedeverzug ist nur ein Name, welcher das
Mißverhältniß zwischen Druck und Temperatur bezeichnet; dieses
Mißverhältniß kann auch durch plötzliche Entlastung des Wassers
herbeigeführt werden, wobei die physikalische oder chemische
Beschaffenheit des Wassers und die Wirkung des Feuers gar
nicht in Betracht kommt, und eben dieser Vorgang der Entlastung,
nicht der der Ueberhitzung ist es, welchem für die Praxis die
größere Bedeutung zugeschrieben werden muß. Die relativ große
Zahl der Explosionen, welche beim Anlassen der stationären und
locomobilen Dampfmaschinen, also grade in dem Augenblicke
erfolgen, wo die Dampfspannung ermäßigt wird, ferner die
mehrfach beobachtete Thatsache, daß mehrere communicirende
Kessel der Reihe nach unmittelbar hinter einander, jeder spätere
also bei vermindertem Drucke explodirt sind, macht in Verfassers
Augen die Wirkungen einer plötzlichen Entlastung
handgreiflich.
Da in den meisten Fällen die wahre Veranlassung und der Verlauf
einer Explosion nicht nachgewiesen werden kann, mithin die
Statistik der Explosionen ein unvollständiges Material
darbietet, welches den Hypothesen freien Spielraum läßt, so ist
es begreiflich, daß die Wahrscheinlichkeit dieses oder jenes
Processes bei den Fachmännern eine verschiedene Beurtheilung
findet, so daß ein Vorgang, welcher dem Einen als ein
naheliegender erscheint, von dem Andern für einen
unwahrscheinlichen gehalten, ja von einem Dritten ohne Umstände
für einen unmöglichen erklärt wird. So verhält es sich mit dem
Siedeverzuge, mit der plötzlichen Entlastung des Kesselwassers
und mit der plötzlichen Dampfentwicklung, überhaupt mit dem
Mißverhältnisse zwischen Druck und Temperatur. Dieses
Mißverhältniß kommt nach Obigem in zwei verschiedenen
Bedeutungen, einmal als Veranlassung von Explosionen und sodann
als Ursache der Heftigkeit der durch andere Veranlassung
herbeigeführten Explosionen in Betracht. Daß das fragliche
Mißverhältniß die Rolle einer Mitwirkung oder secundären Wirkung
bei jeder Explosion spielt, scheint mir so einleuchtend, daß es
nicht für nöthig erscheint, dazu noch weitere Belege
beizubringen. Ob jedoch das fragliche Mißverhältniß als primäre
Veranlassung einer Explosion mehr oder weniger leicht auftreten
könne, bedarf einer Constatirung durch Beobachtungen über den
Verlauf des Siedeprocesses und über die Temperatur- und
Druckveränderungen nach räumlichen und zeitlichen Abscissen. Wer
jenem Mißverhältnisse gar keine Bedeutung zuschreibt, ignorirt
dasselbe schlechthin, muß also auch annehmen, daß Temperatur und
Druck stets im richtigen Verhältnisse sind und bleiben. Nun
würde zwar eine einzelne Beobachtungsweise, welche keine
erheblichen Schwankungen nachwiese, nicht beweisen, daß ein
erhebliches Mißverhältniß niemals einträte; viele Beobachtungen
dieser Art würden aber die Wahrscheinlichkeit eines möglichen
erheblichen Mißverhältnisses sehr herabdrücken. Umgekehrt, würde
eine einzelne Beobachtungsweise, welche namhafte
Differenzen zeigte, freilich nur den Beweis liefern, daß ein
Kessel trotz solcher Differenzen nicht immer explodirt; sie
würde aber doch, indem sie den Glauben an die Constanz des
normalen Verhältnisses erschüttert, die Möglichkeit näher
rücken, daß unter ungünstigen Umständen das in Rede stehende
Mißverhältniß einen Betrag erreichen könne, welcher die
Explosion unmittelbar herbeizuführen im Stande ist.
Um einen Einblick in die unter gewöhnlichen Umständen
vorkommenden Schwankungen des Druckes und der Temperatur zu
erhalten, hat Scheffler an der
Locomotive „Gandersheim“ drei aus der
Fabrik von Schäffer und Budenberg in Buckau-Magdeburg bezogene,
zu diesem Zwecke eigens construirte Thermometer anbringen
lassen. Das vordere dieser drei Thermometer mündete im Kessel in
der Nähe des Eintrittes der Speisepumpe, also an derjenigen
Stelle, wo zu Zeiten die niedrigste Temperatur des Wassers zu
erwarten war; das mittlere mündete in der Mitte des Langkessels
oder im Centrum des Siederohrsystems, also an derjenigen Stelle,
wo die Abnutzung der Siederöhren die stärkste Einwirkung des
Feuers, daher die höchste Temperatur vermuthen ließ; das hintere
endlich mündete an der Vorderwand der Feuerkiste in der Höhe des
Führerstandes. An diesen drei Thermometern sind von vier
Sachverständigen, dem Maschinenmeister Harsleben, den Maschinentechnikern Steltzer und Köch und dem
Werkführer Wolf Beobachtungen
angestellt worden, welche in unserer Quelle (Organ für die
Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1877 Bd. 14 S. 141)
tabellarisch geordnet ausführlicher mitgetheilt sind. Die
Versuche zerfallen in vier Gruppen: Versuche beim Stillstande
der Maschine zu einer Zeit, wo nicht gespeist wurde; beim
Stillstande während des Speisens; auf der Fahrt zu einer Zeit,
wo nicht gespeist wurde; auf der Fahrt während des Speisens. Die
Speisung hat auf drei verschiedene Weisen stattgefunden, mit dem
Injector, mit einer Kolbenpumpe und mit zwei Kolbenpumpen.
Die Fahrten, mit welchen die Beobachtungen stattgefunden haben,
sind entweder Leerfahrten oder Vorspannfahrten gewesen, weil
unter solchen Umständen die gleichzeitige und häufige
Beobachtung von drei Thermometern, einem Manometer und einer Uhr
durch vier Beobachter die geringsten Störungen für den
Maschinenführer hatten. Es liegen also vier Beobachtungen
während schwacher und mäßiger, nicht aber während starker
Arbeits- und Dampfentwicklung vor; man hat daher die bei mäßiger
Dampfentwicklung täglich und stündlich vorkommenden, nicht aber
ungewöhnliche Differenzen zu erwarten.
Vor der Besprechung der Beobachtungen sei darauf aufmerksam
gemacht, daß der am Monometer beobachtete Druck mit keiner der
drei im Kessel beobachteten Temperaturen dauernd genau
übereinstimmt. Eine solche Uebereinstimmung ist allerdings in
allen den Fällen unmöglich, wo die letzteren Temperaturen
ungleich sind. Bei gleichen Temperaturen müßte dagegen auf diese
Uebereinstimmung gerechnet werden. Wenn dieselbe jedoch auch in
diesem Falle nicht stattfindet, so liegt es nahe, die Differenz
in der Ungenauigkeit des Federmanometers zu suchen. Es ist
jedoch auffallend, daß, wenn nicht grade gespeist wird, sowohl
im Ruhezustande, als auch auf der Fahrt, bei entschieden
steigender Temperatur und Spannung nach einigen Versuchen das
Manometer unausgesetzt einen Druck im Dampfraume anzeigt,
welcher höher ist als der höchste im Kesselwasser, während bei
entschieden sinkender Temperatur und Spannung nach andern
Versuchen das Umgekehrte zur Erscheinung kommt, daß nämlich der
Druck im Dampfraume häufig um ebenso viel niedriger steht.
Hiernach müssen wir die Abweichungen der Angaben des Manometers
von den berechneten Spannungen im Kesselwasser, ebenso wie die
Differenzen der Temperatur und Spannung an den verschiedenen
Stellen des Kessels auf einen innern Grund beziehen.
Die Beobachtungen rechtfertigen folgende Schlüsse.
1) Bei der Speisung durch Kolbenpumpen werden unter gewöhnlichen
Verhältnissen an den verschiedenen Punkten des Kesselwassers
gleichzeitig herrschende Temperaturdifferenzen erzeugt, welche
sich so weit steigern, daß sie einer Spannungsdifferenz von 2at,25 entsprechen. Hierbei
ändert sich die Spannung im Dampfraume so, daß sie ungefähr der
an der momentan heißesten Stelle im Kesselwasser herrschenden
Temperatur entspricht, daß sie also im Allgemeinen stärker ist
als die der Mittlern Temperatur des Kesselwassers entsprechende,
indem sie die der niedrigsten Temperatur entsprechende zuweilen
um 2at,75 übersteigt.
Hiernach scheint sich während des Speisens im Allgemeinen keine
Entlastung, sondern eine Ueberlastung des Kesselwassers zu
bilden. Dieser Umstand ist von Wichtigkeit, da er die in der
Druckdifferenz von 2 bis 3at liegende Gefahr vor heftigen Erschütterungen bei
plötzlicher Ausgleichung erheblich abschwächt; denn so lange
eine Ueberlastung für alle Punkte des Kesselwassers besteht,
kann eine massenhafte plötzliche Dampfentwicklung kein
Gegenstand der Befürchtung sein.
2) Die Differenz zwischen der Spannung im Dampfraume und im
Kesselwasser während des Speisens ist zwar in der Regel,
namentlich in den spätern Perioden, eine Ueberlastung: in den
ersten Augenblicken des Speisens zeigt sich jedoch fast
ausnahmslos das Gegentheil, nämlich eine Entlastung, welche bis
zu 0at,43 zu beobachten
ist. Bei sinkender Temperatur und Spannung ist in den Zeiten, wo
nicht eben gespeist wird, die Entlastung des Kesselwassers um
0,1 bis 0at,2 sogar der
herrschende Zustand. Die Coexistenz von Temperaturermäßigung,
Sinken der Spannung und Entlastung des Wassers, wenn nicht
gespeist wird, ferner die gleiche Erscheinung in den ersten
Augenblicken, wo gespeist wird, und endlich die Coexistenz von
Temperaturermäßigung, Sinken der Spannung und Ueberlastung des
Wassers, nachdem eine Zeit lang gespeist ist, sind drei wichtige
Erscheinungen. Im dritten Falle liegt die primitive Ursache der
Veränderung im Wasser, dessen Temperatur durch die Zuführung von
kälterem Wasser erniedrigt wird. Indem sich jetzt die
Dampferzeugung bei ermäßigtem oder doch nicht überwiegendem
Verbrauche vermindert, sinkt die Spannung im Dampfraume stetig
und zwar so weit, daß näherungsweise das normale Verhältniß
zwischen Druck- und Siedetemperatur bestehen bleibt; weil aber
die Temperatur des Wassers es ist, welche primitiv sinkt oder
voranschreitet, und welche das Sinken der Spannung im Dampfraume
als secundäre Folge nach sich zieht, wird das Beharrungsvermögen
des Dampfes einen mäßigen Ueberschuß von Spannung, also eine
geringe Ueberlastung bedingen. Anders ist es, wenn im ersten
Falle durch beschleunigtes Abblasen die primitive Ursache der
Veränderung in den Dampf verlegt wird. Alsdann wird die
Temperaturerniedrigung des Wassers eine Folge der
Spannungsermäßigung. Sowie nämlich durch die zu starke Abführung
von Dampf der Druck unter das der Siedetemperatur entsprechende
Maß zu sinken im Begriffe steht, wird das Wasser nach
allgemeinem Beharrungsgesetze noch einen Augenblick jene
Temperatur beibehalten, bis sich eine kleine Differenz von dem
zur Ueberwindung des Beharrungszustandes erforderlichen Grade
gebildet hat. Alsdann, also in kurzen Perioden und mit kleinen
Eruptionen, wird sich vermöge der entstehenden Entlastung ein
Theil des Wassers (abgesehen von dem durch das Feuer verdampften
Theile) in Dampf verwandeln, also eine bestimmte Menge der im
Wasser enthaltenen Wärme binden oder die Temperatur des Wassers
ermäßigen, um auf diese Weise das im Verschwinden begriffene
normale Verhältniß zwischen Druck- und Siedetemperatur immer
wieder herzustellen. Nur auf diese wohl einleuchtende Weise läßt
sich das erhebliche Sinken der Temperatur um 25° in der
kurzen Zeit von etwa 9 Minuten bei einem Versuche, wo kein
kaltes Wasser zugeführt ist und von einer äußern Abkühlung keine
Rede sein kann, erklären.
Der zweite Fall unterscheidet sich von dem dritten dadurch, daß
in den Anfangsstadien des Speisens wegen der noch ungeschwächten
Geschwindigkeit der Locomotive der Dampfverbrauch größer ist, so
daß mehr Dampf abgeführt als zugeführt wird. Hierdurch gewinnt
dieser Fall den Charakter des ersten Falles des Abblasens,
welcher die Entlastung bedingt. Möglicherweise kann auch die
Abkühlung des Kesselwassers in den Anfangsstadien des Speisens
eine Condensation von Dampf in dem Dampfraume bedingen, welche
ebenso wie ein Abblasen wirken würde.
3) Bei steigender Temperatur und Spannung wird es sich ebenso wie
bei sinkender Temperatur und Spannung darum handeln, ob
gehemmter Dampfabfluß, vielleicht gar mit Unterdrückung des
Verdampfungsprocesses, also unter Entbindung von Wärme in den
aus dem gasförmigen Zustande in den flüssigen Zustande
zurückkehrenden Partikeln, oder ob beschleunigte Dampferzeugung
die primitive Ursache der Veränderung ist. Im erstern Falle wird
sich eine Ueberlastung, im letztern eine Entlastung (nämlich ein
Ueberschuß der Spannung im Wasser gegen die Spannung im
Dampfraume) bilden. Im Ruhestande der Locomotive scheint der
erstere Fall, nämlich die Aufstauung des Dampfes vorzuherrschen;
während der Fahrt scheint oftmals der letztere Fall der
beschleunigten Dampfentwicklung vorzukommen.
4) Das Sieden bei entlastetem Wasserspiegel ist eine mehr oder
weniger stoßweise Dampfentwicklung unter absatzweiser Bindung
von Wärme. Dasselbe kommt bei rasch sinkender Spannung und in
den Anfangsstadien des Speisens häufig und bei steigender
Spannung zuweilen vor. Es ist unter ganz gewöhnlichen
Verhältnissen eine Entlastung von fast 0at,5 beobachtet. Dieser
Grad von Entlastung muß also als ein sich häufig einstellendes
Ereigniß angesehen werden. Unter ungewöhnlichen Verhältnissen
muß eine weit erheblichere Entlastung für möglich gehalten
werden. Die Möglichkeit einer solchen Steigerung begründet sich
vornehmlich durch die beobachteten sehr erheblichen
Spannungsdifferenzen, welche an den einzelnen Stellen des
Kesselwassers eintreten und sich bis auf 2at und mehr belaufen, sowie
auf die constatirte sehr erhebliche Störung des normalen
Verhältnisses zwischen der Siedetemperatur und dem auf dem
Wasser lastenden Drucke – eine Störung, welche fast bis
auf 3at anwächst.
Wenngleich die größten Differenzen der letztern Art
glücklicherweise Ueberlastungen, keine Entlastungen sind, und
wenngleich die ersteren Differenzen, welche aus den
verschiedenen Temperaturen des Kesselwassers abgeleitet sind,
nicht die unmittelbaren Wirkungen wie Entlastungen des
Wasserspiegels haben können, so können dieselben doch bei
plötzlichen Ausgleichungen eine rapide Uebertragung des
Verdampfungsprocesses von dem einen Theile des Kesselwassers auf
den andern und bei plötzlichen Ueberlastungen eines Theiles der
Wassermenge eine rasche Concentrirung und Verstärkung des
Verdampfungsprocesses in den nicht überlasteten Theilen, welche
jetzt allein die der Wärmezuführung entsprechende Dampfmenge
entwickeln müssen, erzeugen, mithin eine heftige Dampfströmung
im Dampfraume und auch eine plötzliche Dampfentwicklung an
einzelnen Stellen hervorbringen.
Die Sprünge des Manometers bei plötzlichem Oeffnen und Schließen
des Regulators beweisen, daß die rasche Einleitung und
Unterbrechung einer Bewegung in einer stark gespannten Gasmasse
sehr merkbare Stoßeffecte herbeiführt. Die rapide Umwälzung des
Siedeprocesses wird daher unzweifelhaft ähnliche Effecte
erzeugen.
Indem sich zu solchen aus den Temperaturdifferenzen im
Kesselwasser entspringenden Wirkungen diejenigen gesellen,
welche auf einer augenblicklichen Entlastung des Wasserspiegels
beruhen, sollte da nicht unter besonders ungünstigen Umständen
eine Complication von Wirkungen eintreten können, welche
intensiv genug wäre, um einen Kesselmantel zu sprengen, der zwar
nicht mehr die Festigkeit eines neuen Mantels, aber doch noch
denjenigen Grad von Festigkeit besitzt, welchen man nach den
heutigen Erfahrungen für ausreichend hält? Derartige besonders
ungünstige Umstände mögen allerdings nur auf dem seltenen
Zusammentreffen mehrerer und erheblicher schädlichen Wirkungen
beruhen; die aus den angestellten Versuchen gewonnenen Zahlen
verbieten jedoch entschieden, ein solches Ereigniß zu den
Unmöglichkeiten zu zählen.
5) Die Temperatur- und Spannungsdifferenzen, welche sich beim
Speisen mit Injectoren bilden, sind ganz unerheblich gegen
diejenigen, welche beim Speisen mit Kolbenpumpen, besonders mit
zwei derartigen Pumpen entstehen.Das Tenderwasser, welches mit den
Kolbenpumpen direct in den Kessel geführt wird, hat eine
Temperatur von 18 bis 20°. Bei dem Speisen mittels eines
Injectors zeigt das Wasser vor dem Eingangsventile folgende
Temperaturen:bei4atUeberdruck56°„4,5„64„5„70„5,5„76„6„80„6,5„82„7„83. Hiernach muß den Injectoren ein entschiedener
Vorzug gegeben werden.