Titel: | Beitrag zur Theorie der Leimung des Papieres; von A. Tedesco, Director der chemischen Fabrik Goldschmieden zu Morl bei Trotha. |
Autor: | A. Tedesco |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 600 |
Download: | XML |
Beitrag zur Theorie der
Leimung des Papieres; von A. Tedesco, Director der
chemischen Fabrik Goldschmieden zu Morl bei Trotha.
Tedesco, zur Theorie der Leimung des
Papieres.
Der Aufsatz von C. Wurster (S. 75 d.
Bd.) trifft mich ebenfalls mit Untersuchungen über das Leimen
von Papier beschäftigt; dieselbe hat für mich als Fabrikant von
schwefelsaurer Thonerde besonderes Interesse, da gewöhnlich jede
mangelhafte Leimung diesem Fabrikate zugeschoben wird. Leider
sind diese meine Arbeiten noch nicht so weit gediehen, um als
etwas Abgeschlossenes der Oeffentlichkeit übergeben zu werden;
doch bin ich durch die bis jetzt gewonnenen Resultate schon in
der Lage, die Beobachtungen von Wurster, bezieh. die daraus von ihm gezogenen Schlüsse zu
berichtigen.
Zur Darstellung der Harzlösung wird, soviel mir bekannt, 15 bis
20 Proc. des Harzes an Soda verwendet, und die Lösung enthält
daher einen großen Ueberschuß von freiem Harz, jedoch nicht, wie
Wurster meint, mechanisch vertheilt,
sondern wirklich in Lösung, aus der sich durch Filtriren oder
andere mechanische Trennungsmethoden das Harz nicht abscheiden
läßt.
Der Zusatz von Stärke hat beim Papier wie in der ganzen
Textilindustrie den Zweck, als Appretur einen gewissen Glanz zu
geben, und hat mit dem Leimen nichts zu thun.
Es ist richtig, daß Harzlösung durch Kohlensäure zersetzt wird
und festes Harz in Form von Flocken herausfällt; doch ist diese
Zersetzung eine sehr unvollkommene, und die Kohlensäure des zum
Verdünnen der Lösung verwendeten Wassers wie die des Holländers
genügt nicht, um eine vollständige Abscheidung zu
bewerkstelligen. Dagegen kann durch kalkhaltiges Wasser eine
vollständige Fällung eintreten, und in der Praxis findet auch
eine solche je nach der Beschaffenheit des Wassers mehr oder
weniger vollständig statt. Der flockige Niederschlag, welcher
sich leicht abfiltriren läßt, ist eine Verbindung des Harzes mit
Kalk.
Ich hatte Gelegenheit, das Wasser zweier Papierfabriken auf diese
Verhältnisse zu prüfen, und fand, daß das eine Wasser eine sehr
starke Fällung hervorbringt, während bei dem andern der größte
Theil der Harzlösung unzersetzt blieb. Wurden die beiden Wässer
gekocht, um die gelöste Kohlensäure zu entfernen, wobei jedoch
der Kalkgehalt als Gyps in Lösung blieb, so änderte sich doch
nichts an dem ursprünglichen Resultat.
Weiter habe ich gefunden, daß selbst das freie Harz aus
alkoholischer Lösung durch schwefelsaure Thonerde als eine
Thonerdeverbindung gefällt wird. Setzt man zu einer Lösung von
Harz in absolutem Alkohol concentrirte Lösung von schwefelsaurer
Thonerde (damit nicht durch starke Verdünnung freies Harz
ausfallen kann), so entsteht sofort ein compacter Niederschlag,
der sich sehr rasch abscheidet. Die darüber stehende klare
Flüssigkeit hat die ursprünglich stark gelbe Farbe verloren
– ein Zeichen, daß das Harz verschwunden ist, und enthält
zwar viel Schwefelsäure, aber keine Thonerde mehr.
Aus ätherischer Lösung wird das Harz nicht gefällt, weder durch
schwefelsaure Thonerde, noch durch Schütteln mit Wasser.
Hingegen erhält man einen Niederschlag, wenn man die ätherische
Lösung der Harz-Thonerde-Verbindung, sei dieselbe mit oder ohne
Ueberschuß von schwefelsaurer Thonerde erzeugt, mit Wasser
schüttelt. Extrahirt man geleimtes Papier mit Aether, so
verliert dasselbe die Undurchlässigkeit für Wasser und Tinte.
Schüttelt man die erhaltene Lösung mit Wasser, so fällt ein
weißer Niederschlag heraus. Behandelt man geleimtes Papier mit
absolutem Alkohol, so bleibt es nach wie vor leimfest, und doch
könnte dies nicht der Fall sein, wenn die Leimung nach Wurster blos in freiem Harz bestände, da
letzteres in Alkohol ebenso leicht löslich ist wie in
Aether.
Tränkt man ungeleimtes Papier mit alkoholischer Harzlösung und
dunstet den Alkohol ab, so erhält man zwar gut geleimtes Papier,
dasselbe hat aber die gelbe Farbe des Harzes angenommen. Wird
die alkoholische Harzlösung mit Wasser verdünnt, so scheidet
sich das Harz aus derselben in Milchform ab, wird aber dann vom
Papier nicht mehr aufgenommen und wirkt nicht leimend. Behandelt
man hingegen harzsauren Kalk oder in Milchform ausgeschiedenes
Harz mit schwefelsaurer Thonerde, so wird letztere gleichfalls
gebunden; doch ist die Umsetzung eine viel langsamere und
unvollkommenere, da das Harz sich eben in fester Form
befindet.
Durch Versuche im Großen habe ich ferner festgestellt, daß selbst
basische Thonerdesalze in Verbindung mit Harz leimend wirken.
Man kann ein Chloraluminium darstellen, welches auf 3 Aeq. Chlor
6 Aeq. Aluminium enthält, mithin das Dreifache des neutralen
Salzes. Dieses Präparat, welches natürlich nicht mehr sauer
reagirt, wirkt grade so wie die gewöhnlich sauer reagirende
schwefelsaure Thonerde. Hierdurch ist die Ansicht von Wurster, daß die Zersetzung des Leimes
durch die saure Reaction bedingt ist, unhaltbar.
Endlich ist es auch unrichtig, daß Thonerdehydrat nicht
anticapillarisch wirkt. Tränkt man ungeleimtes Papier mit
neutraler essigsaurer Thonerde und trocknet dasselbe bei höherer
Temperatur, so zersetzt sich die essigsaure Thonerde, die
Essigsäure verflüchtigt sich, während das Thonerdehydrat
zurückbleibt. Man erhält hierdurch ein Papier, welches, wenn
auch nicht geleimt, doch für Wasser viel weniger durchlässig ist
wie früher.
Aus Obigem könnte man die Theorie des Leimens in folgenden Sätzen
zusammenfassen.
Die Leimung des Papieres mittels vegetabilischem Leim, wie sie
gegenwärtig in der Praxis gehandhabt wird, ist durch die
Verbindung von Harz mit Thonerde bedingt.
Mit freiem Harz in Lösung kann man an und für sich auch leimen;
doch wird das Papier stark gelb gefärbt, und ist diese Operation
überhaupt praktisch nicht durchzuführen, da man das fertige
Papier mit alkoholischer Harzlösung behandeln und den Alkohol
dann abdampfen müßte, um dem Harz das Lösungsmittel zu
entziehen.
Wäre das Harz weiß und löste es sich in Wasser, so könnte man
damit grade wie mit thierischem Leim arbeiten; so aber bleibt in
der Praxis nichts weiter übrig, als die Verbindung des Harzes
mit Thonerde auf der Faser zu erzielen. Die Thonerde wirkt
hierbei gleichzeitig anticapillarisch und wird bekanntlich von
der Faser begierig aufgenommen. Auf letzteren
Eigenschaften beruht ja die so vielfache Anwendung der
Thonerdesalze in der Färberei und Gerberei.
Die Harzlösung der Papierfabrikanten enthält freies Harz in
harzsaurem Natron gelöst. Wird diese in Kalk und Kohlensäure
haltiges Wasser gebracht, so scheidet sich mehr oder weniger
Harz in fester Form ab. Damit dasselbe mit der Thonerde eine
Verbindung eingeht, muß ein großer Ueberschuß von Thonerdesalz
genommen werden, da die Einwirkung beider Körper auf einander
eine unvollkommene ist und doch möglichst viel Harz umgesetzt
werden muß.
Je stärker der Kalkgehalt des Wassers ist, desto mehr Harz wird
in fester Form abgeschieden, desto größer ist der zur Zersetzung
nothwendige Ueberschuß an Thonerdesalz. Es erklärt sich
hierdurch der große Unterschied in dem Verbrauch an
schwefelsaurer Thonerde in den verschiedenen Fabriken. Während
der Harzverbrauch nahezu gleich ist, wird an schwefelsaurer
Thonerde zwischen 5 bis 12 Proc., ja noch mehr, von der
Papiermasse angewendet.
Da ein Wasser, das viel kohlensauren Kalk enthält, auch viel
Kohlensäure und umgekehrt hat, so müßte man nach Wurster bei solchem Wasser am wenigsten
Thonerdesalz gebrauchen, was vollkommen der Praxis
widerspricht.
Zum Schlusse will ich noch hinzufügen, daß auch ich gefunden
habe, daß Harz-Thonerde-Verbindungen verschiedene Eigenschaften
besitzen, je nachdem beim Fällen des Harzes mit oder ohne
Ueberschuß von schwefelsaurer Thonerde gearbeitet wurde. Ich
behalte mir vor, in einem spätern Artikel weitere Resultate
meiner Untersuchungen über die eigentliche Natur dieser
Verbindungen, welche allerdings in Obigem noch nicht vollständig
klar gelegt sind, mitzutheilen, da ich, wie anfangs erwähnt,
diese Arbeit noch nicht als abgeschlossen betrachte und nur
durch den beregten Artikel veranlaßt wurde, schon jetzt die von
mir gemachten Erfahrungen zu veröffentlichen.