Titel: | Die Jute und ihre Verarbeitung; von Ingenieur E. Pfuhl, Lehrer an der kgl. Provinzial-Gewerbeschule zu Königsberg i. Pr. |
Autor: | E. Pfuhl |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 608 |
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Die Jute und ihre
Verarbeitung; von Ingenieur E. Pfuhl, Lehrer an der kgl.
Provinzial-Gewerbeschule zu Königsberg i. Pr.
Mit Abbildungen.
(Nachdruck
vorbehalten.)
(Fortsetzung von S. 481 dieses
Bandes.)
Pfuhl, über die Jute und ihre
Verarbeitung.
c) Das
Feinspinnen und Zwirnen. Das Feinspinnen bezweckt das
Strecken des Vorgarnfadens bis zu einer dem zu erzeugenden Garne
entsprechenden Feinheit, das feste Zusammendrehen des
gestreckten Fadens, um demselben Zusammenhang, Festigkeit zu
geben, und schließlich das Aufwinden des fertig gedrehten Fadens
(Feingarn, yarn) auf Holzspulen. Die
Feinspinnmaschinen (spinning frames)
sind stets nach dem Systeme der Water- oder Drosselmaschinen
gebaut, bei welchem diese drei Verrichtungen in ununterbrochener
Folge geschehen. Jede dieser Maschinen hat zunächst ein
Streckwerk zum Verziehen des Vorgarnes, dann Spindeln mit
Flügeln und Spulen zum Drehen der gestreckten Fäden und
unmittelbarem Aufwinden derselben.In der Flachs- und
Flachswergspinnerei wendet man ganz ähnliche Maschinen zum
Feinspinnen an und nennt dieselben dort Trockenspinnstühle (dry spinning frames) zum Unterschiede
von den noch häufiger daselbst angewendeten Naßspinnstühlen (wet spinning frames). Bei Jute ist diese
Unterscheidung nicht nöthig. Das Streckwerk ist bei
diesen Maschinen nicht horizontal, sondern schräg ansteigend,
beinahe vertical aufgestellt. Es ist stets nur ein Einzieh- und
Streckwalzenpaar vorhanden. Die Distanz zwischen beiden wird
etwas größer als die Länge der Fasern im Vorgarn, und zwar etwa
8 bis 10 Zoll (203 bis 254mm), genommen. Da der
Vorgarnfaden bereits etwas gedreht ist, so darf die
Unterstützung und Führung desselben zwischen Einzieh- und
Streckwalzen nicht durch ein Hechelsystem wie bei den
Vorbereitungsmaschinen, sondern muß durch Platten und Leitbleche
stattfinden, was auch vollkommen genügt, da der Vorgarnfaden
hinreichenden Zusammenhang besitzt, um die Streckung ohne
Verwirrung der Fasern aushalten zu können. Die von den
Streckwalzen gelieferten feinen Bändchen gehen durch die Löcher
(Augen) eines Fadenführers nach den Flügeln der Spindeln, laufen
durch ein Oehr an dem untern Ende derselben auf die lose über
den Spindeln steckenden Spulen, wobei sie ihre bleibende, feste
Drehung erhalten, um sich dann auf letztere, welche gegen die
Spindeln entsprechend der gelieferten Fadenlänge zurückbleiben,
aufzuwickeln. Die Spindeln stehen bei den Feinspinnmaschinen
neben einander in einer Reihe, und nennt man die Entfernung je
zweier von einander die „Spindeltheilung“ (pitch). Die Größe derselben gibt die Verwendbarkeit der
Maschinen zu feineren oder gröberen Garnen an. Die Maschinen
werden meist zweiseitig, mit je einer Reihe Spindeln, gebaut;
doch wird stets jede Seite vollständig getrennt von der andern
angetrieben, wodurch es möglich ist, auf jeder Seite
verschiedene Garnnummern zu spinnen.
Die lose über den Spindeln steckenden Spulen ruhen sämmtlich auf
einer Bank, deren Hubzahl für eine bestimmte Einstellung stets
gleich bleibt. Die Umdrehung der Spulen erfolgt allein durch den
sich bildenden Garnfaden, welcher durch den Widerstand, den
erstere vermöge ihrer Reibung an der Spindel und der Spulenbank
der Drehung entgegensetzen, angespannt wird. Diese Fadenspannung
darf aber weder zu klein, noch zu groß werden, da im erstern
Falle ein Herausspringen des Fadens aus seiner Führung durch
Ueberwiegen der ihm von dem rotirenden Flügel ertheilten
Centrifugalkraft und im andern Falle ein Abreißen des Fadens
eintreten kann. 'Weil nun einerseits die Reibungswiderstände der
einzelnen Spulen nie genau gleich groß sein werden und sich
dieselben anderseits mit zunehmender Wicklung ändern, so ist
eine Bremsvorrichtung für jede Spule nothwendig, welche eine
Vermehrung oder Verminderung der Spulenreibung und der davon
abhängigen Fadenspannung erlaubt. Bei richtiger Benutzung dieser
Bremsvorrichtung wird daher die Umdrehungszahl der Spulen stets
im richtigen Verhältniß zur gesponnenen Fadenlänge stehen, und
die Aufwicklung für alle Spulen in gleicher Weise stattfinden.
Die Geschwindigkeit der Hebung und Senkung der Spulen ändert
sich, wie erwähnt, mit zunehmender Aufwicklung nicht und muß
deshalb Mittlern Verhältnissen entsprechen,
damit nicht grobe Unrichtigkeiten eintreten, welche entweder den
Spinnproceß selbst beeinträchtigen, oder so unregelmäßig
gewickelte Spulen erzeugen, daß deren Abwicklung bei den
folgenden Arbeiten wesentlich erschwert wird.
Ein zweiseitiger Spinnstuhl
(Feinspinnmaschine) von 3 1/2 Zoll (89mm) Theilung ist in Fig.
13 und 14 auf
Taf. XI [c.d/2] in Seitenansicht mit
theilweisem Querschnitt der linken Hälfte bezieh. in
abgebrochener Vorderansicht in 1/18 n. Gr. dargestellt.
Entsprechende Theile der beiden Spinnseiten sind mit denselben
Buchstaben bezeichnet.
Im obersten Theil der Maschine ist ein Rahmen A mit in drei versetzten Reihen über
einander angeordneten Drahtstiften aufgeschraubt, über welche
die Vorspinnspulen A₁
gesteckt sind. Die Vorgarnfäden gehen durch je eine
kreisförmige, an den Rändern gut abgerundete Oeffnung in der
Führungsschiene l₁ nach den
Einzugswalzen p₁, p₂. Die vordere Walze p₁ ist durchgehend, an den Enden
und auf ihrer ganzen Länge mehrmals (bei vorliegender Maschine
stets nach der achten Spindel) in Zwischengestellen z gelagert und empfängt zugleich die
Bewegung. Die hintern Walzen p₂ sind Druckwalzen und sitzen paarweise auf einer
dünnern, an den Enden in Ständern a₁ (Fig. 14)
geführten und in der Mitte belasteten Achse. Die Belastung
findet durch das Gewicht G₁,
den Winkelhebel h₁ und eine
in demselben eingeschraubte Lagerplatte statt. Beide Walzen sind
aus Eisen und tief und rund geriffelt, damit das Vorgarn sicher
erfaßt und fest gehalten wird. Auch die Laufflächen der vordern
Walzen haben einen größern Durchmesser als die durchgehende
Achse, wie deutlich aus Fig. 14
hervorgeht. Damit der Vorgarnfaden nicht stets an ein und
derselben Stelle dieser Walzen durchläuft, ist die Führung l₁ verstellbar und muß von Zeit
zu Zeit etwas verrückt werden, damit allmälig die ganze
Lauffläche zur Wirkung kommt und eine gleichmäßige Abnutzung
derselben eintritt. Bei einigen neueren Maschinen geschieht die
Verschiebung der Führung selbstthätig mittels Schnecke und
Schneckenrad durch eine mit letzterem verbundene kleine
Zugstange, welche Anordnung nur empfohlen werden kann.
Die weitere Führung der von den Einziehwalzen gelieferten
Vorgarnfäden findet über die Fadenplatte g (guide plate), dann über
kleine seitlich begrenzte Leitbleche c (conductors) statt, die
sämmtlich an der Stange b aufgehängt
sind, worauf sie zwischen die Streckwalzen C₀, C₁ gelangen. Von den Streckwalzen sind die vordern
C₀ aus Gußeisen hergestellt,
sitzen auf einer durchgehenden und angetriebenen Welle und sind
auf der Oberfläche entweder ganz glatt oder nur schwach in
größern Zwischenräumen eingeritzt. Ihre Breite (die Lauffläche)
ist nur gering, wie aus Fig. 14
hervorgeht, und beträgt bei obiger Maschine 13/16 Zoll (20mm,6). Die hintern
Streckwalzen sind Druckwalzen und stets aus Holz – am
geeignetsten aus hartem, festen Holz, z.B. Ahorn –
hergestellt; sie sitzen zu je zwei auf einer an den Enden in
Ständern geführten Achse, die in der Mitte durch ein Gewicht G₂, den Winkelhebel h₂ und ein in demselben
eingeschraubtes Halblager belastet ist. Die Breite der
Druckwalzen ist stets noch geringer als die der vordern Walzen
und beträgt etwa 4/8 bis 5/8 Zoll (12 bis 15mm).
Die oben erwähnten, über der Stange b
aufgehängten, mit seitlich aufgebogenen Rändern versehenen
Leitbleche c sind aus Weißblech und
haben zwei kleine, auf der Rückseite angelöthete Lappen, welche
über den obern Rand der Druckwalze fassen und so ein Verschieben
der Vieche unmöglich machen. Hierdurch wird die sichere
Einführung der Vorgarnfäden zwischen die Laufflächen der Walzen
erreicht, wenn nicht eine schlechte Beschaffenheit der Bleche,
z.B. nicht genügend hohe Seitenränder, oder unrichtig
angelöthete Lappen, ein Verlaufen derselben veranlaßt, so daß
nur ein Theil der neben einander liegenden Fäden von den Walzen
erfaßt und gestreckt wird, ein anderer neben her läuft, sich
unterhalb der Streckwalzen mit den gestreckten Fasern wieder
vereinigt und dadurch Veranlassung zur Bildung fehlerhaften,
unegalen Feingarnes wird.
Von ebenso großer Bedeutung für den guten Verlauf des
Streckprocesses ist die oberhalb der Leitbleche angeordnete
Fadenplatte g. Denkt man sich
nämlich beide Führungen, also Platte g und Leitblech c, weg und
nimmt an, der Faden würde genau zwischen die Laufflächen der
Streckwalzen treten, so dreht sich derselbe bei der Streckung
auf der ganzen Entfernung zwischen Einzieh- und Streckwalzen
auf, wodurch die Reibung der Fasern an einander, also ihr
Zusammenhang, fast gänzlich aufgehoben wird. Der Faden zieht
sich dann entweder aus einander, er reißt durch, oder die von
den Streckwalzen erfaßten und vorwärtsbewegten Fasern
verschieben andere, vollständig frei neben ihnen liegende, und
veranlassen so die Bildung eines knotigen Feingarnes. Die
erwähnte Fadenplatte g verhindert
aber das vollständige Aufdrehen des Vorgarnes zwischen den
Walzen, und indem sie um ihre Mitte a (Fig. 13)
gedreht und so gestellt werden kann, daß das Vorgarn sich
entweder an die obere Hälfte, in der Mitte oder an die untere
Hälfte derselben anlegt, kann das Aufdrehen selbst stets in der
Weise regulirt werden, daß der Zusammenhang der Fasern an
einander genügend erhalten bleibt, wie es zum guten
Gelingen des Streckprocesses nothwendig ist. Die Stellung der
Platte g richtet sich nach der Dicke
und der Drehung des Vorgarnes, sowie nach der Länge der Fasern
in demselben, und muß in jedem besondern Falle durch Probiren
ermittelt werden. Da aber bei veränderter Stellung der
Fadenplatten auch die Leitbleche c
anders, entweder weiter vor oder zurück, gestellt werden müssen,
damit das Einlaufen der Fäden zwischen die Streckwalzen stets
richtig erfolgt, ist die Stange b,
an welcher sie sämmtlich aufgehängt werden, durch Schrauben an
den Enden verstellbar. Bei älteren Maschinen wird die Stellung
der Platten und Leitblechstangen von Zwischenlager zu
Zwischenlager bewirkt, was eine sehr zeitraubende und daher oft
unterlassene Arbeit ist, während bei den neueren Maschinen die
Einstellung nur an den Enden vorgenommen zu werden braucht.
Die von den Streckwalzen gelieferten, genügend fein ausgezogenen
Fäden werden durch die Augen des Fadenführers l₂ nach den auf den Spindeln S aufgeschraubten Flügeln f und durch Oesen am Ende derselben nach
den Spulen e geleitet, wo sie sich,
wie erwähnt, aufwickeln. Der Fadenführer besteht aus dünnen, in
Gelenken drehbaren Blechplatten, die beim Wechseln der Spulen
zurückgeschlagen werden. Die Augen des Fadenführers stehen genau
in der Mittellinie der zugehörenden Spindel und sind nicht
geschlossen, sondern communiciren mit je einem schmalen, schräg
nach der äußern Kante des Fadenführers gehenden Ausschnitt,
durch welchen der Faden von vorn in das Auge eingelegt wird.
Die Anordnung der Streckcylinder und des Fadenführers l₂ ist von großem Einfluß auf das
gute Gelingen des Spinnprocesses. Die Verbindungslinie des
Berührungspunktes beider Streckwalzen im Querschnitt Fig.
13 mit dem Auge und der linken Oese des in äußerster
Stellung befindlichen Flügels muß nämlich gebrochen und im obern
Theile nach rückwärts geneigt sein, so daß der nach dieser Linie
durchgehende Faden sich auch bei dieser Stellung des Flügels
noch sanft an die Rückseite des Auges anlegt und nicht etwa bei
der Rotation mit dem Schlitze desselben in Berührung kommt,
wodurch ein Abreißen desselben eintreten würde. Anderseits darf
aber die, wie erwähnt, gezogene Linie nicht zu weit in den
innern Raum des Flügels treten, weil sich sonst bei höchster
Stellung der Spulen der Faden zu stramm an den Köpfen derselben
reiben und dadurch entweder ebenfalls reißen, oder ein rauhes
Ansehen erhalten würde. Nach eingetretener Abnutzung und in
Folge dessen vorgenommenen Abdrehens der Streckcylinder muß
stets ein neues Einstellen dieser Theile vorgenommen werden,
immer unter der Rücksichtnahme, daß die Augen in der nach oben zu
verlängernden Mittellinie der Spindeln liegen müssen.
Die Spindeln sind in einem Hals- und Fußlager drehbar gelagert,
wie aus Fig. 13
hervorgeht, und werden von der durch Riemenscheiben R angetriebenen Trommel T und durch Würtel w (wharves)
mittels Bändern bewegt. Die Trommel T ist von Weißblech aus mehreren an den Enden durch starke
Böden geschlossenen Theilen hergestellt, die durch kurze in den
End- und Zwischengestellen gelagerte Achsen mit einander
gekuppelt sind.
Die Spulen sind aus Holz, haben stets, wie in Fig. 13
und 14
angegeben, abgerundete Köpfe und eingedrehte Füße, die mit
einander durch eine dünne, häufig mit hartem Holz ausgebüchste
Röhre verbunden sind. Die Hebungshöhe bleibt stets dieselbe. Die
Regulirung des Reibungswiderstandes der Spulen, von welcher
früher gesprochen wurde, geschieht durch beschwerte
Lederriemchen, Bremsschnüre b (temper bands), welche mittels eines
Knotens in Schlitzen der Rückwand der Spulenbank festgehalten,
um den eingedrehten Fuß jeder Spule herum in die zahnartigen
Riefen der Vorderwand eingelegt und durch Gewichte gespannt
sind. Durch Emporheben dieser Riemchen an der Vorderseite und
Einlegen in eine andere Zahnlücke der Bank ändert man den
Berührungsbogen desselben mit der Spule, also auch die Reibung,
und hat hierin ein einfaches Mittel, je nach Bedarf auch die
Spannung der Garnfäden vermehren oder vermindern zu können. Die
Aufgabe der Spinnerin besteht daher nicht blos darin, daß sie
gebrochene Fäden wieder anknüpft, sondern auch, daß sie die
Spannungen der Fäden durch Verlegen der Bremsriemen bei
fortschreitender Aufwicklung möglichst constant hält. Die
Spulenbank ruht, wie in Fig. 13
rechts Punktirt und in Fig. 14
angedeutet ist, auf runden, in der Längenrichtung der Maschine
mehrmals (hier nach jeder achten Spindel) vorhandenen, in dem
obern und untern Lagergerüst der Spindeln geradegeführten
Stangen i. Auf diesen Stangen sind
Bügel i₁ befestigt, an welche
von den Rollen r kommende Ketten
anfassen. Sämmtliche Rollen sitzen auf einer gemeinschaftlichen,
durch die ganze Maschine gehenden Achse o, die an mehreren anderen Stellen ebenso große Rollen mit
nach hinten herabhängenden, durch Gewichte G₃ beschwerten Ketten trägt.
Diese Gewichte sind so schwer, daß die Bank B nur zum Theil abbalancirt ist und
immer noch ein Bestreben, nach unten zu gehen, hat. Die Achse
ist auf der vordern Seite, außerhalb des Endgestelles, noch mit
einer größern Rolle r₁
versehen, welche durch Kette und eine Stellvorrichtung mit dem
sich durch Frictionsrolle an das Herz H₁ anlegenden Hebel H
verbunden ist. Das erwähnte Bestreben der Bank, stets die
tiefste Stellung einzunehmen, wird ein Andrücken der
Frictionswelle an das Herz veranlassen, und muß daher bei dessen
Drehung auch die der Welle 0 und die Auf- und Abbewegung der
Spulenbank stattfinden. Ist das Herz nach einer Curve geformt,
welche die Bank von der äußersten Stellung nach der Mittlern mit
gleichmäßig abnehmender und alsdann wieder mit gleichmäßig
zunehmender Geschwindigkeit bis zur andern Endstellung bewegt,
so findet in der Mitte der Spulen eine stärkere Aufwicklung als
an den Enden statt und erhalten die voll gesponnenen Spulen ein
tonnenförmiges Aussehen, was vielfach gewünscht wird. –
Die Stellvorrichtung zwischen Rolle r₁ und Hebel H erlaubt
einerseits die Größe des Hubes und anderseits die gleiche
Vertheilung desselben nach beiden Seiten hin zu reguliren.
Der Antrieb des Streckwerkes erfolgt von der verlängerten und
doppelt gelagerten Trommelachse aus auf der hintern Seite der
Maschine (Fig. 14)
durch das Trommelrad e₁, den
Transporteur t₁, das Rad e₂ und Drehungswechselrad y an das auf dem vordern Streckcylinder
sitzende Rad e₃. (In Fig.
13 ist dieser Antrieb punktirt angegeben.) Der
Streckcylinder trägt auf der Vorderseite der Maschine ein Rad
e₄, welches durch das
Verzugswechselrad x und das mit
diesem verbundene Rad e₅ den
Betrieb an das auf dem vordern Einzugscylinder sitzende Rad e₆ abgibt. Die kurze Achse des
Herzes H₁ wird von der
Einzugswalze aus durch die Räder e₇ und e₈
bewegt. Die Umdrehungszahl des Herzes, also auch die Hubzahl der
Spulenbank, ist demnach von dem Drehungswechselrade y und dem Verzugswechselrade x abhängig. Bei größerem oder kleinerem
Drehungswechselrade wird die in der Zeiteinheit gelieferte
Fadenlänge und dem entsprechend also auch die Hubzahl der
Spulenbank größer oder kleiner. Da ferner die Dicke des
Vorgarnes, welches auf Maschinen von bestimmter Größe (Theilung)
verarbeitet wird, fast immer dieselbe bleibt, so muß bei
feinerer Nummer ein größerer Verzug als bei einer stärkern
Nummer gegeben, also ein größeres Verzugswechselrad eingesetzt
werden, wodurch die Hubzahl der Spulenbank im richtigen Sinne
geändert, nämlich bei feineren Nummern kleiner, bei gröberen
größer wird. Bei abnormer Wahl des Verzuges kann aber auch eine
unrichtige Hubzahl vorkommen, wie die Zahlenwerthe des weiter
unten ausgeführten Beispieles ergeben. Bei der dargestellten
Feinspinnmaschine sind folgende Zahlenwerthe anzunehmen.
Zähnezahl der Räder e₁ = 41, e₂ =
130, y = 20 bis 100, e₃ = 130, e₄ = 24, x = 20 bis 60,
e₅ = 36, e₆ = 80, e₇ = 14, e₈ = 130. Durchmesser der Trommel = 9 Zoll
(228mm,6), der Würtel =
1 1/2 Zoll (38mm), der
Streckcylinder 4 Zoll (101mm,6) (Abwicklung 12,57
Zoll oder 324mm).
Durchmesser der Einziehwalzen 1 1/4 Zoll (31mm,8), ihre Abwicklung,
durch Messen gefunden, – 7,75 Zoll (197mm). Da nämlich die
Einziehwalzen stark geriffelt sind, so kann ihre Abwicklung
nicht ohne weiteres durch Rechnung, sondern muß durch Messen
mittels eines Papierstreifens von der ungefähren Dicke des
Vorgarnfadens, in ähnlicher Weise wie dies schon bei den
Quetschmaschinen (Bd. 222 S. 195) erwähnt wurde, ermittelt
werden. Vorgenommene Messungen haben ergeben, daß bei einem
äußeren Durchmesser von:
1 1/2
Zoll
die
Abwicklung
beträgt
5,0
Zoll
1 3/4
„
„
„
„
5,9
„
2
„
„
„
„
6,80
„
2 1/4
„
„
„
„
7,75
„
2 1/2
„
„
„
„
8,60
„
Hieraus ergibt sich, daß man im
Durchschnitt die Abwicklung für eine geriffelte Walze vom äußern
Durchmesser d erhält, wenn man
denselben mit 3,4 – anstatt mit 3,14 wie bei glatten
Cylindern – multiplicirt.
Zum Betriebe der Spinnmaschinen sind stets
mehrere Riemenscheiben von verschiedenem Durchmesser vorhanden,
so daß die Trommelachse verschiedene Umdrehungszahlen hat. Bei
unserer Maschine liegt die Umdrehungszahl der Trommelachse
zwischen 390 und 520 in der Minute. Hiernach ergeben sich
folgende äußerste Bewegungsverhältnisse:
Umdrehungen der
Spindeln = (390 × 9 × 2)/3 bis (520 ×
9 × 2)/3 = 2340 bis 3120 in der Minute.
Umdrehungen des
Streckcylinders = 390 (41/130) y/130 bis 520 (41/130) y/130 =
0,9406 y bis 1,2615 y in der Minute.
Lieferung pro
Spindel in der Minute in Zollen: 0,9406y × 12,566 bis 1,2615y × 12,566 = 11,81y bis 15,85y, in Yards pro Stunde: 11,81y
60/(12 × 3) bis 15,85y 60/(12
× 3) = 19,1y bis 26,42y.
Anzahl der Drehungen
des Garnes pro Zoll: D =
2340/11,81y oder 3120/15,85y = 196,8/y,
also
für
y
=
100
50
45
40
35
30
25
24
22
20
ist
D
=
1,97
3,94
4,38
4,92
5,62
6,56
7,88
8,2
8,95
9,84.
Anzahl der Umdrehungen
des Einzugscylinders in der Minute:
0,9406y
(24/x) 36/80 bis 1,2615y (24/x)
36/80 = 10,158 y/x bis 13,624 y/x.
Einzugslänge pro
Spindel
in der Minute in Zollen: 10,158 (y/x) 7,75
bis 13,624 (y/x) 7,75 = 78,724 (y/x) bis 105,586 (y/x)
in der Stunde in Yards:
78,7245 (y/x) 60/(12 × 3) bis
105,586 (y/x) 60/(12 × 3) = 131,207 (y/x) bis 175,977 (y/x).
Verzug zwischen
Einzieh- und Streckwalzen:
Textabbildung Bd. 226, S. 616
für
x
=
20
22
24
26
28
30
35
40
45
50
55
60
ist
V
=
3,00
3,30
3,60
3,90
4,20
4,50
5,25
6,00
6,75
7,5
8,25
9,00.
Die Anzahl der
Umdrehungen der Herzscheibe oder die Doppelhübe der
Spulenbank in der Minute sind:
10,158 (y/x) 14/130 bis 13,624 (y/x) 14/130
= 1,09 (y/x) bis 1,46 (y/x).
Hieraus ergeben sich folgende
Grenz- und Mittelwerthe:
Für x
und für y
100
50
20
20
5,45 bis 7,3
2,72 bis 3,65
1,09 bis 1,46
30
3,63 bis
4,86
1,81 bis 2,43
0,72 bis 0,97
60
1,81 bis
2,43
0,90 bis 1,21
0,36 bis 0,47
Aus dieser Tabelle ergibt sich, was wir vorhin
erwähnten, nämlich, daß die Hubzahl unter Umständen für ein
bestimmtes Garn falsch werden kann, wenn dasselbe durch einen
ungewöhnlichen Verzug erzeugt wird.
Die Belastung der Einziehwalzen findet bei
einer Hebelübersetzung von 6 : 1 durch etwa 3k schwere Gewichte, die der
Streckwalzen durch etwa 6k schwere Gewichte bei einer Hebelübersetzung von 12 : 1
statt. Es ist mithin der Druck auf eine Einziehwalze = 1/2 (6
× 3) = 9k, auf
eine Streckwalze = 1/2 (12 × 6) = 36k.
Die Feinspinnmaschinen verschiedener Maschinenfabriken sind nur.
hinsichtlich einiger Details verschieden von der beschriebenen.
So findet man die Belastungsgewichte an einer Spiralfeder und
diese an dem Druckhebel aufgehängt; das alsdann eintretende
störende Auf- und Abtanzen der Gewichte macht aber diese
Anordnung nicht empfehlenswerth. Nach einer andern Construction
sind die Gewichte durch gespannte Blattfedern ersetzt. Diese
Anordnung ist nur bei intelligenten und aufmerksamen Arbeitern
zulässig, da bei erfolgtem Abdrehen der Druckwalzen, was
ziemlich oft stattfindet, die Federspannung neu zu reguliren
ist. Dem controlirenden Techniker erwächst außerdem, durch die
nothwendigen öfteren Prüfungen der richtigen und gleichmäßigen
Belastung aller Walzen, unnöthige Arbeit. Andere abweichende
Constructionsdetails übergehen wir hier als nicht wesentlich.
Die sonstigen Unterschiede in den Hauptdimensionen der Maschinen
für verschiedene Garnnummern gehen aus der nachstehenden Tabelle
hervor.
Tabelle über die Dimensionen der
Feinspinnstühle für die verschiedenen Garnnummern.
Textabbildung Bd. 226, S. 617
Für Garnnummer
(engl.); 1/16 bis 3/4; 1/2 bis 2; 1 1/4 bis 2 1/4; 2 1/2 bis
3 1/2; 3 bis 6; 5 bis 8; 7 bis 12; Theilung (pitch) der
Spindeln (Zoll); Distanz (reach) im Streckwerk (Zoll);
Durchmesser (Zoll); der Einziehwalzen; der Streckwalzen;
Breite (Zoll); Anzahl der Riffeln, gerechnet auf 1 Zoll
Durchmesser der Einziehwalzen; Spulen (Zoll); Lichte Höhe,
Hebung (traverse); Durchmesser d. vollen; Mögliche Verzüge
im Streckwerk; Mögliche Drehungen auf 1 Zoll; Anzahl der
Spindelumdrehungen in der Minute; Gewöhnliche Anzahl der
Spindeln einer Maschinenseite; Production einer Spindel in
einer Stunde in leas zu 300 Yards. Wirkliche
Durchschnittswerthe; Zu diesen nur sehr selten verlangten
Nummern kann jede Spindelbank, Spulen 10 Zoll bei 5 Zoll,
benutzt werden; Entweder wird eine Hechelspinnmaschine
(grill) mit 60 Spindeln 6 Zoll bei 3 1/2 Zoll Spulen und 5
Zoll Theilung (Streckwerk wie bei der folgenden Maschine)
angewendet, oder eine Spindelbank-Spinnmaschine, was
gewöhnlicher ist. Dimensionen siebe Tabelle der
Vorspinnmaschinen, S. 480.
Multiplicirt man die Werthe der letzten
Tabellenzeile mit denen der vorhergehenden und dividirt das
Product durch 200, so erhält man die Production einer
Maschinenseite in einer Stunde in Bündeln zu 60 000 Yards (54
863m).
Abweichend von diesen Feinspinnmaschinen werden zwei andere Arten
gebaut, welche zur Erzeugung der groben Garne von Nr. 1/2 bis 2
Anwendung finden.
Die eine Art, welche wir Hechelspinnmaschine (gill-spinning) nennen wollen, ist bis zu den Streckwalzen
ebenso wie eine Vorspinnmaschine gebaut; sie hat also ein
horizontal liegendes Streckwerk, 3 Einziehwalzen und Hechelstäbe
in Schraubenführung. Die Streckwalzen liefern aber die Fäden
nach einer Reihe einfach stehender, ebenso wie bei einer
gewöhnlichen Spinnmaschine bewegter Spindeln mit gebremsten
Spulen ab. Diese Maschine ist also eine Combination der
Spindelbank und Feinspinnmaschine.
Die zweite Art dieser Maschinen, die wir Spindelbank-Spinnmaschine (roving-gill-spinning) nennen wollen, ist übereinstimmend
mit
einer Spindelbank gebaut, hat also, außer dem horizontalen
Streckwerk mit Hechelwerk, Spindeln in zwei versetzten Reihen
und selbstthätig bewegte Spulen. Das Hechelwerk ist natürlich
feiner als bei einer Spindelbank, die Spulen sind von geringeren
Dimensionen und die Betriebsanordnungen, der nöthigen schärfern
Drehung des Feingarnes entsprechend, etwas abweichend. Beide
Maschinen haben ihr Vor- und Nachtheile; doch findet man am
meisten die letzte Art angewendet, welche aber eine sehr gute
Vorbereitung des Rohmaterials auf zwei Streckmaschinen
nothwendig macht, damit sie leistungsfähig wird; sie liefert
dann allerdings ein schöneres Garn als die erste Art. Ganz grobe
Garne, etwa unter Nr. 3/4, spinnt man direct auf einer
Spindelbank fertig, d.h. man versieht die bis zur gewünschten
Feinheit ausgezogenen Bänder sofort mit der bleibenden, festen
Drehung.
Das Zwirnen bezweckt die Bildung
eines dickern Fadens durch Zusammenlegen und Zusammendrehen
mehrerer einzelner Garnfäden auf der Zwirnmaschine, dem Zwirnstuhl
(twisting frame); Man nennt den
erzeugten Faden Zwirn (twist) und
unterscheidet denselben, je nach der Zahl der zu seiner Bildung
verwendeten einzelnen Fäden, in zwei-, drei- und mehrdrähtig.
Ein Zwirnfaden zeigt stets größere Gleichmäßigkeit und
Haltbarkeit als ein einzelner Garnfaden derselben Stärke, weil
durch die Vereinigung mehrerer einzelner Fäden deren
Ungleichmäßigkeit ausgeglichen und anderseits durch deren
Drehung ein größerer Zusammenhang einzelner Faserpartien bereits
vorhanden ist. Hieraus ergibt sich auch, daß ein Zwirnfaden von
bestimmter Dicke um so gleichmäßiger und bis zu einem gewissen
Grade auch um so fester sein wird, je größer die Anzahl der zu
seiner Bildung nöthigen einzelnen Garnfäden war. Der meiste
erzeugte Zwirn ist zwei- und selten mehr als vierdrähtig.
Das Zwirnen geschieht in den Spinnereien stets direct von den
Feinspinnspulen, welche zu dem Zweck über eiserne, in einem
Gestell befestigte Stifte geschoben werden, damit sie sich
leicht drehen können. Die zu vereinigenden Fäden gehen durch
eine gemeinschaftliche Fadenführeröse, dann nach ein Paar
Walzen, welche die vereinigten Fäden nach den mit Flügeln und
Spulen versehenen Spindeln abliefern, durch deren Umdrehung das
Vereinigen der Fäden, das Zwirnen, erfolgt. Damit aber hierbei
die Drehungen der einzelnen Garnfäden nicht wieder aufgehen,
geschieht die Zwirndrehung entgegengesetzt der den einzelnen
Fäden auf dem Spinnstuhle ertheilten Drehung. Die Zwirnstühle
stimmen in ihrer Construction bis auf das Streckwerk ganz mit
den Spinnstühlen überein. An Stelle des Streckwerkes ist stets
nur ein Paar Lieferungswalzen vorhanden. Die
Verwendbarkeit der Stühle zu verschieden dickem Zwirne bestimmt
sich, wie bei den Spinnstühlen, aus der Größe der Theilung. Die
Zwirnstühle werden ebenfalls meistens zweiseitig, aber jede
Seite mit besonderem Antrieb gebaut. Nicht selten findet man
jedoch, um den vorhandenen Platz vortheilhaft auszunutzen,
einseitige Zwirnstühle im Betriebe.
Ein einseitiger Zwirnstuhl von 5 Zoll
(127mm) Spindeltheilung
bei 6 Zoll (152mm)
Hebung ist in Fig. 15
Taf. XI [d/1] in einer Seitenansicht
und theilweisem Schnitt des Vordergestelles in 1/18 n. Gr.
dargestellt. A ist das Gestell mit
den Eisenstiften zur Aufnahme der Feinspinnspulen A₁. Die zu vereinigenden Fäden
werden durch Drahtösen an der runden Stange g hindurch geführt, gehen dann nach der
Walze C₁, dieselbe zum
größten Theile umschlingend, hierauf zwischen dieser und der
untern Walze C₀, durch die
Augen des Fadenführers l₂
nach den auf den Spindeln S
aufgeschraubten Flügeln f und durch
deren Oese nach den auf der Spulenbank B ruhenden und durch beschwerte Riemen b gebremsten Spulen e. Die Spindeln erhalten ihre Bewegung
von der durch Riemenscheiben angetriebenen Trommel T aus durch Bänder. Die einzigen hier
vorkommenden Walzen C₀, C₁ sind glatte, gußeiserne,
schmale Cylinderscheiben. Die untern C₀ sitzen auf einer gemeinsamen durchgehenden
Welle, deren Antrieb durch die Räder e₁, t₁, t₂, e₂, y
(Drehungswechselrad) und e₃
erfolgt. Die obern Walzen sind zu je zwei auf kurzen, an den
Enden in Gestellschlitzen geführten Achsen befestigt und ruhen
lediglich durch ihr Eigengewicht auf den untern, von denen sie
durch Reibung mitgenommen werden. Die Auf- und Abbewegung der
Spulenbank geschieht wie bei dem Spinnstuhle durch die Drehung
einer Herzscheibe, deren Achse auf der Vorderseite der Maschine
(in der Figur weggeschnitten gedacht) von dem Cylinder C₀ aus durch eine Uebersetzung
von 14/76 × 20/132 = 1/35,82 bewegt wird. Bei dieser
Maschine kommen außerdem folgende Bewegungsverhältnisse vor.
Die minutlichen Umdrehungen der Trommel = 250
bis 350. Trommeldurchmesser 9 Zoll (228mm,6), der Würtel 2 Zoll
(51mm); Räder e₁, = 40, e₂ = 130, y = 80 bis
30, e₃ = 120. Durchmesser der
Walzen 4 Zoll (101mm,6), deren Umfang 12,57 Zoll (319mm). – Hieraus
ergeben sich:
Umdrehungen der
Spindeln in der Minute: 250 (9/2) bis 350 (9/2) = 1125 bis
1575.
Umfangsgeschwindigkeit
der Lieferungswalzen in der Minute in Zollen: 250 bis 350
(40/130) y/120 12,57 = 8y bis 11,2y.
Drehungen auf 1 Zoll
Zwirngarn:
D =
1125/8y oder 1575/11,2y = 140,6/y,
also
für
y
=
80
75
70
65
60
55
50
45
40
35
30
25
ist
D
=
1,75
1,87
2,00
2,16
2,34
2,55
2,81
3,12
3,51
4,01
4,68
5,62.
Die theoretische Lieferung pro Spindel in
Yards ist in der Stunde:
Ls = 8y bis 11,2y 60/(3 × 12)
= 13,3y bis 18,66y, also
für
y
=
80
70
60
50
40
30
25
ist
L
s
=
10641572
9211306
7981119
665933
532746
399559
332466
Die Zwirnstühle verschiedener Maschinenfabriken weichen etwas in
der Anordnung der Garnzuführung von einander ab. So ist
beispielsweise für feine Garne auch die in Fig. 16
Taf. XI [c.d/2] angegebene Zuführung
in Anwendung. Nach einer weitern Anordnung läßt man die Fäden
von hinten direct um die untere Walze, alsdann zwischen beiden
hindurch um die obere und von da nach den Spindeln gehen. Die
früher beliebte directe Durchführung der durch ein Oehr
vereinigten Fäden zwischen ebenso wie die Streckwalzen einer
Feinspinnmaschine angeordneten Lieferungswalzen ist gänzlich
außer Gebrauch gekommen, weil es bei dieser Anordnung viel eher
als bei einer andern sich ereignet, daß die Fäden mit
verschiedener Spannung die Walzen verlassen, und alsdann die
Entstehung von Hohl- oder Meiseldraht, wobei der losere Faden in
größere Windungen um den andern herum gedreht erscheint, möglich
ist.
Die folgende Tabelle gibt die Hauptdimensionen der
gebräuchlichsten Zwirnstühle an.
Für die
einfachen Garne von Nummerund für Zwirn
2 bis 42 und 3
fach
3 bis 52 und 3 fachoder
bis 84 fach
4 bis 82 und 3
fach
6 bis 102 fach
oder für Zwirn von der Fadennummer
1 bis 2
1 1/4 bis3 3/4
2 bis 4
3 bis 5
Theilung der Spindeln (Zoll)
6
5
4 3/4
4 1/2
Dimensionen der Spulen lichte
Höhe und Durchmesser
(Zoll)
6 und 4
6 und3 1/2
4 3/4und 3
4 1/2und 3
Durchmesser der
beiden Lieferungswalzen
(Zoll)
4 × 4
4 × 4
4 × 4
4 × 4
Anzahl der möglichen
Drehungen pro
Zoll
1 bis 4
1,75 bis5,62
1,92 bis8,75
1,928,75
Anzahl der Spindelumdrehungen
in der Minute
800 bis1000
1100 bis1570
1300 bis1700
1400 bis1870
Die gewöhnlich übliche Spindelzahl ist dieselbe wie bei den
Spinnstühlen gleicher Theilung. Die wirkliche Leistung der
Zwirnstühle beträgt an fertigem Zwirn etwa 3/4 der Leistung der
entsprechenden Spinnstühle, so daß also eine
Zwirnstuhlseite, bei 2 facher Zwirnung, etwa das Garn von drei
Spinnseiten zu verarbeiten vermag.
d) Verarbeitung der Abfälle. (Dieser Abschnitt ist bereits
abgedruckt in Bd. 222 S. 573 bis 583.)
e) Das Weifen,
Numeriren und Packen. Diejenigen gezwirnten und
ungezwirnten Garne, welche zum Verkauf an fremde Webereien
gelangen, werden zum größten Theil von den Spulen in Stränge,
Strähne (hanks) mittels Weifen,
Haspeln (reels) abgeweift,
abgehaspelt und dann verpackt. In neuerer Zeit haben einige
Spinnereien begonnen, ihre Schuß- (weft-) Garne zu Verkaufszwecken direct von den
Feinspinnspulen in Kops, Kötzer (cops) – die sich unmittelbar in die Webeschütze
einlegen lassen – aufzuwinden, mittels Kopmaschinen oder
Kötzerspulmaschinen (cop winding
machines), durch welches Verfahren wesentlich an Arbeit und
Abfall gespart wird, und liegt es im Interesse der Webereien das
in dieser Form gebotene Garn zu bevorzugen.
Die Haspel oder Weifen sind zweiseitig und jede Seite hat ein
etwas schräg stehendes, etwa 4 Fuß (1m,219) über dem Boden
angeordnetes, der Länge nach verschiebbares Bret mit 20 Stück
eingeschraubten Drahtstiften, auf welche die abzuhaspelnden
Spulen gesteckt werden. Jeder Garnfaden wird durch eine auf dem
Bret befestigte Fadenführeröse nach der etwas tiefer in dem
Gestelle horizontal gelagerten Weiftrommel geleitet und an
derselben zunächst lose befestigt. Die Weiftrommel, meist aus
sechs bis acht parallel der Achse an zwei oder drei Stellen
mittels dünnen Armen befestigten Latten bestehend, wird entweder
mit der Hand oder durch Kraftbetrieb, der bei den schweren
Jutegarnen vorzuziehen ist, in Umdrehung versetzt, wodurch sich
die 20 an derselben befestigten Fäden auf ihrem Umfange
aufwickeln. Damit sich nach mehreren Umgängen die Fäden jeder
Spule nicht zu dick über einander, sondern in einer gewissen
Breite neben einander legen, ist das Spulenbret mit den
Fadenführern entweder mit der Hand oder selbstthätig etwas
verschiebbar. Die Umdrehungen des Haspels werden durch einen von
der Achse desselben mittels Schnecke oder kleinen Getriebes in
Bewegung gesetzten Zählapparat gezählt, welcher eine bestimmte
Anzahl derselben durch ein Klingelzeichen markirt, worauf man
den Haspel still hält und die bis dahin aufgewundenen 20
Fadenabtheilungen (Gebinde) mittels je eines gezwirnten Fadens
(Fitzfaden) unterbindet, dann den Haspel wieder in Umdrehung
versetzt und beim erneuten Ertönen der Glocke die Unterbindung
der zweiten Fadenzahl jeder Abtheilung
fortsetzt, wobei der Fitzfaden quer durch die einzelnen Gebinde
geflochten wird. Dieses Verfahren setzt man fort, bis eine
bestimmte Anzahl Gebinde (meist 5) vorhanden ist, und verknüpft
dann den Fitzfaden hinter dem letzten Gebinde. Die derartig
vereinigten Gebinde heißen Strähne und müssen von der
Weiftrommel herabgezogen werden. Damit dies leicht möglich ist,
lassen sich die Latten entweder zusammenklappen, oder eine
derselben ist radial zurückzuschieben. Die Weiftrommel wird dann
abwechselnd an dem einen und dem andern Ende emporgehoben, und
nun zieht man die Hälfte der Strähne von der linken, die andere
von der rechten Seite herunter und vereinigt sie durch eine lose
Verschlingung. Die zwanzig Strähne einer Seite bilden eine
sogen. „Weife“.
Aus dem Haspelumfange, der Fadenzahl im Gebinde und der Anzahl
der Gebinde im Strähn läßt sich die Fadenzahl in diesem und in
der Weife (stets 20 Strähne) ermitteln. Da aber die Fadenlängen
der einzelnen über einander liegenden Fadenschichten nicht genau
gleich groß sein können, so muß bei Festsetzung des
Haspelumfanges, damit man sich nicht zu sehr von den
mathematischen Werthen entfernt, die Dicke der Aufwindung mit in
Betracht gezogen und als maßgebend die Fadenlänge einer Mittlern
Schicht angenommen werden. Die Berücksichtigung dieses Umstandes
ist bei den groben Jutegarnen unbedingt nöthig und zwar um so
mehr, je gröber die Garne werden und in je dickern Schichten
geweift wird. In Deutschland und Oesterreich rechnet man wie in
England stets nach Bündel zu 60 000 Yards (54 863m) und ist die bei uns
gebräuchlichste Weife folgende: Der Weifenumfang (ein Faden) ist
2 1/2 Yards, 15 bis 120 Fäden bilden ein Gebinde, ferner 5
Gebinde einen Strähn, 20 Strähn eine Weife und 16 bis 2 Weifen
ein Bündel. Die speciellere Eintheilung für verschiedene
Garnnummern ist gewöhnlich folgende: Es haben die Garne
Nr. 1/4 im
Gebinde 15 Fäden
im Strähn 5 × 15 ×
2,5 = 187,5 Yards undin einer Weife 20 ×
187,5 = 3750 Yards.
Nr. 1/2 bis 3/4 im Gebinde 30 Fäden,
im Strähn 5
× 30 × 2,5 = 375 Yards undin einer
Weife 20 × 375 = 7500 Yards.
Nr. 1 bis 1 1/3
„ „
60 „
im Strähn 5
× 60 × 2,5 = 750 Yards undin einer
Weife 20 × 750 = 15000 Yards.
Nr. 1 1/2 bis 12
„ „
120 „
im Strähn 5 × 120 ×
2,5 = 1500 Yards undin einer Weife 20 × 1500
= 30000 Yards.
Hiernach enthält
in
Weifen
Strähne
Gebinde
Fäden
Nr. 1/4
ein
Bündel
von
60000
Yards
16
oder
320
oder
1600
oder
24000
Nr. 1/2 bis 3/4
„
„
„
60000
„
8
„
160
„
800
„
24000
Nr. 1 bis 1 1/3
„
„
„
60000
„
4
„
80
„
400
„
24000
Nr. 1 1/2 bis
12
„
„
„
60000
„
2
„
40
„
200
„
24000.
Die englische Weife ist für die feinern
Nummern: 1 thread (Faden) = 2 1/2
Yards; 120 threads = 1 lea (Gebinde) = 300 Y.; 10 leas = 1 hank (Strähn) = 3000 Y. und 20 hanks = 1 bundle (Bündel oder
Bund) = 60000 Y.
Außerdem findet man auch die schottische Weife
im Gebrauch: 1 thread = 2 1/2 Yards;
120 threads = 1 cut 300 Y.; 2 cuts = 1 heer = 600 Y.; 6 heers = 1 hank = 3600 Y.; 4 hanks = 1
spyndle = 14400 Y.; (13168m).
Die Nummer der Garne wird bei uns und in England durch die Zahl
ausgedrückt, welche angibt, wie vielmal 300 Yards (leas) in einem Pfunde engl. enthalten
sind.
Ein Garn von der Nummer Ne enthält also in 1 Pfund
engl. eine Länge von 300 Ne Yards. Hiernach wiegt ein Bündel
stets 60000/300 Ne = 200/Ne Pfund.
Da ein solches Pfund = 0k,4536 ist, so würde 1k stets eine Länge von 300
Ne/0,4536 = 661,38 Ne Yards Garn enthalten, und ein
Bündel 60000/661,38 Ne = 90,71/Ne Kilogramm wiegen,
welcher Werth in der Praxis auf 90/Ne abgerundet ist.
Außer der englischen Numerirung ist zur Berechnung einiger
Webereimanipulationen leider noch die schottische Numerirung im
Gebrauch, bei welcher die Nummer durch die Anzahl der englischen
Pfunde angegeben wird, welche eine schottische „Spyndle“ von 14400 Yards
(13168m) wiegt. Da nach
der ersten Numerirung die Länge, im zweiten das Gewicht die
Nummer angibt, so unterscheidet man die Nummern durch die
Bezeichnung Lea-Garne im ersten, und
pfundige Garne im zweiten Falle und schreibt beispielsweise 7lea Garn oder 7lbs Garn.
Bezeichnet man im Allgemeinen die englische
Nummer mit Ne und die schottische mit Ns, so
sind in beiden Fällen in 1 Pfund engl. stets 300 Ne oder
14 400/Ns Yards enthalten, daher ist 300 Ne = 14400/Ns =
oder Ne = 14400/300 Ns oder Ns = 48/Ne d.h.,
wenn man mit der gegebenen Nummer des 'einen Systems in die Zahl
48 dividirt, so findet man die entsprechende des andern. Wenn
Ne =
5 ist, so muß Ns = 48/5 = 9,6 sein, und wenn Ns = 36
ist, so folgt Ns = 48/36 = 1 1/3 u.s.w.
Aus den obigen Gleichungen ergibt sich noch
Ne × Ns = 48,
d.h. das Product der englischen und schottischen Garnnummer
derselben Fadenstärke ist stets = 48.
Stellt man n fachen Zwirn aus einem
bestimmten Garne von der Nummer Ne und dem Gewichte G für 1 Bündel her, so wird das
Bündelgewicht des Zwirnes nicht nG, sondern etwas größer sein, weil durch die
Zusammendrehung eine Verkürzung der einfachen Garnlängen, mithin
eine Gewichtszunahme über das n
fache des Garnfadens hinaus stattfindet. Einige Spinnereien
Pflegen die zu Zwirngarn bestimmten einfachen Garne
um so viel leichter zu spinnen, als diese Gewichtszunahme
beträgt, so daß der fertige Zwirn das wirkliche Bündelgewicht
nG hat. Andere Fabriken
hingegen zwirnen die einfachen Garne mit ihrem normalen Gewichte
– und dieses Verfahren will uns allein richtig erscheinen
– und erhalten dann einen verhältnißmäßig schwereren
Zwirn. Die Gewichtszunahme durch das Zwirnen ist je nach der
Feinheit und der Anzahl der Garne – bei gleicher Drehung
– etwas verschieden und kommen Abweichungen bis 10 Proc.
des theoretischen Gewichtes und darüber vor. Das wirkliche
Bündelgewicht des Zwirnes ist sonach 1,1 nG 1 Bündel Zwirn zweifach aus
Garnnummer 6 wiegt daher nicht 2 × 15 = 30k, sondern 1,1 × 2
× 15 = 33k
u.s.w.
Tabelle über Gewichte, Weife und
Verpackung der Garne.
Textabbildung Bd. 226, S. 624
Garnnumer;
engl. Ne; schottisch
abgerundet Ns; 1 Bündel von
60000 Yards enthält Weifen zu 20 Strähnen; 1 Pack enthält
Bündel von 60000 Yards; Gewichte; Bündel; Weife; Ein Pack;
Pfd.; k
Es ist Ne × Ns = 48. Gewicht eines
Bündels = 200/Ne Pfund oder abgerundet 90/Ne
Kilogramm. Bündelgewicht des n
fachen Zwirnes, wenn G das Gewicht
des einfachen Garnes ist, = 1,1 nG.
Das Verpacken der Garne geschieht mit
der Hand auf Packbänken in der vollen Strähnlänge, und wird
jeder Pack an 3 oder 4 Stellen durch umgelegte und verknüpfte
mehrfache Gebinde derselben Garnsorte zusammengehalten. Man
vereinigt von
Nr.
1/4
in
einem
Pack
1/16
Bündel
„
1/2 bis 3/4
„
„
„
1/8
„
„
1 bis 1 1/2
„
„
„
1 1,2
„
„
1 3/4 bis 3
„
„
„
1/2
„
„
3 1/2 bis 5
„
„
„
1
„
„
5 1/2 bis 8
„
„
„
1 1/2
„
„
9 bis 12
„
„
„
2
„
Von den Zwirngarnen zwei-, drei- und
vierfach enthält in
Nr.
3 bis 5 1/2
ein
Pack
1
Bündel
einfaches
Garn
Nr.
6 bis 8
„
„
1 1/2
„
„
„
Eine nähere Beschreibung des Packprocesses übergehen wir, da
derselbe allgemeiner bekannt ist, verweisen hingegen auf die
tabellarische Zusammenstellung (S. 624) der bezüglichen
hauptsächlichsten Mittheilungen.
Es handelt sich noch darum, die Aufstellung des Spinnplanes, d.h. die Anordnung der
Vorzüge, Doublirungen und Drehungen, um aus einer bestimmten
Menge Rohmaterial ein Garn von gewünschter Feinheit (Nummer) zu
erhalten, in Kürze zu besprechen. Vergegenwärtigen wir uns daher
nochmals die Art und Weise der Verarbeitung der eingeweichten
Jute, so wird zunächst die Größe des Auflagegewichtes auf der
Vorkarde, d.h. die auf der Längeneinheit des Zuführungstuches
ausgebreitete Jutemenge so gewählt, daß die gelieferten Bänder
auf gleicher Länge möglichst ein und dasselbe Gewicht haben.
Damit dies annähernd genau erreicht wird, ist mit der
Betriebswalze des Zuführungstuches ein die abgewickelten
Tuchlängen angebender Zeigerapparat verbunden, und breitet man
stets gleiche abgewogene Jutemenge auf ein und derselben
Tuchlänge aus. Dieses Verfahren wird dann angewendet, wenn die
Speisung der Feinkarden direct mit den Bändern der Vorkarde
geschieht. Bezeichnen wir daher mit p das für je 1 Yards des Zuführungstuches aufgelegte
Jutegewicht, den Verzug auf der Vorkarde mit v₀, so werden d₁ Bänder derselben in ihren
Kannen der Feinkarde vorgesetzt, auf derselben v₁ Mal gestreckt und zu einem
einzigen Bande vereinigt. Von diesen Bändern setzt man d₂ in ihren Kannen dem ersten
Durchzuge vor, verzieht v₂
Mal, vereinigt sie wieder zu einem Bande, setzt dem zweiten
Durchzuge d₃ solcher Bänder
vor, die man v₃ Mal streckt
und nochmals zu einem Bande zusammenführt. Die Bänder des
zweiten Durchzuges werden der Spindelbank einfach vorgesetzt,
auf derselben v₄ Mal verzogen
und zu Vorgarn umgewandelt, das man auf der
Feinspinnmaschine schließlich noch v₅ Mal streckt und endlich zu Feingarn von der
Nummer Ne zusammendreht. Die Gewichtseinheit des auf dem
Vorkardentuche ausgebreiteten Rohmaterials ist auf einer Länge
von 1/p Yards vertheilt; von dem
daraus erzeugten Garne enthält die Gewichtseinheit 300 Ne
Yards, mithin muß das Rohmaterial eine totale Streckung
erleiden:
Textabbildung Bd. 226, S. 626
welche Streckung demselben auch auf den
Maschinen zu ertheilen ist. Der resultirende Verzug auf den
Maschinen ist aber gleich dem Producte aus den einzelnen
Verzügen, dividirt durch die Producte der einzelnen
Doublirungen, also V = (v₀v₁ v₂ v₃ v₄ v₅)/(d₁ d₂ d₃) = 300 pNe/l woraus beispielsweise das
Auflagegewicht sich ergibt:
p = (v₀ v₁ v₂ v₃ v₄ v₅)/(d₁ d₂ d₃) l/300Ne Pfund.
Durch das angegebene – in einigen Fabriken im Gebrauch
befindliche – Verfahren erreicht man keine große
Genauigkeit in dem Resultate, da trotz des Abwiegens
Unregelmäßigkeiten in der Auflage unvermeidlich sind; dennoch
ist dasselbe bei den starken Jutegarnen und der großen
Hygroskopicität der Fasern, welche ein fortwährendes
controlirendes Nachwiegen jeder fertigen Weife Garn unter allen
Umständen nothwendig macht, zulässig; nur erfordert es ein
häufigeres Aendern eines der Verzüge – gewöhnlich des der
Feinspinnmaschine – um die Gewichtsschwankungen innerhalb
zulässiger Grenzen zu halten.
Nach einer andern häufiger im Gebrauch befindlichen Methode
vereinigt man zunächst mehrere Vorkardenbänder auf der
Wickelmaschine zu einem Wickel von bestimmter, durch den
Klingelapparat der Maschine markirter Bandlänge K, setzt zwei oder drei derselben von
dem Gesammtgewicht P (Ansatzgewicht,
Ansatz, set) der Feinkarde vor,
welche dann wieder nur ein einziges Band liefert, das wie vorhin
beschrieben weiter verarbeitet wird. Das Auflagegewicht g, die Tuchlänge l, sowie der Verzug v₀
auf der Vorkarde und die Doublirung d₁ auf der Feinkarde fallen alsdann außer Rechnung,
weil der gesammte Verzug stets sein muß:
Textabbildung Bd. 226, S. 626
Hieraus folgt das Ansatzgewicht
(Nettogewicht der Wickel):
P = K/300Ne (v₁ v₂ v₃ v₄ v₅)/(d₂
d₃) Pfund = K/661,38Ne (v₁ v₂ v₃ v₄ v₅)/(d₂
d₃) welch letzterer Werth in
Rücksicht auf die eingeführten Abrundungen der Garngewichte sich
stellt auf:
Pk = K/666Ne (v₁ v₂ v₃ v₄ v₅)/(d₂
d₃)
Ein drittes Verfahren besteht darin, an dem ersten Durchzuge
einen Klingelapparat anzubringen, stets gleiche Bandlängen in
Kannen aufzufangen, eine gewisse Anzahl derselben zum
Ansatzgewichte zu vereinigen, der zweiten Streckmaschine
vorzusetzen, die Bänder gemeinsam zu strecken und wieder zu
einem Bande zu vereinigen, welches dann der Vorspinnmaschine
vorgesetzt wird. Dieses Verfahren gibt die genauesten Resultate,
weil das Abwiegen des Materials in einem viel spätem Stadium der
Verarbeitung stattfindet, wodurch die Unregelmäßigkeiten der
frühern Arbeitsprocesse ausgeglichen werden und anderseits die
Verdunstung des der Jute beigemengten Wassers, da sie bereits
zum größten Theile erfolgt ist, fernerhin nur noch wenig die
Gewichtsresultate beeinträchtigen kann. Dasselbe ist jedoch auch
das umständlichste, erfordert am meisten Arbeit und bedingt
genügenden Raum zwischen den Maschinen. Ist P₁ das Ausatzgewicht am zweiten
Durchzuge und K₁ die
Klingellänge am ersten, so ergibt sich nach dem Frühern ohne
weiters:
P₁ = (K₁/300Ne) v₃ v₄ v₅ Pfund, abgerundet = (K₁/666Ne) v₃ v₄ v₅ Kilo.
Das zweite Verfahren ist am meisten im Gebrauche und sollen
deshalb die folgenden Angaben aus der Praxis sich demselben
anschließen. Wir wollen aber in diesen Formeln anstatt der
Garnnummer das Gewicht für ein Bündel einführen, wodurch sie in
vielen Fällen brauchbarer werden.
Zunächst lassen sich diese Formeln unter die allgemeine Gestalt
bringen: P = (K/ε Ne) (v₁ v₂ v₃ v₄ v₅)/(d₂
d₃), wo d = 300 für Pfund engl. und ε = 661,38 oder rund = 666 für
Kilogramm ist. Nach Früherem bestimmt sich das Bündelgewicht G aus der Formel G = 60000/ε Ne; hieraus folgt aber ganz allgemein
ε Ne = 60000/G und, wenn wir
diesen Werth in die allgemeine Gleichung einsetzen, so ergibt
sich:
Textabbildung Bd. 226, S. 628
oder für K =
80 Yards:
P = G/750 (v₁ v₂ v₃ v₄ v₅)/(d₂
d₃).
Diese Formel ist für die Praxis die
bequemste, da sie die Bündelgewichte, also auch deren
Abrundungen berücksichtigt.
Aus den Formeln für das Ansatzgewicht ergibt sich, daß man im
Allgemeinen auf verschiedene Weisen ansetzen, strecken und
doubliren kann und doch dasselbe Resultat erhält. Man muß aber
bei der Wahl der einzelnen Größen zunächst Rücksicht nehmen auf
die Beschaffenheit des Materials, weil kurze Fasern weniger hohe
Verzüge als längere – besonders auf der Feinspinnmaschine
– vertragen, sodann auf die Größe und Lieferungsfähigkeit
der Maschinen, insofern jede folgende Maschine das Product der
vorhergehenden, ohne überladen zu sein, regelmäßig aufarbeiten
soll, damit nirgends ein Mangel oder eine Anhäufung an Material
eintritt.
Die Verzüge sollen bei guter fester Jute nicht höher als folgende
Werthe angeben genommen werden: Vorkarde bis 15, Feinkarde bis
25, erste Streckmaschine bis 7, zweite Streckmaschine bis 8,
Spindelbank bis 8,5 und Feinspinnmaschine bis 11.
Bei ordinärer, schwacher Jute sind die Verzüge zu nehmen: bei der
Vorkarde bis 10, Feinkarde bis 16, erste Streckmaschine bis 4,5,
zweite Streckmaschine bis 5,5, Spindelbank bis 6,5 und
Feinspinnmaschine bis 6,5.
Die Ansatzgewichte auf den Feinkarden nehme man nicht zu schwer,
damit eine genügende Bearbeitung des Materials stattfinden kann,
und empfiehlt es sich – bei 80 Yards Klingellänge
– dieselben etwa 50 bis 100k zu wählen.
In der Zusammenstellung auf S. 629 ist der Spinnplan für
verschiedene Garnnummern zusammengestellt, wie er sich nach
diesen Angaben ungefähr aufstellen läßt. Die angegebene
Vorgarnnummer Ne ist ebenso wie
die englische Feingarnnummer Ne nach der Anzahl Leas zu 300 Yards in 1 Pfund engl.
bestimmt. Die Vorgarngewichte wurden zunächst in Unzen (1 Pfund
= 16 Unzen zu 28g,35 =
453g,6) berechnet und
dann in Gramm umgewandelt.
Es empfiehlt sich, zu viele verschiedene Ansatzgewichte zu
vermeiden, und könnte man beispielsweise für Garne 3/4 bis 2 1/2
einen Ansatz von 80k
wählen und für alle andern Nummern 60k. Die Verzüge sind
natürlich nach den frühern Formeln genauer festzustellen. Sehr
häufig
Spinnplan für die Garnnummern 3/4 bis
12lea.
Textabbildung Bd. 226, S. 629
Für Garn Ne =; Qualität des Rahmaterials;
Ansatz Nettogewicht an der Feinkarde (bei 80 Yards Klingel)
k; Mittlere Streckungen auf den; Karden; Vor-; Fein-;
Durchzügen; I; II; Spindelbänken; Feinspinnm.; Doublirungen
auf den Durchzügen; Vorgarnummer etwa; Gewichte von 100
Yards Vorgarn; Unzen; g; bis; Sec.; Pr.
findet man aber in der Praxis bedeutend
höhere Ansatzgewichte und zwar bis zu 125k, dem entsprechend auch
stärkeres Vorgarn, weil die Vorbereitung zu klein gegen die
Feinspinnerei gewählt wurde, was aber stets auf Kosten der
Gleichmäßigkeit der Garne geschieht.
Die Resultate der Rechnung müssen bei Ausführung des
Spinnprocesses aus verschiedenen Gründen modificirt werden,
damit das Ergebniß desselben verlangtermaßen ausfällt. Zunächst
ist der Wassergehalt des Spinnmaterials und die Verdunstung
desselben während des Spinnprocesses, sowie der Gewichtsverlust
durch Abgang an Staub, Basttheilchen und kurzen Fasern, wodurch
das Garn also feiner als beabsichtigt wird, und anderseits die
Verkürzung des Garnfadens, also dessen Gewichtszunahme durch die
Drehungen auf der Feinspinnmaschine zu berücksichtigen. Da der
Feuchtigkeitsgehalt der Luft von wesentlichstem Einfluß auf die
Schnelligkeit der Wasserverdunstung und auf den schließlichen
Wassergehalt der Faser überhaupt ist (vgl. die bezüglichen
Mittheilungen Bd. 222 S. 40) und hierüber, sowie über die
wirklich stattfindende Contraction des Garnes auf der
Feinspinnmaschine eingehende, längere Zeit hindurch fortgesetzte
Beobachtungen uns nicht vorliegen, so verzichten wir darauf,
diese Umstände durch Zahlenwerthe auszudrücken. Es kann jedoch
allgemein gesagt werden, daß die Contraction – also die
Gewichtszunahme durch die Drehungen – die Verluste durch
Wasserverdunstung und Abfall mehr oder weniger überwiegt, und
deshalb pflegt man, je nach dem Grade der Garndrehung, den
Verzug auf der Feinspinnmaschine nach der Erfahrung etwas größer
zu nehmen, als die Rechnung ergibt, um diese Gewichtszunahme
aufzuheben. Im Uebrigen ist es nothwendig, bei jeder Veränderung
im Spinnplan – bestehe dieselbe auch nur in der
Verarbeitung einer andern Marke Rohjute sofort eine genaue Probe
des fertigen Garnes abhaspeln und deren Gewicht prüfen zu
lassen, damit etwaige nothwendige Aenderungen in den Verzügen
bewirkt werden können. In jeder gut verwalteten Spinnerei wird
überhaupt jede Weife Garn abgewogen und bei kleineren
Differenzen eine Vermischung von etwas zu schwerem mit etwas zu
leichtem Garne vorgenommen. Bei den stärkern Jutegarnen lassen
sich aber bei aller Aufmerksamkeit Differenzen im Bündelgewicht
selbst von 2 bis 3k auf
die Dauer nicht vermeiden, was wohl theilweise seinen Grund in
der großen Wasseranziehung der Faser hat.
Die Drehungen, welche dem Vor- und dem
Feingarn ertheilt werden, um das Zusammenhalten der Fasern an
einander zu erreichen, sind von der Quadratwurzel aus der
Garnnummer und außerdem noch von der Art der Garne und der
Beschaffenheit des Rohmaterials abhängig. Zwei Fäden von
verschiedenem Durchmesser einer und derselben Art, aus demselben
Rohmaterial, werden gleich stark gedreht sein, wenn erstere sich
umgekehrt verhalten wie die Drehungen. Da sich aber die
Durchmesser wie die Quadratwurzeln aus dem Querschnitt, und
diese bei der englischen Numerirung sich umgekehrt wie die
Fadennummern, so müssen sich auch die Fadendurchmesser umgekehrt
wie die Quadratwurzeln aus den Fadennummern und, wegen der
ersten Beziehung, die Drehungen wie die Qudratwurzeln aus den
Fadennummern verhalten.
Bezeichnet man daher zwei Garne derselben Art mit den Nummern Ne und
Ne',
und ihre Drehungen mit D und D', so folgt die Proportion D/D' = √N e/√N e', und hieraus D = (D'/√N
e') √N e. Der Quotient D'/√N e' ist für eine bestimmte Garnsorte constant, und kann
daher im Allgemeinen mit α
bezeichnet werden, so daß sich die Drehungen ergeben aus der
Formel D = α√Ne oder auch für die schottische
Garnnummer aus D =
α₁√Ns.
Je fester und kräftiger das zu einer Garnsorte verwendete
Rohmaterial ist, und je länger die einzelnen Fasern in demselben
sind, desto
Tabelle für die Drehungen der
Feingarne.
Textabbildung Bd. 226, S. 631
Garnnummer;
Englisch Ne; Schottisch Ns; Schußgarne; Halb-Kettengarne;
Kettengarne; √Ne; 1
1/4 √Ne; 1 3/8
√Ne; 1 1/2
√Ne; 1 5/8
√Ne; 1 3/4
√Ne; 1 7/8
√Ne; 2 √Ne; 2 1/8 √Ne; 2 1/4 √Ne; 2 3/8 √Ne; 2 1/2 √Ne; 2 5/8 √Ne; 2 3/4 √Ne; 2 7/8 √Ne
weniger Drehungen genügen, um einen
bestimmten Zusammenhang der Fasern zu erzielen, um so kleiner
wird also der Coefficient α.
Da anderseits innerhalb der Elasticitätsgrenze eine schärfere
Drehung einen festern, drallern Faden erzeugt – wie er
als Kettengarn (warp) erwünscht ist
– durch eine losere Drehung ein weicherer, etwas dicker
aussehender, aber auch weniger fester Faden gebildet wird, der
als Schußgarn (weft) verwendet wird,
weil er der Waare mehr Dichtigkeit gibt, sie mehr füllt, so wird
die Drehung eines Garnes derselben Art und Nummer doch
verschieden sein, je nachdem es als Kette oder Schuß Verwendung
findet. Zwischen beiden liegt noch eine Garnsorte mit mittlerer
Drehung, Halb-Ketten- oder Halb-Warp-Garn genannt, die sowohl
als Kette wie als Schuß Verwendung findet.
Die üblichen Drehungen der verschiedenen Garne für den laufenden
Zoll liegen etwa zwischen folgenden Grenzen:
Schußgarne
D
=
1 3/8 bis 1 5/8 √Ne
Halb-Kettengarne
D
=
1 3/4 bis 2 1/8 √Ne
Kettengarne
D
=
2 1/4 bis 2 7/8 √Ne
Die Drehungen der Zwirngarne lassen sich, wie folgt, feststellen:
Bezeichnet Ne die englische Nummer des einfachen
Garnes, n die Anzahl der Garnfäden
im Zwirn, so ist die Drehung D = 1
3/4 bis 2 3/8 √(Ne/n).
In der Tabelle auf S. 631 sind die Drehungen der Feingarne
innerhalb obiger Grenzen ausgerechnet, und kann man dieselbe
auch für Zwirngarne sofort benutzen, wenn man für Ne setzt
Ne/n und die Drehung, welcher
dieser Nummer entspricht, aufsucht.
Beispiel. Die
Drehung eines Halb-Warp-Garnes Nr. 2 ist, für α = 1 3/4, D = 2,474. Die demselben Coefficienten entsprechende
Drehung eines Zwirnes von Ne = 4 zweifach, oder Ne = 8
vierfach ist, da sich Ne/n =
4/2 = 8/4 = 2 ergibt, ebenfalls D =
2,474 zu nehmen.
Das Vorgarn dreht man im Allgemeinen so stark wie irgend
zulässig, daß eben noch das Strecken auf der Feinspinnmaschine
möglich ist, weil der stärker gedrehte Faden die Feuchtigkeit
länger zurückhält als der losere, ein feuchtes Vorgarn sich
besser verspinnen läßt und auch ein glatteres Feingarn gibt.
Wenn Ne die Vorgarnnummer ist,
so liegen die Drehungen etwa innerhalb der Grenzen, D = 0,75 bis 1,5√Ne und hat man bei kürzerm, loserm
Materiale die stärkere Drehung zu geben. Die folgende Tabelle
enthält die Gewichte und die innerhalb der angegebenen Grenzen
liegenden Drehungen des Vorgarnes für den laufenden Zoll.
Tabelle über die Gewichte und Drehungen
des Vorgarnes.
Textabbildung Bd. 226, S. 633
Vorgarnnummer
Ne; Gewichte von 100 Yards
Vorgarn; Unzen; g; √Ne; 0,75 √Ne;
0,80 √Ne; 0,85
√Ne; 0,90
√Ne; 1,5 √Ne
Was den Kraftbedarf der bis jetzt
erwähnten Maschine betrifft, so kann man im Allgemeinen auf 1e effectiv (75mk), je nach der
durchschnittlichen Garnnummer (4 bis 5), 12 bis 15 Feinspindeln
mit den zugehörenden Vorspinn- und Vorbereitungsmaschinen
rechnen. Eine Spinnerei von 2000 Feinspindeln würde also zu
ihrem Betriebe etwa 130 bis 160e bedürfen. Wir begnügen
uns hier mit diesen allgemeinen Angaben, da genauere Versuche
über den Kraftbedarf der einzelnen Maschinen bis jetzt nicht
vorliegen, und erlauben uns nur noch, indem wir die
Mittheilungen über die Verarbeitung der Jute zu Garnen schließen, eine kurze Beschreibung
der Herstellung der Verbandjute,
soweit sich die Spinnereien hiermit beschäftigen, anzufügen.
Die Jutefasern sollen in dem Verbandmaterial völlig zertheilt,
nicht zu kurz und möglichst rein, also frei von Wurzelenden,
Basttheilchen, Staub und andern Beimengungen, ferner trocken
sein. Ein weiches Rohmaterial – gleichgiltig von
welcher Farbe – mit gutem Glanz und ohne grobe
Wurzelenden, das möglichst wenig Basttheilchen überhaupt
enthält, eignet sich am besten zur Herstellung von Verbandjute.
Man läßt das Rohmaterial trocken, ohne jede Vorbereitung
– wenn es nicht nothwendig ist die Enden abzuschnippen
– zunächst über eine gut gereinigte Vorkarde gehen, setzt
deren Bänder nochmals derselben Maschine vor und vereinigt die
zum zweiten Male gebildeten Bänder zu Wickeln auf der
Wickelmaschine, welche dann einer ebenfalls gut gereinigten
Feinkarde zur Bearbeitung übergeben werden. Von der Feinkarde
wird das Material nicht in Bandform, sondern in losem Zustande
abgenommen, wodurch man ein lockeres, gleichmäßiges Vließ
erhält, das mittels Pressen in Ballen von etwa 25 bis 100k verpackt als fertiges
Verbandmaterial in den Handel kommt. Sollen die Fasern in dem
Verbandmateriale etwas länger bleiben, was manchmal gewünscht
wird, so wählt man das beste und weichste Rohmaterial, läßt
dasselbe nur einmal über die Vorkarde und dann über die
Feinkarde gehen.
(Vgl. Berichtigungen S. 648 dieses Bandes.)