Titel: | Handyside's Berglocomotive. |
Autor: | R. |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 17 |
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Handyside's Berglocomotive.
Mit Abbildungen auf Tafel
2.
Handyside's Berglocomotive.
Handyside's neues System für Berglocomotiven ist zum
ersten Male vor die Oeffentlichkeit getreten und wurde schon damals in D. p. J. 1874 214 419
günstig beurtheilt. Inzwischen ist diese Idee mehrfach verwirklicht worden sowohl
zum Betriebe von Vicinalbahnen mit starken Steigungen, als auch für die
zeitweiligen Hilfsgleise bei grösseren Bauten und hat überall gute Resultate
ergeben. Das wesentlich Neue der Erfindung besteht bekanntlich darin, dass das
hintere Ende der Locomotive eine Windetrommel trägt, auf welche ein Seil oder eine
Kette aufgewunden und mit dem zu befördernden Zuge verbunden ist. Für die normale
Strecke ist die Windetrommel fest und das Seil dient als Kupplung sobald jedoch
eine grössere Steigung beginnt, wird die Windetrommel ausgelöst, und der Zug bleibt
stehen, während die Maschine, das Seil von der Trommel abhaspelnd, um die Länge
desselben dem Zuge vorausfährt. Ist dies geschehen, so wird die Locomotive durch
Klemmbacken, welche die Schiene umfassen, festgestellt, und eine kleine, am
Führerstand angebrachte Dampfmaschine setzt nun die Windetrommel in Bewegung,
wickelt das Seil auf und schleppt so den Zug wieder zur Maschine heran, welche
dann neuerdings um die Seillänge vorausfahren kann u.s.w. Mit Handyside's Locomotive
können somit über alle Steigungen, welche die Locomotive allein zu bewältigen
vermag, Züge gebracht werden, so dass Steigungen von ⅛ bis 1/10 noch
befahrbar sind.
Eine derartige Strecke, von 1/14 Steigung auf 500m Länge, die „Hoyton Incline“ in
Derbyshire (England) war bisher ausschliesslich mit einer stabilen Dampfwinde
betrieben worden, welche die Züge mittels eines Drahtseiles hinaufzog; eine
Handyside'sche Maschine verbiete mehrere Monate hindurch dieselbe Leistung ohne
allen Anstand und gewahrte dabei noch den Vortheil, dass zum Rangiren der Zuge eine
besondere Locomotive erforderlich war. Diese Maschine, Tenderlocomotive, hat nach
dem Iron, November 1877 S. 643 355mm Cylinderdurchmesser 508mm Hub, 1067mm
Durchmesser der sechs gekuppelten Räder, 0qm,8
Rostfläche und 57qm Heizfläche. Die zwei
Windecylinder sind vertical auf beiden Seiten des Führerstandes aufgestellt, haben
250mm Durchmesser, 355mm Hub und treiben die unter rechten Winkeln
aufgekeilten Kurbeln eine Welle w (Fig. 1 Taf. 2) welche
unterhalb der hintern Platform der Maschine in zwei mit der Frame verbundenen
Ständern L gelagert ist. Die Welle w trägt beiderseits hinter den Kurbelscheiben die
Excenter e zur Dampfvertheilung der Windecylinder,
ferner hinter den Lagern aufgekeilt je ein kleines Stirnrad s aus Phosphorbronze und endlich zwischen den Stirnrädern lose
aufgeschoben die
Windetrommel, auf welcher das Drahtseil befestigt ist. Durch dieselbe gehen zwei
Spindeln d, welche beiderseits gusseiserne Stirnräder
t (Fig. 1 und 2) frei beweglich
aufgeschoben haben. Diese Räder greifen einerseits in das auf w fest aufgekeilte Zahnrad s, andererseits in die innere Verzahnung eines Zahnkranzes z, welcher über das die Welle w tragende Lager L geschoben und auf
demselben frei beweglich ist.
Wenn somit die Locomotive bei stillstehender Windemaschine dem Zug vorausfährt, kann
sich bei ablaufendem Seile die Windetrommel frei drehen und dabei die Räder z mitnehmen; sobald jedoch das ganze Seil, welches eine
Länge von etwa 250m hat, abgelaufen und die
Locomotive festgeklemmt worden ist, werden die über den Scheiben z angebrachten Bandbremsen angezogen und die Scheiben
dadurch festgestellt. Wenn nunmehr die Welle w von den
Windecylindern in Bewegung gesetzt wird, so muss sich durch den Eingriff von s in t bei feststehenden
Kränzen z die Windetrommel mit den losen Rädern t bewegen und macht dabei, im Verhältnisse der
Zähnezahlen von z und s
weniger Umdrehungen als die Welle w. Man hat somit die
Möglichkeit, die Maschine mehrfach schneller laufen zu lassen als die Windetrommel
und dem entsprechend kleinere Cylinderdimensionen zu erhalten; zudem ist durch den
doppelten Zahneingriff der Mechanismus geringerer Abnutzung unterworfen und durch
die übergreifenden Scheiben vor dem Eindringen von Schmutz geschützt.
Zum Schlusse ist noch die in Fig. 3 dargestellte
Vorrichtung zu erwähnen, welche dazu dient, die Locomotive beim Aufwinden des Zuges
festzustellen. Sie besteht aus drei Klemmbacken, welche im Bedürfnissfalle auf die
Schiene herabgelassen werden, bis sich die mittlere auf den Schienenkopf aufsetzt.
Ist dies geschehen, so werden die beiden äusseren Klemmbacken mittels
Hebelübersetzung von einem kleinen Dampfcylinder (250mm Durchmesser und Hub) seitlich gegen den Schienenkopf gepresst und
finden dabei in der Verbindung mit dem mittleren Backen ihren Drehpunkt und weitere
Hebelübersetzung. Die Backen sind aus hämmerbarem Guss, leicht auszuwechseln und
verursachen bei genügender Breite keinen nachtheiligen Einfluss auf die
Schienen.
R.