Titel: | Ueber Röstöfen für Schwefelkies und Zinkblende; von Robert Hasenclever. |
Autor: | Robert Hasenclever |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 70 |
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Ueber Röstöfen für Schwefelkies und Zinkblende;
von Robert
Hasenclever.
Hasenclever, über Röstöfen für Schwefelkies und
Zinkblende.
Während noch vor einem Jahre fast alle deutschen chemischen Fabriken den Schwefelkies
von den Gruben bei Siegen bezogen, gebraucht man jetzt in grossen Mengen
schwefelreichen, kupferhaltigen, spanischen Kies. Die Stücke werden in den
gewönlichen Kiesbrennern, der Feinkies ganz allgemein auf geraden Platten in den
zuerst von Maletras in Rouen angewandten Oefen
abgeröstet. Der Perret'sche Ofen hat nur eine geringe
Verbreitung in Deutschland gefunden, obschon er den Vortheil bietet, dass der
Feinkies auf denselben Platten, auf welchen er aufgegeben wurde, auch ausbrennt. Beim
Maletras'schen Ofen dagegen hat der Arbeiter das Erz auf die oberste von 5 Platten
aufzugeben und allmälig nach unten zu schaffen, wodurch Staub entsteht und (wenn
auch nicht beträchtliche) Lohnausgaben herbeigeführt werden.
Im J. 1876 habe ich die Construction eines Köstofens beschrieben * 1876 222 250), in
welchem Feinkies und Graupen entschwefelt werden sollten. Die Anlage eines solchen
Ofens war in Aussig geplant, die Thonplatten waren bereits angefertigt, als man dort
eine neue vorstehend von Helbig beschriebene
Construction von Roststäben ja Gebrauch nahm, welche gestatteten, kleine Graupen in
gewöhnten Kiesbrennern zu entschwefeln. Die Klopfabfälle des Schwefelkieses lassen
sich aber nur mit Vortheil auf schrägen Platten rösten, wenn ein Gemenge von Graupen
und Feinkies aufgegeben wird; fehlen die Graupen, so rutscht das Erz nicht nach.
Dadurch, dass man jetzt fast allgemein Schwelmer oder spanische Kiese mit 48 Proc.
Schwefel anwendet, ist es unnöthig, die heissen Ofengase über die fast abgerösteten
Kiese zu leiten, wie dies von mir vorgeschlagen wurde, als ich die möglichst
vollständige Abröstung der dichten schwefelarmen Kiese beabsichtigte. Die Abröstung
der schwefelreichen Erze auf den geraden Platten im Perret'schen oder Maletras'schen
Ofen ist eine ganz vorzügliche, und wird der von mir projectirte Ofen daher
einstweilen weder in Aussig noch anderswo gebaut werden. Durch die Röstung der
Graupen auf neu construirten Stäben fehlt es überhaupt an einem geeigneten Korn für
Schwefelkies-Röstöfen mit schrägen Platten und ist, da schwefelarme Erze wenig
angeboten werden, kein Bedürfniss vorhanden, die früher beschriebene Construction zu
versuchen.
Der von mir construirte Blenderöstofen (*1872 206 274) ist noch unverändert
beibehalten und hat sich auch hinsichtlich der erforderlichen Reparaturen recht gut
bewährt. Die Verwerthung der Zinkblende zur Schwefelsäurefabrikation gestaltete sich
zwar günstiger; es müssen indessen weitere Fortschritte gemacht werden, wenn
dieselbe bei dem niedrigen Preise der Schwefelkiese beibehalten werden soll. Die
Arbeit in der Muffel ist von der grössten Wichtigkeit, und geht der Einfluss einer
häufigen Erneuerung der Erzoberfläche am besten aus folgendem Versuche hervor:
In zwei Abtheilungen der Muffel eines Blendeofens wurden je 200k Rohblende eingegeben. Die eine Beschickung blieb
während der 8stundigen Versuchzeit nach vorherigem gleichmässigem Ausbreiten
unberührt liegen, in der andern Abtheilung wurde fortwährend mit dem Schmelzpunkte
des Antimos und Zinks liefende Temperatur. Die von Zeit zu Zeit genommenen Proben
enthielten:
Schwefel
in der
fortwährendumgeschaufeltenBlende
in der sich selbstüberlassenenBlende
frisch beschickt
24,00
24,00
nach
2
Stunden
17,36
22,03
„
4
„
10,33
19,06
„
6
„
6,76
17,19
„
7
„
6,76
16,20
„
8
„
6,59
15,32.
Es hat seine Schwierigkeiten in der Praxis, dahin zu wirken, dass die Arbeiter,
welche das Erz in der Muffel bearbeiten, die Blende möglichst entschwefeln. Bezahlt
man die Leute um so höher, je niedriger der Schwefelgehalt am Ende der Muffel im
Erze ist, so muss man einestheils sehr viele Proben nehmen und analysiren,
anderntheils fehlt den Arbeitern jede Beurtheilung der richtigen Ausführung ihres
Accordes. Sie werden nach Analysen bezahlt, welche sie nicht controliren können, und
interessiren sich nicht überall für eine solche Vereinbarung. Bezahlt man sie für
die Tonne geröstetes Erz, so haben sie Interesse, das Erz in der Muffel gar nicht zu
bearbeiten, sondern dem auf der untern Abröstsohle beschäftigten Arbeiter zu helfen.
Da nämlich auf der untern Sohle die Temperatur höher ist als in der Muffel, so ist
es für die rasche und bequeme Abröstung richtiger, dort fleissig zu arbeiten. Der
Schwefel aber von der untern Sohle entweicht mit Feurungsgasen gemischt in den
Schornstein und nur der auf der geneigten Ebene und in der Muffel ausgetriebene
Schwefel gelangt zur Schwefelsäurefabrikation in die Bleikammer. Ob der Arbeiter im
Erze fleissig gekratzt hat oder nicht, lässt sich nicht controliren und schwanken
die Schwefelgehalte innerhalb weiter Grenzen. So setzt sich der Durchschnittsgehalt
von 8,75 Proc. Schwefel in der Blende am Ende der Muffel aus folgenden Analysen
zusammen: 7,0; 16,0; 5,4; 9,3; 14,1; 12,5; 14,7; 6,0; 7,6; 8,9; 11,8; 7,5; 6,0;
10,9; 4,01; 4,05; 10,25; 11,91; 9,57.
Würde häufiger ein Gehalt von 4 bis 7 und seltener ein solcher von 12 bis 16 Proc.
Schwefel erzielt, so rentirte die Schwefelsäurefabrikation aus Blende besser. Es
liegt daher nahe, sich von dem Arbeiter unabhängig zumachen, und würden gewiss schon
mechanische Rührvorrichtungen als Ersatz für die Handarbeit eingeführt worden sein,
wenn die in Lehrbüchern veröffentlichten und in den Hütten probirten Krätzer dauernd
in Betrieb geblieben wären. Das von Peter Spence 1868
in England patentirte mechanische Rührwerk functionirt beim Erfinder nicht mehr und
auch die mechanischen PuddlerVgl. Metallurgie von Percy, übertragen und
bearbeitet von Knapp, Wedding und Rammelsberg, Bd. 2 S. 288. von Dumery und Lemat, Eastword
und Whitham haben in den Eisenhütten Belgiens und
Deutschlands keinen Eingang gefunden.
Aber auch wenn der Schwefelgehalt der Blende am Ende der Muffel niedriger als bisher
ausfällt, würde auf der untersten Sohle mit den
Feuerungsgasen stets ein Schwefelverlust stattfinden. Nach einer grossen Reihe von
Analysen geht dieser Schwefel in Form von schwefliger Säure, von Schwefelsäure und
von Vitriolen verloren, und habe ich eine Reihe von Versuchen angestellt, um auch
diese sauren Dämpfe theils nutzbar, theils unschädlich zu machen.
Es wurden zunächst faustgrosse Kugeln aus Kochsalz geformt und diese der Einwirkung
der heissen Röstgase ausgesetzt. Bei diesen Versuchen zeigte sich zwar eine günstige
Absorption der schwefelsauren Gase durch Sulfatbildung, aber aus dem dabei
entweichenden sehr verdünnten Chlorwasserstoff konnte keine starke Salzsäure
hergestellt werden. Die Gase wurden alsdann mittels eines Ventilators durch
Bleithürme von 2m Durchmesser geleitet, welche mit
Kokes gelullt waren, und diese Kokes mit Wasser berieselt. Von der untern Kostsohle
gelangten die Gase durch einen Canal in diese Bleithürme, passirten den Ventilator
und wurden demnächst dem Kamine zugeführt. Es absorbirte das Wasser sowohl
Schwefelsäure als Vitriole und wurde die abfliessende dünne Säure in Bleipfannen
concentrirt. Diese Pfannen waren auf dem Kanal aufgestellt, welche die heissen
Röstgase vom Ofen zum Thurm führten, und hatte die Concentration der Schwefelsaure
gleichzeitig den Zweck, die Röstgase vor der Absorption in den Thürmen abzukühlen.
Die Construction der Ventilatoren Hess zu wünschen übrig, und wurden bei den
Versuchen zwei eiserne Apparate durch Saure zerstört und unbrauchbar gemacht.
Mit der Absorption der Schwefelsäure und der Vitriole haben die Röstgase nach dem
Gutachten von Prof. M. Freytag (Jahrbuch für Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen für 1873) ihre
schädlichsten Bestandtheile verloren. Zur Absorption der schwefligen Säure wurde ein
Thurm mit tellerförmigen Thonschüsseln angefüllt und gleichzeitig mit der
schwefligen Säure unter Wasserzufluss Schwefelwasserstoff den Röstgasen zugeführt,
um eine Zersetzung der beiden Gase in Schwefel und Wasser zu bewirken. Diese
Reaction gelang aber nur unvollkommen, und da die Entwicklung grosser Mengen
Schwefelwasserstoffes mit manchen Unzuträglichkeiten verknüpft waren, wurden diese
Versuche nicht weiter fortgesetzt, sondern eine andere vom Bergmeister L. Honigmann mir empfohlene Methode ausgeführt, welche
darin bestand, die schweflige Säure einfach durch Verdünnung mit Luft unschädlich zu
machen.
Zu diesem Zwecke wurden dem Schornsteine mit den Röstgasen gleiche Mengen
gewöhnlicher Verbrennungsgase zugeführt. Ausserdem wurde noch von den vier Zugängen
des Schornsteins einer geöffnet, so dass dort Luft einströmte und die sauren Gase
sich schon im Schornstein mit Luft mengen konnten. Nach dieser Vermischung gelangten
die Gase beim
Austritt aus dem Kamin in eine Höhe von 98m, so
dass anzunehmen ist, dass sie rasch diejenige Verdünnung von 0,003 Vol.-Proc. SO2 erreicht haben, bei welchen nach den Versuchen von
Prof. M. Freytag keine schädliche Einwirkung auf die
Vegetation mehr stattfindet.
Nach diesen Versuchen habe ich zur Absorption der sauren Gase einen grossen Bleithurm
construirt von 6m Durchmesser und 15m Höhe, in der Hoffnung, dass bei der geringeren
Reibung in dem grossen Querschnitte der Ventilator überflüssig und der Schornstein
genügenden Zug für die Blendeöfen schaffen würde. Diese Ansicht hat sich auch
vollständig bestätigt und ist hierdurch der Betrieb wesentlich vereinfacht. Die
Verbrennungs- und Röstgase von 5 Blendeöfen können durch einen Thurm von 6m Durchmesser geleitet werden, ohne den Zug der
Röstöfen zu beeinträchtigen.
Leider finde ich auch die anderwärts vielfach gemachte Erfahrung bestätigt, dass es
so schwierig ist, die wasserfreie Schwefelsäure zu absorbiren. In dem beschriebenen
Thurm von 424cbm Inhalt werden täglich nur 2750k Schwefelsäure von 24° B. (etwa 1000k auf 60° B. berechnet) gewonnen und geht mit der
schwefligen Säure noch uncondensirte Schwefelsäure in den Kamin. Auch muss noch
dafür gesorgt werden, dass die Vitriole vor der Säure getrennt condensirt werden, da
einstweilen die Säure stark durch gelöste Eisen- und Zinksalze verunreinigt ist.
Trotzdem ist die partielle Verwerthung der sauren Gase von der untern Sohle und die
Verdünnung der schwefligen Säure mit Luft im Kamin, wie dies jetzt auf der
chemischen Fabrik Rhenania in Stolberg ausgeführt wird,
ein weiterer Fortschritt in der Verwerthung der Röstgase aus Zinkblende, und erhält
mit dieser in den Einzelheiten zwar nicht neuen, in der Combination jedoch
originellen Anordnung der früher beschriebene Röstofen erhöhten Werth.