Titel: | Paul Jablochkoff's elektrische Lampe. |
Autor: | E–e. |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 159 |
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Paul Jablochkoff's elektrische Lampe.
Mit Abbildungen auf Tafel
13.
Jablochkoff's elektrische Lampe.
Die zugehörige Abbildung Fig. 9 Taf. 13 zeigt in ½
n. Gr. die von Paul Jablochkoff, einem russischen
Ingenieurofficier, bei seinen Versuchen in Paris benutzte elektrische Lampe oder elektrische Kerze, deren wesentliche Einrichtung
bereits im Journal (vgl. 1877 223 221) mitgetheilt wurde. Der Asbesthalter A trägt die beiden Kohlenstäbe C, welche aus Retortenkohle cylindrisch abgedreht sind; diese Stäbe werden
von Messing- oder besser Kupferröhren T gehalten und
sind durch ein isolirendes Material I von einander
getrennt – eine MischungDie einfachste Mischung besteht aus Sand und Glaspulver. Vgl. Journal für Gasbeleuchtung und
Wasserversorgung, 1877 S. 297., welche den Namen Kaolin
erhalten hat. W, W sind die Zuleitungsdrähte. Die durch
den Strom entwickelte Wärme verdampft die isolirende Mischung in dem Masse, wie die
Kohlenstäbe verbrennen, und diese bleiben daher stets in derselben Entfernung von
einander. Wenn ein Strom von unveränderter Richtung das Licht erzeugt, will Jablochkoff der Verbrennung einer doppelten Länge des
positiven Stabes dadurch vorbeugen, dass man diesem doppelt so grossen Querschnitt
gibt; besser arbeitet aber die Lampe mit Wechselströmen, wobei beide Kohlen gleichen
Querschnitt erhalten. Leicht lässt sich die Kerze umkehren, so dass der Lichtbogen
am untern Ende entsteht und zur Beleuchtung von oben dienen kann. Die Anzündung aus der
Ferne ermöglicht Jablochkoff dadurch, dass er ein
Kohlenstückchen zwischen die Spitzen legt; dieses wird durch den Strom rothwarm und
verbrennt endlich, worauf der Lichtbogen erscheint; ebenso Hesse sich dazu ein
Stückchen Blei oder ein feiner Metalldraht benutzen. Das allmälige Schmelzen des
isolirenden Materials macht dieses in gewissem Grade leitend und gestattet eine
Verlängerung des Lichtbogens und dadurch eine Vermehrung des Lichtes; auch
erleichtert dieses Leitendwerden das Wiederanzünden nach dem Verlöschen durch eine
Unterbrechung des Stromes, sofern nur nicht mehr als einige Secunden dazwischen
verfliessen. Es dürfte sich deshalb die Kerze auch zum Telegraphiren mittels
Lichtblicken eignen.
Am 15. Juni 1877 wurde nach dem Engineer, 1877 Bd. 43 S.
433 in dem Hofe der West-India-Docks in London ein Versuch mit vier je 13m,7 in der einen und 6m,1 in der andern Richtung von einander entfernten Kerzen gemacht; benützt
wurde dabei eine Maschine der Alliance Compagnie in
Paris, welche 32 Magnete mit je 6 Lamellen besitzt und von einer kleinen tragbaren
Dampfmaschine getrieben wurde. Jener Hof ist 46m
lang und 15m breit, auf 3 Seiten von Häusern
umgeben, und mit einer Decke überspannt; unter dieser war Perlschrift überall zu
lesen. Nach ¼ Stunde wurden anstatt der elektrischen Kerzen 4 Gaslampen angebrannt,
jede mit 4 Bray'schen Brennern Nr. 6 und 4 kräftigen Reflectoren. Der Unterschied
war sehr merklich; das Gas brannte mit dunkelgelbem Lichte. Auf dem 36m,6 langen und 20m breiten Boden des einen Lagerhauses brannten dann 3 Kerzen, sehr
entfernt von einander und gaben gutes Licht. Aehnlich eine tragbare Kerze in dem
Kielraume eines grossen Schiffes.
Jeder Stab brennt etwa 1 Stunde. Jablochkoff bringt an
jeder Lampe 4 Kerzen an, von denen durch einen Umschalter die nächste angezündet
wird, wenn die eine abgebrannt ist. Die 4 Kerzen erforderten 2e, welche in London etwa 4 Pence in der Stunde
kosten; sie verbrauchten stündlich 457mm Kerzen,
die zu 1 Schilling gerechnet werden können; die gleichwertigen 400 Gasbrenner
verbrauchen in London für 5 Schilling Gas.
Durch Versuche in einem Saale der Magazine im Louvre haben (nach den Comptes rendus, 1877 Bd. 84 S. 750) Denayrouze und Jablochhoff
dargethan, dass die Kerze den Regulator der Lampe ersetze, und dass man bei ihrer
Verwendung mit derselben Elektricitätsquelle mehrere Lampen speisen könne. Sie
konnten bis 8 zugleich brennende Kerzen in den Stromkreis einer einzigen
gewöhnlichen Maschine mit Wechselströmen einschalten. – Bei Einschaltung einer Reihe
von inducirenden Spulen in den Stromkreis dieser Maschine und Schliessung der
secundären Stromkreise durch je eine Kaolinplatte wurde diese durch die (sehr
kräftigen) Inductionsströme weissglühend und gab ein schönes Licht; dabei verflüchtigt sich
das Kaolin auf der ganzen glühenden Stelle etwa 1mm in der Stunde. Anfänglich wurde der Strom durch einen gewissermassen
als Lockmittel dienenden, auf dem Rande der Kaolinplatte befestigten besseren Leiter
geführt. Das Licht ist mild und beständiger als irgend ein bekanntes. Seine Kraft
hängt nur von der Zahl der Windungen und der Drahtstärke der Spulen ab. Auf diese
Weise Hessen sich leicht 50 Lichtquellen von verschiedener Lichtstärke (1 oder 2 bis
50 Gasflammen) neben einander und unabhängig von einander erhalten.
Das obere Ende der Kerze ist im Iron, 1877 Bd. 10 S. 803
so abgebildet, wie Fig. 10 und 11 Taf. 13 in
Seitenansicht und Grundriss in n. Gr. zeigt.
Dass man mit demselben Strome mehrere Kerzen gleichzeitig brennend erhalten kann,
erklärt sich nach den Sitzungsberichten der Société
d'Encouragement, 1877 S. 116 daraus, dass der Strom, indem er die
isolirende Schicht der Kerze schmilzt, sich im Isolator zwischen den Kohlen einen
Weg herstellt, der viel besser ist, als während der Isolator im festen Zustande war.
Wenn man daher dem Strome genügende Stärke gibt, so wird der Raum, den er zu
überspringen vermag, gross genug, dass er eine gewisse Anzahl von Lichtquellen
bilden kann, deren jede eine geringere Lichtstärke zeigt wie jene einer gewöhnlichen
elektrischen Lampe, welche die ganze Kraft des Stromes an einer Stelle verzehrt.
E–e.