Titel: | Ueber die Krystallisation von Metalloxyden aus Glas; von Dr. P. Ebell. |
Autor: | P. Ebell |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 265 |
Download: | XML |
Ueber die Krystallisation von Metalloxyden aus
Glas; von Dr. P.
Ebell.
Ebell, über die Kristallisation von Metalloxyden aus
Glas.
In Nr. 47 des Jahrgangs 1877 vom Sprechsaal findet sich
eine Besprechung der von mir in diesem Journal (1877 225
70)168. 226 520) über die Krystallisation von
Metalloxyden aus dem Glase mitgetheilten Resultate. Da ein Theil der gegen meine
Beobachtungen und die darauf gestützten Schlussfolgerungen gemachten Einwände
augenscheinlich auf Miss Verständnisse zurückzuführen ist, so will ich es nicht
unterlassen, meinerseits das Nachfolgende hinzuzufügen.
Zunächst sei es mir erlaubt hervorzuheben, dass die fraglichen Untersuchungen nicht
aus dem chemischen Laboratorium, d.h. pharmaceutischen des Collegium Carolinum in Braunschweig, sondern aus dem chemisch-technischen
dieser Anstalt hervorgegangen sind.
Nachdem bereits früher (1874 213 53) 1876 220 64) dargethan war, dass das Glas ein Lösungsmittel
auf feurigflüssigem Wege sowohl für Metalle als auch Metelloxyde ist und diese beim
Erkalten daraus krystallisirt abgeschieden werden können, schloss sich daran eine
weitere Mittheilung (1877 225 70), welche die gefundene
Gesetzmässigkeiten auf andere Verbindungen, so die Kieselerde, phosphorsauren Kalk,
Kryolith und Schwefelmetalle, ausdehnte; auch diese Körper werden vom schmelzenden
Glase gelöst und lassen sich daraus krystallinisch wieder abscheiden, je nach den
Abkühlungsbedingungen in deutlichen Krystallen oder als feiner mikroskopischer
Nebel. In Uebereinstimmung mit O. Schott zeigte sich,
dass mit zunehmendem Gehalt an Kieselsäure die Entglasbarkeit eines Glases nicht
wächst, Gläser von hohem Kieselsäuregehalt „verhältnissmässig“ schwer
entglasten.
Benrath kann diesen Beobachtungen nicht beipflichten, er
sucht vielmehr das seiner Meinung nach abweichende Resultat in einer ungenügenden
Krystallisationszeit, die hervorgerufen werden könnte durch die enger werdenden
Temperaturgrenzen, innerhalb deren ein hoch Kieselerde haltiges Glas einmal
dünnflüssig ist und dann erstarrt.
Es ist bereits sehr entschieden darauf hingewiesen, dass mit dem steigenden Gehalt an
Kieselsäure die Zähigkeit des Glases in hohem Grade zunimmt, während bei Ueberschuss von Alkalien und
Kalk grade das Gegentheil eingetreten war, und es muss daher der Intervall zwischen
Leichtflüssigkeit und Erweichung bei hoch Kieselerde haltigen Gläsern jedenfalls ein
sehr grosser sein. Wenn man aber annimmt, dass eine gewisse Dünnflüssigkeit, eine
gewisse leichte Beweglichkeit der einzelnen Theilchen das Glas ganz besonders zur
Krystallisation der gelösten Stoffe geeignet macht, so würde es allerdings schwerer
sein, diese Bedingung für Kieselsäure reichere, also zähflüssigere Glasarten inne zu
halten als für Kieselsäure ärmere, leichtflüssigere. Aber ganz abgesehen von diesen
theoretischen Speculationen steht es fest, dass unter den für die Entglasung mit den
Einrichtungen des Laboratoriums möglichst günstig hergestellten Bedingungen weniger
Kieselerde haltige Gläser leichter entglasten als die mit mehr.
Gelegentlich der Besprechung des Kryolithglases hebt Benrath hervor, es sei die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die
weisse Trübung von einem Gehalt von Feldspath artigen Ausscheidungen und nicht von
Fluormetallen (Fluoraluminium) herrühre.
Den Beweis, dass wirklich der Fluorgehalt mit der milchigen Beschaffenheit des Glases
zusammenhängt, glaube ich durch die folgenden Versuche geführt zu haben: 1) So lange
eine Trübung in dem Glas bemerkt werden konnte, liess sich Fluor darin nachweisen.
Durch wiederholtes Niederschmelzen mit Kieselsäure war das letztere vollständig als
Fluorsilicium zu entfernen, die allmälig schwach und schwächer werdende Trübung
verschwand mit dem Fluorgehalt. 2) Die krystallinischen Ausscheidungen lösten sich
in Säuren auf, die Glasmasse wurde wenig angegriffen, Fluorsilicium entwich
dabei.
Es würde ein Leichtes sein, noch weitere Beweise aufzufinden; so müsste z.B. ein Glas
von gleicher Zusammensetzung, aber mit fluorfreiem Material geschmolzen, also
beispielsweise aus Thonerde, Soda und Kieselsäure in den richtigen Verhältnissen,
ein dem Kryolithglas gleiches Verhalten zeigen.
Gegen den oben erwähnten Einwurf spricht aber ausserdem die Schwerlöslichkeit der
trübenden Verbindung im schmelzenden Glase, sonst würde nicht das sogenannte
Anlaufen erfolgen; geschmolzener Feldspath dagegen bildet selbst ein Glas und zwar
ein solches, das bis jetzt in keiner Weise zur Krystallisation gebracht wurde.
Im Anschluss hieran war das Verhalten der Schwefelmetalle speciell der
Schwefelalkalien gegen Glas geprüft; auch diese Verbindungen lösen sich im
schmelzenden Glase, ertheilen demselben eine gelbe oder gelbbraune Farbe und
scheiden sich bei geeigneten Bedingungen wieder daraus ab. Beim Eintragen von
Schwefel in Stücken in geläutertes, gut geschmolzenes Glas verhielten sich
verschiedene Gläser verschieden, die Kieselsäure armen wurden gefärbt, Kieselsäure
reichere dagegen nicht. Der gefundene Unterschied konnte nur in der verschiedenen
chemischen Zusammensetzung des Glases begründet sein. Eine Reihe angestellter Schmelzungen
mit wechselnden Mengen an Kieselsäure zeigten, dass ein Sättigungsgrad zwischen
Basen und Säuren vorhanden ist, bei welchem das Glas durch eingetragenen Schwefel
nicht gefärbt wird, etwas mehr Alkali dagegen diese Eigenthümlichkeit hervorruft. Da
nun früher der Beweis geführt ist, dass die Färbung von Schwefelalkalien herrührt,
so liegt wohl nichts näher, als anzunehmen, dass in den beim Eintragen von Schwefel
gelb werdenden Gläsern freies Alkali vorhanden ist; denn wie sollte sich sonst wohl
Schwefelmetall bilden?
Dieses Verhalten kann daher benutzt werden, um die Säure bindende Kraft der im Glase
vorhandenen Basen zu messen; es ergab sich für Neutralglas das Verhältniss 2 RO : 5
SiO2.
Aus den Einwänden, welche Benrath (1877 226 520) gegen obige Versuche und die daran geknüpften
Schlussfolgerungen macht, geht augenscheinlich hervor, dass er den Cardinalpunkt
übersehen hat; besonders die Anführung der Analyse eines beliebigen, durch
Schwefelalkalien gelb gefärbten Glases deutet darauf hin. Es ist bestimmt
unterschieden zwischen einem Färben des Glases mit Schwefelalkalien, also Zusatz
dieser Verbindung zum Glassatz oder zum geschmolzenen, und der Färbung durch
Eintragen von Schwefel in geschmolzenes, gut gerührtes, geläutertes Glas.
Im ersteren Falle tritt immer eine Gelb- oder Braunfärbung ein; was sollte auch wohl
aus dem zugesetzten Sulfid werden; sollte etwa die Kieselsäure, wenn solche frei
vorhanden ist, sich damit umsetzen?
Im zweiten Falle kann aber nur eine Braunfärbung eintreten, wenn freies, an
Kieselsäure nicht gebundenes Alkali vorhanden ist.
Die letzte, von Benrath an die Analyse eines durch
Schwefelmetall gefärbten Glases vom Verhältniss 286 SiO2 : 100 RO geknüpfte Schlussfolgerung, „dass man entweder die
Neutralitätsbedingung 2 RO, 5 SiO2 aufgeben
müsse, oder Schwefelmetall neben freier Kieselsäure im Glase anzunehmen
habe“, ist ganz an ihrem Platze; nur schliesst das eine das andere nicht
aus. Aber die weitere Behauptung, es fiele damit die Voraussetzung meiner Schlüsse
fort, ist durchaus auf einem Missverständniss beruhend: nicht die Gelbfärbung eines
Glases durch Schwefelnatrium – alle Gläser sind mit Schwefelalkalien zu färben, die
sauren wie die neutralen – sondern die „Bildung“ von Schwefelmetall in einem
gut geläuterten und verschmolzenen Glasfluss durch Eintragen von Schwefel,
erkenntlich an der dadurch entstehenden Gelbfärbung, ist das Kriterium der
Basicität.
Weitere, demnächst zu besprechende Versuche werden von einem durchaus anderen
Gesichtspunkte aus das oben Gesagte bestätigen.