Titel: | Ueber dichte Stahlgüsse. |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 271 |
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Ueber dichte Stahlgüsse.
Gautier, über dichte Stahlgüsse.
In einem Vortrage bei der Versammlung des Iron and
Steel Institute begann Ferd. Gautier mit
Bemerkungen über das gewöhnliche Vorkommen von Blasenräumen in Stahlgüssen, betreffs
welcher H. Bessemer zuerst die Ansicht ausgesprochen
hat, dass in denselben Kohlenoxydgas enthalten sei, was in der Folge vollständig
bestätigt wurde.
Durch das Bearbeiten des Gussblockes mittels Hämmern oder Walzen verschwinden diese
Blasenräume, insofern sie nicht mit der äusseren Luft in Berührung gekommen sind; es
ist jedoch noch unentschieden, ob hierbei das Kohlenoxydgas wieder von der
Stahlmasse aufgenommen und die Vereinigung zu einer dichten Masse eine vollkommene
wird, oder ob die Trennungsflächen nur für das Auge unkennbar gemacht worden sind.
Jene Blasenräume dagegen, welche mit der Aussenfläche (der äusseren Luft) in
Verbindung stehen, werden oxydirt, deren Flächen mit Eisenoxydul überzogen und
dadurch eine vollkommene Schweissung der Stahlmasse verhindert, in Folge dessen an
der Oberfläche der ausgereckten Stahlstäbe dunkle, oft 2mm tiefe Streifen erscheinen. Diesen Uebelstand zu beseitigen, müssen die
Stahlstäbe zu einer höheren Temperatur erhitzt, mit Quarzsand bedeckt und sofort
wieder gehämmert werden, wobei der Sand mit dem Eisenoxydul ein leichtflüssiges
Silicat bildet, welches durch die Hammerschläge ausgepresst wird.
In der Regel wird der Stahl bei dem Giesen um so besser fliessen und desto weniger
Neigung zur Bildung von Blasenräumen besitzen, je mehr Kohlenstoff er enthält. Unter
Bezugnahme auf die bekannten Krupp'schen
Gussstahlblöcke von 2 bis 52t Gewicht auf den
Ausstellungen von 1851 bis 1873 ist zu bemerken, dass die Fabrikation dieser grossen
Gussstücke ohne Blasenräume als Geheimniss streng gewahrt wurde, dass jedoch die
Besitzer der Stahlwerke von Terre-Noire diese Fabrikation studirten und schon vor 6
Jahren die dabei zu befolgende Lehre herausfanden, welche sich seither durch ihre
erzielten Verbesserungen als richtig erwiesen hat. Demnach scheint es erprobt zu
sein, dass zu Essen und zu Bochum die dichten Stahlblöcke dadurch erzeugt werden, dass knapp vor
dem Gusse eine gewisse Menge eines sehr siliciumreichen Roheisens hinzugegeben wird;
bei der Annahme, dass die Blasenräume mit Kohlenoxyd erfüllt sind, tritt bei Zusatz
von Silicium die Reaction ein: 2 CO + Si = SiO2 + 2
C. Der abgeschiedene Kohlenstoff wird von dem Stahl aufgenommen, während die
gebildete Kieselsäure, wenigstens theilweise, als Silicate bei der Bearbeitung
entfernt wird. Zur Bestätigung der Richtigkeit dieser Auffassung führt Gautier diesbezüglich eigens durchgeführte Proben
an.
Die in solcher Art und Weise erzeugten dichten Stahlgüsse sind jedoch nicht immer von
der besten Qualität, weil: 1) der Stahl sehr kohlenreich ausfällt, da von dem
zuletzt hinzugegebenen Roheisen eine grössere Menge genommen werden muss, damit
sicher hinreichend Silicium in die ganze Masse gebracht wird; 2) ungeachtet die
gebildete Kieselsäure gewöhnlich mit Eisenoxydul ein Silicat bildet, dieses letztere
doch in der Regel zu wenig flüssig ist, um vollkommen abgeschieden zu werden, und 3)
in dem Endproducte nebst dem bedeutenden Gehalt an Kohlenstoff eine ansehnliche
Menge von Silicium zurückbleibt, wodurch die Qualität leidet.
Der Einfluss des Siliciums im Roheisen, wie im Stahl, ist lange Zeit sehr fraglich
geblieben und selbst gegenwärtig immer noch nicht ganz klar gestellt. Karsten hat zuerst behauptet, dass Silicium im Eisen
Faulbruch und ein erdartiges Aussehen der Bruchfläche bewirke; allein Prof. Mrazek hat gezeigt, dass dieser Einfluss nicht dem
Silicium, sondern dem eingemengten Silicate zuzuschreiben ist, indem reines Silicium
bis zu einer gewissen Menge auf reines Eisen nicht schädlich einwirkt. Obgleich nun
ein gewisser Gehalt an Silicium im weichen Eisen unschädlich ist, so gestaltet sich
dessen Einfluss in ähnlicher Weise, wie bei dem Phosphor, ganz anders bei
gleichzeitiger Anwesenheit von Kohlenstoff, in welchem Falle das Silicium, im
heissen wie im kalten Zustande, Brüchigkeit verursacht (vgl. Gautier 1876 222 48). Soll demnach zur sicheren
Erlangung blasenfreier Stahlgüsse ein nicht ganz unbedeutender Siliciumgehalt
zulässig sein, so ist es für ein gutes Product nothwendig, dass der
Kohlenstoffgehalt desselben nicht zu bedeutend wird.
Auf den Stahlwerken zu Terre-Noire wird die Darstellung blasenfreien Stahles durch
Benutzung eigens und zwar im Hohofen dargestellter Silicide von Mangan und von
EisenPourcel, Hohofenbetriebsführer zu Terre-Noire,
hat jüngst in der Société de l'industrie
minérale zu St. Etienne, unter Vorlegung einer Probe von 81proc.
Ferromangan, Mittheilungen über die Darstellung dieses Metalles gemacht,
denen wir Folgendes entnehmen.Der Hohofen, welcher diese Legirung erzeugt, lieferte vorher Bessemereisen,
bei einer Tagesproduction von 42t und
einem Kokesverbrauch von 0t,95 auf 1t Roheisen; die Koke hatte einen
Aschengehalt von 15 Proc., die Gebläseluft war bis auf 750° erhitzt.Am 20. August lieferte dieser Ofen bei 715° mittlerer Windtemperatur 72 bis
74proc. Ferromangan, aus theils kieseligen, theils kalkigen Erzen, mit einem
Mangangehalt von 36 bis 40 Proc. Die Tagesproduction betrug dabei 11 bis
12t. Von dem Mangangehalt der Erze
wurden mindestens 65 Proc. ins Eisen getrieben, bei einem Kokesverbrauch von
2t,75 für 1t des erzeugten Metalles. Vom 20. August
Abends 6 Uhr ab bis zum darauffolgenden Tag Nachmittags 2 Uhr wurden 30
Gichten gemacht, welche 81proc. Ferromangan liefern sollten. Die chemische
Formel desselben ist Mn8FeC3. Es gingen nur 60 Proc. vom Mangan ins
Eisen, und der Brennmaterialverbrauch stieg auf 3t für 1t
Metall.In der Betriebsführung des Ofens war übrigens nichts geändert worden.
Temperatur und Windpressung blieben dieselben. Der Abstich vom 21. August
Abends 10 Uhr lieferte 77proc., derjenige vom darauffolgenden Morgen 6 Uhr
79proc. und der vom 22. August Nachmittags 2 Uhr 3t,8 81proc. Ferromangan. Die
darauffolgenden Abstiche nahmen rasch an Mangangehalt ab, bis zu 74 Proc.
Die 81proc. Legirung scheint viel feuerbeständiger zu sein als die 74proc.
Es ist ein grosser Wärmenberschuss nothwendig, um zu verhindern, dass
dieselbe auf dem Boden des Gestelles erstarrt. Zur Production von 10 bis
11t dieser Mischung in 24 Stunden und
bei einer Nutzbarmachung von 65 bis 70 Proc. des Mangans waren auf 1t Metall mindestens 3t,3 Kokes erforderlich.Die Schlacke sowohl des 74- als des 81proc. Ferromangans besitzt ganz gleiche
Zusammensetzung. Sie fliesst leicht aus dem Ofen, hat eine hellgrüne Farbe
und steinigen Bruch. Es ist vollständig unmöglich, sie an der freien Luft
zum Schmelzen zu bringen.Das 81proc. Ferromangan zeigte folgende Zusammensetzung:Mangan81,242Eisen12,000Kohlenstoff6,600Silicium0,093Phosphor0,300––––––––100,235.Für die Pariser Ausstellung 1878 haben die Usines de
hauts fourneaux de Marseille ein Metall angekündigt, welches das
manganreichste aller bisher erzeugten Hohofenproducte sein wird und
folgendermassen zusammengesetzt ist:Eisen8,55Mangan84,96Kohlenstoff5,70Silicium0,66Schwefel0,035Phosphor0,005–––––––99,910. bewirkt, welche dem Endproducte merkwürdige Eigenschaften
ertheilen. Das Silicium verhindert die Blasenbildung durch die Zerlegung des aufgelösten
Kohlenoxydes und ist vor der Erstarrung bestrebt, zu entweichen. Das Mangan reducirt
das Eisenoxydul und verhindert eine weitere Gaserzeugung durch neuerliches Einwirken
des Eisenoxyduls auf den Kohlenstoff. Die gebildete Kieselsäure verbindet sich nicht
allein mit etwas Eisenoxydul, sondern zugleich sehr rasch mit dem gebildeten
Manganoxydul welches zweifache Silicat leicht- und dünnflüssiger ist als das
Eisensilicat, daher sich vollkommen aus der Metallmasse ausscheidet.
Von mehr als 500 Chargen wurden in Terre-Noire die Stahlblöcke ohne Blasenräume, vor und nach
vollbrachtem Ausglühen, auf ihre Festigkeit untersucht und u.a. folgende Resultate
gefunden:
Proben
Der rohe Block, wie er ausder Gussform
kommt
Der Block nach dem Wieder-erwarmen und
langsamenErkalten
Elasticitäts-grenze
Bruchbe-lastung
Verlänge-rung
Elasticitäts-grenze
Bruchbe-lastung
Verlänge-rung
k auf 1qmm
Proc.
k auf 1qmm
Proc.
Nr.
HarterStahlfür Ge-schosse
9489661355150217371872
333135383335
646153525561
1,7 2,0 2,0 1,0 1,7 1,5
393537433840
828081909388
7,25 8,5 8,0 7,4 7,0 3,4
StarkermilderStahl
154515581563
363432
646966
2,0 3,3 2,5
384038
828082
12,214,017,5
SehrweicherStahl
207820812149
162021
515452
12,512,412,5
253028
545656
28,525,624,3
Die Verlängerung wurde an 102mm langen Probestäben
gemessen.
Wie alle Metalle, so ist auch der Stahl, wenn er im krystallinischen Zustande sich
befindet, sehr spröde; nach Gautier kann diese üble
Eigenschaft desselben jedoch auf folgenden Wegen beseitigt werden.
1) Ganz einfach durch Wiedererhitzung zur Kirschrothwärme, wodurch ein Stahlblock mit
grobem Bruch und geringer Festigkeit nach dem darauf folgenden, gewöhnlichen
Erkalten alsogleich in ein feinkörniges festes Product umgewandelt erscheint.
2) Durch Aushämmern bei genügend hoher Temperatur verliert der Gussstahl seine
krystallinische Textur, vorausgesetzt, dass diese Bearbeitung bis zum Eintreten
eines gewissen, je nach der Stahlsorte verschiedenen Grades der Abkühlung
fortgesetzt wird. Wenn dagegen mit dem Schmieden bei einer höheren Temperatur
aufgehört und das Metall sich selbst überlassen wird, so kommt die krystallinische
Textur und die damit verbundene geringe Festigkeit wieder zum Vorschein.
3) Auch eine möglichst schnelle Erkaltung des gegossenen Metalles beseitigt die
krystallinische Textur, wie bei Panzerplatten aus Schweisseisen beobachtet worden
ist.
Nach Gautier und ebenso nach Chernoff (von den Stahlwerken Aboukoff bei St. Petersburg) ist der
unbearbeitete Gussstahl (vollkommen dichten Guss vorausgesetzt) weder weicher, noch
schwächer, als der Stahl von derselben Textur, welche ihm durch Bearbeitung in einer
angemessenen Temperatur ertheilt worden ist. Dies zu zeigen, hat Chernoff einen grobkristallinischen Gussstahlblock der Länge nach in vier
Theile getheilt. Einer dieser Theile wurde direct auf der Drehbank zum Probestab
umgestaltet; der zweite wurde zur hellen Rothhitze erwärmt und unter einem
Dampfhammer geschmiedet, so lange der Stab noch ziemlich heiss war; der dritte
hingegen wurde bis zu dem Grade erhitzt, bei welchem mit dem Aushämmern des zweiten
Stabes aufgehört wurde, und sodann der freien Abkühlung überlassen. Die Bruchfläche
des dritten Stabes zeigte ein feines Korn, ganz gleich mit dem geschmiedeten Stücke.
Der zweite und dritte Stab wurden gleich dem ersten in die passende Gestalt für die
Festigkeitsprobe gebracht und hierauf die Prüfung vorgenommen, welche ergab:
Bruchbelastung
Verlängerung
k auf 1qmm
Proc.
Nr. 1 Unveränderter Stahlstab
61
2,3
Nr. 2 Ueberschmiedeter Stahlstab
72
5,3
Nr. 3 Erwärmter und an der Luft gekühlter Stahlstab
68
16,6.
Untersuchungen zu Terre-Noire erwiesen, dass die rohen Gussblöcke ein specifischesspesifisches Gewicht von 7,8 bis 7,9 haben, während der gewalzte Stahl nie über 7,81
besitzt. Hieraus folgert Gautier, dass durch die
Walzarbeit nicht allein die Textur, sondern auch das specifische Gewicht geändert,
dass aber das Volum nicht vermindert, im Gegentheil, um etwas vermehrt werde; und
weiters, dass mit dem grösseren specifischen Gewichte des rohen, dichten Gusses auch
dessen Festigkeit sogar eine grössere sein dürfte, daher von einer mechanischen
Pressung nach Whitworth (vgl. 1871 200 417) * 1877 225 423)
Nichts zu hoffen sei, und jedenfalls das angestrebte Ziel, die grössere Festigkeit,
nach dem Verfahren zu Terre-Noire auf einem viel einfacheren Wege erlangt werden
kann. (In Manchester will man jedoch sehr gute Resultate erzielt haben.)
Nach Gautier haben sich die gegossenen Stahlgeschosse
von Terre-Noire ganz vorzüglich bewährt; nachdem die Probe, welche ein auf
Panzerplatten abgefeuertes Projectil zu bestehen hat, wenigstens ebenso streng ist
als die der Kanone, so ist kaum zu zweifeln, dass in Zukunft die Gussstahlkanonen,
so wie früher die gusseisernen, zweckmässiger in einem Stücke gegossen werden.
Jedenfalls aber ist gewiss, dass hei den zusammengesetzten (beringten) Kanonen das
nur 16k auf 1qmm
Festigkeit entsprechende Gusseisen zweckmässig durch dichten Gussstahl von 52k auf 1qmm
Festigkeit ersetzt werden kann.
In der an diesen Vortrag sich anschliessenden Besprechung ergriff
A. L. Holley von New-York, welcher über 3 Wochen
die in Siemens – Oefen durchgeführten Stahlprocesse zu Terre-Noire studirt hat und
dem hierbei alle mögliche Erleichterung und Unterstützung zu Theil geworden ist, das
Wort. Nachdem aufmerksam gemacht wurde, wie wichtig es ist, bei der Erzeugung des
Stahles sowohl das richtige Verhältniss in der Anwesenheit jener Bestandtheile,
welche sehr geneigt zur Aenderung sind, als auch die entsprechende Temperatur für
die angestrebten Reactionen zu erhalten, stellt Holley
folgende Bedingungen für
Sicherung des Erfolges fest: 1) Dass der Sauerstoff während aller Stadien des
Processes so viel als thunlich vom Metallbade abgehalten werden muss; 2) dass die
Gegenwart von Mangan und Silicium im Ueberfluss erhalten werde, d.h. in grossen,
jedoch bestimmten Verhältnissen, insbesondere gegen Ende des Processes, und 3) dass
der Kohlenstoff so viel als möglich abgehalten werden muss, weil sonst das Product
brüchig wird.
Um diese Bedingungen zu erfüllen, wird das Metallbad, in welchem
das geschmeidige Eisen aufgelöst werden soll, durch Einschmelzen von Spiegeleisen
hergestellt, wodurch ein Theil des darin enthaltenen Mangans den Sauerstoff, der
geneigt ist, in das Metallbad einzugehen, aufnimmt und ein anderer Theil sich mit
jedem in dem Bade auf irgend eine Art gebildeten Eisenoxydate verbindet. Es spielt
das Mangan hierbei also dieselbe Rolle wie bei dem gewöhnlichen Bessemerprocess.
Die Menge des anwesenden Mangans ist durch Beobachtung der
Schlacke, nach Farbe und sonstigem Ansehen genau zu beurtheilen. Zu dem Ende wird
ein Eisenstab in die Schlacke getaucht und die so erhaltene Schlackenschale löst
sich im kalten Zustande vom Stabe. Bei Beobachtung der Bruchflächen, insbesondere in
den Kanten dieser Schlackenschalen, zeigt sich eine mehr oder weniger dunkel
olivengrüne Farbe, welche in dem Grade als die Farbe dunkler oder lichter ist, eine
mehr oder weniger vorgeschrittene Oxydation des Bades anzeigt. So wie beim Bessemern
nach dem englischen Verfahren wird auch bei diesem Stahlprocesse in Terre-Noire
vorerst der ganze Kohlenstoff des Roheisens entfernt und dann erst wieder die
nöthige Rückkohlung bewirkt, um den gewünschten Stahl zu erhalten. Mit dem
Kohlenstoff wird zugleich aber auch das Mangan abgeschieden, bevor die schliessliche
Charge von Ferromangan und Ferrosilicium eingetragen wird, für deren zu wählende
Menge die Schlackenprobe einen verlässlichen Anhaltspunkt gibt, um zuletzt das
richtige Verhältniss zu erlangen.
Ausser der Schlackenprobe werden auch Metallproben genommen,
welche als Controle dienen, und in gewisser Beziehung einen noch mehr sicheren,
directen Anhalt zur Beurtheilung der Beschaffenheit des Metallbades geben.
Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass das Bad zur Aufnahme des
kieselreichen Roheisens und des Ferromangans bereit ist, wenn die Metallprobe
denselben Grad der Weichheit zeigt, welcher bei dem gewöhnlichen
Siemens-Martin-Processe den Zeitpunkt für das Nachtragen des Ferromangans angibt.
Behufs der Metallprobe wird die ausgeschöpfte Probe in eisernen Formen zu runden
Kuchen gegossen und diese sogleich unter einem kleinen Dampfhammer zu Scheiben
ausgedehnt, wobei die dabei entstehende Menge und Grösse der Kantenrisse die beste
heisse Probe gewähren, sowie nach darauf erfolgter Abkühlung die Biegungsprobe und
dessen etwaiger Bruch einen sicheren Anhalt zur Beurtheilung der Qualität
abgeben.
Es sind bei der Probe also drei Punkte zu berücksichtigen: die
Farbe der Schlacke, die Weichheit der Metallprobe und die Flüssigkeit des Bades.
Sollte das Bad flüssig und das Metall weich werden, bevor die beabsichtigte Menge an
geschmeidigem Eisen eingetragen ist, so muss mehr Spiegel eisen nachgetragen werden.
Sollte sich zufällig ergeben, dass das Bad überoxydirt sich zeigt, bevor es zum
Eintragen des siliciumreichen Roheisens bereit ist, so muss dieser leicht zu
ermittelnde Uebelstand durch Beigabe von etwas Ferromangan beseitigt werden; und
sollte die Temperatur der Charge zu niedrig sein, so kann diese durch Veränderung in
der Menge des Ferromangans, welches mit dem siliciumreichen Roheisen eingetragen
wird, erhöht werden. In dieser Art und Weise ist es möglich, sich von der
Beschaffenheit des Metallbades in jedem Stadium des Processes zu überzeugen, jede
Abweichung von dem erforderlichen Zustande zu beheben und schliesslich das
gewünschte Ergebniss mit Sicherheit zu erreichen.
Holley anerkennt das grosse
Verdienst, welches sich die Werksleiter in Terre-Noire um die Stahlfabrikation
dadurch erworben haben, dass sie die Wirkung des Mangans und des Siliciums hierbei
von blosen Vermuthungen auf wissenschaftlicher Basis begründeten.
Auch Snelus drückte den Werken in
Terre-Noire seine volle Anerkennung aus und gesteht insbesondere, dass er sehr
überrascht war, in einem sogestaltet producirten, sehr weichen Stahl von grosser
Festigkeit einen bedeutenden Siliciumgehalt zu finden, bis er darauf gekommen ist,
was Gautier erklärte, dass die Gegenwart von Silicium
ohne Kohlenstoff ein Flusseisen von grosser Zähigkeit und grosser absoluter
Festigkeit gibt, wogegen ein Stahl, der Kohlenstoff und Silicium enthält, brüchig
und schlecht ist. Schliesslich erklärt Snelus, dass der
besprochene Vorgang ebenso gut bei dem Bessemer-, wie bei dem Siemens-Martin-Process
in Anwendung gebracht werden kann.
Auffallend ist jedoch, dass der sehr wichtige Umstand, welchen Gautier hervorgehoben hat, dass nämlich dem dichten
Stahlgusse durch bloses Wiedererhitzen zur hellen Rothwärme und darauf folgendes
langsames Erkalten an der Luft die Textur und grosse Festigkeit des geschmiedeten,
gewalzten oder gepressten Stahles ertheilt werden könne, in der Versammlung von
keiner Seite bestätigt wurde.Zur Prüfung dieser
Angabe wurden nach P. v. Tunner (Zeischrift des berg- und hüttenmännischen Vereines
für Steiermark und Karnten, 1877 S. 353) Versuche mit Inneberger
Manganstahl Nr. 4 angestellt, welche ergaben, dass das Wiedererhitzen des
rohen Stahlgusses und die darauf folgende langsame Erkaltung die Festigkeit
und Dehnbarkeit wesentlich erhöht, aber nicht jenen Grad erreicht, welcher
durch ein entsprechendes Hämmern, Walzen oder Pressen des wiedererhitzten
Stahlgusses mit Sicherheit erlangt wird. (Nach dem Journal of the Iron and Steel Institute, 1877 S. 41
und der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1877 S. 260.)