Titel: | Mittheilungen über Wasserglas; von Richard Meyer. |
Autor: | Richard Meyer |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 280 |
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Mittheilungen über Wasserglas; von Richard Meyer.
Meyer, über Wasserglas.
1) Ueber Anwendung des Wasserglases
zum Bleichen baumwollener Gewebe.
In seiner jüngst erschienenen Schrift: „Das Wasserglas,
seine Natur und seine Bedeutung für die Industrie und Technik“,
welche auch in diesem Journal, 1877 225 112 Erwähnung
gefunden hat, weist Zwick mit Recht darauf hin, dass es
noch eine Aufgabe der Industriellen und Techniker sei, für das Wasserglas diejenigen
Verwendungen aufzusuchen, für welche seine Eigenschaften besondere Vortheile
darbieten. Meine Erfahrungen berechtigen mich zu dem Schlusse, dass es in der
Bleiche baumwollener Gewebe eine nützliche Rolle spielen kann. Ich benutzte es zum
Auskochen von rohem Kattun, welcher für die Küpenfärberei bestimmt war. Die Bleiche
dieser Waare bezweckt nicht die Herstellung eines vollkommenen Weiss, dagegen eine
gründliche Entfernung aller fettigen und anderen das Netzen in der Küpe
verhindernden Substanzen. Grade für Erreichung dieses Zweckes hat sich das
Wasserglas als ganz besonders geeignet erwiesen, da es selbst in starker Verdünnung
viel energischer entfettend wirkt, als eine verhältnissmässig bedeutend
concentrirtere Sodalösung. Die in mancher Hinsicht lästige Anwendung des Thones wird dabei
vollkommen umgangen; die ganze Operation ist in viel kürzerer Zeit beendigt und
erfordert daher eine weit geringere Menge Dampf bezieh. Brennmaterial als das
gewöhnliche Verfahren.
Während vor Einführung der Wasserglasbleiche die Waare 12 bis 15 Stunden lang mit
Thon und 6 bis 8 Stunden in einer Sodalösung gekocht werden musste, um den
genügenden Grad der Reinheit zu erlangen, gestaltete sich die Arbeit mit Anwendung
des Wasserglases folgendermassen.
Die rohe Waare wurde, ohne sie vorher in Wasser zu netzen, durch einen mit
Quetschwalzen versehenen Kasten, welcher die Wasserglaslösung enthielt, direct in
das Bleichfass hinein gehaspelt. Das letztere war ein offenes cylindrisches eisernes Gefäss mit doppeltem Boden und Wolf. Die
Stärke der Lösung betrug: 1l einer Natronwasserglaslösung von 20° B. auf 120l Wasser. Eine Analyse des verwendeten Silicates
war leider nicht ausgeführt worden.
Nachdem die mit der verdünnten Lösung imprägnirten Stücke im Fasse festgekeilt waren,
Hess man noch bis zur völligen Bedeckung Wasserglaslösung von der angegebenen Stärke
darauf fliessen und dann 2 Stunden lang mit offenem
Dampfe kochen. Die sehr braun gefärbte Lauge wurde dann abgelassen, worauf man kochendes Wasser in das Fass leitete und mit demselben
1 Stunde lang kochen Hess. Es lief nun noch eine
gefärbte Lauge ab, weshalb man noch eine zweite Kochung mit Wasser folgen liess,
welche wieder 1 Stunde anhielt. Nachdem das zweite
kochende Wasser abgelaufen, war die Waare so weit von der schmutzigen Lauge befreit,
dass man sie nur noch abzuwassern und auf der Waschmaschine gut ein oder zweimal zu
waschen brauchte. Die Bleiche war damit beendet. Gut ist es, die Abwässerung erst
vorzunehmen, sobald die Waare sich im Fasse ein wenig abgekühlt hat, da im
entgegengesetzten Falle leicht noch in Lösung zurückgebliebene harzige oder fettige
Theile auf derselben wieder niedergeschlagen werden könnten. Dies ist auch der
Grund, weshalb man nach dem Auskochen mit Wasserglaslösung das zu den beiden
Nachkochungen erforderliche Wasser nicht kalt in das Fass fliessen liess und es erst
in diesem bis zum Kochen erhitzte, sondern es bereits kochend, oder doch so heiss
wie möglich hineinbrachte.
Nach diesem Verfahren wurde eine sehr reine Waare erhalten, welche in der Küpe sich
als vollkommen fettfrei erwies; sie unterschied sich von solcher, die auf andere
Weise gebleicht war, durch auffallende Weichheit und Geschmeidigkeit.
Die gemachten Angaben können selbstverständlich nur als ein Anhalt dienen; sie werden
im gegebenen Falle je nach der Natur der zu bleichenden Waare, der weiteren
Bestimmung derselben und den besonderen Einrichtungen der Fabrik abzuändern sein.
Auch zweifle ich nicht,
dass auch in der Bleiche anderer Baumwollartikel das Wasserglas mit Vortheil eine
Stelle unter den zu verwendenden Chemikalien einnehmen kann.
2) Ueber Liebig's
Wasserglasdarstellung auf nassem Wege.
Vor längerer Zeit hatte ich Gelegenheit, die Anwendbarkeit der von Liebig (vgl. 1857 143 210)
vorgeschlagenen Methode zur Darstellung von Wasserglas eingehend zu prüfen. Es wurde
dabei einiges Material gesammelt, dessen Mittheilung vielleicht nicht ganz ohne
Interesse sein wird.
Nach Liebig erhält man das Wasserglas bekanntlich durch
Kochen von Infusorienerde mit einer geeigneten Menge Kali oder Natronlauge. Es
schien mir nun vor Allem von Wichtigkeit, den Gehalt verschiedener Sorten
Infusorienerde an löslicher Kieselsäure festzustellen,
worüber sich in der Literatur nur sehr dürftige Angaben finden. Diese Bestimmung
geschah durch Kochen der Probe mit einem starken Ueberschuss von Natronlauge,
Filtriren der verdünnten Lösung und Abscheidung der gelösten Kieselsäure in der
gewöhnlichen Weise durch Salzsäure. Die angewendete Natronlauge wurde entweder aus
Natrium und Wasser bereitet, oder es wurde eine gemessene Menge annähernd reiner
Lauge benutzt, deren Gehalt an Kieselsäure vorher bestimmt und in Abzug gebracht
wurde. Die meisten der untersuchten Erden enthielten beträchtliche Mengen
organischer Substanzen. Sie gaben in Folge dessen mit Natronlauge mehr oder weniger
braun gefärbte Lösungen, und auch die abgeschiedene KieselsäureKieselsäuse zeigte häufig eine dunkle Färbung, welche aber beim Glühen vollständig
verschwand. Da indessen die Beimengung organischer Stoffe die Filtration und
Waschung erschwerte, so wurde zuletzt die Probe vor der Behandlung mit Natronlauge
geglüht und bei dieser Gelegenheit auch der Glühverlust bestimmt.
Es wurden untersucht:
A) Lüneburger Infusorienerde: 1. Geschlämmt, weisses,
zartes Pulver; 2. ungeschlämmt, desgl.; 3. sogen. „grüne Infusorienerde“, ein
braunes missfarbiges Pulver.
B) Kieselguhr von Unterlüss: 4. Geschlämmt, weiss; 5.
ungeschlämmt, weiss; 6. ungeschlämmt, grau.
C) Kieselguhr von unbekannter Abkunft: 7. Geschlämmt,
weiss; 8. ungeschlämmt, grau; 9. ungeschlämmt, grau.
Dieselben enthielten an löslicher Kieselsäure:
A)
1)
71,4 Proc.
2)
63,2 Proc.
3)
44,4 Proc.
B)
4)
76,7 „
5)
58,0 „
6)
44,2 „
C)
7)
76,4 „
8)
59,8 „
9)
48,7 „
Der Glühverlust von Nr. 9 betrug 20,5
Proc.
Alle enthielten geringe Mengen Eisen und zeigten in Folge dessen nach dem Glühen eine
gelbliche oder helle Rosafarbe, mit Ausnahme von Nr. 8, welche durch Glühen schneeweiss wurde. Diese
Erde zeichnete sich auch durch einen ganz ungewöhnlich hohen Gehalt an organischer
Substanz aus; auf dem Platinblech erhitzt, brannte sie mit heller Flamme ab und
wurde dann vorübergehend dunkelgrau, fast schwarz. Beim Digeriren mit Natronlauge
gab sie eine sehr dunkle Lösung von unangenehmem Geruch und hinterliess einen
bedeutenden, braunen Rückstand, welcher, wie bei allen ungeschlämmten Erden, viel
Sand enthielt.
Analyse zweier Natronwasserglasproben:
A) Weisse, etwas trübe, zähe Flüssigkeit von alkalischer Reaction; spec. Gew. 1,2773
(33° B.), in der sich etwas Chloride, Sulfate, Eisen und Aluminium nachweisen
Hessen. Der Gehalt an festen Bestandtheilen bezieh. Wasser wurde ermittelt durchdurh Eintrocknen einer gewogenen Probe bei massiger Temperatur und darauf
folgendes Erhitzen auf 200 bis 220° bis zum constanten Gewicht; die Kieselsäure
wurde in gewöhnlicher Weise bestimmt, das Alkali durch Titriren. Diese Operation
lässt sich ganz scharf ausführen, wenn man stark verdünnt und in einem weissen
Gefässe arbeitet. Nach einiger Uebung kann man den Neutralitätspunkt sicher
beurtheilen. Doch schien es wünschenswerth, eine Controle darüber zu gewinnen, ob
nach dieser Methode auch sicher alles als Silicat vorhandene Natrium bestimmt wird.
Zu dem Zwecke wurde die von der abgeschiedenen Kieselsäure abfiltrirte, salzsaure
Lösung zur Trockne verdampft, die überschüssige Salzsäure verjagt und in dem
Rückstande das Chlor durch Titration mit Silberlösung bestimmt. Da aber das
Wasserglas an sich schon etwas Chlornatrium enthielt, so musste dieses in einer
besonderen Probe direkt bestimmt und in Abzug gebracht werden. In einer hinreichend
verdünnten und mit Salpetersäure übersättigten Lösung konnte diese Bestimmung nach
der gewöhnlichen Methode ohne Anwendung eines Index leicht ausgeführt werden.
Schliesslich wurde noch Eisen und Thonerde zusammen und Natriumsulfat bestimmt und
so erhalten:
Na2O
6,68
SiO2
23,29
H2O
67,54
NaCl
0,54
Na2SO4 u. s. w
0,60
Al2O3 + Fe2O3
0,60
––––––
99,25.
Hiernach enthielt die Lösung 29,97 Proc. Natriumsilicat.
Die Controlbestimmung des Natriums in der angegebenen Weise hatte ergeben: 13,14
Proc. NaCl. Werden hiervon die von vornherein vorhandenen 0,54 Proc. NaCl abgezogen,
so bleibt 12,60 Proc. NaCl = 6,68 Proc. Na2O. Auf
directem alkalimetrischem Wege waren erhalten 6,52 Proc. Na2O. Die letztere Bestimmungsmethode hat sich demnach
für das Wasserglas als brauchbar erwiesen.
B) Der Probe A im Aeusseren ähnlich. Spec. Gew. 1,3571 (40° B.). Hier wurden direct
nur Na2O, SiO2 und
H2O bestimmt, das übrige aus der Differenz:
Na2O
9,8
SiO2
26,1
H2O
62,4
NaCl, Na2SC4 u.s.w.
1,7
––––––
100,0.
Der Gehalt der Lösung an Natriumsilicat ist 35,9 Proc.
Die Zusammensetzung des in der Lösung enthaltenen Silicates berechnet sich nach
diesen Analysen, wie folgt:
A
B
C
D
SiO2
77,7
72,7
72,9
74,39
Na2O
22,3
27,3
27,1
24,65
–––––––––––––––––––––––––
100,0
100,0
100,0
99,04.
C und D sind die von Liebig
angegebenen Analysen zweier nach seiner Methode erhaltenen Natriumsilicate.
Aus der procentischen Zusammensetzung berechnet sich das folgende
Molecularverhältniss:
A)
1
Mol.
Na2O
: 3,75
Mol.
SiO2.
B)
1
„
„
: 2,74
„
„
C)
1
„
„
: 2,77
„
„
D)
1
„
„
: 3,11
„
„
Wie man sieht, ist A das sauerste der vier Silicate, während B
fast genau die Zusammensetzung des von Liebig
dargestellten C besitzt. Das Liebig'sche Silicat D
steht zwischen A und B.
Es entstand nun die Frage, ob es möglich sei, auf nassem Wege ein Silicat zu
erhalten, welches der Probe A an Acidität gleichkommt. Zu dem Zwecke wurde zunächst
Natronlauge und Infusorienerde in dem Verhältnisse angewendet, welches durch die
Zusammensetzung des Silicates A vorgezeichnet war. Es wurde die Erde A1 von 63,2
Proc. SiO2 und eine Natronlauge vom spec. Gew.
1,3304 und einem Gehalte von 23,5 Proc. Na2O
verwendet. Die berechneten Mengen sind: 5 Th. Infusorienerde von 63,2 Proc. SiO2, 3,89 Th. Natronlauge von 23,5 Proc. Na2O, 6,5 Th. Wasser.
Die Natronlauge wurde mit dem Wasser zum Kochen erhitzt und in die siedende
Flüssigkeit die Erde in kleinen Portionen eingetragen, unter zeitweiliger Ersetzung
des verdampften Wassers. Es blieb ein unlöslicher Rückstand; die filtrirte Lösung
gelatinirte mit HCl, zeigte aber braune Farbe. Die Entfärbung nach Liebig mittels Kalkwasser gelang nicht; Thierkohle nahm
einen Theil der Färbung fort, Holzkohle nicht. Chorkalk entfärbte, gab aber einen
starken Niederschlag. Unterchlorigsaures Natrium entfärbte dagegen ohne einen
Niederschlag zu erzeugen. Der Versuch wurde daher nun mit geglühter Erde, im übrigen
in ganz derselben Weise ausgeführt. So wurde eine fast ganz farblose
Wasserglaslösung erhalten, welche nach der Analyse ein Silicat von folgender
Zusammensetzung enthielt:
SiO2
71,97
Na2O
28,03
––––––
100,00.
Da hier die 5 Th. Infusorienerde im geglühten Zustande
angewendet wurden, so enthielten sie schon mehr als die erforderliche Menge SiO2; trotzdem ist ein Silicat von dem gewünschten
Säuregrade nicht entstanden, vielmehr stimmt das erhaltene Product in seiner
Zusammensetzung sehr nahe mit der Probe B überein.
Es wurde daher der Versuch nun nach folgenden Verhältnissen wiederholt: 10 Th.
geglühter Erde (63,2 Proc. SiO2), 4 Th. Natronlauge
(23,5 Proc. Na2O) und 6 Th. Wasser. Das diesmal
erhaltene Silicat bestand aus:
SiO2
73,86
Na2O
26,14
––––––
100,00.
Der bedeutende Ueberschuss an Infusorienerde hat also nur ein
sehr wenig saureres Silicat ergeben.
Es schien nun vor Allem wünschenswerth, zu ermitteln, ob durch bloses Kochen bei
gewöhnlichem Drucke, auch unter Anwendung chemisch reiner amorpher Kieselsäure, ein
saureres Silicat nicht erhalten werden könnte. Die zu verwendende Kieselsäure wurde
aus Wasserglaslösung mittels Salzsäure abgeschieden. Mit derselben wurden zwei
Versuche angestellt. Für den ersten wurde die Säure bei 180 bis 200° getrocknet; sie
enthielt noch ein wenig Wasser; für den zweiten wurde sie geglüht. In beiden Fällen
wurde ein Ueberschuss an Kieselsäure angewendet und zwar:
a)
5 Th. SiO2, getrocknet bei 180 bis
2000,
4 Th. Natronlauge, 23,5 Proc. Na2O,
6 Th. Wasser.
b)
4 Th. SiO2 geglüht,
3,2 Th. Natronlauge, 23,5 Proc. Na2O,
6 Th. Wasser.
Die Ausführung der Versuche geschah in der gleichen Weise wie
früher; bei beiden blieb schliesslich ein Theil der zugesetzten Kieselsäure
ungelöst. Die Flüssigkeit wurde damit eine Zeitlang gekocht und dann filtrirt. Die
gelösten Silicate ergaben bei der Analyse folgende Zusammensetzung, welche mit der
eines vierfach sauren Silicates sehr nahe
übereinstimmt:
a
b
Berechnet fürNa2Si4O9
SiO2
79,79
80,90
79,47
Na2O
20,21
19,10
20,53
–––––––––––––––––––––––––––
100,00
100,00
100,00.
Hiernach konnte es keinem Zweifel unterliegen, dass die fremden, in Natronlauge
unlöslichen Bestandtheile der Infusorienerde, welche die Flüssigkeit bald
verdickten, durch ihre Anwesenheit die Bildung eines möglichst sauren Silicates
beeinträchtigten. Um die Richtigkeit dieser Ansicht zu prüfen, wurde folgender Versuch
angestellt. 4 Th. Natronlauge (23,5 Proc. Na2O) und
6 Th. Wasser wurden zum Sieden erhitzt und in die kochende Flüssigkeit allmälig etwa
3g geglühte Infusorienerde A2 eingetragen.
Nach längerem Kochen wurde dann filtrirt und die Lösung mittels des Saugfilters
möglichst von dem Ungelösten abgesaugt. Das Filtrat wurde dann zum Sieden erhitzt
und wieder allmälig etwa 3g geglühte Erde
eingetragen, filtrirt und dieselbe Operation noch zweimal wiederholt. So waren
allmälig 10g Infusorienerde verbraucht, und die
erhaltene Wasserglaslösung enthielt jetzt ein Silicat, dessen Analyse zu folgender
Zusammensetzung führte:
SiO2
77,2
Na2O
22,8
––––––
100,0.
Es steht also an Acidität dem mit chemisch reiner SiO2 erhaltenen nach, ist dagegen mit der Probe A identisch. Wie diese
enthielt die Lösung auch eine kleine Menge Thonerde und Eisen, welche gleichfalls
bestimmt wurden. Berechnet man die so erhaltene Zusammensetzung auf die
Concentration der Probe A, so ergibt sich:
Na2O
6,91
SiO2
23,29
Fe2O3 + Al2O3
0,49
Wasser
69,31
–––––––
100,00.
Die Möglichkeit war also principiell erwiesen, nach der Liebig'schen Methode ein Silicat von der Zusammensetzung der Probe A zu
erhalten; aber der Weg, welcher dazu führte, schien für die fabrikmässige
Darstellung viel zu umständlich. Bei den Versuchen im Grossen behielt ich daher nur
die Darstellung eines Wasserglases im Auge, wie es bei dem ersten der mitgetheilten
Versuche erhalten wurde, und es wurden die Verhältnisse der angewendeten Materialien
im Wesentlichen den angeführten gleich gemacht. Allein es boten sich der Herstellung
klarer und farbloser Lösungen erhebliche Schwierigkeiten dar, welche ihren Grund in
der bedeutenden Menge organischer und in Natronlauge unlöslicher Bestandtheile der
Infusorienerde hatten. Ein sehr energisches Ausglühen erwies sich bald als
unerlässlich, und auch dann waren die erhaltenen Lösungen noch nicht völlig farblos,
mussten vielmehr noch durch Zusatz von unterchlorigsaurem Natrium entfärbt werden.
So konnte schliesslich ein allen Anforderungen entsprechendes Product erzielt
werden; aber der Process war dadurch auch so kostspielig geworden, dass von der
industriellen Ausnutzung der Methode schliesslich abgesehen wurde.
3) Analyse eines
„Universal-Waschmittels“.
Anschliessend an die vorstehenden Notizen über Wasserglas möge hier noch die Analyse
eines von mir untersuchten Wasserglaspräparates folgen. Dasselbe wird unter der
Bezeichnung Universal-Waschmittel von der Firma Henkel und Comp. in Aachen in den Handel gebracht und
bildet eine gelbliche, körnige, etwas durchscheinende Masse. Nach der qualitativen
Untersuchung enthält es der Hauptsache nach ein wasserhaltiges Natriumsilicat, welchem geringe Mengen von Stärke, Seife und als zufällige Bestandtheile etwas
Eisenoxyd sowie Thonerde beigemengt sind. Es fanden sich ferner darin Natriumcarbonat und erhebliche Mengen freier Kieselsäure, welche bei andauerndem Kochen mit
Wasser als unlösliche, gallertartige Masse zurückblieb. Doch war zu vermuthen, dass
diese beiden Substanzen nicht als ursprüngliche Bestandtheile zu betrachten seien,
sondern vielmehr als Zersetzungsproducte des Natriumsilicates in Folge der
Einwirkung der atmosphärischen Kohlensäure. Diese Annahme fand eine Stütze in dem
Ergebnisse der quantitativen Analyse. Der Nachweis der Stärke mit Hilfe von
Jodlösung bot eine gewisse Schwierigkeit, die vermuthlich in der Anwesenheit der
bedeutenden Menge gallertartiger Kieselsäure ihren Grund hat, welche die Stärke
einhüllte und dadurch die Reaction bis zu einem gewissen Grade beeinträchtigte.
Statt des charakteristischen, in der Flüssigkeit lange schwebenden blauen
Niederschlages wurde nur eine schmutzig violette Färbung der ungelösten Kieselsäure
beobachtet, während die Flüssigkeit selbst fast ungefärbt blieb. Doch konnte der
Nachweis der Stärke leicht durch Ueberführung in Zucker und darauf folgende
Reduction der Fehling'schen Lösung geführt werden.
Behufs Bestimmung des Gesammtalkaligehaltes wurde eine gewogene Probe der fein
pulverisirten Substanz im Platintiegel auf ganz kleiner Flamme erhitzt, so dass eben
die organischen Substanzen verkohlten, das Silicat aber nicht zum Sintern kam. Die
Masse wurde dann mit Wasser ausgekocht, von der ungelösten Kieselsäure abfiltrirt
und im Filtrat des Alkali durch Titriren bestimmt; die abfiltrirte freie Kieselsäure
wurde geglüht und gewogen. Sodann wurde zur Bestimmung der Gesammtkieselsäure eine
Probe mit Soda und Salpeter geschmolzen. Beim Lösen der Schmelze in Wasser blieb ein
wenig Eisenoxyd und Thonerde zurück, welche abfiltrirt, geglüht und gewogen
wurde.
Die Bestimmung des Glühverlustes konnte nicht in gewöhnlicher Weise geschehen, da das
Silicat ins Schmelzen kam, die verkohlte organische Substanz einhüllte und vor der
vollständigen Verbrennung schützte. Die Substanz wurde daher mit einer gewogenen
Menge geglühten Quarzsandes gemischt und liess sich dann vollkommen weiss brennen.
Die geglühte Masse gab mit Salzsäure keine Kohlensäureentwicklung. Es war also das
Natriumcarbonat durch die freie Kieselsäure unter Austreibung der Kohlensäure
zersetzt worden, so dass sich der Glühverlust aus Wasser, Kohlensäure des
Natriumkarbonates und den Verbrennungsproducten der organischen Substanzen zusammensetzt. Die
Kohlensäure wurde durch den Gewichtsverlust in einem Geissler'schen Apparate
bestimmt. Zur Bestimmung der Stärke wurden in mehreren zugeschmolzenen Röhren Proben
der Substanz mit verdünnter Schwefelsäure in kochender concentrirter Kochsalzlösung
erhitzt und dann der gebildete Zucker durch Fehling'sche Lösung bestimmt. Bei der
geringen Menge erwies sich die gewichtsanalytische Bestimmung des ausgeschiedenen
Kupferoxyduls in Form von Kupferoxyd weit bequemer als die Titrirung. Eine Röhre,
welche 3 Stunden lang erhitzt worden war, ergab so 1,28 Proc., eine andere, welche 9
Stunden erhitzt war, 1,22 Proc., im Mittel 1,25 Proc. Amylum. Endlich wurde eine
Probe mit verdünnter Schwefelsäure erhitzt, mehrmals mit Aether ausgeschüttelt, die
ätherische Lösung in einer tarirten Schale verdunstet, die Fettsäure getrocknet und
gewogen. Die Menge des Wassers ergab sich, indem die Summe der direct bestimmten
Kohlensäure, Fettsäure und Stärke von dem Glühverlust in Abzug gebracht wurde. Das
Resultat der Analyse ist in folgenden Zahlen enthalten:
Glühverlust
36,70
Kohlensäure
3,90
Fettsäure
0,97
Amylum
1,25
Na2O
14,57
SiO2
47,43
Freie SiO2
26,77
Eisenoxyd und Thonerde
1,73
––––––
100,43
Berechnet man aus diesem directen Ergebniss der Analyse die Menge an Natriumcarbonat
und Natronseife, die Formel der letzteren zu C18H33NaO2 angenommen,
und bringt den Rest des Natriums als Silicat in Rechnung, so ergibt sich die
folgende Zusammensetzung der Substanz:
Lösliches Natriumsilicat
9,01 Na2O20,66
SiO2
29,67
Natriumcarbonat
9,40
Freie Kieselsäure
26,77
Natronseife
1,04
Amylum
1,25
Wasser
30,58
Eisenoxyd und Thonerde
1,73
––––––
100,44
Der Sättigungsgrad des löslichen Silicates entspricht durchaus
nicht der Zusammensetzung des Wasserglases, welches stets ein viel saureres Silicat
darstellt.
Berechnet man dagegen die Menge des Natrons, welches als Silicat und Carbonat
vorhanden ist und summirt beide, so erhält man eine Zahl, welche zur Gesammtmenge
der Kieselsäure in einem für Wasserglas durchaus normalen Verhältniss steht:
5,45
Proc.
Na2O
als
Carbonat
9,01
„
„
„
Silicat
–––––
14,46
Na2O :
47,43
SiO2
= 1 : 3,28.
Hiernach kann es kaum einem Zweifel unterliegen, dass ursprünglich ein Silicat von
dieser Zusammensetzung vorhanden war, und dass das Natriumcarbonat und die freie
Kieselsäure nur durch theilweise Zersetzung desselben entstanden sind. Die ursprüngliche Zusammensetzung des „Waschmittels“
berechnet sich unter dieser Voraussetzung folgendermassen:
Natrium silicat
64,14
Natronseife
1,08
Amylum
1,30
Wasser
31,69
Eisenoxyd und Thonerde
1,79
–––––––
100,00.