Titel: | Ueber den Einfluss des Lochens auf die Festigkeit der Eisen- und Stahlbleche. |
Autor: | J. P. |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 347 |
Download: | XML |
Ueber den Einfluss des Lochens auf die Festigkeit
der Eisen- und Stahlbleche.
Mit Abbildungen auf Tafel
21.
Kirk, Einfluss des Lochens auf die Festigkeit.
Zweck der hier zu besprechenden Versuche war, die herrschenden verschiedenen
Ansichten über den Einfluss des Lochens auf die Festigkeit der Eisen- und Stahlbleche, wenn
möglich, zu vereinigen und die Ursache des letzteren zu ermitteln. Bei den der
Untersuchung unterzogenen Stücken, gleichviel ob genietet oder nur mit Nietlöchern
versehen, wurden die Löcher in allen Fällen in einer breiten Tafel Blech erzeugt,
wie dies in der Praxis wirklich geschieht. Sodann wurden mittels einer Stossmaschine
die Tafeln in Streifen zerlegt, welche in den meisten Fällen je ein Loch in der
Mitte hatten; in einigen Fällen wurden auch die Schnitte genau durch das Mittel je
zweier auf einander folgenden Nietlöcher geführt. In jenen Fällen, in welchen die
Stücke als Bestandtheile einer Kesselnietung gelten sollten, wurden die Löcher in
der Blechtafel in einer Entfernung gleich der Nietentheilung mehr der Breite des
theilenden Werkzeuges (Stossmessers) hergestellt, so dass die Stücke nach der
Trennung genau die Breite einer Nietentheilung besassen.
Die in Tab. I bis III eingetragenen Versuchsresultate stammen von der
Materialprüfungs-Gesellschaft in Glasgow, jene in Tab.
IV bis VI wurden mittels einer
Maschine in Eider's Werkstätte gefunden. Bei den
Versuchen der Tabelle I waren die Stücke der
Länge nach aus einer Tafel gewöhnlichen Eisenbleches geschnitten. Referent hat die
auf englisches Mass und Gewicht bezogenen Tabellen, welche von A. C.
Kirk in der Institution of
Naval Architects zu Glasgow
mitgetheilt wurden, auf metrisches System umgerechnet, und verweist bezüglich der
Originalangaben auf Engineering, 1877 Bd. 24 S.
195.
Die Versuche Tab. I zeigen deutlich, dass die
Differenz (D–d) des
Durchmessers der Matrize und des Lochstempels die Festigkeit des gelochten Bleches
beeinflusst, indem mit zunehmendem D bei constantem d auch das Verhältniss x
der Bruchgrenze des gelochten Bleches zu jenem des gebohrten von 0,82 bis 0,92
zunimmt, und es ist kaum zu zweifeln, dass für D =
38mm, 1 bei demselben d = 28mm,58 und bei der mittleren
Blechstärke δ = 29mm,46 nahezu die ursprüngliche Festigkeit erhalten worden wäre, falls man den
Versuch noch mit diesem Werthe von D angestellt hätte.
Tabelle I ergibt:
für
δ =
29,46,
d =
28,58,
D = 31,75,
bei x = 0,85, D
= d + 0,107 δ
„
„
„
„
„
D = 34,93,
bei x = 0,92, D
= d + 0,215 δ.
Endlich würde sich nach dem Vorgesagten ergeben:
für
δ =
29,46,
d =
28,58,
D = 38,1,
bei x = 1,00, D = d +
0,323 δ.
Es müsste also der Durchmesser der Matrize ungefähr um ⅓ der
Blechdicke grösser sein als jener des Lochstempels, falls die ursprüngliche
Festigkeit des Bleches erhalten bleiben sollte. Beim Lochen eines verhältnissmässig
schmalen Streifens wird in Folge der Compression das Material um das Loch herum aus
einander getrieben. Der Streifen zeigt dann bei dem Loche eine etwas grössere Breite
und wird im Ganzen etwas länger.
Die Versuche Tab. II wurden mit Streifen von
Stahlblech ausgeführt und zeigen gleichfalls den Einfluss der Differenz (D–d) auf das Verhältniss der Festigkeit x. Danach ergibt sich für den grössten Werth x = 0,85 bei δ = 18mm,8, d = 22mm,2, D = 26mm,99:
D = d + 0,255 δ für Stahlblech,
während nach Tabelle I bei
x = 0,85 gefunden wurde:
D = d +
0,107 δ für Eisenblech.
Daraus geht hervor, dass unter sonst gleichen Verhältnissen
der Durchmesser der Matrize bei Stahlblech grösser gemacht werden muss als bei
Eisenblech, falls man in beiden Fällen das gleiche Verhältniss x der Bruchgrenze des gelochten Bleches zu jener des
gebohrten Bleches erhalten will.
Die Tabelle III enthält Versuche mit richtig
genieteten Blechverbindungen, wie sie bei den Kesseln zur Anwendung kamen, welche
zur Anstellung der ganzen Reihe der Versuche Anlass gaben. Die Stücke wurden vor der
Vernietung rothwarm gemacht und die Löcher mit einem Bohrer sauber ausgerieben. Als
Resultat zeigt sich denn auch die ungeänderte Beibehaltung der ursprünglichen
Festigkeit. Dieses günstige Resultat ist jedoch hauptsächlich dem Hitzen der Bleche
vor der Vernietung zu verdanken. Die zwei ersten Versuche A und B wurden vorgenommen, um die Festigkeit
des vollen Bleches zu bestimmen. Bei den vier folgenden Versuchen C bis F waren die Streifen
mit eisernen Nieten vernietet.
Tabelle I. Versuche mit gewöhnlichem
Eisenblech.
Breite
Dickeδ
MittlererLoch-durch-messer
Her-stellungdesLoches
Durch-messer ddes Loch-stempels
Durch-messer DderMatrize
Bruch-spann-ung
Verhältniss x derBruchgrenze des ge-lochten Bleches zujener des
gebohrten
mm
mm
mm
mm
mm
k auf 1qmm
133,60
29,72
34,80
gebohrt
–
–
26,13
1,00
133,35
29,21
29,97
gelocht
28,58
31,75
21,48
0,82
133,60
29,46
„
„
„
„
22,43
0,85
133,10
29,72
30,99
„
„
34,93
23,64
0,90
133,60
29,46
„
„
„
„
23,94
0,92
Tabelle II. Versuche mit Stahlblech.
Bezeichnungdes Versuches
Breite
Dickeδ
MittlererLoch-durch-messer
Her-stellungdesLoches
Durch-messer ddes Loch-stempels
Durch-messer DderMatrize
Bruch-spann-ung
Verhältniss xder Bruchgrenzedes
gelochtenBleches zu jenerdes gebohrten
mm
mm
mm
mm
mm
k auf 1qmm
A
101,35
18,80
25,4
gebohrt
–
–
38,13
1,00
B
„
„
„
„
–
–
38,13
1,00
C
D
„„
19,05„
25,91„
gelocht„
25,422,2
26,9923,81
25,2625,57
0,660,67
E
F
„„
18,8019,05
26,67„
„„
22,220,64
26,9923,81
32,6428,69
0,850,75
Tabelle III. Versuche mit Stahlblech.
Bezeich-nung desVer-suches
Breite
Dicke
MittlererLoch-durch-messer
Her-stellungdesLoches
Bruch-spannung
Anmerkung
mm
mm
mm
k auf 1qmm
A
101,60
16,51
–
–
40,25
–
B
101,35
16,76
–
–
39,46
–
C
D
E
F
95,50„91,4491,69
„„„16,51
23,81„„„
gelochtundgebohrt
41,7440,05„40,47
das Blech rissdurch dieerste
Nietloch-reihe
Bei den Versuchen Tab. IV waren die Streifen der
Stahlbleche durchwegs mit Löchern von 19mm
Durchmesser versehen. Tab. V enthält Versuche
mit einem Theile derselben Stücke, welche der Tabelle
IV zur Grundlage dienten. In beiden Fällen waren die Stücke der Länge nach
aus den Blechtafeln geschnitten. Ein Vergleich dieser Versuche zeigt, dass das
Lochen ohne Nachtheil bewerkstelligt werden kann, sobald der Lochdurchmesser dreimal
so gross ist als die Blechdicke, und dass das Glühen dabei einen nur geringen oder
gar keinen Erfolg hat. Aus dem Vergleiche dieser Versuche mit jenen Tab. VI, in welchen der Lochdurchmesser nur
2,4mal so gross war als die Blechdicke, ergibt sich, dass die Festigkeit der
gelochten Stücke ungefähr um 15 Proc. geringer ist gegenüber denjenigen, welche
nachher geglüht wurden. Daraus geht hervor, dass das Glühen der Blechtafeln vor der
Vernietung auch bei Eisenblechen empfehlenswerth ist, sobald der Durchmesser der
Nietlöcher kleiner ist als die dreifache Blechdicke. In diesem Falle waren übrigens
die Stücke ungünstiger Weise ausnehmend hart. Die nach dem Lochen ausgeglühten und
langsam abgekühlten Stücke sind in Tab. VI mit
H bezeichnet, nämlich AH und BH.
Die Figuren 19
bis 24 Taf.
21 zeigen die Bruchflächen der in Tab. II
angeführten Versuche und sind mit dieser Tabelle übereinstimmend mit A bis F bezeichnet. Der
Einfluss des Lochens zeigt sich klar in den krystallinischen Stellen zu beiden
Seiten des Loches. Bei D sind diese Stellen sehr
ausgedehnt und in Uebereinstimmung damit ist die Festigkeit gering. Bei F haben diese Stellen geringere Ausdehnung, die
Festigkeit ist grösser; bei E endlich, wo die
krystallinischen Stellen kaum entdeckt werden können, ist die Festigkeit noch
grosser. Der krystallinische Bruch in der Umgebung des Loches ist durch die sich
unter dem Lochstempel ergebende innere Pressung in Folge des Lochens bedingt. Diese
innere Pressung verdichtet nämlich das Metall bis auf eine gewisse Strecke rund um
das Loch herum und verringert dadurch seine Festigkeit. Nimmt man den zum Lochen
erforderlichen Druck proportional der gelochten Fläche (dδπ), so ist der Druck auf die Flächeneinheit des Lochstempels dem
Verhältnisse
\left(\frac{4\,d\pi
\delta}{d^2\pi}\right)=\left(\frac{4\,\delta}{d}\right) proportional;
es kann sonach der Quotient \left(\frac{\delta}{d}\right) als ein
Mass des Betrages der zerstörenden Wirkung des Lochens aufgefasst werden. Dem
entsprechend wird ein Material mit hoher Zugfestigkeit und geringer Druckfestigkeit
beim Lochen mehr leiden als ein anderes, bei welchem das umgekehrte Verhältniss
stattfindet. Der
Tabelle IV. Versuche mit Stahlblechen,
wie sie vom Erzeuger erhalten wurden.
Herstellung desLoches
Breite
Dicke
Quer-schnitt
TotalerZug
Bruch-spannung
Verlänge-rung auf100mm
mm
mm
mm
k
k auf 1qmm
–
38,35
6,86
262
10980
41,9
37,5
–
37,85
„
259
10890
42,0
„
Gelocht
38,74
7,11
275
11430
41,5
18,8
„
39,88
„
284
„
40,3
„
Gelocht und gebohrt
36,83
6,86
252
10020
39,7
31,2
„ „ „
37,08
„
254
9890
38,9
„
Gebohrt
38,10
„
261
10890
41,7
„
„
37,34
„
256
10610
41,4
„
Gelocht an jeder Seite
38,4836,70
7,11„
273261
1093010890
40,041,7
18,8„
Gelocht und gebohrt an jeder Seite
„37,72
„„
„268
„11570
„43,1
„„
Tabelle V. Versuche mit denselben
Stahlblechen, welche der Tab. IV zur Grundlage dienten, jedoch vor der Herrichtung
zu den Versuchen geglüht wurden.
Herstellung desLoches
Breite
Dicke
Quer-schnitt
TotalerZug
Bruch-spannung
Verlänge-rung auf100mm
mm
mm
mm
k
k auf 1qmm
–
38,35
6,99
267
11070
41,4
37,5
–
„
„
„
„
„
„
Gelocht und gebohrt
38,61
6,86
264
11390
43,1
31,2
„ „ „
39,12
„
268
11020
41,1
„
Gebohrt
38,35
7,11
272
10890
40,0
„
„
„
„
„
10930
40,2
„
Gelocht und gebohrt an jeder Seite
„„
6,99„
267„
1091011020
40,941,2
„„
Gelocht an jeder Seite
38,1038,48
6,86„
261263
10890„
41,741,4
„„
Tabelle VI. Versuche mit Stahlblech.
Bezeich-nung desVersuches
Her-stellungdesLoches
Breite
Dicke
Quer-schnitt
TotalerZug
Bruch-spannung
Verlänge-rung auf100mm
mm
mm
qmm
k
k auf 1qmm
AH
BH
C
D
GelochtanjederSeite
29,9730,84„„
10,80„„„
324333„„
16510157901470013790
50,947,444,141,4
28,131,29,49,4
Einfluss der Verdichtung war auch in einigen Fällen der
Versuche auffallend zu erkennen, und man kann daraus schliessen, dass es für die
Erhaltung der Festigkeit zu lochender Bleche nothwendig ist, dafür Sorge zu tragen,
dass der Druck auf die Flächeneinheit, welcher die Verdichtung an der Innenseite des
Nietloches veranlasst, nicht zu gross ausfalle.
J. P.