Titel: | Warmwasserheizung für die Eisenbahnwagen der französischen Ostbahn. |
Autor: | A. P. |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 357 |
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Warmwasserheizung für die Eisenbahnwagen der
französischen Ostbahn.
Mit Abbildungen auf Tafel
23 und 24.
Regray, Warmwasserheizung für Eisenbahnwagen.
Es liegt uns ein umfangreicher Bericht des Chefingenieurs der französischen Ostbahn,
L.
Regray, an den Verwaltungsrath der letztern vorL. Regray: Le chauffage des roitures de toutes
classes sur les chemins de fer. (Paris 1876. Dunodat Dupont) Vgl. auch Annales des mines, 1877 Bd. 11 S. 129.
Bulletin de la Société
d'Encouragement, 1877 Bd. 4 S.
484., welcher eine Beschreibung und Kritik der verschiedenen
auf den europäischen Haupteisenbahnen eingeführten Wagenheizsysteme umfasst. Die
Frage, welches derselben sich für die klimatischen und Verkehrs-Verhältnisse in
Frankreich am besten eignet und der Individualität sowie dem Temperamente der
Franzosen am meisten zusagt, findet ihren Abschluss darin, dass Regray das von der Ostbahn-Gesellschaft eingeführte System der Warmwasserheizung als
dasjenige bezeichnet, welches vor allen übrigen den Vorzug verdient. Dieser
Ausspruch stützt sich hauptsächlich auf die von der genannten Gesellschaft mit
verschiedenen Heizmethoden erzielten Versuchsresultate.
Fig. 6 Taf. 24
stellt einen Wagen 3. Klasse, mit 10 Sitzbänken, zur Hälfte im verticalen
Längenschnitte, zur Hälfte in der Seitenansicht dar. Fig. 7 Taf. 24 ist ein
Horizontalschnitt, zur Hälfte in der Höhe der Tragbäume, nach herausgenommenem
Boden, zur Hälfte in der Höhe der Einfassungsleiste, und Fig. 1 Taf. 23 ein
senkrechter Querschnitt, a sind die hohlen,
gusseisernen, in den Fussboden eingebetteten Wärmeplatten, auf welchen die Füsse
ruhen. Ihre Construction und Verbindung mit den Circulationsröhren ist aus dem im
grösseren Massstabe ausgeführten Verticalschnitte durch den Fussboden (Fig. 2 Taf. 23)
deutlicher zu ersehen. Die Circulationsröhren b und c, von denen aus das heisse Wasser die Wärmeplatten a der Wagenabtheilungen durchströmt, sind ausserhalb
angeordnet. Wie die Pfeile andeuten, leitet die Röhre b
das Wasser von dem unter dem Wagen angebrachten kleinen Kessel f herbei, während c das
abgekühlte Wasser in denselben zurückführt. Um die Circulation im Gang zu erhalten,
genügt ein Niveauunterschied zwischen dem hin- und zurückführenden Rohrstrang von
0m,55. Zur Vermeidung des Wärmeverlustes sind
die Leitungsröhren an den geeigneten Stellen mit Filz überzogen. Unter einer der
Sitzbänke ist das Expansionsgefäss d angeordnet,
welches, wie aus dem Verticalschnitt Fig. 3 Taf. 23 deutlich
hervorgeht, die Verbindung des umlaufenden Wassers mit der umgebenden Luft
vermittelt, so dass irgend ein gefährlicher Ueberdruck über den atmosphärischen
Druck nicht zu befürchten ist.
Der Kessel f selbst ist in Fig. 4 und 5 Taf. 23 in Vertical- und
Horizontalschnitt dargestellt. Er hat die Form eines Prismas mit abgerundeten Ecken und ist von
einem Filzmantel f umgeben. Im Innern des Kessels ist
ein Füllofen mit 114qc Rostfläche angebracht,
dessen doppelwandiger Rauchfang i, wie Fig. 6 Taf. 24 zeigt, sich
0m,13 über das Wagendach erhebt. Als
Brennmaterial dienen Gaskokes, womit der Ofen alle 3 Stunden durch den Rumpf g beschickt wird. Feuerhöhe, Heizfläche, Rauminhalt und
Gewicht der Apparate sind für jede Wagenklasse verschieden, worüber folgende Tabelle
die näheren Angaben enthält.
1. Klasse
2. Klasse
3. Klasse
Feuerhöhe
m
0,190
0,225
0,235
Heizfläche
qm
3 × 0,458 = 1,374
4 × 0,458 = 1,832
5 × 0,458 = 2,290
Rauminhalt
l
80
100
115
Gewicht
k
550
650
750
Die Einrichtungskosten betragen:
Für
einen
neuen
Wagen
1.
Klasse
mit
3
Abtheilungen
408
M.
„
„
„
„
2.
„
„
4
„
480
„
„
„
„
3.
„
„
5
„
520
Der Brennmaterial verbrauch beziffert sich, 1t Kokes zu 32 M. gerechnet, auf:
1k,400 oder 4,5 Pf. für 1 Wagen
und Fahrstunde,
0k,300 oder 2,6 Pf. für 1 Wagen
und Stunde Stationsaufenthalt.
Auf Grund sorgfältiger Prüfung stellt der Berichterstatter schliesslich folgende
Vortheile des in Rede stehenden Systemes auf: 1) Die Füsse ruhen auf einer Platform,
welche auf einer constanten Temperatur von 50 bis 60° erhalten wird; 2) der Kopf des
Reisenden befindet sich in einer massig warmen Luftschicht, deren mittlere
Temperatur die äussere Temperatur nur um 8 bis 10° übersteigt, was bei den
klimatischen Verhältnissen in Frankreich vollständig hinreicht; 3) der Reisende wird
durch jenes bei der Erneuerung der gewöhnlichen einschiebbaren Wärmeflaschen
unvermeidliche Oeffnen der Thüren nicht belästigt.
Der Berichterstatter bemerkt übrigens, dass auch dieses System nicht ganz frei von
Mängeln ist. Der unter jedem Wagen angebrachte Ofen, obgleich mit Kokes geheizt,
bietet bei vorkommenden Unfällen einige Gefahr. Ist eine Reparatur nöthig, so muss
der ganze Wagen in die Werkstätte geschafft werden. Die Dauer des Anheizens und die
Möglichkeit des Gefrierens legen die Nothwendigkeit auf, die Apparate unausgesetzt
geheizt zu halten. Der Bericht schliesst mit den Worten: „Wir glauben daher, dass
das System der Heisswassercirculation in unsern Klimaten die Bedingungen einer
ausgezeichneten Heizung in der befriedigendsten Weise erfüllt, und dass es von
Wichtigkeit ist, Versuche in grossem Massstabe anzustellen, um sich über die
Bedeutung der oben bezeichneten Uebelstände beim täglichen Eisenbahnbetrieb
genau Rechenschaft abzulegen.“
A. P.