Titel: | Ueber Zinkgewinnung bei ununterbrochenem Betrieb im Gebläseschachtofen; von W. Köhler. |
Autor: | W. Köhler |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 385 |
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Ueber Zinkgewinnung bei ununterbrochenem Betrieb
im Gebläseschachtofen; von W.
Köhler.
Köhler, über Zinkgewinnung.
Die letzten Jahrzehnte haben so grosse Neuerungen und allgemeine Verbesserungen auf
dem Gebiete der Metallurgie aufzuweisen, dass es seltsam erscheinen muss, dass nur
in der Darstellung des Zinkes keine durchgreifenden Reformen gemacht worden sind.
Allerdings sind grosse Verbesserungen innerhalb der von der Methode der Gewinnung gesteckten Grenzen
eingeführt worden, besonders in der Construction der Oefen und in der Erzeugung der
Temperaturen (Gasfeuerung und Regenerativfeuerung)Vgl. Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1877 *
S. 71. 78. 97., die Methode selbst aber ist beibehalten; und da
alle Nachtheile, welche die jetzige Darstellungsweise mit sich führt, durch dieselbe
allein bedingt werden, so kann nur in dieser Richtung ein Fortschritt erzielt
werden.
Bevor wir die Versuche näher betrachten, welche auf eine Verbesserung der jetzigen
Methode hinzielen, wird es zweckmässig sein, zuvor die ihr zu Grunde liegenden
Eigenschaften des Zinkes und die aus ihr hervorgehenden Schwierigkeiten und Verluste
bei der Fabrikation hervorzuheben.
Zinkoxyd wird zu metallischem Zink reducirt bei einer Temperatur, die nahe an 1000°
reicht; während die Verflüchtigung des Metalles schon bei etwa 550° vor sich geht
und der Schmelzpunkt desselben bei 420° liegt. Berücksichtigt man noch, dass die
Oxydirbarkeit des Zinkes in dampfförmigem Zustande eine sehr grosse ist, so ergeben
sich die Schwierigkeiten der Verhüttung durch eine einfache Pachtung. Während
nämlich zur Reducirung eine hohe Temperatur erlangt wird, tritt gleichzeitig die
Nothwendigkeit auf, eine rasche Abkühlung der gebildeten Zinkdämpfe zu erzielen –
eine Bedingung, die noch ganz besonders dadurch ersehwert wird, dass der Grad der
Abkühlung sich in den engen Grenzen zwischen dem Verflüchtigungspunkte und dem
Schmelzpunkte des Zinkes halten muss, also kaum 130° Schwankung gestattet ist. Dabei
muss der ganze Reductions-, Destillations- und Condensationsprocess bei
vollständigem Ausschluss Sauerstoff-abgebender Gase erfolgen. Letzterer Bedingung
ward dadurch genügt, dass man die Reduction in geschlossenen Gefässen, (Muffeln und
Röhren) unter Beimengung reducirender Substanzen (Kohle) vornimmt; die zur Reduction
nothwendige hohe Temperatur erheischt auch, dass diese Gefässe keine grossen
Dimensionen haben, damit alle Theile des Inhaltes die nöthige Hitze, welche nur
durch die Wandungen des Gefässes eindringen kann, erhalten. Die geforderte rasche
Abkühlung der Zinkdämpfe wird in einer ausserhalb des Ofens liegenden Vorlage, deren
Temperatur aber nicht geregelt werden kann, bewerkstelligt
Welches sind nun die mit dieser anscheinend dem Verhalten des Zinkes genau
angepassten Methode verbundenen Nachtheile? Sehen wir von den Schwierigkeiten ab,
die durch die Fabrikation der Destillirgefässe und complicirte Ofenconstruction
entstehen, wenngleich diese in ökonomischer Beziehung von grösstem Gewichte sind, so
muss uns zunächst der unverhältnissmässig grosse Aufwand an Brennmaterial ins Auge fallen, der mit
der jetzigen Destillationsmethode verknüpft ist, und der nach F. L. Clerc
Engineering and Mining Journal, 1876 Bd. 22 S.
247 und 417. 2 von 10 bis 20t
für 1t Rohzink beträgt. Bedingt wird derselbe: 1)
durch den besondern Verbrauch von Reductionskohle, 2) durch die grosse Wärmeabgabe
an die Destillirgefässe und die Erhitzung eines unverhältnissmässig grossen
Ofenraumes, 3) durch die nochmalige Verarbeitung der zinkischen Rückstände und des
Zinkstaubes, 4) durch die jedesmal beim Beschicken der Gefässe erfolgende Abkühlung
derselben. Letzterer Punkt leitet uns naturgemäss auf den Zeitverlust, der durch die
Unterbrechung des Betriebes veranlasst wird und dessen Bedeutung meines Wissens bis
jetzt nicht genug geachtet wurde.
Alle diese Mängel indessen müssen als nebensächlich angesehen werden gegenüber dem
Metall Verluste, welcher unzertrennlich mit der Destillation in Gefässen verbunden
ist und der wohl selten weniger als 20 Proc. des Gehaltes der Erze beträgt. Derselbe
wird herbeigeführt: 1) Durch die Unmöglichkeit, mittels erhöhter Spannung der
Zinkdämpfe alles Zink dem Atmosphärendruck entgegen in die Vorlage zu treiben;
dieses Zink geht beim Ausräumen des Gefässes verloren. 2) Durch die Verflüchtigung
des Zinkes durch Risse und Sprünge des Gefässes, wie sie bei so hohen Temperaturen
und so häufiger Abkühlung nicht ausbleiben, sowie durch Eindringen des Metalles in
die porösen Wandungen. 3) Durch mangelhafte Condensation in der Vorlage (Bildung von
Zinkstaub oder Zinkoxyd). – Wird nun auch immer ein Theil des verflüchtigten Zinkes
wieder gewonnen, so kann man doch mit Clerc sagen, dass
das Metall mit Löffeln in die Gefässe eingefüllt, aber nur tropfenweise wieder
erhalten wird, und dass fast die Hälfte des schliesslich gewonnenen Metalles zweimal
verarbeitet worden ist. Diese Bemerkung bezieht sich zwar zunächst auf die belgische
Methode, ist aber mehr oder weniger auch für alle andern zutreffend.
Um den Verlust durch mangelhafte Condensation (der schwierigste Punkt des ganzen
Processes) klar zu machen, will ich Thum's
Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1877 S.
149. Bemerkungen darüber anführen. Leitet man nämlich Zinkdämpfe
in einen Behälter, dessen Temperatur niedriger als der Schmelzpunkt des Zinkes ist,
so tritt dasselbe ein, wie wenn Wasserdampf in einen Raum gebracht wird, dessen
Temperatur niedriger als 0° ist. In letzterem Falle bildet sich Reif statt Eis, in
ersterem ganz entsprechend Zinkstaub, d.h. metallisches, fein vertheiltes Zink statt
flüssiges Zink.
Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass eine Regulirung der Temperatur der
ausserhalb des Ofens liegenden Vorlage nicht möglich ist; es wird sich also beim
Beginne der Destillation Zinkstaub in derselben ansammeln, die Temperatur ist zu
niedrig. Ist dieselbe im Gegentheile zu hoch, so verbrennen die nicht condensirten
Zinkdämpfe zu Oxyd. Eine Regulirung der Temperatur wird überhaupt erst möglich durch
ein in der Vorlage sich bildendes Zinkbad; dieses aber tritt erst ein, nachdem
während eines ziemlich langen Zeitraumes sich blos Zinkstaub gebildet hat. Diese
Periode kann wohl durch sorgfältige Wartung des Ofens abgekürzt, aber nie ganz
vermieden werden. Timm, der gewiss als eine Autorität
auf dem Gebiete des Zinkhüttenwesens angesehen werden kann, hält überhaupt dafür,
dass der Hauptmangel des jetzigen Verfahrens und die Hauptschwierigkeit bei der
Darstellung des Zinkes in Schachtöfen in der Condensation der Zinkdämpfe begründet
sind. Alle Versuche sind bislang an dieser Klippe gescheitert, und obwohl bei
einigen metallisches Zink erhalten wurde, so war das Ausbringen doch ein so
geringes, dass sie als völlig werthlos angesehen werden müssen.
Thum hält es für möglich, eine Zinkgewinnung ohne
Gefässe in Flammöfen oder Schachtöfen zu betreiben, wenn nur für eine gute
Condensation gesorgt wird. Er empfiehlt zu diesem Zwecke ein langes,
Flammofen-ähnliches Gefäss, in welchem eine entsprechende Menge geschmolzenes Zink
enthalten und so die zur Condensation günstigste Temperatur constant erhalten würde,
so dass vielleicht jede Zinkstaubbildung vermieden werden könnte.
Aus dem Vorhergehenden wird es begreiflichbegreiflilch geworden sein, warum es der Wunsch aller Zinkhüttenleute ist, die
Destillation in Thongefässen zu verlassen, und warum so viele Versuche zur
Einführung einer neuen, rationellem, continuirlichen Zinkgewinnung gemacht worden
sind. Bis in die neueste Zeit sind alle diese Bestrebungen erfolglos geblieben; erst
ganz vor Kurzem scheint eine neue Erfindung die Lösung des Problems näher gerückt zu
haben. Es ist dies Clerc's Zinkschachtofen (vgl. *1877
224 179). Versuche in grösserem Massstabe sind
allerdings noch nicht gemacht worden, was bei der gedrückten Lage der Industrie
erklärlich ist, die Bestätigung durch die Praxis fehlt also noch (neuem Nachrichten
zufolge soll in Kurzem damit begonnen werden); nichts destoweniger sind die
Grundsätze, die den Erfinder geleitet haben, so richtige und die von ihm angegebenen
Mittel zur Erreichung des Zweckes anscheinend so zweckmässig gewählt, dass es nicht
nur möglich erscheint, sondern sogar einige Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, in dem
von ihm angegebenen Apparate das Zink ununterbrochen und mit Vortheil
darzustellen.
Bevor wir diesen Zinkofen näher besprechen, wollen wir zuvor die Betrachtungen,
welche der Erfinder anstellte, und die Fragen, die er aufwarf, bevor er an die
Lösung seiner Aufgabe ging, kurz aus einander setzen. Die an den Ofen gestellten
Anforderungen waren: 1) metallisches Zink in demselben darzustellen; 2) dasselbe vor
Oxydation zu schützen;
3) es in flüssigem Zustande zu condensiren und 4) den Betrieb zu einem
ununterbrochenen zu machen.
Die Frage: Kann Zink in metallischem Zustande durch Einführen von Gebläseluft in ein
Gemenge von Erz und Kohle erhalten werden, ist durch die Thatsache erledigt, dass in
Wetherill's Zinkoxydofen durch Einleiten von
Gebläseluft in ein Gemenge von Erz und Kohle auf einem Roste Zinkoxyd erhalten wird.
Zinkoxyd ist aber nicht flüchtig, es muss also aus verflüchtigtem metallischen Zink
entstanden sein.
In Betreff des Schutzes gegen Oxydation ist zu bemerken, dass Zink besonders in hohen
Temperaturen eine grosse Verwandtschaft zu Sauerstoff hat, welchen es der Luft, der
Kohlensäure und dem Wasserdampfe entnimmt, und da alle diese Verbindungen in einem
Gebläseschachtofen zugleich auftreten können, so lässt sich die Frage dahin stellen,
ob es möglich ist, das Auftreten dieser Sauerstoffquellen zu vermeiden? Trockene
Zinkerze (sei es geröstete Blende oder calcinirter luftfreier Galmei) enthalten
keine Sauerstoff-haltigen Gase; ebenso kann das Brennmaterial (Anthracit, Koke,
Holzkohle) vollständig frei davon erhalten werden. Es blieben also für die Abgabe
von Sauerstoff nur übrig: die Gebläseluft, die durch Reduction des Zinkoxydes sich
bildende Kohlensäure und auch die Kohlensäure, welche sich durch Reduction
beigemengter Metalloxyde (Eisen, Mangan, Blei) bildet; letztere kommt in vielen
Fällen gar nicht in Betracht. Was den Einfluss der Gebläseluft anbelangt, so wissen
wir aus der Erfahrung, dass, wenn Luft durch eine dicke Schicht glühender Kohlen
geblasen wird, die ausströmenden Verbrennungsgase fast nur aus Kohlenoxyd,
Wasserstoff und Stickstoff bestehen, also keine oxydirende Wirkung ausüben können.
Die Reduction des Zinkoxydes durch Kohle zu Zink und Kohlensäure erfolgt erst in
einer Temperatur von ungefähr 1000°, muss also im untern Theile des Ofens, da wo die
Gebläseluft die lebhafteste Verbrennung bewirkt, vor sich gehen. Die so gebildete
Kohlensäure entsteht also in derselben Ofenzone, wie die aus dem Brennmaterial sich
entwickelnde. Verfolgen wir ihren Lauf im Ofen aufwärts, so finden wir, dass sie
eine bedeutende Schicht Kohle zu passiren hat, bevor sie austreten kann, und da
Kohlensäure durch Kohle noch bei 300° – eine Temperatur bedeutend niedriger als die
der Reduction des Zinkoxydes – zu Kohlenoxyd reducirt wird, so kann auf keinen Fall
eine einigermassen bedeutende Menge Kohlensäure in dem ausströmenden Gasgemenge
enthalten sein. Man könnte also daraus schliessen, dass bei sorgfältiger Röstung und
Trocknung von Erz und Brennmaterial und bei Ausschluss fremder Metalloxyde keine
Wiederoxydation des Zinkes zu befürchten steht, wenn nur hinreichend heiss geblasen
wird und die Kohlenschicht im Ofen genügende Dicke besitzt, wie dies auch Clerc durch Versuche nachgewiesen haben will.
Allerdings bliebe dabei noch Folgendes zu erinnern. Die Verwandtschaft des Sauerstoffes der Kohlensäure
zum Zink ist noch bei einer Temperatur von 300° eine sehr grosse und nimmt bei
steigender Wärme zu, während die reducirende Wirkung des Kohlenoxydes auf Zinkoxyd
schon wenig unter 1000° aufhört. Da nun angenommen werden kann, dass in einem
Gebläseschachtofen die Verbrennung der Kohle zu wenigstens ⅓ Kohlensäure und ⅔
Kohlenoxyd vor sich geht, so ergibt sich, mit Hinzurechnung der aus dem reducirten
Oxyde entstandenen, eine ziemliche Menge Kohlensäure, welche zu Kohlenoxyd bei derselben Temperatur reducirt werden muss, bei welcher
letzteres noch reducirend auf wiederum gebildetes Zinkoxyd einwirken kann. Würde
nämlich die vollständige Reduction der Kohlensäure zu Kohlenoxyd erst in einer
Temperaturzone erfolgen können, die nicht mehr der Reductionstemperatur des
Zinkoxydes entspricht, so würde die Reduction der Kohlensäure zu Kohlenoxyd zunächst
auf Kosten der metallischen Zinkdämpfe vor sich gehen und die dem Ofen entströmenden
Gase würden auch dann hauptsächlich Kohlenoxyd enthalten. Es ergibt sich hieraus,
dass die Hauptschwierigkeit des Processes darin Hegt, eine Ofenzone von solcher
Ausdehnung und von einer solchen Temperatur zu erhalten, dass alle wie immer
gebildete Kohlensäure zu Kohlenoxyd in ihr reducirt wird, bevor die Temperatur unter
die Reductionstemperatur des Zinkoxydes gefallen ist. Clerc's Bemerkung, wenn nur hinreichend heiss geblasen wird, scheint auf
diese Schwierigkeit hinzuweisen. In wiefern die Construction des Ofens, der bereits
in D. p. J. *1877 224 179
beschrieben und dessen Betrieb mitgetheilt wurde, dieser Anforderung gerecht wird,
muss, wie oben gesagt, durch die Praxis erst bestätigt werden.
Die Condensation der Zinkdämpfe zu flüssigem Zinke beruht, wie bereits bemerkt, auf
die Innehaltung des richtigen Temperaturgrades, und lässt sich nicht verkennen, dass
die Anordnung der von Clerc vorgebrachten
Condensationsräume der Erhaltung einer gleichförmigen Temperatur eine günstige ist.
Ganz wird sich allerdings die Bildung von Zinkstaub nicht vermeiden lassen; es fragt
sich nur, in welchem Verhältnisse dessen Menge zu der des flüssigen Zinkes stehen
wird; dieses Ergebniss muss ein Hauptkriterium zur Beurtheilung des praktischen
Werthes der neuen Methode abgeben.
Vergleicht man die von Clerc getroffenen Einrichtungen
mit dem schon früher von Adrian Müller (1864 171 203) angegebenen Verfahren, so ist es interessant zu
sehen, wie Beide, von der Beobachtung derselben Thatsachen ausgehend, zu ganz
verschiedenen Schlüssen geleitet wurden. Während Clerc
sein Hauptaugenmerk darauf gerichtet hat, die Wirkung der Kohlensäure gänzlich
auszuschliessen und eine Condensation von flüssigem Zink durch langsame Abkühlung
der Dämpfe bei constanter Temperatur zu erzielen, arbeitete. A. Müller mehr darauf hin, die Wirkung der Kohlensäure durch möglichst
rasche Abkühlung der
Zinkdämpfe auf ein Minimum zu beschränken, wobei er allerdings neben Zinkoxyd immer
Zinkstaub erhielt. Jedenfalls scheint das dem Clerc'schen Hohofen zu Grunde liegende Princip vom theoretischen Standpunkte
das richtigere zu sein. Wir werden aber demnächst über die von A. Müller und Lencauchez
angestellten Versuche ausführlicher berichten.
Zum Schlusse soll noch bemerkt werden, dass der Unterharzer Zinkstuhl den praktischen
Beweis liefert, dass eine Zinkgewinnung in Gebläseschachtöfen überhaupt möglich ist,
wenngleich nur ein kleiner Theil des in den Erzen enthaltenen Zinkes auf diese Weise
erhalten wird und zu erwarten steht, dass eine continuirliche Gewinnung des Zinkes
in Schachtöfen nur noch eine Frage der Zeit ist. Clerc's Versuche, wie immer auch ihr praktisches Resultat sein mag, sind
jedenfalls als eine Annäherung an dieses Ziel aufzufassen.