Titel: | Neues Dampfabsperrventil. |
Autor: | Pichler |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 518 |
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Neues Dampfabsperrventil.
Mit Abbildungen auf Tafel
33.
Pichler's Dampfabsperrventil.
Die Dampfabsperrventile, wie sie bei Kessel- und Dampfmaschinen-Anlagen gewöhnlich
verwendet werden, haben einige Unvollkommenheiten, welche mehr oder weniger in deren
Construction begründet sind und zuweilen zu beträchtlichen Dampfverlusten
führen.
Bei Ventilen mit conischem oder flachem Sitze ist meist die kleinere Fläche dem
Dampfdrucke ausgesezt; dadurch wird aber das Ventil, gerade dem Abschlusse
widersinnig, durch den gespannten Dampf von seinem Sitze abgehoben, wodurch die wichtigste Aufgabe
desselben, einen vollkommenen, ganz verlässlichen Dampfabschluss zu sichern, sehr
erschwert ist.
Es geschieht wohl auch zuweilen, dass der Dampfdruck das Ventil belastet; jedoch der
Umstand, dass es dann sehr schwierig wird, die Stopfbüchse nachzupacken, in
Verbindung mit der Nothwendigkeit, beträchtliche Kräfte zur Eröffnung des Ventiles
zu verwenden, hat immer wieder zur ersteren Anordnung zurückgeführt.
Die gewöhnliche Ausführung der Ventile wird daher selten vollkommene Dichtung
aufweisen; die geringste Folge, welche das Ventil oder die auf Druck, unter
Umständen sogar auf Zerknicken beanspruchte Spindel, oder aber die Verschraubung der
Deckelflanschen dem herrschenden Drucke leisten, muss zu blasenden Ventilen, d. i.
zu Dampfverlusten führen. In der Regel entziehen sich freilich diese Verluste der
Beobachtung; denn meistens bläst der Dampf in das Innere der druckfreien Rohrleitung
aus, wo er dann condensirt. Um daher mit einem gewissen Grade von Sicherheit
derartige Undichtheiten zu vermeiden, wird häufig das Ventil über Gebühr auf seinem
Sitze niedergepresst, wodurch leicht die Packung des Deckels beschädigt und die
Spindel verbogen werden kann, der Constructeur aber stets gezwungen ist, diese
Abschlussorgane viel kräftiger zu entwerfen, als dies ihr eigentlicher Zweck
erfordert.
Fig. 1 bis
3 Taf. 33
zeigen Skizzen eines Absperrventiles für geringere, Fig. 4 für grössere
Drücke, welchen die eben besprochene Mangelhaftigkeit nicht anhaftet. Der Dampf
belastet das Ventil und dichtet es auf seinem Sitze; die Schraubenspindel liegt
hierbei aber nicht auf der Dampf-, sondern auf der Gegenseite, wodurch volle
Sicherheit für die Dichtung und die Möglichkeit, die Stopfbüchse jederzeit
nachpacken zu können, erreicht ist. Fig. 1 und 2 stellen das Ventil in
einem kugelförmigen Gehäuse als Durchgangsventil, Fig. 3 in einem
cylindrischen Gehäuse als Winkelventil dar. Bei der letzteren Anordnung entfällt
auch der Deckel gänzlich. Fig. 4 schliesslich zeigt
die Ausführung für grössere Ventile, bei denen auf eine Entlastung Rücksicht
genommen werden muss; letztere kann entweder durch Anwendung eines Doppelsitz-, oder
aber eines Voreilventiles, wie in Fig. 4 angenommen,
erreicht werden.
Vielfach ist die Anschauung verbreitet, dass die starke Belastung des Ventiles durch
den Dampfdruck zu grosse Kräfte zum Oeffnen fordert und man daher zweckmässiger auf
das Ventil von unten drücken lässt. Es ist freilich wahr, dass im ersten Falle, bei
der Eröffnung, der grosse Druck überwunden werden muss; ebenso richtig aber ist es,
dass im zweiten Falle beträchtliche Dampfverluste sich einstellen werden, wenn das
Ventil nicht wenigstens mit ebensolcher Kraft auf dem Sitze niedergepresst wird. Es
entfallen somit die Bedenken gegen die Wahl der Oberseite des Ventiles als Dampfseite vollkommen.
Handelt es sich schliesslich um Ausserbetriebsetzung oder um die Erprobung eines
Kessels in einer Anlage, so ist man bei den gewöhnlichen Abschlussorganen gezwungen,
die Dampfleitung aufzureissen und. mittels Blindflansche einen sicheren Abschluss
und vollkommene Isolirung von der übrigen Anlage herzustellen. Bei der Anwendung der
hier besprochenen Ventilanordnung hingegen wird diese Vorsichtsmassregel ganz
überflüssig; denn je gesteigerter die Spannungen sind, desto verlässlicher muss der
Ventilschluss functioniren; es kann somit an Zeit und Arbeit, sorgfältig
hergestellte Packungen aufzureissen und mühsam wieder zu dichten, viel gespart
werden. – Diese Ventile sind durch Patent in Oesterreich-Ungarn geschützt.
Pichler.