Titel: | Dampfmaschine von E. W. Turner in St. Albans (England). |
Autor: | M |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 520 |
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Dampfmaschine von E. W. Turner in St. Albans (England).
Mit Abbildungen auf Tafel
33.
Turner's Dampfmaschine.
Eine eigenthümliche Richtung modernen Maschinenbaues wird durch die englischen Box-engines, in Gehäuse eingeschlossene Maschinen,
repräsentirt, welche als Hauptvorzug geringes Raumerforderniss und Einfachheit bei
grosser Tourenzahl und Leistungsfähigkeit geltend machen, stets mehrere, aber
einfach wirkende Cylinder besitzen, und den Mechanismus, ganz oder theilweise, immer
in einem eigenen Gehäuse eingeschlossen haben, so dass ihr englischer Gattungsname
wirklich ein gemeinsames Kennzeichen hervorhebt und daher wohl berechtigt auch in
unsere Sprache herübergenommen werden kann.
Zahlreiche Beispiele derartiger Constructionen sind schon in diesem Journal
besprochen worden, so Brotherhood's
Dreicylindermaschine (*1874 213 272), Willems' (*1874 214 89)
176), Wests (1875 *217 441.
218 458), Outridge's (S.
327 d. Bd.) Maschine u.a., und wenn wir auch zugeben müssen, dass es nur wenig Fälle
geben wird, in denen nicht eine gewöhnliche einfache Dampfmaschine billigeren und
besseren Dienst auf die Dauer leistet, so erwecken doch die netten und geistreichen
Constructionen in
der fortwährend zunehmenden Zahl dieser Maschinchen stets aufs neue unser
Interesse.
Die in den Fig.
7 bis 10 Taf. 33 nach Engineering, 1877 Bd. 24 8,
435 dargestellte Maschine, welche bei 5e nur
254k wiegen soll, besteht aus zwei neben
einander liegenden Cylindern, die in einem Stück gegossen und auf ein Gehäuse
aufgeschraubt sind, das die zweimal gekröpfte Maschinenwelle umschliesst. Der so
gebildete Raum ist, wie gewöhnlich in solchen Fällen, vom Auspuffdampf erfüllt, der
von hier aus, durch eine in den Skizzen nicht ersichtliche Oeffnung, ins Freie
entströmt. Ein viereckiger Deckel (Fig. 9) gestattet, die
zweitheiligen Stangenkopf- und Excenterbügel loszulösen, worauf die Welle nach
Entfernung eines der seitlichen Deckel, welche ihre Stopfbüchsenlager tragen,
herausgenommen und ebenso die Dampfkolben, nach Entfernung der oberen
Cylinderdeckel, sammt den Umkehrventilen, Schiebern und Stangen herausgezogen werden
können. Auf diese Art wird die Demontirung der Turner'schen Maschine eine äusserst einfache.
Die Verbindung der Treibstangen mit den Dampfkolben, sowie die Führung der letzteren
durch einen plungerförmigen Ansatz ist aus den Figuren klar ersichtlich; der um
letzteren gebildete Ringraum ist fortwährend von frischem Dampfe erfüllt, welcher
den Kolben, sobald oberhalb Auspuff stattfindet, nach aufwärts treibt.
Die Steuerung ist entsprechend einer einfach wirkenden Maschine so eingerichtet, dass
beim Kolbenniedergange frischer Dampf oberhalb des Cylinders zugeführt wird, welcher
beim Aufgange des Kolbens durch das Innere des Führungsplungers in das
Ständergehäuse entweicht. Zu diesem Zwecke dient bei Drehung der Maschine nach dem
Weile Fig. 7
der Muschelschieber s, welcher in der gezeichneten
Stellung den Dampf des Ringraumes durch den Kanal c in
den Umkehrschieber r, durch die Muschel desselben zum
Kanal a (Fig. 8) und von hier aus
über den Kolben zur Wirkung gelangen lässt. Bei dem nun stattfindenden Niedergange
bewegt sich Umkehrschieber sammt Kolben und Steuerungsschieber nach abwärts;
letzterer wird dabei, gegenüber seinem Schiebergesichte, auch relativ nach abwärts
bewegt, da der den Schieber s bewegende Daumen in Folge
der Neigung der Treibstange nach abwärts gerückt wird. Nach Ueberschreitung der
Mittelstellung rückt der Schieber s wieder nach
aufwärts und würde im unteren todten Punkt genau wieder seine Mittelstellung
erreicht haben, wenn seine Bewegung direct von dem oberen Kopfe der Treibstange
abgeleitet wäre. Da aber auf diese Weise die Erzielung eines linearen Voreilens
unmöglich wäre, so wendet Turner neben der Treibstange
eine eigene Excenterstange an, deren unteres Ende neben der Treibstange auf dem
excentrisch abgedrehten Bund des Treibzapfens sitzt (in Fig. 7 im Schnitt),
während das obere Ende den Bolzen des Dampfkolbens mit einer Coulissenführung
umgreift. In dieser
Coulisse erst ist der Daumen angebracht (vgl. Fig. 10), welcher den
Schieber s mitnimmt, denselben daher, entsprechend der
Excentricität des Bundes, im oberen todten Punkte unter die Mittelstellung
herabzieht, im unteren todten Punkte darüber hinausschiebt und derart oben sicheren
Eintritt, unten Voraustritt erzielt. Nachdem der zweite (s gegenüber liegende) Schieber t genau die
entgegengesetzten Bewegungen von s macht, so ist ohne
weiteres klar, dass die Maschine umgesteuert wird, sobald der Schieber s wirkungslos gemacht ist und t zur Thätigkeit kommt. Dies geschieht durch Verdrehung des
Umkehrschiebers r, welcher die Oeffnung c verschliesst und b mit
a in Verbindung setzt. Um den Umkehrschieber r in jeder Stellung verdrehen zu können, hat derselbe
eine vierkantige Stange aufgesetzt, welche in der Hülse des Umkehrhebels auf und
nieder gleitet. Bei zweicylindrigen Maschinen sind selbstverständlich diese Hülsen
mit einander gekuppelt.
M.