Titel: | Die Boraxgewinnung in Amerika. |
Autor: | S–t |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 562 |
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Die Boraxgewinnung in Amerika.
Durand, über die Boraxgewinnung in Amerika.
Unter den Industriezweigen, welche den Borax verwenden, nimmt die Glasfabrikation und
die Keramik die hervorragendste Stelle ein, und zwar deshalb, weil er die
Eigenschaft besitzt, bei hoher Temperatur Metalloxyde aufzulösen und durchsichtiges
Glas zu bilden, dessen Farbe von dem Metall abhängt, welches dabei verwendet wurde.
Auch bei der Emailfabrikation, beim Steingutglasiren und bei Strass findet Borax
umfangreiche Verwendung. In den grossen Glas- und Porzellan-Fabriken Europas war
seine Benutzung nur durch den hohen Preis desselben eine beschränkte, so lange die
Hauptbezugsquelle Italien war. Durch die Entdeckung der Boraxfelder im westlichen
Amerika ist diese Einschränkung der Hauptsache nach fortgefallen, so dass
augenblicklich die Anwendung des Borax schnell gestiegen ist und die Einfuhr
desselben aus jenen Gegenden allgemach einen sehr wichtigen Handelszweig zu bilden
verspricht.
Einige Mittheilungen über die Behandlung der Boraxfelder von Californien und Nevada
hat Emil Durand, gestützt auf seine mehrjährigen
Erfahrungen in der Boraxgewinnung, im Bulletin de la Société
d'Encouragement, 1877 Bd. 4 S. 444 gegeben.
Die verschiedenen Borsäureverbindungen, welche vorzugsweise gefunden werden, sind:
Natriumborat und mehrere Kalkborate, als Hayesin oder Ulexit, Cryptomorphit und
Datolith. Die Hauptlager bilden eine Art Gürtel in dem Erdreich, welches,
vulkanischen Ursprunges, die Sierra Nevada im Norden und Osten umgibt. Diese Gegend
ist reich an heissen
Quellen, von denen einige salzhaltige Schwefelquellen sind, und kann die Entstehung
des Borax, welcher in den Salzlagern der Thäler gefunden wird, auf zweierlei Weise
gedeutet werden, entweder indem man annimmt, dass die tiefen Quellen Borsäure oder
Borax in Lösung enthielten, oder dass das Wasser eines grossen Beckens sich in ein
kleineres ansammelte und hier in einer weit hinter uns liegenden Zeitperiode Borax
aufspeicherte. Die zweite Annahme ist die wahrscheinlichere, weil die Salze, welche
den Borax begleiten (Magnesiumsulfat, Chlormagnesium und andere Magnesiumsalze) in
grossen Mengen in den angrenzenden Bergen vorkommen. Der borsaure Kalk in den Lagern
ist wahrscheinlich durch doppelte Zersetzung entstanden. Er tritt an der Oberfläche
in Krusten auf, im Boden kommt er in Klumpen von jeder Grösse vor, welche zuweilen
über 2k wiegen und das Borat in langen seidenen
Fasern oder als amorphes Pulver, gemischt mit Sand und Natriumverbindungen,
enthalten. Der an der Oberfläche gewonnene Borax besteht aus kleinen, gelblich weiss
gefärbten Krystallen, welche einen schwach süsslichen und ganz angenehmen GeschmackGeschmak haben, der wahrscheinlich durch organische Substanzen verursacht wird, da
er nach der Reinigung verschwindet.
Eine dünne Stahlschaufel mit scharfer Kante dient zum Sammeln des Salzes, welches
mittels Karren auf ein flaches, über grossen hölzernen Bottichen von etwa 16cbm Inhalt befindliches Dach geschafft wird. Von
hier aus wird der Borax in die Bottiche, welche vorher mit Wasser gefüllt und durch
directen Dampf zum Sieden erhitzt wurden, hineingeschaufelt, bis die Spindel 23° B.
zeigt. Diese Concentration würde zu gross sein, wenn reiner Borax vorläge; allein
die beigemengten Verunreinigungen (Natriumsulfat und Steinsalz), der Schlamm und der
suspendirte borsaure Kalk vergrössern das specifische Gewicht bedeutend. Ist die
oben angegebene Concentration erreicht, so überlässt man die Lösung der Ruhe,
schöpft die Unreinigkeiten ab, welche oben schwimmen, und leitet die Flüssigkeit
durch Kautschukschläuche in Krystallisationsgefässe. Diese letzteren sind Kästen von
fast 3m Länge, 2m Höhe und Im Breite. Die Flüssigkeit kühlt sich langsam in einem Zeitraum
von etwa 10 Tagen auf 25° ab. Hierauf öffnet man einen Zapfen am untern Ende des
Kastens und entfernt die Mutterlauge, den Schlamm und die grossen Boraxkrystalle,
welche sich durch Aneinanderlagerung kleiner Krystalle gebildet haben. Diese
Krystalle wäscht man mit der Mutterlauge in ein anderes Gefäss, indem man sie in
einem langen, mit Wasser gefüllten Trog mit einem Rührer durcharbeitet, und
krystallisirt sie später um. Auf dem Boden des Krystallisationsgefässes befindet
sich eine Boraxschicht von etwa 15mm Dicke, welche
mit der Haue ausgebrochen wird. Jetzt lässt man das Salz 3 bis 4 Tage auf flachen
Dächern trocknen und füllt es zu 75k in geeignete
Säcke.
Die Entfernung von Columbus in Nevada (einem Hauptlager) bis nach Wadsworth, der
nächsten Central-Pacific-Bahnstation, beträgt etwa 580km in einer unkultivirten Gegend. Als Transportmittel dient ein Zug aus
drei Wagen, deren Deichseln mit einander verkuppelt sind, und vor welchen 24
Maulesel gespannt werden. Kommt man an eine schwierige Stelle, so trennt man die
drei Wagen und führt sie einzeln über das vorliegende Hinderniss, so dass man über
30t mit einer Ladung fortschafft. Die Fracht
für diese Reise erhöht die Kosten des Borax um etwa 12 Pf. für 1k. Von Wadsworth nach San Francisco beträgt sie
ebenfalls 12 Pf. und von da bis New York stellen sich die Transportkosten auch nur
auf 12 Pf. Die monatliche Production des Borax in Californien und Nevada schätzt man
auf 200t.
S–t.