Titel: | Ueber den Ultramarin. Erste Abtheilung von Dr. Knapp und Dr. P. Ebell. |
Autor: | Knapp , P. Ebell |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 69 |
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Ueber den Ultramarin. Erste Abtheilung von Dr.
Knapp und Dr. P. Ebell.
Aus dem chemisch-technischen Laboratorium
der technischen Hochschule zu
Braunschweig.
Knapp und Ebell, über den Ultramarin.
Die wissenschaftlichen Untersuchungen über das unter dem Namen
„Ultramarin“Es ist neuerdings gegen den früheren Sprachgebrauch Mode geworden, diesem
Worte das sächliche Geschlecht beizulegen und „das Ultramarin“ zu
schreiben. Es kommt ganz darauf an, was man bei diesem substantive
gebrauchten Adjectivum supplirt. Ultramarinum sc.
pigmentum wäre an sich gerechtfertigt, aber es liegt doch kein
Grund vor, von der altern Schreibart „der Ultramarin“, Ultramarinus sc. color auf einmal abzugehen.
Auch das französische Wort „outremer“,
ganz gleicher Abstammung, ist jederzeit männlich. bekannte
Farbenmaterial sind in ihren Veröffentlichungen nachgerade zu einer umfangreichen
Literatur angeschwollen. Während man denselben Erweiterung unserer Erkenntniſs in
zahlreichen und werthvollen Thatsachen verdankt, so haben sie doch den Hauptpunkt –
die Frage über die eigentliche Natur des Ultramarins – bis jetzt im Dunkeln
gelassen. Das Wenige, was in dieser Beziehung laut geworden, sind blose Hypothesen,
ohne alle objective Begründung.
Die Thatsache dieser trotz dem ungemeinen Aufwand an Arbeit und Studium gebliebenen
Lücke weist unzweideutig auf einen Mangel in der Methode, theilweise auch in der
Fragestellung hin. In der Methode, insofern man fast ausschlieſslich die analytische
zur Anwendung gebracht, die offenbar zum Abschluſs der Frage unzureichend. In der
Fragestellung, indem mehrere dasjenige Moment anticipiren, was eben festgestellt
werden soll, nämlich die innere Verfassung des Ultramarins.
Die vorliegende Untersuchung tritt an die Lösung der Frage auf dem Wege der
genetisch-synthetischen Methode heran, wie sie auch neuereDie im Folgenden mitgetheilten Untersuchungen
sind schon vor 3 Jahren ausgeführt, die Veröffentlichung aber durch
zufällige Umstände zurückgehalten worden. Autoren, namentlich Philippi und Böttinger,
mehr oder weniger adoptirt haben. Es handelt sich zunächst ausschlieſslich um den
blauen Ultramarin, im Gegensatz zu dem grünen und rothen, mit der Aufgabe, die
Entstehung der blauen Farbe, die Bedingungen derselben in ihrer Entwicklung zu
verfolgen und ihr Wesen zu bestimmen. Die Darstellung des Ultramarins zerfällt
jederzeit in zwei verschiedene Vorgänge, welche in der Ausführung im Kleinen wie im
Groſsen bald getrennt, bald mit einander verschmolzen auftreten können, nämlich:
Erzeugung des rohen Glühproductes, der Ultramarinmutter, einerseits und der
Umwandlung derselben in Blau, das Blaubrennen, andererseits. Nach diesen beiden Richtungen
theilt sich demgemäſs auch die Lösung der Aufgabe.
Die Untersuchungen unserer Vorgänger, so weit sie hier in Betracht kommen, der
neuesten Zeit angehörig, sind in Jedermanns Hand. Eine Aufzählung derselben und
Wiederholung des Inhaltes schien uns daher füglich unterbleiben zu können. Wo wir
Thatsachen ohne Nennung des Autors reproduciren, oder bereits der Wissenschaft
angehörige Thatsachen bestätigen, sind wir selbstverständlich nicht gemeint, damit
einen Anspruch an fremdes Eigenthum zu machen.
I) Bedingungen der Bildung der Ultramarinmutter.
Als Ausgangspunkt wählte man die von Gentele seiner Zeit
angegebene sehr zweckdienliche Mischung aus:
KaolinMan verwendete geschlemmten Kaolin von der Fürstenberger
Porzellanmanufactur.
Soda
Schwefel
Kohle
100
100
60
12 G.-Th.
Wesentliche Voraussetzungen bei der Handhabung dieser
Vorschrift sind, wie bei der Bereitung des Ultramarins überhaupt und im Groſsen:
feinste Zertheilung des Materials, innigste Mischung, dann angemessene Temperatur.
Eine unter jenen Vorsichtsmaſsregeln bereitete Mischung, in einen hessischen Tiegel
eingestampft, wurde 5 Stunden lang in einen mit Kokes beschickten Ofen bei einer bis
zur kaum beginnenden Sinterung reichenden Temperatur (lebhafte Rothglut) geglüht.
Das Product glich in Ansehen und Beschaffenheit ganz dem rohen Ultramarin der
Fabriken und zeigte in seinen verschiedenen Schichten ungleiche Beschaffenheit:
Unter der obersten, mäſsig starken, intensiv blauen folgte eine ebenfalls seichte
blaugrüne, ins reine Grün gehende; dagegen war die darunter befindliche eigentliche
Masse des Glühproductes bis zum Boden des Tiegels von einer gebrochen rothen Farbe.
Diese letztere, die rothe Masse, hinterlieſs nach dem Auswaschen eine weiſsgraue
Masse – den bekannten weiſsen Ultramarin von Ritter –
und nahm beim Rösten (Blaubrennen) eine tiefblaue Farbe mit Stich ins Purpurne
an.
Die normale, den Anforderungen der Herstellung von Ultramarin im Groſsen
entsprechende Beschaffenheit der Mischung von Gentele
aus obigen Ingredienzien war damit constatirt. Man schritt zunächst zur Beantwortung
der Frage: Ob und bis zu welchen Grenzen Verschiebungen der Gewichtsverhältnisse der
einzelnen Gemengtheile möglich sind und welchen Einfluſs sie auf die Entwicklung der
blauen Farbe nehmen?
Den Anfang machte der Kaolin. In drei verschiedenen Mischungen jede mit 100 Th. Soda,
60 Th. Schwefel und 12 Th. Kohle nach Gentele's
Vorschrift, änderte man den Zusatz von Kaolin dahin ab, daſs die erste nur 50 Th., die zweite
25 Th. und die dritte 12 Th. erhielt. Diese Mischungen wurden nach einander in der
oben beschriebenen Weise bei derselben Temperatur und ebenso lange dem Glühfeuer
ausgesetzt, wie die unveränderte Mischung nach Gentele.
Es entstanden so drei rohe Ultramarine, mit bedeutend geringerem Gehalt an Kaolin
als die ursprüngliche Vorschrift. Die erste Probe mit der Hälfte und die zweite mit
dem vierten Theil des vorschriftsmäſsigen Versatzes an Kaolin verhielten sich im
Tiegelofen und beim Blaubrennen noch ganz normal; bei der dritten Probe, mit weniger
als ein Achtel des Kaolins der Vorschrift, trat eine ausgesprochene Neigung zum
Erweichen im Feuer hervor: ein Theil war bereits schlackenartig zusammengesintert,
der Rest noch porös. Dieser nicht gesinterte Theil lieſs sich noch blau brennen;
nicht so der zusammengesinterte Theil, der übrigens noch die rothe Farbe des rohen
Ultramarins besaſs. Wie man sieht, ist der Fähigkeit des Glühproductes, ein Blau zu
geben, durch die Leichtflüssigkeit des Gemisches eine Grenze gesetzt, die mit der
Herabdrückung des Kaolinzusatzes eintritt.
Die folgende Versuchsreihe galt der Soda. Der ursprüngliche Betrag an Soda (100 Th.)
der Vorschrift von Gentele in zwei Proben auf 50 Th.
und auf 25 Th. herabgesetzt, wurde im übrigen behandelt wie vorher. Die erste Probe
gab ein Glühproduct, trocken, röthlich, an der Oberfläche grün, in beiden Schichten
durch Rösten blaubrennend; es unterschied sich jedoch von dem rohen Ultramarin der
vollen Vorschrift darin, daſs ihr Wasser keine nennenswerthe Menge von
Schwefelnatrium entzog, obwohl sie mit Säuren Schwefelwasserstoff entwickelte. Die
zweite Probe, ebenfalls trocken, aber weiſslich, ohne Roth, entwickelte keinen
Schwefelwasserstoff mit Säuren und lieſs sich ebenso wenig blaubrennen.
Die nächsten Versuche dieser Richtung galten der Kieselsäure. Kieselsäure im freien
Zustand ist bekanntlich mehr oder weniger Bestandtheil der Thone; man steigerte den
Gehalt an freier Kieselsäure stufenweise durch Zusatz von Kieselguhr. Zur
unveränderten Vorschrift von Gentele setzte man in drei
Proben nach einander 10, 15 und 20 Th. Kieselguhr. Die nach dem regelmäſsigen
Glühverfahren erhaltenen Massen wichen in keinem Betrachte irgend wesentlich von dem
Rohultramarin ab, wie er nach der unveränderten Vorschrift von Gentele erhalten wird. Alle brennen sich gut blau,
namentlich that dies die erste Probe (10 Th Kieselguhr) mit ausgezeichnet intensiver
Farbe. Nur in der gröſsern Neigung zum Sintern, die sich auch bei Vermehrung der
Kieselsäure (wie bei Verminderung der Thonerde) zu erkennen gab, wichen sie
einigermaſsen ab. Die Grenze war bei den etwas zaghaft gemachten Zusätzen von
Kieselsäure offenbar lange nicht erreicht; man sprang daher bei einer vierten Probe
mit einem Mal auf den hochgegriffenen Versatz mit 120 Th. Kieselguhr. Das
Glühproduct war eine stark gesinterte gelbbraune Masse, sehr schwach Schwefelwasserstoff mit Säuren
entwickelnd; es nahm beim Rösten keine blaue Farbe an.
Aller Wahrscheinlichkeit nach nimmt das Uebermaſs der Kieselsäure das Natrium
dermaſsen in Beschlag, daſs die Bildung von Schwefelnatrium (durch Elimination des
Schwefels) zu weit unterdrückt oder ganz unmöglich wird.
Um genauere Einsicht in die Rolle zu gewinnen, welche der Kaolin (Thon) bei Bildung
der Ultramarinmutter spielt, ersetzte man denselben durch seine hauptsächlichen
Bestandtheile: Kieselsäure und Thonerde. Dieser Versuch lieferte nicht
uninteressante Resultate. Als Materialien dienten äuſserst feines Quarzmehl (aus
einer Porzellanfabrik) und Thonerde, durch Glühen von reinem Ammoniakalaun
dargestellt, in dem Gewichtsverhältniſs beiläufig, wie sie in dem Ultramarin
enthalten sind. Die Mischung:
Quarz
Thonerde
Kohlens.Natrium
Schwefel
Kohle
45
37
100
60
12 G.-Th.
lieferte, wie gewöhnlicher Ultramarinsatz geglüht, eine stark
gesinterte gelbbraune Masse, aus der sich mit Wasser reichlich Schwefelnatrium
ausziehen lieſs; aber sie entwickelte durch Rösten schlechterdings kein Blau. Beim
Aufschlieſsen des Glühproductes mit Chlorwasserstoffsäure ging das Natron und die
Kieselsäure in Lösung, aber nur unbedeutende Mengen von Thonerde; fast der ganze
Betrag der letzteren blieb unlöslich zurück. Der Grund des verneinenden Ergebnisses
lag klar. Bei dem Glühproceſs der Mischung hatte sich nur der Quarz aufgeschlossen
und, indem er alles Natron in Beschlag nahm, dieses der Thonerde vorenthalten; die
letztere wurde gar nicht in die vorbereitende Reaction, die Bildung der
Ultramarinmutter, hineingezogen.
Demgemäſs änderte man den Versuch in der Art ab, daſs man dem Natron zuerst nur die
Thonerde bot und den Quarz erst im zweiten Stadium des Glühproceſses hinzufügte.
Durch Glühen der Mischung von:
Quarz
Thonerde
Kohlens.Natrium
Schwefel
Kohle
–
40
100
60
12 G.-Th.
erhielt man eine braungelbe, zerreibliche, in Säuren mit dem
gesammten Thonerdegehalt aufschlieſsbare, viel Schwefelwasserstoff entwickelnde
Masse. Sie ist für sich nicht blau zu brennen. Aber mit den anfangs weggelassenen 45
Th. Quarzmehl innigst gemischt und nochmals in der Glühhitze behandelt, entstand ein
braunes, mit grünen Flocken durchsetztes Product, mit welchem das Blaubrennen sofort
gelang.
Zu den unerläſslichen Voraussetzungen der Entwicklung der Farbe gehört sonach, daſs
beide Bestandtheile – Thonerde sowohl als Kieselsäure – in dem vorausgehenden
Glühproceſs gleichzeitig aufgeschlossen werden. Diese Bedingung bleibt unerfüllt,
wenn sie getrennt; sie wird erfüllt, wenn sie chemisch gebunden dem Natron geboten
werden, wie ein natürlicher Thon. In diesem Sinne gelang es sogar ein deutliches,
wenn auch blaſses Blau aus einer Mischung von:
Porzellanmehl
Kohlens.Natrium
Schwefel
Kohle
100
100
60
12 G.-Th.
zu erhalten. Das Porzellanmehl war durch Zerreiben von
glasurfreien Porzellanscherben zu einem feinen Pulver erhalten.
Sehr gut erweist sich auch die eben ausgesprochene Wahrheit in einem Versuch ganz wie
S. 72, mit dem Unterschied jedoch, daſs die Kieselsäure nicht durch Quarzmehl,
sondern durch gewaschenen rundkörnigen Quarzsand vertreten war. Diese Mischung,
welche mithin bestand aus:
Quarzsand
Thonerde
Kohlens.Natrium
Schwefel
Kohle
45
37
100
60
12
regelrecht im Tiegel geglüht, gab eine braungrüne Masse mit
blauem Anflug auf der Oberfläche. Sie nahm mit Chlorwasserstoffgas erhitzt eine
ziemlich gleichmäſsige, recht lebhafte, zwischen lichtem und dunklem Blau die Mitte
haltende Farbe an, ein gutes Mittelblau. Unter dem Mikroskop (bei 80facher
Vergröſserung) löste sich die blaue Masse in zwei heterogene Bestandtheile auf, mit
groſser Deutlichkeit unterscheidbar, nämlich in zahlreiche gelbliche Sandkörner, an
denen äuſserlich gröſsere oder kleinere Bröckchen von prächtiger satter
Ultramarinfarbe anklebten. Es gelang indeſsen nicht, durch Reiben mit Wasser und
Schlemmen, das Blau von dem Sande zu trennen. Bei der Aufschlieſsung mit
Chlorwasserstoffsäure blieb der Sand als Rückstand, der blaue Theil ging in Lösung.
Die Analyse ergab5g,000 Substanz gaben 2g,7915 unlösliche Kieselsäure und Sand,
sowie 0g,4580 lösliche; ferner1g,000 Substanz gab 0g,147 Thonerde und 0g,255 Chlornatrium; endlich1g,1565 Substanz gaben mit Natronkali und
Salpeter 0g,622 schwefelsaures
Barium. in 100 Th.:
1
2
3
Kieselsäure, unlöslich (Sand)
55,83
–
–
Kieselsäure, löslich
9,16
–
–
Thonerde
–
14,70
–
Natrium
–
10,03
–
Gesammtschwefel
–
–
7,39.
Es hatten sich mithin, neben 55,83 Proc. unverändertem,
wenigstens unaufgeschlossenem Quarzsand, 44,17 Proc. blauer Ultramarin gebildet. in
diesem Fall hatte man in einem Glühfeuer sogleich sich blaubrennende
Ultramarinmutter erhalten: die Kieselsäure in der dichten compacten Form von
Quarzkörnern leistete gegen die aufschlieſsende Kraft des Alkalis mehr Widerstand
als feines Quarzmehl; die Aufschlieſsung der Kieselsäure, weniger überwuchernd, gab
dem Alkali Zeit, auch die Thonerde aufzuschlieſsen.Dasselbe Ergebniſs
lieferte eine Mischung von Sand mit Schwefel und reducirtem Alaun, d.h.
entwässerter Natronalaun mit Ueberschuſs an Kohle geglüht.
In der nachfolgenden Zusammenstellung ist der Bestand des aufschlieſsbaren blauen
Theiles, auf 100 berechnet, mit einigen anderen Ultramarinen aus Fabriken
verglichen:
Aus Marienberg.Amtlicher Bericht der Wiener Weltausstellung
von 1873, Band 3, Abth. 1 S. 678.An
Kieselsäure
arm
reich
Kieselsäure
20,74
37,49
39,61
Thonerde
33,28
31,75
23,95
Natrium
22,70
17,64
14,21
Schwefel
16,73
6,69
13,10
Rest
6,55
6,43
9,13
––––––––––––––––––––––––––––
100,00
100,00
100,00.
Das aus der Mischung mit Sand gewonnene Blau ist mithin um
mehr als 16 Proc. ärmer an Kieselsäure, als der „Kieselsäure-arme“
Ultramarin.
Mischungen ohne allen Zusatz von Kieselsäure, aus bloser Thonerde mit Soda und
Schwefel, neigen (wie die mit bloser Kieselsäure) stark zur dichten Sinterung; sie
versetzen den Arbeitenden von vornherein in die Alternative, entweder ein zu
dichtes, oder ein nicht hinreichend feuergares Product zu erzeugen. Es kann aber
kein Zweifel darüber bestehen, daſs die lose, lockere, poröse Beschaffenheit des
Glühproductes eine weitere unerläſsliche Bedingung für die Entwicklung der blauen
Farbe ist. Schon in dieser Beziehung allein ist die gleichzeitige Anwesenheit von
Thonerde und Kieselsäure in der Mischung vorzüglich geeignet; denn sie gibt dem
Glühproduct gerade diejenige Strengflüssigkeit, welche eben nur den losesten
Zusammenhang der Theile und damit die allseitige und eindringende Wirkung der
Agentien zum Entwickeln des Blau zuläſst.
Was den dritten Bestandtheil der Ultramarinmischung – den Schwefel – anbelangt, so
waren Versuche kaum nöthig, da sich die Wirkung des verminderten oder vermehrten
Zusatzes mit Gewiſsheit voraussagen lieſs. Drei Mischungen von bezüglich 30, 15 und
7,5 Th. Schwefel (statt der ursprünglichen 60 Th.), die übrigen Bestandtheile
unverändert wie in der Vorschrift von Gentele, wurden
geglüht wie vorher. Die geglühten Massen, alle drei roth, stark Schwefelwasserstoff
mit Säuren entwickelnd, unterschieden sich von dem Rohultramarin der vollen
Vorschrift wiederum durch eine gröſsere Leichtflüssigkeit. Bei der festgehaltenen
Glühtemperatur machte sich diese Beschaffenheit durch fühlbare Neigung zum Sintern
bemerklich, bei der dritten Probe (mit 7,5 Th. Schwefel) in dem Grade, daſs ein zu
starkes Zusammengehen der Masse nicht mehr zu vermeiden war. Wie jedesmal im Fall
einer zu starken Sinterung oder Schmelzung war bei dieser dritten Probe die Fähigkeit des
Glühproductes, sich blau brennen zu lassen, nicht mehr, wohl aber noch bei der
ersten und zweiten (mit 30 und 15 Th. Schwefel) vorhanden. Der Grund ist neben der
zu starken Sinterung der Umstand, daſs sich zuletzt nicht mehr ausreichend
Schwefelnatrium bilden kann. – Ein Ueberschuſs von Schwefel in der Mischung wirkt
lediglich als Reductionsmittel und macht die als solches zugesetzten Stoffe, Kohle
oder Kolophonium, überflüssig. In der That gab eine Mischung aus 100 Th. Kaolin, 100
Th. Soda mit 156 Th. Schwefel, ohne Kohle etc., ein Glühproduct, welches in Ansehen
und Verhalten mit dem nach der unveränderten Vorschrift (von Gentele) sich völlig identisch erwies.
Nach der Feststellung der Bedingungen der Ultramarinbildung, soweit sie in den
Gewichtsverhältnissen der Bestandtheile der Mischung liegen, handelte es sich um die
bei dem Glühproceſs vor sich gehenden Erscheinungen, die Art der Einwirkung der
Gemengtheile auf einander sowohl an sich, als in Bezug auf ihre Aufeinanderfolge in
der Zeit.
Zu den hier einschlagenden Beobachtungen diente wieder die eingangs erwähnte Mischung
nach der Vorschrift von Gentele, der Glühversuch wurde
jedoch für diesen Fall so eingerichtet, daſs man mit fortschreitender Einwirkung der
Hitze in beliebig auf einander folgenden Zeitabschnitten bequem Proben entnehmen
konnte, um daran die nach einander eintretenden Veränderungen zu studiren. Die
Mischung wurde nämlich nicht in einem Tiegel, sondern in ein mehr flaches Gefäſs aus
Schmelztiegelmasse, in einen sogen. Glühscherben festgestampft, der Scherben in eine
groſse, verschlieſsbare Muffel eingesetzt und diese bei langsam steigender
Temperatur auf den erforderlichen Hitzgrad gebracht.
Die ersten Proben, bei beginnender Rothglut den Scherben entnommen, gaben zu
erkennen, daſs Aufschlieſsung des Kaolins in diesem Stadium bis zu einem gewissen
Grade bereits Platz gegriffen, aber die Befähigung zum Blaubrennen nicht vollkommen
fehlte. Erst bei den out dem Eintritt der vollen Rothglut gezogenen Proben fing
diese Befähigung an, sich zu zeigen, besonders charakteristisch bei zwei grade den
kritischen Zeitpunkt entsprechenden Proben. Diese Proben (a ist die früher, b die
später gezogene) verhielten sich bei der Behandlung mit Chlorwasserstoff, wie
folgt:
a
b
Zum geringeren Theil aufschlieſsbar;die Säure nimmt noch wenig
Thonerde auf.
Zum bei weit gröſstem Theil aufschlieſsbar;die Säure nimmt viel
Thonerde auf.
Es entweicht schweflige Säure. NurSpuren von
Schwefelwasserstoffentwickelt.
Es entweicht schweflige Säure, wirdaber auch Schwefelwasserstoff
in groſserMenge entwickelt.
Brennt sich nicht blau.
Brennt sich bereits blau aber nochschwach.
Die weiteren Proben entwickelten um so intensivere Farben beim Blaubrennen, je höher der
entsprechende Hitzgrad, bis gegen die Gelbglut. Sobald die Temperatur den Punkt
einer leichten Sinterung überschritten hat, nimmt die Fähigkeit zum Blaubrennen ab
und verschwindet gänzlich und unwiederbringlich mit der Schmelzung. Eine Mischung
nach Gentele's Vorschrift, sofort eingeschmolzen, gab
ein braunes Glas mit rothen Streifen, schwerer mit Säuren aufschlieſsbar als
Ultramarin, für das Blaubrennen unzugänglich. – Die Notwendigkeit, nicht blos die
Schmelzung, sondern jede nur entschiedener auftretende Sinterung zu vermeiden,
bezeichnet die für die Bildung der Muttersubstanz zulässige Temperatur; sie erklärt
aber auch die unerläſsliche Dauer des Glühproceſses von mehreren Stunden, insofern
die Bestandtheile der Mischung zum überwiegenden Mehrbetrag trocken auf einander
wirken; ebenso das groſse Gewicht, welches man, und zwar mit gutem Grund, auf die
feine Zertheilung und die innige Mischung legt.
Die Wiederholung des beschriebenen Versuches führte genau zu dem gleichen Ergebniſs,
ohne Unterschied, ob man mit Zusatz von Kohle, oder statt dessen mit überschüssigem
Schwefel arbeitet.
Eine weitere Frage, ob der Schwefel beim Glühen der Mischungen zu Ultramarin nicht
blos mit dem Natrium, sondern auch mit den Bestandtheilen des Thons Verbindungen
eingeht, ist bereits von anderer Seite angeregt worden.
Kieselsäure wird weder von Schwefel, noch von Natriumpolysulfuret im Glühen
verändert. Quarzmehl, mit Schwefelnatrium (durch Zusammenschmelzen von
Natriumcarbonat mit Ueberschuſs von Schwefel dargestellt) in guter Rothglut
behandelt, blieb nach dem Auswaschen des Glühproductes unverändert und
unaufgeschlossen zurück. Eine Bildung von Schwefelsilicium in der Ultramarinmutter
findet demnach sicher nicht statt, ist auch bis jetzt nicht behauptet worden, – wohl
aber hat man die Bildung von Schwefelaluminium vermuthet.
Schwefelaluminium erhält man sicher und leicht durch Eintragen von Schwefel in
geschmolzenes metallisches Aluminium. Die Verbindung – nicht schwarz, sondern
ziemlich leicht gelbgrau – entwickelt unter Wasser lebhaft Schwefelwasserstoff,
indem sich Thonerde in Flocken abscheidet. Ob dagegen Schwefelaluminium unter
ähnlichen Bedingungen, wie sie bei der Ultramarinbildung bestehen, und zwar aus
Thonerde, nicht aus Aluminium, sich zu bilden vermag, ist eine Frage, welche nach
den folgenden Erfahrungen zu verneinen sein dürfte.
FremyComptes rendus, Bd. 36 S. 178. will
Schwefelaluminium durch Einwirkung von Schwefelkohlenstoffdampf auf glühende
Thonerde als glasige geschmolzene Masse erhalten haben. Es gelang trotz mehrfach
wiederholter Versuche bei verschiedenen Hitzgraden nicht, zu ähnlichen Resultaten zu
kommen. Die Thonerde blieb theils völlig weiſs und unverändert, theils war sie mit sparsamen
schwarzen Punkten untermischt; sie wurde niemals auch nur gesintert oder gar glasig
geschmolzen erhalten. VincentPhilosophical Magazine, Bd. 14 S.
127. gibt an, beim Zusammenschmelzen von Schwefelnatrium mit Thonerde
Schwefelaluminium als schwarzen Rückstand nach dem Ausziehen der Schmelze mit Wasser
– von welchem es jedoch zersetzt wird – erhalten zu haben.
Entwässerter Natronalaun gab mit Kienruſs in der Rothglut eine braunrothe Masse, die
mit Chlorwasserstoff viel Schwefelwasserstoff entwickelt, unter Abscheidung von
Schwefel; es blieben schöne, sehr harte, kleine, sechsseitige Tafeln, welche sich
jedoch als reine Thonerde erwiesen. Wie schon Vincent
selbst an einem andern Orte beobachtete, löst sich Thonerde in schmelzenden
Schwefelalkalien (wie im Glas) und krystallisirt beim Erkalten wieder aus. Ein
Gemenge von Thonerde mit Soda und viel Schwefel lieferte eine äuſserst pyrophorische
Masse, die mit absolutem Alkohol ausgezogen einen dunkelfarbigen Rückstand
hinterläſst. Dieser Rückstand gab an Wasser Schwefelnatrium ab und hinterlieſs
weiſse Thonerde, ohne Entwicklung von Schwefelwasserstoff.
Nach allen Autoren wird Schwefelaluminium durch Wasser zersetzt in Thonerde und
Schwefelwasserstoff. Der sogen, weiſse Ultramarin, bekanntlich durch Auswaschen der
Ultramarinmutter mit Wasser bis zur Erschöpfung gewonnen, kann demnach kein
Schwefelaluminium mehr enthalten; dennoch liefert er beim Blaubrennen dieselbe Farbe
wie die unausgewaschene Ultramarinmutter, nur etwas weniger tief.
Auch der quantitative Bestand des weiſsen Ultramarins spricht durchaus gegen das
Vorhandensein von Schwefelaluminium. Sein Verhalten gegen Säure – Entwicklung von
Schwefelwasserstoff unter Abscheidung von Schwefel – beweist das Vorhandensein eines
Polysulfuretes; aber er enthält zu gleicher Zeit einen so groſsen Ueberschuſs von
Natrium, daſs der gesammte Gehalt von Schwefel noch nicht einmal hinreichen würde,
um mit jenem Einfach-Schwefelnatrium zu bilden! Man kann doch unter diesen Umständen
nicht annehmen wollen, daſs die Thonerde dem Natrium Schwefel vorenthalte.
Alle Beobachtungen weisen bestimmt darauf hin, daſs bei dem Glühen einer
Ultramarinmischung zweierlei Einwirkungen Platz greifen müssen, wenn sie sich zu
Ultramarinmutter, d. i. in eine Masse verwandeln soll, welche sich blaubrennen
läſst: 1) Aufschlieſsung der Kieselsäure und der Thonerde, gleichviel ob
unverbunden, oder als Thon vorhanden; 2) Bildung von Schwefelnatrium. Es lag nahe,
zur Prüfung dieses Satzes die beiden Reactionen getrennt, jede für sich vorzunehmen
und dann die Producte auf einander wirken zu lassen.
Zu diesem Zwecke benutzt man einerseits mit Natron aufgeschlossenen und durch wiederholtes Kochen
mit Wasser völlig ausgewaschenen Kaolin, andererseits aus Natriumcarbonat mit
Ueberschuſs von Schwefel und viel Kohle durch Schmelzen dargestelltes
Schwefelnatrium; man erhält auf diesem Wege eine dunkel rothbraune, dicht geflossene
Schmelze, welche an der Luft rasch und unter Entwicklung von Schwefelwasserstoff
Feuchtigkeit anzieht. Die so erhaltene Schwefelleber wurde nach dem Ausgieſsen und
Erstarren noch heiſs in ein dicht verschlossenes Glas eingefüllt. Für den
beabsichtigten Versuch rieb man die geschmolzene Schwefelleber mit dem
aufgeschlossenen Kaolin in einem heiſsen Porzellanmörser rasch zusammen. Das
Gemisch, unter Kohlendecke 2 Stunden lang geglüht, färbte sich beim Blaubrennen
lebhaft und tief. Es steht mithin fest, daſs fertig gebildetes Natriumpolysulfuret
sich ganz so verhält, wie ein Gemenge von freiem Schwefel und Soda. Ob
Einfach-Schwefelnatrium gleiche Wirkung hat, steht dahin, insofern es äuſserst
schwierig ist, ein reines Polysulfuret-freies Präparat zu erhalten. Mit Kohle in der
Glühhitze reducirtes Natriumsulfat, in gleicher Weise mit aufgeschlossenem Kaolin
gemischt, gab nach längerem Glühen eine sich vorzüglich gut blaubrennende
Ultramarinmutter. Allerdings lieſs das Product der Reduction des Natriumsulfates (es
war bis zum Schmelzen erhitzt), mit verdünnten Säuren gelöst, Schwefel fallen,
übrigens in unerheblicher Menge; es enthielt mithin eine geringe Beimengung von
Polysulfuret. Wenn die Entwicklung der blauen Farbe nur auf der Gegenwart der
letzteren beruht, so war zu erwarten, daſs das Blau um vieles lichter ausfallen
werde, als bei Anwendung von Polysulfurat. Es trat aber das entschiedene Gegentheil
ein; das Blau fiel auffallend tief und reich, ganz entschieden kräftiger aus, als
bei dem Ultramarin mit Polysulfuret. Bei Wiederholung des Versuches mit nicht
aufgeschlossenem Kaolin erhielt man ebenfalls Blau, aber von viel hellerem Ton. Ein
ähnliches helles Mittelblau liefert das Glühen von aufgeschlossenem Kaolin mit
entwässertem unterschwefligsaurem Natron im innigen Gemische.
Im Ultramarin findet sich der Schwefel stets in verschiedenen Zuständen. Ein Theil
ist in freiem Zustande vorhanden, ein anderer Antheil als Schwefelwasserstoff
entwickelbar; ein dritter als Schwefelsäure; ein vierter endlich, aber nur in
manchen nicht in allen Ultramarinen, als schweflige Säure entwickelbar. Der freie
und der als Schwefelwasserstoff entwickelbare Schwefel, beide in erheblicher Menge
vorhanden, bilden den Mehrbetrag. Kein Ultramarin läſst sich bläuen, der nicht
Schwefelwasserstoff entwickelt; zur Bildung der blauen Farbe ist die Anwesenheit von
Schwefelwasserstoff entwickelnden Schwefelverbindungen unerläſsliche Bedingung. Der
Betrag des als Schwefelsäure vorhandenen Schwefels ist immer verschwindend, zuweilen
unbestimmbar. Was den als schweflige Säure entwickelbaren Antheil des Schwefels
anbelangt, so deutet schon die geringfügige Menge, in welcher er aufzutreten pflegt, darauf
hin, daſs die betreffenden Verbindungen nicht nothwendige, sondern nur zufällige
Beimengungen sind.
Eine Mischung, nach Gentele mit Ueberschuſs von
Kolophonium innigst zusammengerieben, in einen Tiegel eingestampft und unter einer
ebenfalls eingestampften starken Decke von Holzkohlenpulver bei lebhafter Rothglut
längere Zeit geglüht, gab eine rothe hepatische Masse, aus welcher Wasser
reichlichst Schwefelnatrium auszog. Dieses Glühproduct entwickelte keine schweflige
Säure, verwandelte sich aber beim Erhitzen in Chlorwasserstoffgas leicht in tiefes
Blau.
Aus den Versuchen über die fortschreitende Einwirkung der Glühhitze auf die
Ultramarinmischung ist ferner nachgewiesen (S. 75), daſs das Glühproduct in einem
gewissen Stadium schon schweflige Säure, aber noch keinen Schwefelwasserstoff
entwickelt und in diesem Stadium noch nicht die Fähigkeit besitzt, sich blau brennen
zu lassen.
Die schweflige Säure kann von schweflig- und von unterschwefligsauren Salzen
herrühren. Das Vorhandensein der letzteren – von verschiedenen Seiten behauptet und
bestritten – ist von vornherein nicht wohl anzunehmen, insofern das
unterschwefligsaure Natron, bei der Temperatur der Darstellung des Ultramarins nicht
mehr beständig, unter Entwicklung von etwas Schwefel in Sulfat und Schwefelnatrium
zerfällt.
Die Sauerstoffverbindungen des Schwefels gehören sonach nicht zu den unerläſslichen
Voraussetzungen der Fähigkeit des rohen Ultramarins, sich blau brennen zu lassen.
Diese Fähigkeit verliert der Ultramarin auch nicht durch Auswaschen und doch müssen
dadurch, also durch seine Umwandlung in weiſsen Ultramarin, jene
Sauerstoffverbindungen mehr oder weniger vollständig ausgewaschen werden.
Die Sauerstoffverbindungen des Schwefels sind auch kein integrirender Bestandtheil
des blauen Ultramarins. Ein in der vorhin beschriebenen Art mit Kolophonium unter
Kohlendecke dargestellter roher Ultramarin liefert nach vollständigem Auswaschen mit
kochendem Wasser einen weiſsen Ultramarin, der ein schönes und intensives Blau gab.
Die Umwandlung in Blau geschah durch Erhitzen in Chlorwasserstoffgas mit der
Vorsicht, daſs man das Rohr vor dem Anzünden der Gasflammen erst vollkommen mit
Chlorwasserstoff anfüllte. Es schied sich wie immer beim Blaubrennen etwas Schwefel
im kalten Theil des Rohres ab. Den erhaltenen blauen Ultramarin zersetzte man mit
verdünnter Säure und leitete das entwickelte Gas durch eine angesäuerte Lösung von
Chlorblei. Es erfolgte reichliche Fällung von Schwefelblei, während schweflige Säure
nicht nachweisbar war. Ein „Feinblau“ aus der Büchner'schen Fabrik gab bei gleicher Behandlung schweflige Säure.
Weiter spricht gegen die Notwendigkeit der Sauerstoffverbindungen des Schwefels als
integrirenden Bestandtheil des Ultramarins die Thatsache, daſs eine Mischung dazu
durch Glühen in einer Atmosphäre von Schwefelkohlenstoff vollständig in Blau verwandelt
werden kann.Vgl. weiter unten
unter „Blaubrennen“. Ein Rohr von strengflüssigem Glase
mit einigen Gramm Ultramarinmischung (nach Gentele)
beschickt, war mit dem einen Ende mit einem Kolben, mit dem andern Ende mit einem
Recipienten und dieser mit der Wasserluftpumpe verbunden. Der Kolben enthielt den
Schwefelkohlenstoff und tauchte in ein Gefäſs mit heiſsem Wasser, welches einen
stetigen Strom des ersteren durch den Apparat trieb. Nachdem der Strom von
Schwefelkohlenstoffdampf nach längerem Durchleiten die Luft aus dem Apparate
verdrängt hatte, erhitzte man die Stelle, wo die Mischung lag, zum Glühen, erhielt
sie 3 Stunden lang unter der gleichmäſsigen Einwirkung der Glühhitze und des
Schwefelkohlenstoffes und lieſs sie zuletzt in dem Strom desselben erkalten. Während
der Operation verflüchtigt sich viel Schwefel, theilweise mit dem
Schwefelkohlenstoff weggehend, theilweise sich an die kühleren Stellen des Rohres
anlegend. Die Mischung selbst hatte sich in eine tief braunschwarze Masse
verwandelt, die rasch an der Luft feucht wurde. Sie gab an Wasser reichlich
Schwefelnatrium ab und hinterlieſs als Rückstand ein blauschwarzes, nach dem
Trocknen heller werdendes Pulver – blauen Ultramarin – welches sich im Mikroskop als
ein Hauswerk von durchsichtigen blauen Körnern mit reichlich untermengten
Kohlensplitterchen (vom Holzkohlenzusatz der Mischung) auflöste. Unmittelbar ohne
Auswaschen unter dem Mikroskop betrachtet, erschien die Masse als blaue Körner in
einer braungrünen Grundmasse. Das Ergebniſs war wesentlich dasselbe, als man in
einem zweiten Versuch den Zusatz von Kohle (Ruſs) bei der Mischung unterdrückte.
Aus den verschiedenen Versuchen erhellt mit gröſster Wahrscheinlichkeit, daſs die
Sauerstoffverbindungen des Schwefels kein integrirender Bestandtheil des rohen
Ultramarins sind. Sicher sind sie nicht unerläſslich, um den weiſsen Ultramarin zur
Umwandlung in Blau zu befähigen, noch constitutioneller Bestandtheil des blauen
Ultramarins.
Die Möglichkeit, mit Natriumpolysulfuret, namentlich aber auch mit
unterschwefligsaurem Natron, welches in der Glühhitze nur schwefelsaures Natrium und
Schwefelnatrium gibt, Ultramarinmutter zu erzeugen, die sich blau brennt, spricht
nicht minder für diese Ansicht.
Ob freier Schwefel nur als Zersetzungsproduct des Ultramarins durch Säuren auftritt,
oder als Bestandtheil in der Ultramarinmutter enthalten ist, bezieh. im blauen
Ultramarin, ist durch die Analyse nicht wohl sicher zu entscheiden, so lange man den
Sauerstoff nur durch Differenz zu bestimmen vermag. daſs ein Gehalt an freiem
Schwefel in diesen Producten, trotz der Flüssigkeit dieses Elementes in der
Glühhitze, möglich ist, dafür werden später Beweise beigebracht werden.
(Schluſs folgt.)