Titel: | Ueber die Einwirkung hoher Temperatur auf Petroleum, Braunkohlentheer und andere ähnliche Stoffe; von Alexander Letny. |
Autor: | Alexander Letny |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 353 |
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Ueber die Einwirkung hoher Temperatur auf
Petroleum, Braunkohlentheer und andere ähnliche Stoffe; von Alexander Letny.
Aus dem Laboratorium des Technologischen
Institutes zu St. Petersburg.
Letny, über Einwirkung hoher Temperaturen auf Petroleum
etc.
Bei der Destillation des Petroleums haben die Temperatur und der Druck einen
bedeutenden Einfluſs auf die Qualität des Destillates. Es gelang mir, zu beobachten,
daſs je höher die Temperatur des Herdes ist, der die Destillirblase erwärmt, desto
harziger und schwerer durch Säuren und Alkalien zu reinigen das Destillat ist. Diese
Verharzung wird noch bemerkbarer, wenn die Rauchkanäle im Herde höher liegen als das
Niveau des Petroleums in der Destillirblase, so daſs die Dämpfe durch die Berührung
mit den heiſsen Wänden der Blase zersetzt werden. In Pennsylvanien werden die
Destillirkessel mit stark erhöhten Helmen errichtet, wodurch eine gröſsere Ausbeute
an leicht flüchtigen Producten erzielt wird, weil die hochsiedenden Dämpfe des
Petroleums in die leichter flüchtigen zersetzt werden. Umgekehrt werden bei der
Destillation des Braunkohlentheeres und des Ozokerits, da eine Zersetzung des
Paraffins vermieden werden soll, der Helm und das Entweichungsrohr des Dampfes so
nahe wie möglich zum Niveau des abzudestillirenden Stoffes in der Blase angebracht.
Wird dies unterlassen, so zersetzt sich das Paraffin. Dieselbe Ursache wäre auch in
dem Umstände zu suchen, daſs in den Destillaten der hochsiedenden Antheile des
Petroleums öfters die Anwesenheit von Kohlenwasserstoffen bemerkt wird, welche mit
rauchender Salpetersäure reagiren. So entdeckte EichlerW. Eichler: Das Erdöl von Baku. in
den hochsiedenden Antheilen des Petroleums von Baku die Anwesenheit von aromatischen
Kohlenwasserstoffen durch Destillation, wonach angenommen werden kann, daſs
dieselben in Folge der Zersetzung der Dämpfe durch Erhitzen entstanden sind. Selbst
die Schmieröle des Petroleums, welche durch eine sehr vorsichtige Destillation mit
überhitztem Dampfe erhalten werden, reagiren mit rauchender Salpetersäure. Das rohe
Petroleum jedoch zeigt nicht diese Reaction. SchorlemmerZeitschrift der Chemie, 1865 S. 242.
fand aromatische Kohlenwasserstoffe in dem Petroleum von Canada. Jong führte die hochsiedenden Antheile des Petroleums
direct in die leicht flüchtigen Producte über, indem er sie unter verstärktem Drucke
destillirte. Mir ist es gelungen, die leicht siedenden Stoffe aus dem schweren
Petroleum zu erhalten, indem ich letzteres durch eine nicht über 300° erhitzte Röhre leitete.
Dieselben Versuche der Zersetzung wurden von H. Vohl
(1865 177 58) mittels Durchleiten von Petroleum durch
eine glühende, mit Kalk angefüllte Röhre ausgeführt.
Wenn schon bei diesen verhältniſsmäſsig unbedeutenden Veränderungen in den
Bedingungen der Destillation und der Temperaturerhöhung ein Unterschied in den
erhaltenen Producten bemerkt wird, so schien es mir, daſs bei verstärktem Drucke und
bei Rothglut die Zersetzung noch viel weiter gehen muſs. In solchem Falle muſs das
Petroleum natürlich theilweise in Grase zersetzt werden. Um die unter verschiedenen
Bedingungen stattfindende Zersetzung zu untersuchen, wandte ich mich direct an die
Gasfabriken, in welchen aus Petroleum oder Petroleumrückständen Leuchtgas gewonnen
wird. Es erwies sich, daſs auſser Gas noch eine theerartige Substanz gewonnen wird,
die beim weiteren Erhitzen schon kein Gas mehr gibt. Dieser Theer wird nicht immer
in allen Retorten und in gleicher Menge erhalten, sondern in einigen Fällen erhält
man ihn gar nicht. Eine beständig gleiche Ausbeute an Theer erhält man bei der
Fabrikation des sogen, gemischten Holz-Petroleumgases, das man eher
Kohlen-Petroleumgas nennen sollte, da das Holz schon beim Beginnen der Erhitzung
verkohlt. Dieses Gas ist in Ruſsland sehr verbreitet; mit demselben werden nicht
allein einzelne Fabriken, sondern ganze Städte, wie Kiew und Kazan, erleuchtet. Die
Fabrikation besteht darin, daſs man das Petroleum oder die Petroleumrückstände in
einem Strahle in die glühende, mit Holz angefüllte Retorte leitet. Das Holz saugt
das Petroleum ein, welches in Folge der hohen Temperatur zersetzt wird, bevor es
noch mit den Wänden der Retorte in Berührung kommen kann. Zu Ende der Operation
bleibt in der Retorte Kohle zurück, in den Vorlagen verdichtet sich eine
petroleumartige dicke Masse, welche beim weiteren Durchleiten durch die Retorte kein
Gas mehr liefert. Diese Methode wird für vortheilhaft gehalten, weil dabei ein
gleichmäſsiges Ausscheiden des Gases erreicht wird und keine besondere
Aufmerksamkeit beim Reguliren der Temperatur erforderlich ist, da das Petroleum
nicht in unmittelbare Berührung mit der Retorte kommt und folglich weniger bis zu
Koke zersetzt wird, welche sich an den Wänden der Retorte niederschlägt und so eine
der Hauptursachen des schnellen Durchbrennens der Retorte wird (vgl. 1876 224 340). Der Theer schlägt sich in der Hydraulik und den
Kühlröhren nieder. Der in der Nähe der Retorte, d.h. in der Hydraulik sich
niederschlagende Theer ist seinem Ansehen nach harzig, den schweren
Petroleumrückständen ähnlich; doch ist er schwerer als Wasser. In den von der
Retorte entfernter und näher zum Kühler liegenden Röhren hinterbleibt eine leicht
bewegliche Flüssigkeit von aromatischem Gerüche. Wird dieser harzige Theer zum
zweiten Male in die Retorte gebracht, so erhält man eine ganz unbedeutende Menge
Gas; doch der Theer wird dicker und seine Dichte steigt von 1,015 bis zu 1,207; derselbe
wird dann beim Durchleiten durch die Retorte schon nicht weiter verändert.
Der Theer, welcher mittels eines zweimaligen Durchleitens der Petroleumrückstände
durch eine mit Holz gefüllte Retorte von 2m Länge
und 0m,285 Durchmesser erhalten wird, besitzt alle
Eigenschaften des Steinkohlentheeres. Entzündet, brennt er mit ruſsender Flamme,
enthält eine Beimengung von Kohlenstaub und beginnt bei der trockenen Destillation
bei 80° zu sieden. Das bis zu 200° übergehende Destillat ist flüssig; bei einer
höheren Temperatur erhält man eine krystallinische Substanz, die im Kühler fest
wird. Ueber 250° geht wieder eine Flüssigkeit über. Steigt die Temperatur über 300°,
so destillirt eine ölartige Flüssigkeit, aus welcher nach dem Erkalten Krystalle
ausscheiden. Aus dem zwischen 200 bis 250° siedenden Theile schied sich eine weiſse
Substanz aus, deren Geruch an Naphtalin erinnerte. Dieselbe ist löslich in
Schwefelkohlenstoff, Petroleumbenzin und Aether. Wird sie aus der Lösung in Aether
auskrystallisirt und sublimirt, so schmilzt sie bei 79°. Beim Behandeln mit roher
Salpetersäure findet Nitrirung statt. Die mehrere Male aus Alkohol umkrystallisirte
Nitroverbindung bildet gelbe Krystalle von Mononitronaphtalin C10H7(NO2), welche bei 61° schmelzen.
Der zwischen 80 bis 200° siedende Antheil wurde mit dem flüssigen, von den
Naphtalinkrystallen abgeschiedenen Filtrate zusammen gemischt und mit Schwefelsäure
(gleiche Theile Säure und Wasser) behandelt. Die durch Abstehen von der Säure
getrennte Schicht zeigte, nachdem sie mit Natronlauge behandelt und mit Wasser
ausgewaschen war, einen Siedepunkt von 80°. Bei der fractionirten Destillation
erhielt man einen zwischen 80 bis 100° siedenden Antheil, der dem Benzol glich und,
nachdem er mit Nordhäuser Schwefelsäure zusammen gemischt und 24 Stunden lang auf
dem Wasserbade erhitzt worden war, eine in Wasser vollkommen lösliche Substanz gab,
was ja bei der Sulfobenzoesäure der Fall ist.
Derselbe zwischen 80 bis 100° siedende Antheil gab nach der Behandlung mit rauchender
Salpetersäure eine Nitroverbindung, die durch Zinn und Salzsäure zu Anilin reducirt
wurde, welches wieder beim Behandeln mit Chlorkalk deutliche violette Krystalle von
Mauveïn gab.
Die höher, bis zu 190° siedenden Antheile reagiren ganz ebenso mit rauchender
Salpetersäure, indem sie Nitroverbindungen bilden; mit Nordhäuser Schwefelsäure
geben sie in Wasser lösliche Substanzen. Hieraus ist ersichtlich, daſs das Destillat
bis zu 200° ausschlieſslich nur aus denselben Producten besteht, welche bei der
trockenen Destillation des Steinkohlentheeres entstehen.
Es blieb mir noch übrig, nach den anderen hochsiedenden, festen Theerproducten zu
suchen. Zu diesem Zwecke wurde der Theer von 300° an so lange der Destillation unterworfen, bis in der
Retorte nur eine trockene Substanz zurückblieb. Nach dem Erkalten schied das
Destillat Krystalle von gelblicher Farbe aus. Durch Abkühlen und Filtriren durch
Glaswolle wurden die Krystalle von der Flüssigkeit abgesondert. Dieselben waren in
kaltem Alkohol schwer, in kochendem dagegen leichter löslich. Nachdem die Krystalle
mehrere Mal in Alkohol und zuletzt in Petroleumäther umkrystallisirt waren,
erschienen sie in blätteriger Form mit Perlmutterglanz. Der Schmelzpunkt lag bei
210° (nach Graebe schmilzt Anthracen bei 213°). Die
Benzollösung der Krystalle bildet mit gleichfalls in Benzol aufgelöster Pikrinsäure
rothe nadelförmige Krystalle von der Formel C14H10.2C6H3(NO2)3O. Der Schmelzpunkt ist 138°. Wird die Benzollösung
mit derselben Lösung von Dinitroanthrachinon (Reaction von Fritzsche) zusammengebracht, so entstehen violette Krystalle, die dem
Anthracen eigen sind. Bei der Einwirkung von Essigsäure und Chromsäure erhält man
Anthrachinon vom Schmelzpunkt 272°. Aus der von den Anthracenkrystallen
abfiltrirten, kalten Alkohollösung schieden bei der Concentration Krystalle aus, die
dem Anthracen glichen. Nachdem dieselben mehrere Mal aus Alkohol umkrystallisirt
waren, schmolzen sie bei 96°. Ihre Lösung in absolutem Alkohol gab mit derselben
Lösung von Pikrinsäure rothe Krystalle einer Pikrinverbindung, welche mittels
Krystallisation gereinigt bei 143° schmolzen, wie pikrinsaures Phenanthren.
Die Substanz, welche nach der Behandlung mit Schwefelsäure und doppeltchromsaurem
Kali aus einer 50 proc. Lösung von Essigsäure auskrystallisirte, schmolz bei 198°
(Phenanthrenchinon). Die flüssigen Theile, die von den Anthracenkrystallen
abgesondert worden waren, bestanden aus unverändert gebliebenem Petroleum und
Brenzölen.
Der eben beschriebene Theer ist, wie gesagt, das Product eines zweimaligen
Durchleitens der Petroleumrückstände durch eine glühende Retorte. Zur Vergleichung
nahm ich den harzigen Theer von 1,015 sp. G., der mittels einmaligen Durchleitens
des Petroleums durch die Retorte erhalten worden war. Bei langem Stehen schied sich
der Theer in zwei Schichten, eine untere von der Consistenz des Leimes, die sich
schwer aus dem Gefäſse ausgoſs und viel Kohlenstaub enthielt, und eine obere
Schicht, welche sich leicht gieſst und den schweren Petroleum-Rückständen ähnlich
ist. Die obere Schicht fing bei 125° an zu sieden und wurde durch Destillation in
Antheile vom Siedpunkte 125 bis 200° und von 200 bis 280° geschieden; letztere
schied, wie auch das vorher beschriebene Harz, beim Abkühlen eine weiſse
krystallinische Masse von Naphtalin aus. Der zwischen 250 bis 300° siedende Antheil
gab beim Abkühlen nur wenig Krystalle. In dem Anlheile von 300 bis 340° schieden
sich gleichfalls Krystalle aus. Endlich wurde das über 350° siedende Destillat in 6
Theile getheilt, die alle beim Abkühlen verschiedene Mengen von Krystalle ausschieden. Eine
weitere Destillation hielt die Retorte nicht aus; nach dem Abkühlen blieb in
derselben eine Art Pech zurück, das ein fettiges Aussehen hatte. Es wurde mit
Schwefelkohlenstoff behandelt, und die Lösung gab nach der Destillation eine
röthlich gelbe dicke Masse (Petrozen).
Die untere dicke Theerschicht wurde gleichfalls mit Schwefelkohlenstoff behandelt und
gab, nachdem letzterer entfernt worden war, bei der Destillation dieselbe
theerartige Masse, wie auch die obere Schicht; sie wurde daher mit der oberen
flüssigen Schicht zusammen der Destillation unterworfen. In dem Rückstande nach der
Extraction mit Schwefelkohlenstoff blieb Kohle zurück.
Die bis zu 250° siedenden Antheile wurden nach Entfernung der Naphtalinkrystalle mit
Natronlauge und Schwefelsäure bearbeitet. Das Harz, welches sich beim Einwirken von
Natron gebildet hatte, schied, nachdem es vom Destillat abgesondert war, beim
Hinzufügen der Säure Spuren von Phenol aus. Das vom Harze abgeschiedene Destillat
wurde mit Wasser gewaschen und der fractionirten Destillation unterworfen. Der
zwischen 130 bis 145° übergehende Antheil stellte eine aromatische, dem Xylol
ähnliche Flüssigkeit dar, deren Nitrirung leicht von statten ging. Nach Beendigung
der Reaction wurde die Masse erwärmt in Alkohol aufgelöst und abgedampft. Es
schieden sich nadelförmige Krystalle aus, die, aus Alkohol und Aether
umkrystallisirt, bei 123° schmolzen (Dinitroxylol). Die übrigen höher siedenden
Antheile des Theeres waren auch leicht zu nitriren. Von den bis zu 200° übergehenden
Antheilen war bedeutend weniger vorhanden, als in dem ersten Theere; der gröſste
Theil bestand aus über 250° siedenden Flüssigkeiten und Naphtalin. Die von 296 bis
350° übergehende Flüssigkeit schied beim Erkalten eine grünlichweiſse Masse von
Krystallen aus, ebenso wie die über 350° siedenden Antheile. Nachdem alle festen
Theile von den flüssigen abgesondert und erstere aus Alkohol und Aether
auskrystallisirt worden waren, erhielt man eine Masse in der Form von glänzenden
Schüppchen, welche grün fluorescirte. Der Schmelzpunkt war 198° (Anthracen). Bei der
Einwirkung einer Lösung dieser Masse in Benzol auf eine Lösung von Pikrinsäure
bildeten sich rothe Krystalle von C14H9.2C6H3(NO2)3O. Dieselbe Lösung gab mit Fritzsche's Reagens violette Krystalle, die dem Anthracen eigen sind.
Die Alkohollösung, welche beim Auflösen des Anthracens zurückgeblieben war, gab
Krystalle von Phenanthren; dieselbe wurde ebenso behandelt wie die Alkohollösung des
ersten Harzes.
Beide Theere enthalten also dieselben Producte, welche man bei der trockenen
Destillation der Steinkohlen erhält, natürlich mit Ausnahme des Ammoniakwassers. Der
erste Theer hatte, da er länger überhitzt worden war, ein gröſseres specifisches
Gewicht; der zweite nicht in dem Maſse überhitzte enthielt eine bedeutend gröſsere
Menge von unverändertem
Petroleum und weniger festes Anthracen und Phenanthren. Das Ueberwiegen der
hochsiedenden Antheile über die niedrig siedenden wird dadurch bedingt, daſs der
Theer heiſs in den Kühler gelangt, so daſs die niedrig siedenden Antheile nicht so
schnell verdichtet werden können und als Dämpfe von dem Gase mit fortgerissen
werden. In den Röhren des Kühlers verdichtet sich wirklich eine leichte aromatische
Flüssigkeit von 0,904 sp. G.; dieselbe beginnt bei 73° zu sieden; der gröſste Theil
geht bis zu 226° über, und zuletzt bleiben in der Retorte sehr wenig Kokes
zurück.
Das bis zu 226° abdestillirte Destillat wurde mittels Kristallisation vom Destillat
getrennt und mit (zur Hälfte mit Wasser verdünnter) Schwefelsäure gereinigt. Der
erhaltene harzige Bodensatz wurde von der durchsichtigen Flüssigkeit mit Hilfe eines
Scheidetrichters abgesondert. Beim Einwirken von Natronlauge auf diesen Bodensatz
erhielt man ölartige Tropfen einer alkalischen Flüssigkeit von aromatischem Gerüche.
Wird das Harz über gelöschten Kalk abdestillirt, so erhält man nur sehr wenig
alkalisches Destillat, woher es unmöglich war, dessen Zusammensetzung zu ermitteln.
Die mit Wasser ausgewaschenen, nicht verharzten Theile wurden über metallisches
Natrium der fractionirten Destillation mit dem Dephlegmator von Glinsky unterworfen. Die Flüssigkeit fing bei 78° an zu
sieden; die Hauptantheile wurden nach einer 12maligen Destillation von 78 bis 84°,
von 105 bis 115°, von 134 bis 146° und der letzte Antheil von 150 bis 170°
aufgesammelt. Von höher siedenden Antheilen blieb nur eine ganz unbedeutende Menge
zurück. Alle zeigten die charakteristischen Eigenschaften der aromatischen
Kohlenwasserstoffe. Sie reagirten heftig mit Salpetersäure; der zwischen 78 bis 84°
siedende Antheil gibt z.B. eine Nitroverbindung, die reducirt zur Amidoverbindung
mit Chlorkalk, violettes Mauveïn gibt. Der zwischen 105 bis 115° siedende Antheil
wurde mit einer Säure von 1,45 sp. G. nitrirt und das erhaltene Product mit Wasser
gewaschen und der fractionirten Destillation unterworfen. Gesammelt wurden die
Antheile zwischen 205 bis 225°, 225 bis 233° und 233 bis 240°. Nach einer 5maligen
Destillation krystallisirte letzterer aus Alkohol in nadelförmigen Krystallen mit
dem Schmelzpunkte 54° (Paranitrotoluol). Die übrigen Antheile zeigen die Reactionen
des Xylol und Cumol.
In Anbetracht der praktischen Wichtigkeit, welche die Gewinnung von Producten, die
zur Fabrikation von Anilinfarben und Alizarin benutzt werden, aus den
Petroleumrückständen erlangen kann, hielt ich es für gerathen, meine Arbeit
fortzusetzen. Bevor ich jedoch zur Untersuchung der Bedingungen, unter welchen der
Theer entsteht, schritt, war es nothwendig, die Menge einiger Hauptbestandtheile
dieses Theeres zu bestimmen. Ich destillirte 1309g
Theer und erhielt folgende Mengen:
Bis zuvon 200 bis „ 240 „
über 340°in der Retorte
200°240340abcblieben
gingen„„„„„zurück
über„„„„„
176g352
112,5157 98105 269,5
oder„„„„„„
13,9 26,9 8,612
7,5 8 20,6
Proc.„„„„„„
von der ganzen Massedes Theeres.
––––––
––––––––––––
1270g
97,5
Proc.
Aus dem ersten Destillat schieden 30g Wasser ab.
Bei der fractionirten Destillation erhielt man 60g
einer bis zu 90° siedenden Flüssigkeit, die dem rohen Benzin entsprechen muſs. Bis
zu 145° gingen 68g über, die dem Toluol und Xylol
entsprechen. Bis 193° ging der Rest über, welcher eine unbedeutende Menge von feinen
Naphtalinkrystallen ausschied. Das zweite 352g
betragende Destillat bildete eine breiartige Masse, die hauptsächlich aus Naphtalin
bestand. Die dritte Fraction bildete gleichfalls eine erstarrende Masse. Die über
340° siedenden Antheile wurden in 3 Vorlagen a bis c gesammelt. Der Antheil a
wurde mittels Abkühlung und Filtration in 121g
einer festen Substanz von schmutzig gelber Farbe und 48g einer Flüssigkeit (unverändertes PetroleumIch nenne dasselbe unverändertes Petroleum,
weil es beim Durchleiten durch die Retorte, ebenso wie Petroleum, in die
Producte des Steinkohlentheeres übergeht.) geschieden. Bei der
weiteren Behandlung und Reinigung der festen Substanz erhielt man 10g Phenanthren, das bei 96° schmolz. – Das zweite
Destillat b erstarrte schon bei Zimmertemperatur. Es
gab, nachdem es vom unveränderten Petroleum ausgepreſst worden war, 33g einer festen Substanz und 69g Petroleum. Nachdem erstere mittels
Krystallisation gereinigt und ihrer Löslichkeit in Alkohol nach gesondert worden
war, erhielt man 11g rohes Anthracen mit dem
Schmelzpunkte von 205°. Diese 11g enthielten, wie
die Probe nach der Methode von LuckZeitschrift für Chemie, Bd. 12 S.
474. gezeigt, 10g,5 reines
Anthracen. – Das dritte hochsiedende Destillat c
bestand aus 105g einer teigartigen Masse, die nach
der Filtration 25g,5 festes Anthracen und 79g einer petroleumartigen Flüssigkeit gab. Die
Probe nach Luck gab 19g,6 oder 50,26 Proc. reines Anthracen. In der Retorte waren 260g Theer zurückgeblieben. Wird Alles in Procent
berechnet, so erhält man:
bis
zu
200°
Siedendes
13,9
Proc.
darin 4,6 Benzol, 5,2 Toluol und Xylol.
von„
200270
bis„
270340
„„
26,98,6
„„
Naphtalin, Cumol und
unverändertesPetroleum.
über
340°
„
27,5
„
mit 3,1 reinem Anthracen.
Dieser Theer, der leicht ohne Beimengung von Wasser erhalten wird,
bietet die Möglichkeit dar, in Gegenden, wo reiche Quellen von Petroleum sind, wie
z. B im Kaukasus, die Petroleumrückstände auszubeuten, und zwar als Producte, die
zur Fabrikation von Anilinfarbstoffen und Alizarin benutzt werden. Kaukasien und
Transkaukasien sind besonders reich an Petroleumfundorten (vgl. 1878 228 537), so daſs sie zweifellos der Petroleumindustrie
von Pennsylvanien Concurrenz machen können. Die Petroleumfundorte ziehen sich vom
westlichen Ufer des Kaspischen Meeres, wo das Centrum der Petroleumindustrie die Stadt Baku bildet,
nach Nordosten von Baku fort bis zum Kaukasischen Bergrücken (in der Steppengegend
finden sich beständig noch nicht berührte Petroleumbrunnen). Darauf überschreiten
dieselben die Berge wieder in der Richtung nach Nordosten, und bis zum Ufer des
Schwarzen Meeres, bis zu Taman nämlich, finden sich wieder ohne Unterbrechung
Petroleumquellen vor. Ungeachtet dieses Ueberflusses an Petroleum im Kaukasus wird
eine energische Ausbeute und Verarbeitung desselben nur in der Gegend von Baku
ausgeführt; das Petroleum der übrigen kaukasischen Fundorte wird fast gar nicht
ausgebeutet. Die Petroleumfabriken von Baku gewinnen aus dem Petroleum nur das
Kerosin (leichtflüchtige Producte enthält das dortige Petroleum nicht). Die
Darstellung von Schmierölen halten die Fabriken von Baku bis jetzt nicht für
vortheilhaft; folglich wird Alles, was nach dem Abdestilliren des Kerosins
zurückbleibt, als Fabrikationsabfälle betrachtet. Das Petroleum von Kuban aus den
westlichen Fundorten des Kaukasus nähert sich seinen Eigenschaften nach mehr dem
Petroleum von Pennsylvanien, es enthält eine bedeutende Menge von leichtflüchtigen
Producten; übrigens bleibt auch hier ungefähr die Hälfte als Petroleumabfall zurück.
Die Menge der jährlich fortgeworfenen Petroleumrückstände läſst sich aus der
Petroleumausbeute Ruſslands schätzen:Vgl. D. Mendelejew: Die Petroleum-Industrie im
Kaukasus und Nordamerika S. 211 bis 212.
Im
Jahre
1871
wurden
gewonnen
22549188k
„
„
1872
„
„
25180017
„
„
1873
„
„
55737705
„
„
1874
„
„
82000000
„
„
1875
„
„
246000000
Angenommen, daſs die gröſste Ausbeute der zur Beleuchtung
benutzten Oele aus dem russischen Petroleum 40 Proc. betrage, so wären im J. 1875
gegen 98000t an Petroleumabfall vorhanden. Eine
verhältniſsmäſsig sehr unbedeutende Menge derselben wurde zur Heizung der
Destillationsherde in den Fabriken selbst verbraucht, ein Theil ging ins Innere von
Ruſsland zu den Gasfabriken und zu ähnlichen Zwecken, und trotzdem blieb mehr als
die Hälfte zurück. Diese Masse nun wollen die Fabrikanten nicht aufbewahren, da
dafür kein Absatz vorauszusehen ist, sondern schaffen sie aus der Fabrik heraus und
verbrennen sie. Auſser diesem Abfall ist noch ein anderer werthvollerer vorhanden,
nämlich der Unterschied zwischen der Menge des Petroleums, welche fabrikmäſsig
verarbeitet, und der Menge, die gewonnen wird. Es ist hier ebenso, wie es zuerst in
Pennsylvanien war, als die Petroleumbrunnen eine solche Menge von Petroleum
auswarfen, daſs man nicht fertig wurde, sie zu sammeln und zu verarbeiten. Nach der
Beschreibung von Prof. Lissenko z.B. warf ein
Petroleumbrunnen in der Nähe von Baku während 63 Tagen je 1200t Petroleum aus, so daſs sich ein Petroleumsee
bildete.
Aus Allem ist ersichtlich, daſs der Rohstoff zur Fabrikation in Massen vorhanden ist.
Um die Bedingungen festzustellen, welche auf die Qualität und Quantität der Ausbeute
des Theeres einwirken können, nahm ich an Stelle der Retorte eine eiserne Röhre,
welche 1m,15 Länge, und 5cm Durchmesser hatte. Die Röhre war mit Holzkohle
angefüllt und wurde in einem Gasofen, wie er zur organischen Analyse benutzt wird,
erhitzt. Die Petroleumrückstände wurden in die Röhre in einem Strahle eingeleitet.
Dieselben waren vorher durch Destillation und auch mittels Schwefelsäure und
Natronlauge gereinigt. Das specifische Gewicht der Rückstände war 0,872 bei 18°, der
Siedepunkt 270°. Die aus der Röhre entweichenden Gase und Dämpfe wurden durch eine
Reihe von Vorlagen geleitet, in welchen sich die verdichteten Theile niederschlugen. Das Gas wurde in
einem Gasometer aufgesammelt. Beim Durchleiten von 91g Petroleumrückständen erhielt man bei schwacher Erhitzung 25l,5 Gas, aus 67g,5 28l,25 und aus 108g 27l. Bei
starkem Erhitzen gaben 57g Rückstände 6l,5 Gas.
323g,5 Petroleumrückstände gaben somit 97l,27 Gas, das beim Brennen stark ruſste, und 77g Theer von 0,88 sp. G., oder 100g Rückstände gaben 23g,9 Theer und 30l,1 Gas. Diese
Unregelmäſsigkeit in der Ausbeute der Gase wurde auch bei den weiteren Versuchen
bemerkt, wenn der Zufluſs des Petroleums in die Röhre nicht regulirt wurde. Anfangs
ist die Gasbildung regelmäſsig; später jedoch hört sie plötzlich auf, so daſs man,
um die weitere Ausbeute des Gases zu vergröſsern, nur nöthig hat, den Zufluſs des
Petroleums zu verringern und die Röhre zu erhitzen. Nach Beendigung der Erhitzung
hatte sich das Gewicht der Kohle in der Röhre nicht verändert. Um die Röhre
gleichmäſsiger erhitzen zu können, nahm ich eine andere von 25mm Durchmesser. Nun gaben 30g Petroleumrückstände 27l Gas, 40g 25l und 35g 10l, zuletzt beim Glühen der Röhre 20l, somit 105g
62l Gas. In den Vorlagen verdichteten sich
49g Theer von 0,89 sp. G.; 100g Petroleumrückstände gaben somit 46g,4 Theer und 59l Gas.
Beim Steigen der Temperatur des Rohres wurde die Ausbeute des Gases gröſser, jedoch
nur bis zu einer gewissen Grenze, worauf die Ausbeute bei weiterem Steigen wieder
geringer wurde. Wird das Petroleum durch eine Röhre ohne Kohle geleitet, so geht die
Zersetzung anfangs unregelmäſsig vor sich und zugleich mit dem Theere scheidet sich
eine ziemlich bedeutende Menge von Kohle aus. Nach einiger Zeit jedoch wird die
Zersetzung regelmäſsiger, aber nicht auf lange, da die Röhre bald von sich
absetzender Kohle verstopft wird. Diese Bildung von Kohle in der Röhre läſst
annehmen, daſs die Zersetzung hier auch nur in Folge vom Absetzen der Kohle an den
Wänden der Röhre stattfindet. Vollständiger und besser geht die Zersetzung vor sich,
wenn in die Röhre eine Substanz gebracht wird, welche die Eigenschaft hat, Gase noch
besser als Kohle zu absorbiren. Zu diesem Zwecke brachte ich in die Röhre
getrocknete und gut ausgeglühte platinirte Kohle. Beim Durchleiten durch eine damit
angefüllte Röhre von 210g Petroleumrückständen
erhielt ich 144g Theer von 0,89 sp. G., d.h. 66,6
Proc., und 158l Gas, das beim Brennen nicht
ruſste. Die Ausbeute des Gases war beständig fast gleich, auch die Zersetzung war
regelmäſsig.
Um zu beurtheilen, wie weit die Veränderung des Petroleums beim Zersetzen gegangen
war, unterwarf ich die Petroleumrückstände und den erhaltenen Theer der Analyse.
0g,1816 Petroleumrückstände
gaben:
H2O
=
0,2322
H
=
0,02524
=
14,09
CO2
=
0,572
C
=
0,1554
=
85,60
–––––
99,69.
Ein anderes Mal wurden 0g,1571
genommen:
H2O
=
0,1989
H
=
0,0221
=
14,06
CO2
=
0,4953
C
=
0,1351
=
85,90
–––––
99,96.
0g,1314 des Theeres, welcher
beim Durchleiten der Petroleumrückstände durch die Röhre mit platinirter Kohle
erhalten war, gaben:
H2O
=
0,1449
H
=
0,01633
=
12,47
CO2
=
0,922
C
=
0,115
=
87,50
–––––
99,97.
0g,1432 Theer, der beim
Durchleiten derselben Rückstände durch eine Röhre mit gewöhnlicher Kohle erhalten
wurde, gaben:
H2O
=
0,1881
H
=
0,0209
=
14,60
CO2
=
0,448
C
=
0,1221
=
85,25
–––––
99,85.
Vergleicht man die erhaltenen Resultate, so erweist sich, daſs die Substanzen, welche
am meisten die Eigenschaft besitzen, mittels ihrer Oberfläche Gase zu absorbiren,
auch die gröſste Ausbeute an Theer geben, der seiner Zusammensetzung nach sich nahe
an die aromatischen Kohlenwasserstoffe anreiht.
100g Petroleumrückstände gaben
66g,6 Theer; als Gas entwichen 33g,3, bestehend aus:
Kohlenstoff
85,25
58,27
26,98
Proc.
Wasserstoff
14,075
8,3
5,755
„
Bei Anwendung von gewöhnlicher Holzkohle gaben 100g Rückstände 49g
Theer und Gas, bestehend aus:
Kohlenstoff
85,25
42,09
43,16
Proc.
Wasserstoff
14,075
6,46
7,615
„
Die angeführten Zahlen führen die Vortheile vor Augen, welche diejenigen Substanzen
gewähren, die eine groſse Absorptionsfähigkeit für Gase besitzen.
Wird dieser Theer zum zweiten Male durch die Röhre geleitet, so wird er noch dicker,
trotzdem er nur eine sehr geringe Menge von Gas ausscheidet. Anfangs nahm ich an,
daſs dies in Folge einer weiteren Condensation des Naphtalins und der anderen
Substanzen stattfindet; bei genauerer Untersuchung jedoch stellte sich heraus, daſs
der Theer dadurch dicker wird, daſs er eine nicht unbedeutende Menge von Kohlenstaub
enthält. Wenn man nun diesen Theer unter starkem Drucke durch eine Röhre leitet, so
zersetzt er sich merklich, indem er Kohle ausscheidet. Dagegen erleidet er gar keine
Veränderung, wenn kein oder nur ein geringer Druck vorhanden ist.
Um den Einfluſs zu bestimmen, welchen die in der Röhre befindliche Substanz ausübt,
brachte ich in dieselbe gestoſsene Ziegel, Asbest und ähnliche Substanzen. Es erwies
sich, daſs die Zersetzung nur anfangs stoſsweise vor sich geht; später wird sie
regelmäſsig, was wieder dadurch bedingt wird, daſs sich an den in der Röhre
befindlichen Substanzen Kohle absetzt. Was auch immer in die Röhre gebracht wird,
immer erhält man einen Theer von denselben Eigenschaften, dessen specifisches
Gewicht 0,8889 nicht übersteigt. Um die Zusammensetzung dieses Theeres zu bestimmen,
unterwarf ich ihn der fractionirten Destillation. Hierbei begann der Theer bei 35° zu sieden. Es gingen
über:
bis zu
80°
ein
Gemisch von Amylen mit Benzol
6,28
Proc.
von
80°
bis
85° Benzol
8,46
„
85
„
90 „
1,5
„
90
„
100 „
2,6
„
100
„
113 Toluol
10,5
„
113
„
123 ein Gemisch von Toluol mit Xylol
6,8
Im Ganzen waren bis 3200 übergegangen
52,5
und von 320° an
35,0
Wie schon erwähnt, ist es hierbei nicht gelungen, feste Kohlenwasserstoffe zu
erhalten, abgesehen davon, daſs ganz zu Ende der Destillation sich eine gelbe
paraffinartige Masse von Petrocen ausschied. Wenn daher bei den Arbeiten mit dieser
Röhre kein Theer erhalten wird, welcher feste Kohlenwasserstoffe, wie Naphtalin und
Anthracen, enthält, so ist als Ursache davon die verhältniſsmäſsig kleine
Kohlenschicht zu bezeichnen, durch welche die Petroleumdämpfe gingen. Selbst bei
Anwendung von platinirter Kohle war die Zusammensetzung des Theeres dieselbe wie bei
Holzkohle. Ich erkläre dies durch den Einfluſs der Masse der Kohle. Bei Anwendung
der früheren groſsen Fabrikretorte, die jedoch mit einer gegen früher bedeutend
geringeren Menge von Kohle angefüllt wurde, erwies sich, daſs die Ausbeute an Theer
auch bedeutend geringer war; doch hatte der Theer dieselbe Dichte von 1,207. Auf
diese Weise wird also beim Durchleiten gleichartiger Petroleumrückstände immer unter
denselben Bedingungen eine verschiedene Menge von Theer erhalten, je nach der Menge
von Kohle, welche in der Retorte enthalten ist. Ist die Retorte voll Kohle, so ist
die Ausbeute an Theer 45 Proc., ist dieselbe nur halb gefüllt, so erhält man 33
Proc. In beiden Fällen ist die Dichte des Theeres dieselbe, nämlich 1,206. Es ist
folglich einleuchtend, daſs die quantitative Ausbeute des Theeres von der Gröſse der
Kohlenschicht abhängt, durch welche die Petroleumdämpfe geleitet werden, und der
Theer wird mit einer um so gröſseren Menge von festen Kohlenwasserstoffen erhalten,
je gröſser die Oberfläche der heiſsen Retorte ist. Auſserdem enthält der Theer bei
den Arbeiten in kleinem Maſsstabe eine unbedeutende Beimengung von
Kohlenwasserstoffen der Aethylenreihe, wie Amylen, Hexylen u.a.; im Theer dagegen,
welcher aus der groſsen Retorte erhalten wird, sind diese Beimengungen nicht bemerkt
worden.
Um den Einfluſs der Beimengungen auf die Bildung des Theeres zu bestimmen, wurde in
die Retorte und in die Röhre zugleich mit den Petroleumrückständen Wasserdampf
geleitet, wobei der Dampf nicht den geringsten Einfluſs auf die Menge und
Eigenschaft des gewonnenen Theeres zeigte. Bei allen Arbeiten war der Druck in der
Retorte und in der Röhre nicht gröſser als 8cm
Wassersäule. Unter höherem Drucke wurde die Ausbeute an Theer merklich geringer und
zugleich auch die
Eigenschaft des Gases schlechter; dasselbe brannte mit mehr ruſsender Flamme.
Um den Einfluſs des Druckes auf die Ausbeute des Theeres genauer zu untersuchen,
wendete ich mich an die Petroleumgasfabriken, wo das Gas aus dem Petroleum durch
Ueberhitzen unter Druck gewonnen wird. Es erwies sich, daſs auch hier bis zu 3 Proc.
eines leichtflüchtigen Theeres erhalten wird, der von 80 bis 180° siedet (Benzol bis
zu Xylol). Wird dieser Theer zum zweiten Male unter Druck durch die Retorte
geleitet, so zersetzt er sich vollständig und in der Retorte bleibt Kohle
zurück.
Wenn bei den Arbeiten in kleinem Maſsstabe der erhaltene Theer sich seiner
Zusammensetzung nach unterscheidet von dem Theere, der durch Ueberhitzen des
Petroleums in groſsen Retorten erhalten wird, so muſs auch das Gas, welches in
beiden Fällen erhalten wird, eine andere Zusammensetzung haben. Nachdem ich eine
genügende Menge des Gases, das beim Durchleiten der Petroleumrückstände durch eine
kleine, mit Kohle angefüllte Retorte erhalten wird, aufgesammelt hatte, unterwarf
ich das Gas der Analyse nach Bunsen.
Beob-achtung
CorrecturdurchKalibriren
Barometer-stand
Temperatur
Volum bei 0°und1m Druck
Vom Gas genommen
154,5
155,4
767,3
17,8
125,9
Nach der Absorptiondurch
Schwefelsäure-anhydrid
95,1
95,7
761,5
16,8
59,109.
Es waren folglich an Aetylen, dessen Homologen und Acetylen
66,79 Vol. = 53,05 Proc. des ganzen Gasvolums vorhanden. Die von der Schwefelsäure
nicht absorbirten Theile wurden in ein Eudiometer geleitet:
Beob-achtung
CorrecturdurchKalibriren
Barometer-stand
Temperatur
Volum bei 0°und1m Druck
Gas angewendet
49,2
50,7
760,7
17,2
16,87
Mit Sauerstoff
153,9
159,4
760,2
17,0
63,7
Nach der Explosion
95,6
97,95
759,4
17,2
33,52
Nach Absorption durch Kali
66,0
67,68
758,7
16,7
21,4
Mit Wasserstoff
161,4
167,2
759,4
17,3
67,5
Nach der Explosion
18,2
20,4
759,4
17,5
5,7.
Volum des Gases 16,9, hinzugefügt Sauerstoff 76,8; es bildete sich CO2 =12,1 CH4.
Im Eudiometer blieben 21,4, hinzugefügt Wasserstoff 46,1; es blieben nach der
Explosion 5,7 zurück, obgleich 3,7 zu erwarten wären, wenn man annimmt, daſs
vorhanden waren 0,8 N, 4 H und 12,1 Sumpfgas.
Um die Natur der Gase festzustellen, welche im Absorptionsrohr von der Schwefelsäure
aufgenommen worden waren, leitete ich das Gas durch Brom, welches sich in einem
groſsen Geisler'schen Kaliapparat befand. Um das
mechanische Fortreiſsen des Bromes durch das Gas zu verhindern, wurde nach dem
Kaliapparat mit Brom ein anderer Apparat mit Natronlauge aufgestellt. Beide
Kaliapparate befanden sich in einem Gefäſse mit Schnee. Das Durchleiten des Gases
wurde so lange fortgesetzt, bis das Brom eine leicht röthliche Farbe annahm. 46l,5 des Gases bei 18° gaben 140g einer Bromverbindung, nachdem letztere mit Kalilauge gewaschen und
getrocknet worden war. Im Ganzen wurden 524g,5 von
dieser Verbindung durch Absorption von 167l Gas
bei 18° erhalten. Die Flüssigkeit hatte die Eigenschaften der Bromderivate des
Aethylens, einen stechenden aromatischen Geruch, und entwickelte die Augen stark
angreifende Dämpfe. Die ganze Masse wurde der Destillation mit Wasserdampf
unterworfen, wobei anfangs eine flüssige, zu Ende jedoch eine feste Substanz
überging. Von ersterer erhielt man 443g, von
letzterer 22g,5; zurück blieben 59g Acetylenbromid. Die flüssigen Antheile gaben bei
der fractionirten Destillation zwischen:
g
128
bis
133°
Aethylenbromid
158
133
„
136
ein Gemisch von Aethylenbromid mit ProphylenbromidNach A. Bauer siedet zwischen 134 bis
135° ein äquivalentes Gemisch von C2H4Br2 und C3H6Br2, zwischen 138 bis 150° reines C3H6Br2.
136
136
„
148
Propylenbromid
78
148
„
159
eine Substanz, welche bei der Destillation sich
theilweise zersetzte unter Ausscheidung von
Bromwasserstoff- dämpfen und die in Folge dessen braun war
68.
Die feste Substanz krystallisirte aus Alkohol in Gestalt von glänzenden weiſsen
Blättchen; nach mehrmaligem Umkrystallisiren schmolz dieselbe bei 116°. 0g,1632 der Substanz gaben nach Carius 0g,3251 AgBr
oder 0g,1394 Br = 85,41 Proc. Die Theorie
erfordert für die Formel C4H6Br4 85,55 Proc. Br.
Nimmt man an, daſs diese Substanz Tetrabromcrotonylen sei, welches bei 116 bis 117°
schmilzt, so bestanden die 53,05 Vol.-Proc. Petroleumgas hauptsächlich aus Aethylen,
Propylen, theilweise Butylen, Acetylen und Crotonylen.
158g136 78 68
C2H4Br2C2H4Br2 und C3H6Br2C3H6Br2C3H6Br2
====
21,27 8,8513,3014,7312,90
C2H422l,38
= 30g,12 = 24l,6 bei 0° und1m Druck.
59
C2H2Br4
=
4l,06 C2H2
22,5
C4H6Br4
=
3l,22 C4H6
Angewendet waren 167l Gas
bei 760mm Druck und 19°, was bei 0° und 1m Druck 116l,02
des trockenen Gases ausmacht. Hieraus folgt, daſs 100 Vol. dieses trockenen
Petroleum gas es annähernd bestehen werden aus: 11,13 H, 33,64 CH4, 2,09 N, 21,2 C2H4, 19,29 C3H4, 3,49 C2H2 und 1,3 C4H6, zusammen 92,05; folglich ist der
Verlust durch die Zersetzung von C4H8 bei der Destillation = 7,95 Proc.
Das specifische Gewicht dieses Gases ist, bestimmt nach der Schnelligkeit des
Ausfluſses:
Ausfluſs der Luft
=
11
Min.
45
Sec.
11
Min.
44
Sec.
„ des Gases
=
13
„
36
„
13
„
36
„
Dichte des Gases
=
1,157
1,157.
Das Gas dagegen, welches aus der groſsen Retorte erhalten worden war, hatte eine ganz
andere Dichte und Zusammensetzung, folglich auch eine andere Leuchtkraft.