Titel: | Ueber Construction, Dimensionen und Leitung der Hohöfen; von Thomas Whitwell in Stockton-on-Tees. |
Autor: | – r. |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 377 |
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Ueber Construction, Dimensionen und Leitung der
Hohöfen; von Thomas
WhitwellDer Verfasser ist am 5.
August d. J. bei Untersuchung eines Bicheroux'schen
Gasofens (*1876 219 220) verunglückt und erst 40
Jahre alt gestorben.Die Red. in
Stockton-on-Tees.
Whitwell, über Construction und Leitung der Hohöfen.
Es ist im Laufe der Zeit viel über die passendste Zustellung von Hohöfen durch Wort
und Schrift in die Oeffentlichkeit gelangt; doch das Resultat sämmtlicher hierauf
bezüglicher Lehren ergab bisher nur, daſs sich allgemeine Grundsätze für die den
Hohöfen zu gebende Form überhaupt nicht aufstellen lassen. Dies liegt schon darin
begründet, daſs die Verhältniſse, unter welchen die einzelnen Hohöfen arbeiten, von
zu verschiedenen Einflüssen beherrscht werden, daſs überhaupt die Factoren, von
welchen der Hohofenbetrieb abhängt, auſserordentlich verwickelter Natur sind. So
findet man z.B. stets, daſs zwei unmittelbar neben einander stehende Hohöfen,
derselben Construction und aus gleichem Material erbaut, selbst dann, wenn sie ganz
gleich bedient werden, doch verschiedene Betriebsresultate liefern. Wenn dies der
Fall sein kann, so darf man sich nicht wundern, daſs jeder Hohofen-Ingenieur über
die Form, welche er einem von ihm zu entwerfenden Hohöfen geben soll, seine eigenen
Ideen hat. Durch eine graphische Darstellung der verschiedenen Hohofenprofile eines
Districtes, welcher gleichartige Rohmaterialien verhüttet, wie dies beispielsweise
in Cleveland der Fall ist, gewinnt man das denkbar bunteste Bild. In der Tabelle auf
S. 378 sind verschiedene Gröſsen und Betriebsverhältnisse englischer, deutscher,
französischer und amerikanischer Hohöfen (doch leider sehr unvollständig)
wiedergegeben, welche das Gesagte bestätigen.
Wenn nun aber auch ein Universalschema für Hohofen-Constructionen sich nicht
aufstellen läſst, so finden wir doch, daſs einerseits bei Hohofenanlagen, selbst
über gröſsere Länderstrecken verbreitet, Fehler gemacht werden, welche nicht genug
gerügt werden können, und daſs andererseits viele werthvolle Erfahrungen entweder
nicht gewürdigt oder überhaupt verkannt werden.
Auf den der Firma W. Whitwell und Comp. gehörigen Thornaby-Eisenwerken wurden i. J. 1860 2 Hohöfen gebaut
und nach 2 bis 3jährigem Betrieb mit
Bezeichnung der Hohöfen
Ofenhöhe
Gestelldurchmesser
Kohlensackweite
Gichtweite
Gichtrohrweite
Gestellweite an denFormen
Formenhöhe
Zahl der Formen
Düsendurchmesser
Windpressung(Quecksilber)
Temperatur desWindes
Production im Tag
Kokesverbrauch für1000 Roheisen
Rastwinkel bezieh.Inhalt
m
m
m
m
m
m
m
m
mm
Grad
k
Thornaby, alte Zustellung
18,29
2,18
6,09
3,96
3,15
–
–
–
0,137
140
553
43000
1225
354cbm
Desgl. Nr. 1, neue „
22,86
2,74
7,01
4,57
3,35
3,05
–
5
0,101
220
–
60000
–
65°
Desgl. „ 3, „ „
22,86
2,44
6,70
4,57
2,59
2,44
–
4
0,127
220
–
50000
–
72°
Allgemeine Cleveland-Gestalt
24,38
2,43
7,0 bis 7,6
–
–
–
–
–
–
–
470
–
1150
–
Hopkins, Gilkes & Comp.
22,86
2,44
7,31
4,57
3,20
–
–
–
–
–
–
50000
–
71°
Port Clarence
24,38
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
1150
424cbm
Samuelson
27,43
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
1000
–
Bolkow, Vaughan & Comp.
28,35
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Tees Bridge Iron Comp.
19,81
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Gjers, Mills & Comp.
25,91
–
7,62
4,57
3,20
–
–
–
–
–
–
–
–
–
L. Bell
36,57
4,87
6,86
4,87
–
5,39
–
–
–
–
–
–
–
–
Consett
16,76
2,44
–
–
–
3,20
–
5
0,114
–
–
71000
–
Dowlais Nr. 19
16,76
2,44
5,18
–
–
–
–
–
–
–
–
78500 B
–
–
Cleator Moor
18,29
–
4,26
–
–
–
–
–
–
–
–
64300 B
1000
–
Solway Works
21,33
–
6,09
–
–
–
–
–
–
–
–
100000 B
1025
–
Steele, Preuſsen
14,81
1,83
4,72
3,05
–
–
–
6
0,09
–
–
33000
950
61°
Esch, Luxemburg
20,42
2,44
7,00
–
–
–
–
4
0,20
–
520 bis 570
104000
–
–
Weilerbach, „
8,53
0,76
2,44
–
–
–
–
–
–
–
520 bis 570
–
–
St. Martin, Frankreich
21,33
2,28
6,39
–
2,59 bis 3,20
–
–
–
–
–
–
–
–
782cbm
J. Cockerill, Belgien
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
520
107000 B
1070
–
Soho, Pittsburg, Amerika
„ alte Zustellung
20,42
1,83
5,48
4,26
1,83
1,83
1,22
7
0,114
200 bis 260
–
57000
–
–
„ neue „
20,42
2,59
5,64
4,26
3,05
2,89
1,37
8
0,203
90 bis 105
–
95000
–
–
Der Zusatz „B“ hinter der Productionsangabe bedeutet:
Bessemereisen.
verschlossener Gicht (cup and
cone) versehen. Die Steine zu diesen Oefen waren von D. B. Ramsay bezieh. Cochrane
Carr geliefert worden und enthielten sämmtlich schwarze Kerne im Innern.
Kenner sagten deshalb eine kurze Campagne voraus. Trotzdem blieben beide Oefen über
12 Jahre im Feuer und waren nach dem Ausblasen im Schacht nur etwa 15cm abgefressen. Die niedrige Temperatur des
äuſseren Mantels während des Betriebes deutete schon darauf hin, daſs
verhältniſsmäſsig wenig Gase an den Wänden aufstiegen. In der That ist die genannte
Aufgebevorrichtung vorzüglich dazu geeignet, dies zu bewirken, da die Koke in die
Mitte des Ofens rollt und diese locker erhält. Ob aber eine Brennmaterialersparniſs
dadurch bewirkt wird, bleibt eine offene Frage.
Ohne allen Zweifel ist man mit den Dimensionen und namentlich mit der Höhe der
Hohöfen in England zu weit gegangen; denn das Fassungsvermögen und die Anlagekosten
stehen nicht mehr im richtigen Verhältniſs zu der vermehrten Production. Wir finden
in Deutschland viele Oefen von verhältniſsmäſsig kleinen Dimensionen, welche
auſserordentlich günstig produciren, und der Deutsche hat wohl Recht, wenn er dem
Engländer vorwirft, in seinen Anlagen über die haushälterische Grenze hinausgegangen
zu sein.
In Bezug auf Rastwinkel herrscht ebenso groſse Uneinigkeit wie in allen anderen
Punkten. In Schottland wendet man Neigungen bis zu 80° an, während früher in
Deutschland 45° gebräuchlich war; in Cleveland findet man alle Neigungen von 50 bis
75°. Im Westcumberland sind Oefen mit krummliniger, napfförmiger Rast im Betrieb.
Man ist der Ansicht, daſs in Folge des durch diese Construction verzögerten
Niederganges der Materialien das Eisen sich höher kohlt. In Barrow und Wigan in
Lancashire kommen Oefen vor, in denen das Gestell ganz fehlt. Dort zieht sich das
Mauerwerk in gerader Linie vom Kohlensack bis zur Ofensohle; denn viele Ingenieure
sind der Ansicht, daſs der Winkel, den die Gestell- und Rastflucht mit einander
bilden, in den ersten Wochen des Betriebes wegschmilzt und vollständig verschwindet.
Es wird sogar von mancher Seite die Behauptung aufgestellt, daſs der Hohofen erst
dann in volle Production kommt, wenn diese Abfressung stattgefunden hat, und daſs es
aus diesem Grunde nicht nur überflüssig, sondern sogar schädlich sei, den Uebergang
vom Gestell zur Rast anders als geradlinig zu machen.
Auf vielen englischen Hütten findet man noch Oefen mit offener Brust, während die Thornaby-Werke nach 12jähriger Campagne trotz
mancherlei Hemmnisse Lürmann's Schlackenform (vgl.
*1875 217 460. 1876 221 28)
eingelegt haben, was als eine wesentliche Betriebsverbesserung angesehen werden
muſs. Es wird seit der Zeit bei vermehrter Production auſserordentlich viel an
Arbeitslöhnen und Materialien gespart. An jedem Ofen steht jetzt nur noch ein
Schmelzer und ein Schlackenzieher. Betriebsstörungen, welche man vielfach
vorausgesagt hatte, sind durch die Schlackenform keineswegs entstanden. Nur wenn in
den sogen, guten Jahren die Kokeslieferanten uns Asche und Kleinkoke statt
Hüttenkoke verkaufen, so kommt es vor, daſs sich die Form zeitweise versetzt, was
den Schlackenablauf beeinträchtigt.
In Cleveland findet man gewöhnlich 3 bis 5 Windformen am Hohofen, während die
Schotten deren nicht selten 12 einlegen, und im Midland-District wendet man häufig 6
Formen an, welche paarweise gelagert werden. Ueber die Achsenrichtung, welche den
Formen in Bezug auf das Gestell zu geben ist, gehen die Meinungen sehr aus einander.
Nur so viel scheint allgemein angenommen zu werden, daſs bei sehr engem Gestell die
Formen nicht nach der Mitte desselben zu richten sind, weil man dadurch einen zu
hohen relativen Kokesverbrauch herbeiführt. Auch darüber, ob man die Formachsen
horizontal oder geneigt anbringen soll, herrschen verschiedene Ansichten. In
Stockton hat man die Erfahrung gemacht, daſs bei gutem Brennmaterial und leicht nach
dem Ofen zu geneigten Formen nie ein hoher Boden entsteht. Auch bietet diese
Formenlage durchaus keine Schwierigkeiten bei Production von grobkörnigem
Gieſsereieisen, vorausgesetzt, daſs sich über dem flüssigen Eisen eine hinlänglich
dicke Schlackenschicht befindet.
Was die Gestelldimensionen anbelangt, so ist es gewiſs von Interesse, zu erfahren,
daſs auf der Lucy-Hohofenanlage bei Pittsburg jetzt ein Gestell von 3m,35 Durchmesser im Bau begriffen ist, und daſs
man zu Cedar Point bei New-York die Formen 2m über
die Ofensohle legt, beides in der Absicht, gröſsere Productionen zu erzielen.
Die Eisenhüttenleute des Cleveland-Districtes haben ihre Hohöfen fast ausschlieſslich
mit geschlossener Gicht versehen und arbeiten damit vorzüglich. Viele Fachgenossen
vom Continent haben sich hieran ein Beispiel genommen und dies später oft bitter
bereut; denn sie haben unberücksichtigt gelassen, daſs das Cleveland-Eisen nur aus
ganz grobstückigen Erzen erblasen wird. Ein von den ihm eingeimpften englischen
Ideen sehr durchdrungener Hüttenbesitzer in Saint-Martin (Frankreich) erbaute vor
mehreren Jahren einen Hohofen von 21m,34 Höhe,
ganz nach englischem Muster mit geschlossener Gicht. In dortiger Gegend werden
sogen. Minette-Erze, welche groſsstückig brechen, zugleich mit mulmigen
Alluvialerzen (Bohnerzen) verhüttet; letztere sind bei weitem reicher an Eisen als
erstere. Der Besitzer versah ferner seinen neuen Ofen mit Whitwell'schen Winderhitzungsapparaten (vgl. * S. 246 d. Bd.) und
erreichte dadurch kurze Zeit nach der Inbetriebsetzung eine Windtemperatur von über
750°. Während bis dahin auf sämmtlichen Hohofenanlagen dortiger Gegend nur weiſses
Eisen producirt worden war, lieferte dieser Ofen weiches grobkörniges
Gieſsereieisen. Jedoch alsbald zeigten sich im Innern des Ofens ganz auffallende
Erscheinungen. Es kamen ab und zu dunkle unreducirte Erzmassen vor die Formen,
wodurch der Ofen plötzlich von grauem auf weiſses Eisen umschlug. Es entstanden
Gewölbe im Inneren des Schachtes, welche einstürzten und Verstopfungen verursachten.
Nach geschehener Reinigung begann wohl die Fabrikation von Gieſsereieisen wieder;
allein die eben beschriebenen Erscheinungen wiederholten sich periodisch, und es
wollte kein regelmäſsiger Betrieb eintreten. Der Besitzer schob zunächst die Schuld
auf die ungenügende Weite des Gichtkegels und ersetzte denselben, welcher
ursprünglich 2m,59 Durchmesser hatte, durch einen
solchen von 3m,06 Weite, jedoch ohne den
geringsten Erfolg. Schlieſslich wurde der ganze Gasfang entfernt und durch ein
Centralrohr mit Trichteransatz am unteren Ende bei offener Gicht ersetzt. Diese
Aenderung machte sämmtlichen Schwierigkeiten ein Ende. Das eingesetzte Rohr reicht
2m,44 in den Ofen und läſst ringsherum einen
Raum von 0m,91 zum Aufgeben der Gichten. Sowohl
Kokes als Erze werden auf der Gicht planirt und gehen regelmäſsig nieder. Das
Centralrohr verursacht ähnlich wie die oben genannte geschlossene Gicht einen
lockeren Kern im Ofen; die Vertheilung der Materialien findet jedoch ungleich
regelmäſsiger statt, und man genieſst den Vortheil, daſs sämmtliches Wasser, welches
innerhalb der oberen 2m,5 verdampft, den Gasen,
welche zur Kessel und Apparatheizung dienen, entzogen wird, wodurch sich deren
Heizeffect ganz wesentlich erhöht.
Einer der bedeutendsten Eisenhüttenbesitzer Frankreichs, H.
de Wendel in Hayange, erklärte dem Verfasser u.a., daſs die neuen Hohöfen
der Gebrüder d'Huart in Athus, welche gleichfalls ein
Gemenge von grobstückigen und feinen Erzen verhütten, bei Anwendung der
geschlossenen Gicht nie betriebsfähig geworden wären. Auf der Hohofenanlage zu
Stockton sind in kleinen gläsernen Modell-Hohöfen Versuche in dieser Richtung
angestellt worden, welche obige Behauptung in vollstem Maſse rechtfertigen. Eines
dieser Modelle wurde mit geschlossener Gicht und das andere bei offener Gicht mit
Centralrohr versehen und alsdann beide in gewöhnlicher Weise mit theilweise mulmigem
Erz, Kalkstein und Koke beschickt. Dabei stellte sich heraus, daſs bei dem Ofen mit
geschlossener Gicht das feine Erz sich in festen Massen an die Wandungen legte,
während alles grobstückige Material in die Mitte rollte; bei dem anderen Ofen fand
eine gleichmäſsige Vertheilung des Beschickungsmaterials durch den ganzen
Ofenquerschnitt statt, wodurch allein die Möglichkeit einer vollständigen Reduction
geboten wird.
Auf der neuen Hohofenanlage von J. Cockerill und Comp.
in Seraing ist seit zwei Jahren ein Centralgasfang ohne jede Schwierigkeit in
Betrieb. Das eingehängte Rohr hat 15mm Wandstärke,
und es werden sowohl zur Winderhitzung als zur Dampferzeugung hinreichend Gase gefangen, bei
verhältniſsmäſsig dichtem Möller, welcher absichtlich in einem Nässezustand von etwa
12 Proc. unterhalten wird. Es entweichen dabei so wenig Gase durch die Gicht, daſs
dieselben bei heftigem Winde häufig erlöschen. Der Ofen geht auf Bessemereisen und
hat eine sehr hohe Produktion bei niedrigem Kokesverbrauch.
Das Centralgasfang-System ist besonders für solche Hohöfen, welche Eisen zur
Stahlfabrikation produciren, von hoher Bedeutung, wegen der groſsen Regelmäſsigkeit,
die dadurch für den Betrieb herbeigeführt wird. Um die Dauerhaftigkeit des
Centralrohres zu erhöhen, macht man dasselbe auch wohl doppelwandig und läſst durch
den ringförmigen Zwischenraum einen continuirlichen Wasserstrom laufen. Zu
Yniscedwyn in Südwales ist ein solches Rohr seit 2 Jahren in Betrieb, ohne den
geringsten Schaden gelitten zu haben.
Der Metallurgist J. F. Bennett in Pittsburg hat es an
der Hand der von ihm gemachten Erfahrungen unternommen, ein System für die
Construction von Hohöfen aufzustellen, welches wesentlich von den Grundsätzen
abweicht, die man bisher bei Anlage von Hohöfen befolgt hat. Er gibt an, daſs in der
Regel der Kohlensack im Verhältniſs zur Höhe des Ofens zu weit und das Gestell zu
eng gemacht wird, und gründet dies auf die Betriebsresultate, welche mit dem
Soho-Ofen bei Pittsburg in der ersten und zweiten Campagne erzielt worden sind (vgl.
die obige Tabelle). Nach seiner Ansicht soll man bei Hohöfen von 22m,86 Höhe und bei einem Gestelldurchmesser an den
Formen von 2m,286 den Kohlensack nicht über 4m,875 weit machen. Der Querschnitt des
Kohlensackes betrage überhaupt nie mehr als das dreifache des Bodenquerschnittes.
Gleichzeitig empfiehlt Bennett, die Formen thunlichst
weit frei in den Ofen zu stecken, um dadurch Ausmessungen der Gestellwandungen zu
vermeiden. Ein Vergleich zwischen dem Betrieb des Hohofens Nr. 3 und Nr. 1 der Thornaby-Werke (vgl. Tabelle) ergibt übrigens ganz
ähnliche Resultate, wie sie Bennett anführt. Wenn die
Thatsachen auch nicht geleugnet werden können, so läſst sich doch nur annehmen,
daſs, im Falle des gröſseren Windverbrauches und der kleineren Production, der
Windüberschuſs nur zur Verbrennung von Koke gedient hat und ganz ohne Einfluſs auf
das in dem Hohöfen vorhandene Erz geblieben ist. Es ist übrigens noch zu erwähnen,
daſs in beiden Fällen, dort, wo der günstigere Betrieb stattfand, der Kegel des
Gichtverschlusses auch eine gröſsere Weite hatte, welche möglicherweise hierbei eine
Rolle spielt. Ferner wurde auf den Thornaby-Werken nach
4½jährigem Betrieb an beiden Oefen die Gestellwand in einer Höhe von 2m,286 über dem Boden durchbohrt, wobei sich
herausstellte, daſs dieselbe bei dem Ofen Nr. 3 nur 38mm, bei Nr. 1 dagegen 152mm
weggeschmolzen war. Die Windpressung aber bei Nr. 3 betrug an der betreffenden
Stelle im Gestell 86mm Quecksilber, bei Nr. 1
dagegen nur 26mm, während bei beiden Oefen die
Pressung in der Form etwa 195mm stark war. Auch
bei den Hohöfen zu Consett, von welchen jeder die auſsergewöhnliche Produktionsmenge
von 26000t jährlich aufweist, finden wir bei einer
Höhe von nur 16m,76 einen Gestelldurchmesser
zwischen den Formen von 3m,2. Es bleibt immerhin
von Interesse, diese Beobachtungen weiter zu verfolgen und zu erforschen, in wie
weit die Querschnitte von Gestell und Kohlensack und deren Verhältniſs zur Ofenhöhe,
Production und Brennmaterialverbrauch beeinflussen.
Bei Verhüttung feiner Erze oder ungleichmäſsiger Vertheilung des
Beschickungsmaterials treten häufig Schwierigkeiten im Niedergang der Gichten ein,
für deren Beseitigung es wohl allgemeine Regeln gibt; nicht selten aber hilft sich
dabei der Hohofen-Ingenieur auf ganz originelle Weise. So ist es im Falle einer
Gewölbebildung, welche den Niedergang der Gichten ganz oder theilweise verhindert,
als bewährtes Mittel bekannt, von Zeit zu Zeit die Gebläsemaschine plötzlich still
zu setzen und nach einigen Minuten wieder in der gewohnten Stärke wirken zu lassen.
Der Betriebsführer Thompson der Werke von Gebrüder Bell in Port-Clarence schlug dagegen in
ähnlichem Falle in einer Höhe von 4m,57 über den
gewöhnlichen Windformen verschiedene Löcher durch den Blechmantel und das
Schachtmauerwerk, legte dort Formen und Düsen ein und blies während einiger Stunden,
worauf die Schmelzmasse sich in Bewegung setzte und der Ofen wieder seinen normalen Gang annahm. Wenn ein
Ofen an einer Seite hängt, so legt man, oft mit Erfolg, einen Bleiblock auf
derselben Seite dicht gegen das Mauerwerk auf die Beschickungsmasse oder sperrt an
der betreffenden Seite den Wind ab. Die Amerikaner bedienen sich jetzt des folgenden
Mittels: An der Seite, wo der Ofen hängt, wird unmittelbar über der Windform ein
13mm weites Gasrohr durch das Gestellmauerwerk
gesteckt und mit einem gefüllten Petroleumfaſs in Verbindung gebracht. Indem das
Petroleum nun mittels einer Druckpumpe in den Ofen gepreſst wird, entsteht durch die
Verbrennung desselben eine so hohe Temperatur, daſs sich alle Ansätze lösen. Das
neue Verfahren, das Material in der Nähe der Ofenwand aufzugeben, hat die an
letzterer entstehende Temperatur beträchtlich ermäſsigt und dadurch die Fälle, in
denen sich der Ofen verhängt, und ebenso die Bildung von Gewölben wesentlich
vermindert. In Cleveland ist es Mode, sämmtliche Hohöfen ein und derselben Hütte von
einer Hauptwindleitung aus zu speisen. Dies hat manche Unzuträglichkeit zur Folge,
namentlich dann, wenn sich kranke Oefen in der Reihe befinden. Es ist jedenfalls
besser, die Windleitungen so einzurichten, daſs man es in der Hand hat, jeden
Hohofen durch eine besondere Gebläsemaschine und unabhängig von den anderen bedienen
zu können.
Bei Hohöfen, welche mit Steinkohlen betrieben werden, gehen die Ansichten über die
beste Construction noch weit mehr aus. einander als bei Kokeshohöfen, und der
Betrieb ist wirklich viel schwieriger wegen den auſserordentlichen Verschiedenheiten
in der Qualität der einzelnen Kohlensorten. Hier kommt es hauptsächlich auf die
Zusammensetzung, Brennbarkeit und Dichtigkeit der Kohlen an, und mancher Hohofen,
welcher mit Kokes ausgezeichnet geht, taugt für den Betrieb mit Kohlen gar nichts.
Truran gibt an, daſs man bei Kohlen-Hohöfen den
Durchmesser der Gicht gleich demjenigen des Kohlensackes machen soll, in der
Absicht, daſs das dichte Material in der Nähe der Wandungen liegen bleibe und
letztere dadurch vor zu hoher Erwärmung schütze. Es hat sich aber in der Praxis
herausgestellt, daſs dadurch eine so ungleiche Vertheilung des Materials
herbeigeführt wird, indem die groben Stücke in die Mitte rollen und den feineren
Theil des Erzes an dem Umfang zurücklassen, daſs Verstopfungen, gröſserer
Brennmaterialverbrauch und Unregelmäſsigkeiten des Productes entstehen. Auch in
Bezug auf die Höhe, welche den Oefen für
Steinkohlenbetrieb gegeben werden darf, muſs man sehr vorsichtig sein. An vielen
Orten hat sich das System Ferrie (vgl. 1871 201 *108. 515. 1874 212 527)
recht gut bewährt. Doch war man z.B. bei einem in Ironton in Ohio gebauten. Ferrie-Ofen von 26m,5
Höhe genöthigt, eine Mischung von Kohle und Koke zu verwenden, um den Durchgang des
Windes zu ermöglichen. In Ashland in Kentucky steht ein Steinkohlen-Ofen unter der
Leitung von Douglas-Putnam, welcher sich besonderer
Berühmtheit erfreut. Während die meisten Steinkohlen-Oefen der Nachbarschaft
verhältniſsmäſsig ungünstige Betriebsresultate liefern, hat dieser Ofen eine ganz
zufriedenstellende Production, bei guter Qualität, und der Betriebsführer schiebt
dieses merkwürdiger Weise dem Umstände zu, daſs sein Ofen, wegen der Feier des
Tages, jeden Sonntag stillsteht; er erblickt darin einen Einfluſs der Vorsehung! Im
Gegensatz hierzu haben alle schottischen und englischen Hohöfen, welche früher das
gleiche Verfahren beobachteten, hierbei schlechte Geschäfte gemacht, und für den
Ashland-Ofen' läſst sich die Thatsache nur so erklären, daſs die in demselben
befindlichen Kohlen während der Zeit des Stillstandes theilweise verkoken und
dadurch für den übrigen Theil der Woche ein besseres Resultat liefern. In
Codnor-Park in Butterley ist ein Steinkohlen-Hohofen von 21m,94 Höhe gebaut worden, welcher mit Northampton-
und gerösteten Derbyshire-Erzen gespeist wird; letztere enthalten häufig 30 Proc.
Wasser. Der Gasfang sitzt so tief im Ofen, daſs ein groſser Theil des Wassers
verdampft; nichts desto weniger wollte der Ofen mit Derbyshire-Kohlen nicht gehen,
und es wird heute eine Mischung von4/7 Kokes und3/7 Kohlen angewendet, um gutes Roheisen zu erblasen.
Die Kohle wird zwar in Stücken bis zu 0cbm,057 (2
Cubikfuſs) aufgegeben; allein sie zerfällt, sobald sie mit dem Feuer in Berührung
kommt. Die Gase sind, abgesehen von den sie häufig begleitenden Wasserdämpfen, von gutem Heizeffect.
Bei R. Heath und Söhne ist ein Steinkohlen-Ofen von
21m,94 Höhe im Bau, und es wird interessant
sein zu erfahren, welche Betriebsresultate derselbe liefert.
Mit den Dimensionen der Holzkohlen-Hohöfen ist man in letzterer Zeit in Amerika sehr
weit gegangen. Es sind dort Oefen von 16m,46 Höhe
im Betrieb, welche wöchentlich bis 266t Eisen
liefern mit einem Kohlenverbrauch von 840 auf 1000 Eisen. Das aus Brauneisenstein
mit Holzkohlen erzeugte Roheisen hat vor allen anderen Eisensorten die Eigenschaft,
bei rascher Abkühlung an der Oberfläche bis zu einer gewissen Dicke hart zu werden,
während der übrige Theil des Guſsstückes grau und weich bleibt. Der Director der
Hohofenanlage zu Villerupt in Frankreich, woselbst ein Koke- und zwei
Holzkohlen-Oefen betrieben werden, hat eine ausgedehnte Fabrikation von
Hartguſsrädern und fand, daſs es bei Anwendung von Koke nicht möglich ist, der
äuſseren Schale denjenigen Härtegrad zu geben, welcher mit Holzkohlen erreicht
wird.
Der in der Versammlung der Cleveland Institution of
Engineers, in welcher Whitwell vorstehend
skizzirten Vortrag gehalten hat, anwesende amerikanische Ingenieur Pechin aus Cleveland in Ohio theilte mit, daſs die in
Amerika zur Verhüttung gelangenden Erzen durchweg kieseliger und weniger thonhaltig
sind als die englischen, und daſs aus diesem Grunde die Campagne eines
amerikanischen Ofens selten über 4 Jahre währt, während in England eine Zustellung
häufig 12 Jahre und darüber dauert. Es bleibt hierbei allerdings zu berücksichtigen,
daſs die amerikanischen Hohöfen Wochenproductionen bis zu 700t liefern, wobei wegen der enormen Höhe der
dortigen Arbeitslöhne trotz des schnelleren Materialverschleiſses, ein gröſserer
Gesammtgewinn erzielt wird. Der Lucy-Ofen in Pittsburg producirt in jüngster Zeit
wöchentlich bis zu 800t Bessemereisen, mit einem
Kokesverbrauch von 1250 auf 1000 Eisen, und hat sogar an einem Tage die
ungewöhnliche Leistung von 122t erreicht. Pechin hat die Erfahrung gemacht, daſs eine
Verminderung des Brennmaterial-Verbrauches, hohe Production und lange Campagne in
engem Zusammenhang stehen sowohl mit der Anzahl der Windformen, als mit dem Maſse,
bis zu welchem dieselben frei im Gestell liegen. Wenn es richtig ist, daſs der
Brennfocus jeder Form nicht sehr weit vor deren Rüssel liegt, so erreicht man,
namentlich bei weiten Gestellen, in Bezug auf die Verbrennung selbstredend dadurch
das günstigste Resultat, daſs man die Brennpunkte thunlichst weit in das Ofeninnere
schiebt und deren Anzahl möglichst groſs macht; denn dadurch wird sowohl die
Intensität, als die Gleichmäſsigkeit der zwischen den Formen erzeugten Temperatur
befördert. Ferner wird durch das tiefe Einschieben der Formen in das Ofeninnere das
Abschmelzen der Gestellwandungen verhindert; denn es bilden sich namentlich bei der
Fabrikation von Gieſserei-Roheisen rings um den Formrüssel graphitische und kalkige
Ansätze, welche das Mauerwerk conserviren. Bei dem Soho-Ofen in Pittsburg, woselbst
nach der letzten Zustellung die Formen 430 bis 457mm frei im Gestell liegen, hat sich diese Erscheinung in
auſserordentlichem Maſse bewahrheitet. – Was die Anwendung von Petroleum zur
Beseitigung von Versetzungen im Ofen anbelangt, so bleibt nur zu bestätigen, daſs in
neuerer Zeit viele amerikanische Hohöfener sich dieses Mittels mit ganz vorzüglichem
Erfolg bedienen. (Nach dem Iron, 1878 S. 677. 745.
806.)
– r.