Titel: | Allgemeine Gewerbeausstellung der Provinz Hannover. |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 383 |
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Allgemeine Gewerbeausstellung der Provinz
Hannover.
(Fortsetzung von S. 263 dieses
Bandes.)
Allgemeine Gewerbeausstellung der Provinz Hannover.
Chemische Industrie. Wenn auch von einer eigentlichen
chemischen Fabrikindustrie der Provinz Hannover am Ende des vorigen Jahrhunderts
noch nicht die Rede sein konnte, so hat sie sich doch in den letzten Jahren um so
rascher entwickelt. Betrachten wir zunächst die ausgestellten Rohstoffe, so finden
wir unter der Abtheilung
Bergbau und Hüttenwesen von Behrens und Saur in
Niedersachswerfen ausgestellten Schwerspath, ferner Lenzin und Annaline. Mit Lenzin
bezeichnet man einen etwas gröblich gepulverten Rohgyps, der zum Versetzen der
billigen Ultramarine und anderer Farben verwendet wird, mit Annaline fein
pulverisirten Rohgyps, der zuerst von L. Rohrmann auf
der Annenmühle (nach Anna Busse genannt) bei Osterode
hergestellt wurde und vielfach als Zusatz zur Papiermasse verwendet wird (vgl. 1862
166 389). R. Schimpf in
Osterode hat Annaline, Leichtspath (Lenzin) und Baugyps geschickt. Rohe und
geschlämmte Infusorienerde von tadelloser Beschaffenheit sind von Berkefeld in Celle und Reye in Hamburg ausgestellt, Asphalt von den beiden Hannoverschen
Asphaltfabriken. Das Vorkommen von Asphalt (Petroleum nigrum
graveolens) in den oberen Juraschichten bei Limmer vor Hannover war schon
i. J. 1730 bekannt, wurde aber erst i. J. 1843 von Hennig technisch ausgebeutet. Diese seit 1871 einer Actiengesellschaft
gehörende Fabrik liefert jährlich fast 20000t
Asphaltproducte und läſst durch eigene Arbeiter etwa 50000qm Asphaltfuſsböden herstellen. Es ist
bemerkenswerth, daſs die Asphaltvorkommen in Limmer und Vorwohle die einzigen
technisch bedeutenden Deutschlands sind.
Der Harzer Bergbau wurde zuerst am Rammelsberge bei Goslar um das J. 972 begonnen und
gegen das Ende des 13. Jahrhunderts nach dem Oberharze ausgedehnt. Mit einzelnen,
theilweise localen Unterbrechungen und Beschränkungen, veranlaſst namentlich durch
die Pest und Hungersnoth in den J. 1347 bis 1349, 1527 und 1621 bis 1625, sowie
durch den 30jährigen Krieg, hat dieser Bergbau bis heute bestanden und geblüht, und
stellen die aufgeschlossenen und vorhandenen Erzmittel ihm noch eine lange Zukunft
in Aussicht. Die Oberharzer und Kommunion-Unterharzer Berg- und Hüttenwerke
förderten im J. 1876:
Geldwerth
Bleierze
28880t
4327165 M.
Zinkerze
4223
410141
Kupfererze
10387
507877
Silbererze
4,6
99415
und producirten
in demselben Zeiträume:
Gold
95k,58
Silber
27230k,5
Blei
9126t
Glätte
641
Kupfer
521.
Auſserdem an Nebenprodukten:
Schwefelsäure
26434t
Vitriole
2938
Ofengalmei
9
Oxyde (Zinkgelb)
71
Nickelspeise
59.
Der Geldwerth dieser Producte betrug 11222730 M. Dagegen beträgt die
Gesammtproduction der übrigen Bergwerksdistricte Preuſsens an Blei und Glätte
20000t, während Sachsen etwa 3000, Belgien
4000 und Oesterreich 6200t Blei liefern.
Aelter noch als der Harzer Bergbau ist die Gewinnung von Salz, da die Saline in
Lüneburg bereits im 9. Jahrhundert gegründet wurde. Besonders beachtenswerth ist die
von dieser Saline ausgestellte Siedepfanne, eine Originalbetriebspfanne vom J. 1684.
Dieselbe ist 1m,02 lang und breit, 10cm tief und aus einer 9 bis 10mm dicken Bleiplatte durch Aufbiegen der Ränder
hergestellt, so daſs die vier Ecken zugleich als Ausgüsse dienen. Nach den
ausgestellten Plänen waren auf der alten Saline 54 Siedehäuser mit je 4 solcher
Pfannen vorhanden; die erst i. J. 1798 durch groſse
Pfannen ersetzt 'wurden. Die Saline liefert jährlich 2000t, die Stader Saline etwa 1000, während Egestorff's Salzwerke in Hannover fast 34000t Salz absetzen. Das Vorkommen von Salzquellen vor
Hannover wurde schon i. J. 1639 beobachtet, aber wieder vergessen, dann i. J. 1778
von F. Ehrhart durch die dort vorkommenden Salzpflanzen
von Neuem
aufgefunden; aber erst i. J. 1831 gründete hier G.
Egestorff die gröſste Saline der Provinz. Das ausgestellte Salz sämmtlicher
Salinen ist tadellos; bemerkenswerth ist die geschmackvolle Verpackung des
Speisesalzes von Egestorff's Salzwerken.
Zunächst zur Verarbeitung der Salzabfälle dieser Saline gründete G. Egestorff i. J. 1839 die damit verbundene
Schwefelsäure- und Sodafabrik; zu gleichem Zweck richtete die Lüneburger Saline i.
J. 1858 ebenfalls eine Sodafabrik ein. Beide Fabriken liefern jetzt jährlich etwa
7250t Schwefelsäure, 4000t Salzsäure, 250t Chlorkalk, 2100t calcinirtes und 50t krystallisirtes Glaubersalz, 2250t Soda, 125t
Aetznatron und 80t unterschwefligsaures Natron,
Chlorbarium und einige andere Chemikalien aus 20700t Rohmaterial bei einem Verbrauch von 10150t Steinkohle, Die von beiden Fabriken ausgestellten Producte sind gut;
bemerkenswerth sind namentlich die prachtvollen Sodakrystalle der genannten
Salzwerke. Die Lüneburger Fabrik hat u.a. calcinirte Soda von 95, 90, 80, 60, 50 und
30 Proc. und in tadelloser Weiſse ausgestellt. Ob Zwischenhändler immer den
richtigen Gehalt der letzteren Producte angeben, ist wohl zweifelhaft, eine
Bestimmung des wirklichen Werthes bei Soda-Ankäufen daher jedenfalls gerathen.
Die dritte Schwefelsäure- und Sodafabrik der Provinz, welche nach Le Blanc arbeitet, die chemische Fabrik in Nienburg,
hat nicht ausgestellt; dagegen hat die mit der Saline Rothenfelde verbundene
Ammoniaksodafabrik sehr schöne 99 proc. Soda geschickt.
Einige andere Schwefelsäurefabriken stellen nur Kammersäure her für die damit
verbundenen Fabriken künstlicher Düngemittel. Besonders hervorragend sind die von
Meyer und Riemann in Linden ausgestellten Proben
Guano, Phosphorite, aufgeschlossene Knochenmehle u. dgl., sowie das hübsche Modell
einer Schwefelsäurefabrik; die Fabrik liefert jährlich 12500t künstlicher Düngemittel. Von fast gleicher
Bedeutung ist die Fabrik von Stackmann und Retschy in
Lehrte und von Klamroth in Nienburg. Die Fabrik von Gunter, Schröder und Comp. in Harburg verwendet zur
Schwefelsäurefabrikation spanische Kiese mit 48 bis 50 Proc. Schwefel und 3 bis 4
Proc. Kupfer; sie liefert auſser 5000t künstlicher
Düngemittel noch 5000t Salpetersäure. Von
Fabriken, die fast ausschlieſslich Knochen verarbeiten, sind hervorzuheben A. Brauer in Lüneburg, dessen Production 95t Knochenleim, 30t Knochenfett und daraus hergestellte Seife, 190t Knochenschrot für Knochenkohle und 2000t Knochendünger beträgt, sowie die Hannoversche Kunstdüngerfabrik in Linden.
Bemerkenswerth ist noch, daſs Dohrmann und Hottendorf
in Otterndorf Fischguano und recht guten Thran aus Heringen ausgestellt haben. Daſs
auſserdem eine ganze Anzahl kleinerer Fabriken künstliche Düngemittel, Leim,
namentlich auch recht gute Seife ausgestellt hat, möge nur erwähnt werden. Die
einzige Stearinsäurefabrik der Provinz (Bornemann in
Verden), welche namentlich Palmöl verarbeitet, hat nicht ausgestellt.
Deicke in Hannover hat sehr gutes Wasserglas
ausgestellt, während eine andere Fabrik recht schlechte Präparate geschickt hat und
die dritte Wasserglasfabrik nicht vertreten ist. Die Chemischen Fabriken Harburg-Staſsfurth haben sehr schön krystallisirtes
salpetersaures Natrium und Kalium, Chlorzinn und raffinirten Campher ausgestellt.
Die Fabrik lieferte i. J. 1877 3770t Kalisalpeter,
181t reinen Natronsalpeter, 84t Zinnsalz und Chlorzinn, 40t Campher und 4104t Abfallsalz. Die schönen Kalipräparate aus Wollschweiſs von Graff in Lesum werden später noch näher erwähnt. Borchers in Goslar hat schönen Kalialaun, Eisenvitriol
und Kupfervitriol geliefert. Noblée in Harburg lieferte
prachtvolle Schwefelfabrikate.
Besonders hervorragend sind die von E. de Haën in List
vor Hannover ausgestellten Präparate, namentlich die groſsen Krystalle von
Schwefelnatrium für Gerbereizwecke (vgl. 1875 218 355),
Borsäure, wasserfreie Phosphorsäure, schwefelsaures Nickel, Bromkalium, Chlorkupfer,
Goldschwefel, Glycerin, Gerbsäure, Phenol, Benzin u.s.w. Die Fabrik wurde i. J. 1861
im kleinen Maſsstabe gegründet, dann aber immer mehr vergröſsert, so daſs der Umsatz
im vorigen Jahre 1800000 M. betrug.
F. Meyer in Geestemünde hat prachtvolle Krystalle von
Alaun, Bittersalz, Blutlaugensalz, Wismuth u. dgl. ausgestellt.; der darauf
verwendete Fleiſs verdient alle Anerkennung; hat doch z.B. die Herstellung des
gröſsten Alaunkrystalles fast 2 Jahre beansprucht. Preuſs
und Dreſsler in Hannover haben Salmiak, Natriumbicarbonat, Zinkoxyd,
Phosphorsäure u. dgl. ausgestellt.
Hartmann und Hauers in Hannover liefern sehr schönen
Vermillonzinnober, Chromgelb, Zinkgelb und andere Farben, sowie Chlorbarium zur
Reinigung des Kesselspeisewassers. Wir seilen hier auſserdem reinen Holzgeist von 99
Proc., essigsaures Calcium, essigsaures Natrium, essigsaures Kupfer, Essigsäure für
gewerbliche Zwecke und Eisessig. Diese aus Holzessig hergestellten Präparate
zeichnen sich durch völlige Reinheit aus, so daſs z.B. in dem Hause des Referenten
seit einiger Zeit eine solche 50 proc. Essigsäure für Salat, zum Einmachen u. dgl.,
den käuflichen Speiseessigen (aus Alkohol) vorgezogen wird. Die Rohstoffe für die
letztere Fabrikation liefert die Holzessigfabrik Münder
in Münder a. Deister, welche sehr schöne Holzkohlen aus Buchenholz, Holzgeist,
Holzessig, Pech u.s.w. ausgestellt hat. Ueber die Zusammensetzung der bei der
Destillation des Holzes gebildeten Gase wird später berichtet. Ein Theil der hier
abfallenden Holzkohle wird auf Kollergängen gemahlen und in bekannter Weise (vgl.
1878 228 90) zu Preſskohlensteinen verarbeitet. Diese
unter der Firma E. Moll ausgestellten Preſskohlen für
Eisenbahnwagen, zum Austrocknen feuchter Wohnungen u. dgl. sind, wie sich Ref. durch
Versuche überzeugt hat, durchaus tadellos. Hervorzuheben ist noch, daſs die Firma
auch Preſskohlen für Plätteisen liefert, die sich recht gut bewährt haben.
Die Theeröle dieser musterhaft eingerichteten Holzessigfabrik
werden von A. Grätzel in Hannover verarbeitet. Das von
demselben ausgestellte Buchenholzkreosot und Guajakol sind von einer solchen
Reinheit, wie sie bisher von keiner anderen Fabrik erreicht wurde. Dieselben sind,
nachdem sie 6 Wochen am Lichte gestanden haben, noch völlig farblos. Als Seltenheit
ist das aus Buchenholztheer hergestellte Paraffin hervorzuheben und der bis dahin
unbekannte Pyrogallussäure-Dimethyläther. Nach den soeben veröffentlichten
Untersuchungen von A. W. HofmannBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1878 S. 329. 1455. geht dieser Dimethyläther der Pyrogallussäure
durch oxydirende Mittel nach der Gleichung 2C8H10O3 + 20 = C16H16O6 + 2H2O in das
Cedriret von Reichenbach oder Liebermann's Coerulignon über. Mischt man eine Lösung des Aethers in
Eisessig mit Kaliumbichromat, so erwärmt sich das Gemisch und nach wenigen
Augenblicken erfüllt sich die Flüssigkeit mit schönen Nadeln, die im durchfallenden
Lichte dunkel rothbraun erscheinen, das auffallende Licht aber prachtvoll stahlblau
reflectiren. Wenn man den Dimethyläther mit so viel alkoholischer Kalilösung
versetzt, als zur Bildung seines Kalisalzes erforderlich ist, alsdann
Sesquichlorkohlenstoff (C2Cl6) in solcher Menge hinzufügt, daſs das darin
vorhandene Chlor genau zur Umwandlung des angewendeten Kaliumhydrates in Chlorkalium
ausreicht, und das Gemisch 6 bis 8 Stunden auf 120 bis 130° erhitzt, so nimmt die
Flüssigkeit eine tief indigoblaue Farbe an. Oder aber man bereitet sich die
krystallinische Natriumverbindung des Dimethyläthers und mischt diese trocken in
ähnlichem Verhältniſs mit Sesquichlorkohlenstoff. Beim Erhitzen einer kleinen Menge
dieser Mischung in einer Proberöhre über der Gaslampe erscheint alsbald durch die
ganze Masse hindurch eine prachtvoll blaue Färbung. Da jedoch der
Sesquichlorkohlenstoff leicht flüchtig ist und sich daher beim Erhitzen in einem
offenen Gefäſse theilweise der Wechselwirkung entzieht, so ist es besser, zumal wenn
man mit gröſseren Mengen arbeitet, die Mischung in Digestionsröhren zu bringen,
welche man nach dem Zuschmelzen in einem Luftbade bis auf etwa 160 bis 170° erhitzt.
In 2 Stunden ist die Operation beendigt,
Man löst den erhaltenen Rückstand in Wasser, filtrirt etwa noch vorhandenen
Sesquichlorkohlenstoff ab und versetzt die Flüssigkeit mit Salzsäure. Augenblicklich
verschwindet die blaue Farbe, welche in Lichtrosenroth und, wenn ein Ueberschuſs von
Säure angewendet wurde, in Carmoisin übergeht. Man vermeidet indeſs einen
Ueberschuſs von Säure und laſst die Flüssigkeit einige Stunden stehen; nach
Verlauf dieser Zeit haben sich bei hinreichender Concentration braungelbe Nadeln –
oft mit Kaliumchlorid gemengt – ausgeschieden. Diese Krystalle, die Säure des blauen
Kaliumsalzes, werden durch Abspülen mit Wasser von anhängendem Chlorkalium befreit,
getrocknet und in siedendem absoluten Alkohol gelöst. Sie lösen sich darin mit
brauner Farbe, indeſsen ziemlich schwierig. Aus der siedenden Lösung scheiden sich
beim Erkalten nur langsam Krystalle aus; wird aber die erkaltete alkoholische
Flüssigkeit mit einem groſsen Ueberschuſs – etwa dem doppelten Volum – Aether
versetzt, so krystallisiren nach einiger Zeit lange, haarfeine Nadeln von
orangegelber Farbe aus. Die so gewonnenen Krystalle hinterlassen bei dem Verbrennen
auf dem Platinblech keinen mineralischen Rückstand. Die Fällung der alkoholischen
Lösung mit Aether liefert den Körper alsbald sehr rein; es bleibt aber eine
erhebliche Menge gelöst, die man minder rein durch Verdampfen erhält. Bei 100°
erleiden die Krystalle keine Veränderung; auf 200° erhitzt, zeigen sie unter
theilweiser Schmelzung beginnende Zersetzung, indem sich ein blaues Sublimat (Liebermann's Eupitton) bildet. Nach der Analyse ist
diese Eupittonsäure als eine sechsfach methoxylirte Rosolsäure C19H8(OCH3)6O3 aufzufassen. Die blauen Salze des Eupittons
scheinen mit Reichenbach's Pitakall identisch zu sein.
Die gelben Krystalle bilden sich nach folgender Gleichung: 3C8H10O3 + CO = C25H26O3 + 2H2O.
Setzt man eine Lösung von Eupittonsäure in alkoholischem Ammoniak in zugeschmolzenen
Röhren einige Stunden lang einer Temperatur von 160 bis 170° aus, so findet man beim
Erkalten, daſs die tiefblaue Farbe der Lösung verschwunden ist, und in der nur
schwach braungefärbten Flüssigkeit haben sich in reichlicher Menge prachtvolle,
breite Nadeln abgesetzt, welche, wenn man die Flüssigkeit abgieſst, vollkommen weiſs
sind, an der Luft aber bald eine geringe Färbung annehmen. Die Ausbeute ist eine
nahezu quantitative; es entstehen keine Nebenproducte, und da die Nadeln in kaltem
Alkohol sehr schwer löslich sind, so enthält auch die Mutterlauge nur äuſsert
geringe Mengen derselben. Der neue Körper ist eine bestimmt ausgesprochene Base,
welche sich in Säuren mit Leichtigkeit löst und aus diesen Lösungen durch Ammoniak
oder fixe Alkalien wieder ausgefällt wird. Die Lösungen der Base in concentrirten
Säuren sind gelbroth gefärbt; beim Verdünnen nehmen sie eine blaue Farbe an. Von
prachtvoll tiefblauer Farbe ist die Lösung des Acetates; dieselbe ist in hohem Grade
farbkräftig und sie färbt Seide sowie Wolle direct wie die Anilinfarben. Wird die
Lösung zur Trockne verdampft, so erhält man einen Rückstand, welcher das Licht
glänzend kupferroth reflectirt. Versetzt man die concentrirte Lösung des Acetates
mit Ammoniak oder Natronhydrat, so wird die Base in Gestalt hellvioletter Flocken
gefällt. Hat man aber die Lösung des Salzes stark mit Wasser verdünnt und vor dem
Fällen zum Sieden erhitzt, so bleibt sie nach dem Zusatz von Ammoniak kurze Zeit
klar; beim Erkalten aber scheidet sich die Base in langen, haarförmigen Krystallen
aus, welche, von der schwach violett gefärbten Flüssigkeit abfiltrirt, nahezu weiſs
erscheinen, an der Luft aber schnell eine bläuliche Farbe annehmen. Diese Krystalle
lassen sich ohne wesentliche Veränderung bei 100° trocknen, werden indeſsen bei
dieser Temperatur noch etwas dunkler. Auf 200° erhitzt, zerlegen sie sich unter
Entwicklung stark ammoniakalischer Dämpfe.
Die Eigenschaften der neuen Farbbase erinnern lebhaft an die des Rosanilins. Die
Bildung derselben ist nach folgender Gleichung vor sich gegangen: C25H26O9 + 3NH3 = C25H29N3O6.H2O + 2H2O. Die neue
Base würde demnach als ein sechsfach methoxylirtes Pararosanilin C19H11(OCH3)6N3.H2O anzusehen
sein.
Es verdient noch bemerkt zu werden, daſs dieser Dimethyläther der Pyrogallussäure
auch kräftig desinficirend wirkt. Ref. hat Jaucheflüssigkeit mit 0,1 Proc.
desselben, andere mit ebenso viel Kreosot versetzt schon seit 2 Wochen stehen, ohne,
daſs sich bis jezt Fäulniſserscheinungen zeigen, während dieselbe nicht damit
versetzte Jauche schon nach 2 Tagen faul war. Auch aufgelöstes Gummi arabicum, mit
dem aromatisch riechenden Aether versetzt, hält sich ganz gut, wird aber bald roth,
verliert daher an Werth.
Von den ausgestellten Farben sind besonders hervorzuheben die sehr schönen Producte
der Ultramarinfabrik Egestorff's Salzwerke
(Jahresumsatz 425000
M.). Der ausgestellte Rohbrand aus Muffel- und Tiegelöfen, die verschiedenen
präparirten blauen Ultramarine für Papierfabriken, Wäsche u.s.w. sind in jeder
Beziehung tadellos. Schöne blaue und grüne Ultramarine sind ferner ausgestellt von
der Hannoverschen Ultramarinfabrik (jährlich 800
bis 1000t Ultramarin), C.
A. Meyer und Röhrig in Linden und von Jordan und
Hecht in Oker a. Harz. Die Harzer Bleiwerke,
früher J. F. Schachtrupp und Comp. in Osterode haben
recht gutes holländisches Bleiweiſs, A. G. Braunzweig
in Buxtehude hat eine sehr reiche Sammlung von Lackfirnissen und Farben, Gebrüder Jänecke und Fr. Schneemann in Hannover haben
ihre vorzüglichen Druckfarben ausgestellt. Dieselben verarbeiten jährlich etwa
400t Oele, 1200t Brennstoffe, ausschlieſslich der Kohlen, und liefern 700t schwarze und andere Druckfarben. Auſserdem sind
noch zahlreiche Lacke und Firnisse ausgestellt, sowie recht gute Speise- und
Schmieröle, Wichse u. dgl. Tadelnd muſs schlieſslich noch erwähnt werden, daſs die
ausgestellten Zündhölzchen und Schieſspulver fast durchweg schwedische oder
englische Aufschriften zeigen.
(Fortsetzung folgt.)