Titel: | Zur Gewinnung und Untersuchung der Fette. |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 388 |
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Zur Gewinnung und Untersuchung der
Fette.
Zur Gewinnung und Untersuchung der Fette.
Bekanntlich werden die thierischen Fette allgemein durch Ausschmelzen in Apparaten
gewonnen, welche meist die dabei auftretenden übelriechenden Gase beseitigen; sie
wurden bereits von d'Arcet (1829 31 37), Appert (1829 31 454), Lefebure (1830 35 371), Evrard (1851 120 204), Faiſst (1851 122 378), Stein (1855 136 226), Grodhaus und Fink (1857 143 217), Chevallier (*1857 146 23),
Foucou (*1861 159 256),
Arlot (Polytechnisches
Centralblatt, 1861 S. 184), Buff (1856 176 143), Vohl (*1870 198 29), Lockwood und Everett (*1874 213 493)
besprochen. (Vgl. auch 1825 16 263).
Die Pflanzenfette werden bekanntlich meist durch Auspressen, nach den Vorschlägen von
Deiſs (1856 140 133)
1857 146 433. *1861 159 436)
und Seifert (*1858 148 275)
aber auch durch Ausziehen mittels Schwefelkohlenstoff gewonnen. Hierfür zu
verwendende Apparate wurden beschrieben von Löwenberg
(Mittheilungen des Gewerbevereins für Hannover,
*1862 S. 932), Bonière (*1863 169 69), Moison (*1863 170 290), Lunge (*1863 170 378), HeylMuspratt's Chemie, 3. Auflage Bd. 2 *S. 1459.
Deite: Industrie der Fette (Braunschweig
1878), S. 134. A. W. Hofmann: Bericht über die
Entwicklung der chemischen Industrie, S. 266. (1866 181 237), Haedicke (1871 201 427) und Fischer (1872
206 158). Die Einwendungen von Dullo (1865 178 273) und Vohl (1866 182 319) gegen
dieses Verfahren wurden von Richter (1867 183 254), Kurz (1867 184 362) und Fischer (1872
205 274) widerlegt. Besonders vortheilhaft ist diese
Fettgewinnung, wenn man die Oelsamen zunächst auspreist und erst die Rückstände zur
Gewinnung des letzten Restes von Fett mit Schwefelkohlenstoff behandelt.
Nach den Angaben von E. van Haecht (Zeitschrift für Oel- und Fettwaaren, 1878 S. 1) sind
zur Herstellung des Schwefelkohlenstoffes nach seinem Verfahren 5 Cylinder aus
feuerfestem Thon von 1m,8 Höhe und 0m,6 Durchmesser vertical in einem Ofen
eingelassen. Die Schwefelladung von oben wird selbstthätig und so lange ohne
Unterbrechung bewerkstelligt, als die Cylinder widerstehen; dieselben halten etwa 5
Monate aus. Für den Betrieb von 3 Tagen ergibt sich folgende Kostenberechnung:
1900k Schwefel
247
M.
Arbeitslohn
40
Kokes
24
Holzkohlen
38
Abnutzung
17
––––––––
366
M.
Gewonnen werden 1482k
Schwefelkohlenstoff, so daſs sich die Selbstkosten für 100k auf etwa 25 M. stellen.
Den Bemühungen von Deiſs gelang es, die Entfettung der
Olivenabfälle mittels Schwefelkohlenstoff in Marseille einzuführen. Von hier aus
verbreitete sich dieses Verfahren über ganz Italien, woselbst es noch heute mit
groſsem Vortheil angewendet wird.
Nach Haecht, welcher den Schwefelkohlenstoff zur
Gewinnung von Fett aus verschiedenen Abfällen verwendet, ist der oft beobachtete
groſse Verlust an Schwefelkohlenstoff namentlich durch die in den
Extractionsgefäſsen und den Abfällen selbst enthaltene atmosphärische Luft bedingt.
Er läſst dieselbe daher nicht direct in die Atmosphäre entweichen, sondern unter
Wasser austreten. Hierdurch soll sich der Schwefelkohlenstoff gröſstentheils
verdichten und am Boden des betreffenden Wassergefäſses sammeln. Der Verlust an
diesem Lösungsmittel soll sich hierdurch auf 0,5 Proc. der auszuziehenden Massen
ermäſsigen lassen.
Das von Richardson und Lundy (1864 174 165), Hirzel (Wagner's Jahresbericht, 1866 S. 493)
und Vohl (1866 182 319) 1867
185 456. *1871 201 165.
254) zur Fettgewinnung vorgeschlagene Petroleumbenzin (Canadol) scheint, in
Deutschland wenigstens, nirgend Verwendung im Groſsen gefunden zu haben.
Zur Reinigung der Pflanzenfette will Trillaud (1833 50 76) durch dieselben atmosphärische Luft
hindurchleiten; Bizio (1824 15 243), Wilkinson (1831 40 207) und Moſs (1833 50 400) wollen die Oele einfach kochen, Dünn (1844 91 486) will
während des Kochens atmosphärische Luft hindurchleiten, Caſsgrand (1854 134 59) die Oele mit
Wasserdampf behandeln. Charlot (1831 41 60) und Losh (1835 55 356) empfehlen Chlorkalk, R.
Wagner (1853 130 423) schlägt Chlorzink, ein
Ungenannter Eisenvitriol (1845 97 155), Salpeteräther
(1857 145 159) oder Gerbstoffe (1850 118 435), Carl (1854 131 157) 134 316) Alkohol und
Brunner (1858 147 135)
Aether vor. Gwynne (1843 87
297) Natwelle (1843 90 416),
Bancroft (1847 105 45)
u.a. (1858 149 80) empfehlen die Anwendung von Alkalien,
Kayser (1869 191 254)
zieht Ammoniak vor, Tilghman (1858 149 318) schweflige Säure. Alle diese Vorschläge haben,
abgesehen vom einfachen Kochen, wenig oder gar keine Verbreitung gefunden. Allgemein
ist dagegen die Abscheidung der schleimigen Stoffe mittels Schwefelsäure, welches
Verfahren bereits besprochen wurde von Wilks (1824 14 362) 1851 119 317), Cogan (1831 39 220), Meyer (1835 58 437), Cogens (1838 67 237), Schmidt (*1845 98 195), Cockkenifeck (*1857 145 19),
Larue (*1860 156 185),
Thirion (*1861 162 116),
Wilson (1861 162 450),
Johnson (1864 170 158),
Richter (1867 183 166),
Michaud (1869 193 147)
u.a. (1860 156 316).
Filtrirapparate zur Klärung der Oele und Fette sind von Beranger (1841 81 236) und Durnerin (*1854 131 216)
beschrieben. Brandes (1842 84 160), Mulder (1865 185 324) u.a. (1846 101 483) 1858 149 158) empfehlen die Filtration durch Knochenkohle.
Die Reinigung des Palmöles ist beschrieben von Berry
(1838 69 380), Payen (1841
81 302), Cameron (1844
91 487), Pohl (1855 135 140) 1860 158 239), Krafft (1859 152 459), Rougier (1859 152 80), Engelhard (1866 181 414)
u.a. (1834 53 396), die des Schweinefettes (1860 157 468) und schlieſslich die des Talges von Watt (1833 50 225) 1837 63 226), Watson (1843 88 70), Capaccioni (1857 144 398), Sequelin (Wagner's Jahresbericht, 1867 S. 527), Payen (1872 203 227), Castelhaz (1872 206 474),
Treutlen (1873 207 516)
u.a. (1855 138 240) 1862 163
454).
Zur Untersuchung der Fette auf Verfälschungen und Verunreinigungen bestimmt Rousseau (*1824 14 360) den
elektrischen Leitungswiderstand derselben, Donny (1864
174 78) das specifische Gewicht, Desbordes (1855 138 407) den
Flüssigkeitsgrad; Tomlisson (1864 174 232) beobachtet die Figuren, welche die Oele auf dem Wasser geben. Davidson (1840 77 352) und
Jüngst (1861 161 308)
empfehlen für den gleichen Zweck die Löslichkeit der Fette in Alkohol, Nicklé (1866 180 392) ihr
Verhalten gegen Kalk, Rümpler (1870 195 204) gegen Soda, Lailler
(1866 181 79) gegen Chromsäure, Mailho (1855 137 306) und Schneider (1861 161 465) die
Heparreaction der mit Alkalien behandelten Cruciferensamen. Faure (1840
77 350) und Wimmer (1851
122 435) verwenden salpetrige Säure, Hauchecorne (1864 172 398)
Salpetersäure, Maumené (1852 126 204) und Fehling (1853 129 53) Schwefelsäure, Heidenreich (1842 85 58), Behrens (1854 131 50), Pohl (1855 137 227) und Kopp (1875 217 343)
Schwefelsäure und Salpetersäure. Umfassendere Versuche über das Verhalten der Fette
gegen Reagentien wurden von Soubeiran und Blondeau (1841 80 45), Calvert (1854 132 282) und
Chateau (Die Fette.
Leipzig 1864) gemacht. Der Säuregehalt der Oele wurde namentlich von Burstyn (1875 217 314) und
Merz (1875 218 530) 1877
226 307) bestimmt, ihr Verhalten gegen Chlorschwefel
von Rochleder (1849 111 159)
u.a. (1859 151 136) 138) untersucht.
Pinchon (Journal de Pharmacie et
de Chimie, 1877 Bd. 24 S. 29) verwendet zur Prüfling von Olivenöl
Aräometer, deren obere Scale so eingerichtet ist, daſs die darauf befindlichen
Zahlen mit den Graden des im unteren. Theile angebrachten' Thermometers
übereinstimmen, wenn das Instrument in reinem Olivenöl schwimmt. Weichen diese
Angaben von einander ab, so ist das Oel als verfälscht zu betrachten. Schon früher
wurde das specifische Gewicht der Fette bestimmt von Violet (1829 34 238), Gobley (1844 91 384), Girardin (1843 87 48) 1845 96 225), Gerlach (1870 196 251) und Estcourt (1877
223 550).
Nach Gilmour (The Chicago
Pharmacist, 1877 S. 51) sind die für Erkennung von Verfälschungen und
Verunreinigungen angegebenen chemischen und physikalischen Merkmale von sehr
zweifelhaftem Werthe. Mandelöl und Olivenöl z.B. verhalten sich gegen chemische
Reagentien und im Spectroskop verschieden, je nachdem sie frisch gepreſst, im
Dunkeln aufbewahrt, oder längere Zeit der Einwirkung von Licht und Luft ausgesetzt
waren.
J. D. Bieber (Chemisches
Centralblatt, 1878 S. 14) ist der Ansicht, daſs bei weitem der gröſste
Theil des im Handel vorkommenden Mandelöles entweder gar kein oder doch kein reines
Mandelöl ist. In den besten Fällen ist das sogen. Mandelöl Pfirsichkernöl (vgl. 1866
180 392). Ueber die Zulässigkeit des Oeles aus den
Kernen der Pfirsiche und Aprikosen lieſse sich streiten, da dieselben den kleineren
Berberice-Mandeln sehr nahe stehen und im Handel seit langer Zeit als eine kleinere
Sorte Mandeln gelten, daher ihr Preis denen der Berberice-Mandeln in der Regel auch
gleicht. Nachdem es dem Verfasser gelungen, ein ganz bestimmtes Reagens zur
Unterscheidung des Mandelöles vom Pfirsichkernöle ausfindig zu machen, gibt er im
Nachfolgenden die Resultate einer Reihe Versuche, die mit absoluter Sicherheit die
Abwesenheit oder das Vorhandensein von Pfirsichkern- oder Sesamöl im Mandelöle
erkennen lassen. Die Versuche wurden mit den Oelen aus bitteren sowohl, wie süſsen
sicilianischen, Provence- und Berberice-Mandeln gemacht. Um zu sehen, ob das Alter
auf die Reaction von Einfluſs, hat Verfasser Früchte verschiedener bis 10 Jahre
alter Ernten pressen lassen; auſserdem wurden bei allen Proben die Oele erster und
zweiter Pressung, sowie kalt und warm gepreſste Oele getrennt geprüft. Hierbei wurde
gefunden, daſs sowohl das Alter, als die Art der Gewinnung ganz ohne Einfluſs auf
die Reaction ist.
Zur Ausführung der Prüfung mischt man gleiche Gewichts mengen reiner concentrirter
Schwefelsäure, rother rauchender Salpetersäure und Wasser zusammen und läſst das
Gemisch vollständig erkalten. Im Verhältniſs von 5 Th. Oel und 1 Th. der Säure
gemischt, gibt:
Reines Mandelöl: ein schwach gelblichweiſses Liniment,
Pfirsichkernöl: wird sofort pfirsichblüthroth, später dunkler
orange gefärbt,
Sesamöl: wird anfangs blaſsgelbroth, später schmutzig orangeroth
gefärbt,
Mohnöl und Nuſsöl aus Wallnüssen: gibt ein etwas weiſseres Liniment
als Mandelöl.
Mit reiner Salpetersäure von 1,40 sp. G. gemischt, gibt:
Mandelöl: blaſsgelbliches Liniment,
Pfirsichkernöl: sofort rothes Liniment,
Sesamöl: schmutzig grünlichgelb, später röthliches Gemisch,
Mohnöl und Nuſsöl geben ganz weiſses Liniment.
Mit dem Salpeter-Schwefelsäure-Gemische ist man im Stande, schon einen Zusatz von 5
Proc. Pfirsichkern- oder Sesamöl unzweifelhaft zu entdecken. Macht man sich Gemische
von Mandelöl und Pfirsichkernöl in Abstufungen von 10 zu 10 Proc. und benutzt solche nach Zusatz des
Säuregemisches als Farbenscale, so ist man im Stande, ziemlich annähernd den
Procentgehalt eines nicht reinen Oeles zu bestimmen. (Vgl. H. v. Fehling: Neues Handwörterbuch der Chemie,. Bd. 3 Artikel
„Fett“.)