Titel: | Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris 1878. |
Autor: | J. P. |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 401 |
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Mittheilungen von der Weltausstellung in
Paris 1878.
Mit Abbildungen.
Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris 1878.
Wir eröffnen hiermit die Berichte verschiedener Mitarbeiter über die Pariser
Weltausstellung, welche in gleicher Weise, wie dies bei früheren Ausstellungen
geschehen, die bedeutendsten und besonders bemerkenswerthen technischen
Ausstellungsobjecte vorführen sollen. Um aber gleichzeitig ein möglichst
vollständiges und geschlossenes Bild über die Gesammtheit der Weltausstellung zu
geben, wie dies durch die einzelnen Notizen nicht möglich würde, lassen wir
zunächst, im Anschlusse an die „technologischen Mittheilungen“ von Professor
Kick (S. 1, 105 und 201 d. Bd.) eine allgemeine
Einleitung vorausgehen.
Die Pariser Weltausstellung von 1878 hat in London 1851, Paris 1855, London 1862,
Paris 1867, Wien 1873 und Philadelphia 1876 sechs Vorläufer gehabt und damit ebenso
viele Rivalen gefunden. Denn naturgemäſs überrascht die erste Ausstellung jeden Besucher am meisten, und eine zweite und dritte
Ausstellung kann ihm unmöglich einen gleich überwältigenden Eindruck bereiten.
Unrecht wäre es jedoch, aus diesem Grunde alle weiteren Weltausstellungen verdammen
zu wollen; sind ja doch immer neue Generationen da, um zu schauen und alles zu
bewundern, und finden auch die in Weltausstellungsbesuchen Ergrauten stets des Neuen
und Interessanten genug.
Wohl aber könnte man verlangen, daſs die künftigen Ausstellungen,
je mehr sie den Charakter eines blosen Schaustückes ablegen und ernsteren Zwecken
dienen wollen, Alles thun, um das Studium den Fabrikanten und Fachmännern, die sich
naturgemäſs nur um eine Specialität besonders interessiren können, möglichst zu
erleichtern. Dazu ist Grundbedingung: die Eintheilung nach
Ländern fallen zu lassen und die Ausstellungsobjecte aller Länder vereinigt rein
nach Klassen zu ordnen. Vielleicht werden dadurch die Installationsarbeiten
etwas erschwert und die Rundgänge heimischer Würdenträger etwas umständlicher
gemacht; auſserordentlich erleichtert aber würde das Werk der Preisrichter, sowie
das Studium aller Fachmänner, und den Ausstellern selbst, welche sich so mitten
unter ihren Concurrenten aus allen Theilen der Erde befänden, ein nicht hoch genug
anzuschlagender Dienst geleistet.
Es ist hier nicht der Ort, die Nachtheile der jetzt beliebten Ländergruppirung, welche man in Paris so recht gründlich studiren kann,
weitläufiger zu behandeln, noch ihnen die vielen und allgemeinen Vortheile einer
consequent durchgeführten Klassengruppirung
entgegenzustellen. Nachdem die einzigen Einwände, welche man gegen letztere erheben
könnte, kaum auf etwas anderem als engherziger Nationaleitelkeit beruhen dürften, so
wird sich schon das Interesse der Aussteller selbst, das sie an der
Klassengruppirung linden müssen, als stark genug erweisen, um bei einer künftigen
Weltausstellung durchzudringen, dieselbe so gleichzeitig zu einer Specialausstellung
und hierdurch erst wahrhaft lebenskräftig zu machen.
Sehen wir ab von diesem Nachtheile der Ländergruppirung, der sich
in Paris durch zwei getrennte Maschinenhallen und ein Dutzend Maschinen-Annexe nur
allzu geltend macht, so ist die allgemeine Anordnung wohl als gelungen zu
bezeichnen. Das ungeheure Viereck, welches mit zwei vierschiffigen Längstlügeln und
zwei einschiffigen Querbändern (Fig. 1 Taf.
31) das Hauptgebäude auf dem Marsfelde bildet, gewährt in seiner prächtigen
Eisenconstruction einen imposanten Eindruck von auſsen, von innen groſsartige
Gesammtbilder und wunderbare Durchblicke.
Inmitten des vom Hauptgebäude gebildeten langen Hofes liegen, von
allen Seiten gleich bequem zugänglich, als wahre Oasen des erschöpften
Ausstellungsbesuchers, die beiden Kunsthallen in angenehmer Abwechslung getrennt von
dem eleganten Ausstellungsgebäude der Stadt Paris. Ueberall macht sich, unter
vielseitiger Benutzung von Majolika-Kacheln, eine geschmackvolle polychrome
Ausschmückung geltend, wodurch der allgemeine Eindruck dem monumentalen Charakter
der Wiener Weltausstellungsgebäude (1873) allerdings nicht ebenbürtig wird,
jedenfalls aber die eintönig langen Holzwände Philadelphias (1876) angenehm in
Schatten gestellt werden.
Vor dem Hauptgebäude, auf beiden Ufern der Seine, sind reizende
Gärten angelegt, und bewundernd schweift der Blick hinauf zur stolzen Halle des
Trocadero, hinab vom Trocadero über das fröhliche Ausstellungsbild zur herrlichen,
unendlichen Stadt.
Die Betheiligung an der Ausstellung, sowie am Besuche derselben
seitens Frankreichs ist auſserordentlich, und noch nie vorher, selbst nicht von
Nordamerika i. J. 1876, wurde ein so vollständiges Bild des ganzen Lebens einer
Nation gegeben, wie dieses Mal von Frankreich. Zunächst Frankreich im Flächenraum,
aber sehr ungleichmäſsig vertreten, kommt England; Belgien und die Schweiz dagegen
sind allseitig hervorragend. Deutschlands Abwesenheit wird allgemein, und nicht am
wenigsten von uns Deutschen selbst, beklagt; Oesterreich aber rühmt sich mit Recht
seiner gelungenen Ausstellung und des finanziellen Erfolges, welchen viele seiner
Aussteller, neben ihren Medaillen, nach Hause mitbringen werden. Endlich ist von den
bedeutenderen Industrieländern noch Nordamerika hervorzuheben, welches jedoch, wie
wohl erklärlich, nicht allzu reichlich vertreten ist und kaum mehr ausgestellt haben
dürfte als 1873 zu Wien.
Die anderen Länder, welche ausgestellt haben, werden wir auf
raschem Rundgange durch die Maschinenhallen der Ausstellung berühren. Da begegnet
uns zunächst, mit dem südlichen Ende der westlichen Maschinenhalle beginnend, Holland, wo auſser der Königlichen Maschinenfabrik noch Jonker und
Zoon in Amsterdam und Gebrüder Stark und Comp.
in Hengelo Apparate für Zuckerfabriken und verschiedene Dampfmaschinen ausgestellt
haben, darunter letztere Firma eine (nicht im Betrieb befindliche) horizontale
Condensationsmaschine mit Steuerung durch Fink'sche Coulisse und
Selbstregulirung der Expansion durch Verschiebung des Coulissensteins mittels des
Regulators.
In Belgien fallt auſser dem Belpaire'schen Dampfwagen zum Betriebe wenig frequenter
Bahnstrecken und einer Anzahl normaler und schmalspuriger Locomotiven zunächst die
groſse Reversirmaschine der Société Cockerill in
Seraing auf, mit Ventilen gesteuert von verschiebbaren Daumenwellen, auf welche wir
noch zurückkommen werden; ebenso auf die interessante Ausstellung von C. Beer in Jemeppe, Fördermaschine mit Meyer-Steuerung,
Dampfwinde, Regulatoren, und die kleinen Dampfmaschinen der Société anonyme de Gilly (modificirte Meyer-Steuerung, stellbar durch
Pumpenregulator), von Bellefroid und Levêque
(gleichfalls mit automatischer Expansion) und von Larochaymond. Letztere Dampfmaschine hat Flachschieber-Steuerung mit
Auslösung durch den Regulator, ebenso die rechte Antriebsmaschine der belgischen
Section, von Halot und Comp. in Brüssel; hier begegnen
wir auch zuerst der Anwendung des Dampfdruckes auf die einseitig verstärkte
Schieberspindel zum raschen Absperren des ausgelösten Schiebers. Diese Anordnung,
welche bei der immer wachsenden Verbreitung von Auslösesteuerungen mit
Flachschiebern von gröſster Bedeutung zu werden verspricht, ist wiederholt bei
Austellungsmaschinen angewendet zu sehen, während sie in Wien, wo sie zum ersten
Male von ihrem Erfinder, Ingenieur J. Dautzenberg aus
Prag, ausgestellt war (vgl. *1874 214 351), wenig
beachtet wurde. Wir hatten schon damals und gelegentlich später (vgl. 1876 221 494) nachdrücklich auf die Vorzüge dieser Anordnung
hingewiesen.
Weiters ist noch von der belgischen Ausstellung hervorzuheben eine
hübsche Dampfmaschine der Société anonyme de Marcinelle et
Couillet zum directen Antrieb eines Guibal'schen Grubenventilators. Die Maschine hat Ventilsteuerung mit
Auslösemechanismus, welcher selbstthätig vom Winddruck regulirt wird. Die zweite
Antriebsmaschine der belgischen Abtheilung (links) ist von E. Walschaerts in Brüssel, hat Eintrittsventile mit Auslösung und für den
Austritt Flachschieber, welche durch Anschläge des Kreuzkopfes gesteuert werden.
Eine kleine Dampfmaschine von Göthem Reallier und Comp.
in Brüssel dient zum directen Antrieb einer Centrifugalpumpe und hat eine
modificirte Meyer-Steuerung mit Verstellung der Schieber von auſsen mittels eines
doppelarmigen Hebels, genau wie bei Ommaney und Tatham
(*1874 213 8). Dieselbe Idee kehrt nochmals wieder in dem
Theis'schen Modell einer Locomotivsteuerung in der
italienischen Abtheilung.
Auſser den genannten Dampfmaschinen ist noch die Ausstellung von
Werkzeugmaschinen bemerkenswerth, darunter Deneffe,
sowie Fetu und Deliége in Lüttich, welch letztere eine
schöne Kegelräder-Hobelmaschine ausgestellt haben und den neuen Otto'schen Gasmotor (*1878 228 201). Dieser begegnet uns, dank dem Fernbleiben Deutschlands natürlich
nicht unter seinem wahren Namen, auf Schritt und Tritt in der Ausstellung und dürfte
mindestens 15 Mal vertreten sein, überall in tadellosem Betrieb. Endlich sind noch
von der bekannten Firma Cöl. Martin, sowie von Longtain in Verviers groſse Collectionen von Maschinen
für Spinnerei und Appretur ausgestellt.
Von der schweizerischen Ausstellung
sind besonders die Honegger'schen Maschinen für
Seidenweberei hervorzuheben, ferner die vortrefflich ausgeführten und äuſserst
interessanten Dampfmaschinen von Gebrüder Sulzer in
Winterthur, Escher, Wyſs und Comp. in Zürich, Socin und Wick in Basel, alle drei mit neuen
Ventil-Auslösesteuerungen, sowie die schöne Dampfmaschine der Schweizerischen Locomotiv- und Maschinenfabrik in
Winterthur mit einer vortrefflich zu schnellem Gang geeigneten, automatisch
regulirten Ventilsteuerung ohne Auslösung (Patent von Ch.
Broten). Riggenbach in Aarau hat eine
Zahnrad-Locomotive mit Auslösemechanismus (1878 228 87)
ausgestellt, welche eventuell auch als Adhäsionsmaschine fungiren kann, A. Schmid in Zürich auſser seinen bekannten
hydraulischen und Dampf-Motoren (*1874 212 5) 1875 215 15) auch noch einen neuen Dampfmotor mit zwei neben
einander stehenden einfach wirkenden Cylindern.
Schon aus dieser flüchtigen Aufstellung geht die auſserordentliche
Reichhaltigkeit der schweizerischen und belgischen Abtheilung hervor; sie sind unserer Ansicht nach für
den Maschinentechniker die interessantesten, hiervon selbst Frankreich nicht
ausgeschlossen.
Von Ruſsland ist auſser einer
kaltstehenden Horizontalmaschine mit Meyer-Steuerung, deren Regulirung durch
Verdrehung der Schieberstange ähnlich den Rider'schen
Steuerungen (*1874 212 183) vom Regulator aus geschehen
soll, wohl nur die Ausstellung der
„Schülerarbeiten“ des Kaiserlich technologischen
Cabinets in St. Petersburg bemerkenswerth. Wir sehen hier, auſser den alten
Bekannten von Wien und Philadelphia, als neu eine Horizontalmaschine (kalt) mit der
Original-Wannieck-Steuerung (*1876 221 492) und eine
kleine unmögliche Verticalmaschine mit Tschebischeff's
viel umstrittener Geradführung (*1876 220 21) 1877 226 209).
In Oesterreich imponirt zunächst die
elegante Antriebsmaschine mit Collmann's
Ventilsteuerung (*1877 225 316), welche ihren allerdings
nicht allzu schweren Dienst mit wunderbarer Ruhe und Gleichmäſsigkeit versieht;
weiters fällt die originelle und compendiöse rotirende Diffusionsbatterie der Prager Maschinenbau-Actiengesellschaft ins Auge und
hinter derselben die unübertrefflich schön ausgeführte Lastzugslocomotive mit Hardy's Vacuumbremse der Florisdorfer Locomotivfabrik. Noback in Prag hat Bierbrauereimaschinen,
Skoda in Pilsen eine interessante Dampfmaschine mit
Wellner's Flachschieber-Steuerung ausgestellt.
Ferner sind zu sehen Bollmann's Schmirgelmaschine,
verschiedene Walzenstühle und eine hübsche Ausstellung der pneumatischen Uhren.
Bedauerlich, aber durch die schlechten Verhältniſse wohl erklärlich, ist, daſs die
ersten österreichischen Firmen des Dampfmaschinenbaues, deren Bedeutung seiner Zeit
in Wien mächtig hervortrat, in Paris vollständig fehlen. Ueberhaupt liegt der
Schwerpunkt der österreichischen Ausstellung hauptsächlich in
Kunstindustrie-Objecten.
Hinter Oesterreich nach der Reihenfolge unseres Rundganges (aber
vor demselben im Titel Hongrie-Autriche des officiellen
französischen Katalogs) kommt Ungarn mit einer
bemerkenswerth schönen Ausstellung, darunter eine Horizontalmaschine mit Antrieb der
verticalen Luftpumpe von der Treibkurbel und einer Flachschieber-Steuerung, welche
einigermaſsen an die Wannieck'sche erinnert, eine
husche Locomotive mit Rundschiebern, von einer Stephenson-Steuerung bewegt, beides
von der Maschinenfabrik der ungarischen Staatsbahn zu
Pest, welche auch noch im österreichischen Annexe eine hübsche Locomobile
ausgestellt hat. Von Ganz und Comp. in Budapest
befindet sich eine schöne Collection von Walzenstühlen und Hartguſsartikeln
ausgestellt, von E. Kühne in Wieselburg eine Maschine
zur Herstellung von Zellenblech (*1878 228 214)
u.a.m.
Spanien hat eine bemerkenswerthe horizontale Woolf'sche
Condensationsmaschine (kalt) mit eigenthümlicher Schmiervorrichtung des
Kurbelzapfenlagers der gekröpften Schwungradwelle. Hier steht nämlich das
Schmiergefäſs fest auf einem kleinen Ständer, und ein kleiner Abstreifer über dem
Stangenlager entnimmt bei jeder Umdrehung dem heraushängenden Dochte einen Tropfen
Oel.
Ueber China und Japan, welche, um den Platz auszufüllen, in der
Maschinenhalle allerlei Vasen, Schnitzwerke und sonstiges ausgestellt haben, kommen
wir nach Italien, das man diesmal fast mit Sicherheit
gut vertreten hoffte. Das gerade Gegentheil davon findet statt: ein paar Kanonen,
daneben Soldatengruppen, ein Modell des Kanonenversuchfeldes zu Spezzia und eine
unglaublich rohe Horizontalmaschine mit Ventil-Auslösesteuerung von Florio in Palermo bilden die Hauptstücke;
glücklicherweise hat auch eine einfache Locomobile von Bosisio in Mailand Platz gefunden, welche von den übrigen vortheilhaft
absticht.
Schweden und Norwegen hat
eine kleine, aber gefällige Ausstellung hauptsächlich von Holzbearbeitungsmaschinen,
auſserdem eine Locomobile und eine horizontale Compoundmaschine von Bolinder in Stockholm mit fester
Doppelschiebersteuerung des kleinen Cylinders.
Bei den Vereinigten Staaten ist
Antriebsmaschine die Horizontalmaschine mit modificirter Corliſs-Steuerung von J. Wheelock (vgl. * S.
413 d. Bd.) in derselben glanzvollen und überladenen Ausstattung, welche in
Philadelphia so viel
Bewunderung erregte. Die anderen groſsen Dampfmaschinen-Firmen, speciell auch Corliſs, fehlen gänzlich, ebenso von den
Werkzeugmaschinenfabriken Seilers aus Philadelphia. Die
schöne Ausstellung von Brown und Sharp mit ihren
unübertrefflich schönen Fräsmaschinen u.a. bietet dafür theilweisen Ersatz.
Auſserdem sind Webstühle, Druckerpressen und Holzbearbeitungsmaschinen ausgestellt,
von Weston der hübsche, schon von Philadelphia bekannte
Elektromotor (1878 228 513), Knapp's Zinkenfräsmaschine (* 1874 214 288),
Westinghouse's automatische Bremse (*1877 223 18), Stow's biegsame
Welle (*1876 222 111) u.a.m.
In England ist gleichermaſsen wie in
Amerika die Fabrikation groſser Dampfmaschinen nur durch eine einzige Firma
vertreten, Galloway und Söhne in Manchester, welche die
(Woolf'sche) Antriebsmaschine der englischen Abtheilung geliefert hat; dieselbe
wirkt auf eine unterirdische Transmission und wird von Flachschiebern mit Auslösung
gesteuert. Auſserdem haben Tangye Brothers in
Birmingham eine Reihe kleinerer Dampfmaschinen nach ihrem neuen Modell ausgestellt,
Aveling und Porter in Rochester
Straſsenlocomotiven, Fowler in Leeds eine
Straſsenlocomotive und eine Fördermaschine nach bekanntem Modell mit darüber
liegendem Locomotivkessel. Vier Firmen haben normal spurige Locomotiven ausgestellt,
ohne besondere Eigenthümlichkeiten; auſserdem sieht man einige Feuerspritzen,
verschiedene „Box-Maschinen“ (*1878 227 327) und
West's Sechscylindermaschine (*1875 217 441). L. Simon und Sohn
in Nottingham hat, fast versteckt hinter der interessanten Ausstellung von Thomson, Sterne und Comp. die Gilles und Humboldt'sche Gasmaschine (*1877
225 322) ausgestellt. Verschiedene Pumpen,
directwirkend und centrifugal, Hall's Pulsometer (*1877
225 126), von Massey
einige kleine Dampfhämmer bekannter Construction (*1874 212 286) wären noch zu erwähnen.
Unter den Werkzeugmaschinen-Fabrikanten ist natürlich Whitworth zuerst zu nennen, leider jedoch nur mit einer
„Fuſsdrehbank für Amateurs“. Seine anderen Ausstellungsobjecte beziehen
sich fast ausschlieſslich auf seinen „fluid compressed
steel“ (vgl. *1877 225 423), wovon
einige wunderbare Proben und Schmiedestücke ausgestellt sind, speciell eine hohl
geschmiedete Schiffsschraubenwelle von 290mm
innerem Durchmesser, 445mm äuſserem Durchmesser,
10m,240 Länge und über 7t Gewicht. Weiters sind
Metallbearbeitungsmaschinen ausgestellt von den bekannten Firmen Sharp, Steward und Comp., speciell zur
Locomotivfabrikation, ferner von Smith und Coventry und
von Thomson, Sterne und Comp. eine herrliche Collection
von Schmirgelmaschinen.
In der Textilbranche sind, von Platt
in Oldham beginnend, fast alle bedeutenden englischen Firmen vertreten; ebenso in
den Holzbearbeitungsmaschinen und Locomobilen, welch letztere in einem eigenen
Tracte untergebracht sind. Endlich muſs noch die schöne Reihe hydraulischer
Nietmaschinen besonders erwähnt werden, welche von R. H.
Twedell ausgestellt sind.
Hiermit ist die westliche Maschinenhalle flüchtig erledigt; rechts
von derselben greift die Maschinenabtheilung auch noch einige Male in die anderen
Ausstellungsräume hinüber, so in der Mitte der Halle die Ausstellung der
österreichischen Staatsbahn, am nördlichen Ende bei England die Ausstellungen
verschiedener Eisen- und Stahlwerke.
Links von der Maschinenhalle, das Hauptgebäude gegen Westen
abschlieſsend, befindet sich gleichfalls noch eine niedrige Halle, in welcher
theilweise noch Maschinen enthalten sind, welche wir, soweit nöthig, in der obigen
Aufzählung einbegriffen haben.
Endlich bleiben noch die westlichen Annexe zu besprechen, und
zwischen denselben und dem Hauptgebäude die Kesselhäuser. Deren sind vier
anzuführen, und zwar von Süden ausgehend zuerst das vereinigte belgische und
schweizerische, mit Ten Brink'schen Kesseln (vgl. 1877
*224 245. 226 461) von Sulzer und Escher-Wyſs und
verschiedenen belgischen Röhrenkesseln, die zwei nächsten Kesselhäuser mit
französischen Siederohrkesseln, das vierte endlich mit drei schönen
Galloway-Kesseln, ähnlich oder gleich den von Galloway
in Philadelphia ausgestellten (*1876 222 102). Alle diese
Kessel sind im Betrieb und jedes Kesselhaus hat einen eigenen schönen Kamin aus
Ziegeln gemauert.
Vor dem ersten Kesselhause im Freien sind die groſsartigen, schon
1876 in Philadelphia gewesenen Schachtbohrer von Kind
und Chaudron (*1878 228 126)
ausgestellt, hinter dem ersten Kesselhause zwei Hock'sche Heilsluftmotoren (*1877 225 227),
zwischen dem zweiten und dritten Kesselhause eine ungeschlachte amerikanische
Locomotive und zwischen dem dritten und vierten zwei Rider'sche Heilsluftmotoren (*1876 222
409).
Endlich kommen wir zu den Annexen, welche die westliche Begrenzung
des Ausstellungsraumes auf dem Marsfelde bilden. Von diesen enthalten die Annexe
Hollands, Belgiens, der Schweiz und Ruſslands nichts speciell Technisches; dagegen
haben im österreichischen Annexe die Oesterreichischen Eisenbahnen eine
wohlgeordnete und lehrreiche Ausstellung veranstaltet, die auſser vielen Zeichnungen
und einzelnen Maschinentheilen auch mehrere Wagen und eine hübsche Tenderlocomotive
der Wiener Neustädter Locomotivfabrik enthält. Auch ein
Waggon mit Becker's continuirlicher Bremse ist hier
ausgestellt. Der italienische Annex, der sich lange Zeit nach der Eröffnung noch
ziemlich verwahrlost befand, enthält eine mächtige Eilzugslocomotive mit
interessanten Apparaten zur Erwärmung des Tenderwassers und Speisung desselben in
den Kessel mittels des Mazza'schen Injectors. Auf den
Annex von Schweden und Norwegen, wo gleichfalls noch zwei Locomotiven zu sehen sind,
folgt eine lange Halle, weiche zunächst die landwirtschaftlichen Maschinen der
Vereinigten Staaten enthält, dann verschiedene landwirtschaftliche und andere
Maschinen Englands, welche in der Maschinenhalle keinen Platz mehr gefunden hatten.
Allgemeiner interessant sind hier nur Brown's
calorische Maschine, die Straſsenbahn-Locomotive, mit Condensation des
Ausströmdampfes durch mitgeführtes Wasser, von Hughes,
und einige Steinbearbeitungsmaschinen. Zuletzt folgt noch in einem mächtigen Gebäude
eine Ausstellung englischer Locomobilen, Halblocomobilen, Straſsenlocomotiven,
Mähmaschinen u.a., meistens nach Modellen, welche schon länger bekannt sind.
Hiermit sind die westlichen Gebäude des Marsfeldes, welche
maschinentechnische Objecte enthalten, erledigt, und wir gehen zu dem östlichen
Flügel des Ausstellungsgebäudes über, welcher die französische Maschinenhalle
enthält. Auſserdem bleiben dann noch die östlichen Annexe und die Pavillons des
Marsfeldes, sowie die Gebäude des Trocadero zu erledigen. (Schluſs der Einleitung
folgt im nächsten Heft.)
Die Werke von Schneider und Comp. zu Creuzot (Fig.
2 Taf. 31).
Wie auf der Weltausstellung zu Wien der Pavillon von Krupp in Essen den Ehrenplatz einnahm und Zeugniſs ablegte von der
groſsartigen Entwicklung deutscher Industrie, so blickt jetzt Frankreich mit
gerechtem Stolz auf die gewaltige Ausstellung des Creuzot, welche ihres Gleichen
noch auf keiner Weltausstellung gefunden hat.
Im nördlichen Winkel des Marsleides erhebt sich das stolze
Gebäude, vor demselben der Riesenhammer von 80t,
und den Eintretenden begrüſst das Standbild des genialen Gründers dieser Werke, des
im vorigen Jahre gestorbenen E. Schneider. Ein Modell
des kolossalen Stahlguſsblockes von 120t, gegossen
am 17. April d. J., repräsentirt das höchste bis jetzt auf einmal gegossene
Stahlgewicht; riesige Kanonenröhren, gekröpfte Wellen für Schraubenschiffe zeigen
die mächtigen Hilfsmittel, welche zum Schmieden und Bearbeiten dieser Materialmassen
vorhanden sind; eine seitlich glatt gehobelte stählerne Panzerplatte von 65t und 800mm
Dicke zeigt die tadellose Reinheit des Materials; zahlreiche kalte Biege- und
Zerreiſsproben veranschaulichen die Festigkeit, Weichheit und Dehnbarkeit des hier
erzeugten Special Stahles. Ein Locomotivkessel, ganz aus Stahl hergestellt, sammt
Box, Nieten, Stehbolzen und Siederohren, welche wie Messing aus hohl gegossenen
Stahlblöcken gezogen wurden, legen das beste Zeugniſs ab für die allseitige
Verwendbarkeit dieses Stahles.
Am imposantesten aber wirkt und hebt die Werke zu Creuzot über
alle ähnlichen Unternehmungen hinaus die hohe Vollendung, mit welcher auſser diesen mehr rohen
Proceſsen der Urproduction auch die schwierigsten Maschinen ausgeführt werden. So
sehen wir eine horizontale Compound-Dampfmaschine (gleich der in Wien gewesenen,
vgl. *1874 812 85) eine groſsartige
Schraubenschiffsmaschine von 2600e und eine
normalspurige Tenderlocomotive für Secundärbahnen, welche man sich schöner
ausgeführt nicht vorstellen kann. Weiters ist noch von Maschinen ausgestellt ein
rotirender Puddelofen, wie zwei im Creuzot arbeiten und täglich 20t Schmiedeisen liefern; das Roheisen wird in
dieselben in flüssigem Zustande eingebracht.
Endlich sind noch in Zeichnungen und Modellen verschiedene Werks-
und Grubeneinrichtungen ausgestellt, ebenso die humanitären Anstalten und
schlieſslich ein vortrefflicher Reliefplan der Werke im Creuzot. Von letzteren geben
wir in Fig. 2 Taf. 31 einen kleinen Grundplan, aus welchem wenigstens die
allgemeine Anordnung hervorgeht. Dies überhebt uns einer weitläufigen Aufzählung,
und wir wollen nur noch einige statistische Daten hinzufügen.
Die gesammten Schneider'schen Werke
umfassen, auſser dem Creuzot noch 5 andere Kohlengruben, in den Departements Saône et Loire, Nièvre und Loire 5 Eisensteingruben in Saône et Loire,
Savoie u.a., die Brückenbauanstalt zu Chälon (Seine
et Loire), eine Fabrik feuerfesten Materials zu Perreuil, endlich eine
Glashütte zu Decize und bedecken im Ganzen einen Flächenraum von 1155ha, davon 33ha
gedeckte Räume, 185ha Höfe und Depots und 68ha Eisenbahnen. Die Gesammtlänge der Eisenbahnen
(Normal- und Schmalspur) beträgt 304km mit 27
Locomotiven und 1518 Waggons. Die Werkstätten enthalten 281 Dampfmaschinen von
zusammen 13300e, 58 Dampfhämmer und 1050
verschiedene Arbeitsmaschinen. Beschäftigt werden nach der Aufstellung vom 1. Mai
1878:
bei
den
Eisengruben
1921
„
„
Kohlengruben
4960
„
„
Hohöfen
734
„
„
Stahlwerken
793
„
„
Schmieden
2637
„
„
Constructionswerkstätten
2708
„
„
Bahnen und verschiedenen Zweigen
1499
––––––––––
Im Ganzen
15252
Menschen.
Die Production betrug im J. 1877/78:
an„„in
KohleGuſseisenEisen und
Stahlden Constructionswerkstätten
549000t155000126000 25000
bei einer
Maximal-leistungsfähigkeitvon
700000t200000169000 30000.
Verbraucht wurde in den Werken im J. 1877/78:
Kohlen
572000t
Kokes
165000
Erze
400000
Wasser
3500000cbm
Gas
2200000.
Entsprechend diesen ungeheuren Verhältnissen ist der Eindruck,
welchen das Werk im Creuzot auf den Besucher macht. Von weitem schon imponiren die
unzähligen Schornsteine, solid und geschmackvoll aus Blech construirt und bis zu
einer Höhe von 84m ansteigend; dann der
ausgedehnte Werkbahnhof und beim Eintritt endlich das groſsartige
Administrationsgebäude. Die direct wirkende Wasserhaltungsmaschine und die
Fördermaschine des Kohlenwerkes sind im Creuzot selbst gebaut, ebenso die riesige
Gebläsemaschine für die 11 Hohöfen und die schönen liegenden Gebläsemaschinen für
die Bessemerbirnen. Ausgezeichnet ist die Einrichtung der Siemens-Martin- und der
Bessemerhütte; die Maschinenfabrik selbst dagegen, welche auf westlicher Seite des
Werkes liegt, zeigt theil weise veraltete Einrichtungen, ist aber fortwährend im
Neubau begriffen. In diesem Tract ist speciell die berühmte Gieſserei des Creuzot
und die Räderfabrikation bemerkenswerth, welche in der Hauptsache nach dem Arbel'schen Proceſse mit Schweiſsung unterm Vollgesenke
stattfindet.
Im Osten des Werkes, anlehnend an einen groſsen Teich, findet sich der neueste und
interessanteste Theil der Werke. Zunächst die ältere Anlage der Puddelöfen mit stehenden
Ueberhitzkesseln und eine Reihe von Dampfhämmern, die in praktischer Weise durch
Blech wände von einander getrennt sind. Nördlich von diesem die immense Halle der
Walzenstraſsen, deren groſsartiger Eindrück ganz unbeschreiblich ist. Hier werden
Schienen, Träger, Handelseisen und Bleche gewalzt; die Walzwerksmaschinen meistens
mit Vorgelegen, Woolf'schen Systems, mit Condensatoren und Regulatoren, keine
einzige mit Reversirung, dafür aber bei den Schienen drei Walzen über einander zum
Vorwärts- und Rückwärtswalzen. Zwischen all dem Lärm und Feuer wandern schwere
Lastpferde ruhigen Schrittes einher und befördern glühende Packete zum Ofen oder zum
Hammer.
Das dritte Hauptgebäude dieses Flügels, das Stahlwerk, ist
nördlich vom Werkbahnhofe gelegen. Hier befindet sich am Ende der Halle, welche nach
dieser Richtung noch fortgebaut werden soll, der gröſste Dampfhammer der Welt,
umgeben von vier riesigen Regenerativöfen, deren jeder von einem Drehkrahn bedient
seinen glühenden Inhalt dem Schlage des 80t
schweren Fällbares überliefert (vgl. Fig. 3 Taf.
31, sowie Taf. 32 und 33). Und so wohl ist alles bedacht, so
richtig sind Fundamente und alle Verhältniſse den hier waltenden kolossalen Kräften
angepaſst, daſs der Zuschauer bei erfolgtem Schlage kaum eine Ahnung der ungeheuren
Fallmasse hat und sich bei einem wohl fundirten 2t-Hammer stehend vermuthen könnte.
Unter dem 80t-Hammer werden die
Kanonenrohre und hauptsächlich auch die Panzerplatten geschmiedet, welche das
Creuzot bis jetzt noch allein aus einem Stahlblock
herstellt und damit die bekannten günstigen Resultate bei den Schieſsproben zu
Spezzia erzielt hat. Groſsartig wie der Hammer sind auch die Maschinen zur
Bearbeitung der hier geschmiedeten Panzerplatten. Es sind dies zwei langsam
rotirende Kreissägen mit eingesetzten Zähnen, zum Abkanten der Platten, und eine
riesige Radialbohrmaschine mit 5m Radius, welche
nach allen Richtungen bohren kann, um die Bolzenlöcher der Platten herzustellen;
letztere Maschine wiegt, gleich dem Fallbär des groſsen Hammers, 80t und wurde sammt den beiden Kreissägen von der
Ducommun'schen Maschinenfabrik in Mülhausen in
unübertrefflich schöner Ausführung geliefert.
In derselben Halle sind noch 8 oder 10 „kleinere“
Dampfhämmer, unter denen einer von 14, ein anderer von 28t, und endlich die ganze Radreifen-Fabrikation,
die gleichfalls ausgezeichnet organisirt ist.
Es ist in dieser kurzen Aufzählung selbstverständlich nur möglich gewesen, einen
allgemeinen Ueberblick dieses groſsartigen Etablissements zu geben; auch würde uns
eine nähere Beschreibung zu weit auſserhalb des Rahmens dieses Berichtes führen;
doch wird dies wenige schon genügen, eine beiläufige Idee jenes mächtigen Eindruckes
zu erwecken, dem sich kein Besucher der Creuzoter Werke entziehen kann.
M-M.
Dampfhammer-Anlage zu Creuzot
(Taf. 31 bis 33).
Der Dampfhammer (Fig. 1 bis
4 Taf. 32)Das naturgroſse
Holzmodell des bekanntlich (vgl. 1877 226 549)
vor einiger Zeit zu Creuzot aufgestellten Dampfhammers von 80t ist an der Front des Einganges in den
Pavillon von Schneider und Comp. aufgestellt
und zwar so, daſs man unter dem Hammerbär durch den Arbeitsraum des Hammers
gehen muſs, um in den Pavillon zu gelangen; seine auſserordentliche Gröſse
ist dadurch ganz besonders veranschaulicht und dem Besucher eine Vorstellung
gegeben von den groſsartigen Productionskräften, welche in den ausgedehnten
Schmieden zu Creuzot zur Anwendung kommen.Handels- und Kriegszwecke erfordern Schmiedestücke für Wellen, Panzerplatten
und Kanonen, deren Dimensionen nur mehr durch die augenblicklich zur Verfügung
stehenden Transportmittel begrenzt zu sein scheinen. Der Fortschritt,
welcher in den letzten Jahren in der Herstellung eines für groſse
Maschinentheile und andere mächtige Schmiedestücke geeigneten Stahles
gemacht wurde, und die vielen Vortheile, welche dieses Metall bietet, haben
zusammen in erster Linie die Dimensionen der jetzt verlangten Schmiedestücke
bestimmt. Aus Schmiedeisen können groſse Stücke nur nach und nach durch
Schweiſsung aus kleineren Stücken hergestellt werden. Jede Schweiſsung ist
eine Quelle der Verschwächung, und bei der gröſsten Sorgfalt in der Auswahl
des Eisens gleichartiger Qualität und bei der Bearbeitung ist es fast
unmöglich, stets eines homogenen Schmiedestückes ganz sicher zu sein. Bei
Stahl dagegen wird der Guſsblock, aus welchem das Schmiedestück hergestellt
werden soll, in einem Ganzen erhalten, daher hier ein Mangel an Homogenität
nahezu ganz ausgeschlossen ist; überdies kann ein Block von der für irgend
ein Schmiedestück erforderlichen Groſse ohne Anstand erhalten werden. Zu
diesen Erleichterungen der Herstellung kommen aber noch die Vortheile,
welche die physikalischen und mechanischen Eigenschaften des Stahles mit
sich bringen. Mannigfaltige Versuche haben wohl gewisse Sorten Stahl als ein
unzuverlässiges Material hingestellt, welches dem Bruche keine Zeichen der
Warnung vorausschickt. Dieser Vorwurf kann jedoch den gegenwärtig für die
Herstellung von Maschinentheilen in Gebrauch stehenden weichen Stahl nicht
treffen, dessen Vorzug gegenüber dem Eisen in dem hohen Grade der
Homogenität besteht, welche, mit einem bedeutenden und nothwendigen Grade
von Elasticität vereint, herzustellen möglich ist.Um den durch die Erzeugung von Panzerplatten und Kanonen gestellten
Anforderungen zu entsprechen, wurde einer der ersten Hämmer von 50t bei Krupp
in Essen aufgestellt, einer von ungefähr gleicher Groſse ist dann in Perm
gebaut worden. Ein 35t-Hammer bei Alexandrowski in St. Petersburg wurde in einen
50t-Hammer verwandelt und ein 60t-Krahn in Verbindung damit errichtet. Im
Woolwich-Arsenal wurde es nothwendig, einen 40t-Hammer aufzustellen, ehe man an 80t-Kanonen herantreten konnte. Neuerdings haben Schneider und Comp. zu Creuzot einen Hammer von
nominal 80t, aber von einer Mächtigkeit,
welche nicht ohne weiteres durch dieses Gewicht gemessen werden kann,
aufgestellt, und steht zu erwarten, daſs dieser für lange Zeit hinaus die
gröſsten Schmiedestücke zu liefern im Stande sein wird, welche überhaupt
verlangt werden. Ehe irgend etwas hervorgebracht werden kann, was die
Leistungsfähigkeit dieses Hammers übertrifft, müſsten unsere Eisenbahnen für
schwerere Lasten umgebaut werden, und wenn dies geschähe, so würden, wenige
Werke vorhanden sein, welche Hämmer aufzustellen in der Lage sind, die den
Schneider'schen Hammer an Groſse überragen.
In dieser Hinsicht kommt aber nicht allein der Hammer in Betracht; zu seiner
Bedienung sind Oefen nothwendig, in welchen die mächtigen Arbeitsstücke
erhitzt werden, zu deren Handhabung überdies schwere Krahne und Wagen
nothwendig sind, ganz abgesehen von den vielen sonst noch erforderlichen
Vorrichtungen, welche gleichfalls unentbehrlich sind und ein solches
Etablissement auſserordentlich schwierig herstellbar und kostspielig machen.
Der schwerste Hammer zu Creuzot war bisher 28t; von diesem zur Construction eines solchen von 80t überspringend waren hier Schwierigkeiten
zu überwinden, welche in Essen, Perm oder Woolwich nicht vorhanden
waren.Das ganz aus Eisen hergestellte Gebäude, in welchem dieser Hammer aufgestellt
wurde, ist, wie die ausgestellten Pläne zeigen, eine Verlängerung der
groſsen Schmiede, in welcher bisher die schwersten Schmiedearbeiten
ausgeführt wurden, und ist für die nächste Zeit in Aussicht genommen,
dieselbe abermals so weit zu verlängern, so daſs der über dem Hammer von
80t errichtete überhöhte Theil den
Mittelpunkt zweier Gebäude geringerer Höhe bildet und dadurch das
architektonische Gleichgewicht wieder hergestellt wird.Der Neubau ist
50m lang, 35m breit und 17m hoch, bis unter die Dachauflage gemessen. Oberhalb des Hammers
ist aus Trägern eine Brücke gebildet, auf welcher zwei Winden für je 20t Last für die Zwecke der Hammerreparatur
angebracht sind. Der 80t-Dampfhammer steht
im Mittelpunkte dieses Gebäudes und hat zu seiner Bedienung vier
freistehende drehbare Bogenkrahne, deren jeder in einer der vier Ecken des
rechteckigen Hammergrundrisses aufgestellt ist, wie dies die ausgestellten
Anlagepläne in1/30 n. Gr. faſslich zeigen (vgl. Fig.
3 Taf. 31). Einer dieser Erahne ist für eine Last von 160t, die übrigen drei sind für je 100t berechnet. In den vier Ecken eines etwas
gröſseren Rechteckes stehen die vier Oefen der Bequemlichkeit wegen mit
ihrer Breitseite ungefähr 30° gegen die Mittellinie des Gebäudes verdreht,
so daſs jeder Krahn nur ungefähr um 120° gedreht werden muſs, um von der
Ofenthüre bis zur Ambosbahn zu gelangen. Ein Schienenstrang von 1m,44 Spurweite läuft im Gebäudemittel hin
und steht durch Drehscheiben mit entsprechend angelegten Quergleisen in
Verbindung, welche die Rollwägen in den Bereich der Krahne
führen. selbst besteht der Hauptsache nach aus 5 Theilen: Dem
Hammerfundamente oder dem Unterbau, dem Hammergerüste, dem Dampfcylinder mit den Steuerungsventilen, dem
Hammerbär mit der Kolbenstange und dem Kolben und endlich der Chabotte.
Das Fundament ist aus Cementmauerwerk hergestellt, welches auf dem Felsen 11m unter der Hüttensohle aufruht. Die guſseiserne
Chabotte ruht auf einer doppelten Schicht Eichenholz von 1m Höhe, unter welcher das Mauerwerk bis auf den
Felsen noch 4m tief liegt. Die Eichenholzunterlage
soll vermöge ihrer Elasticität die in Folge der Stöſse entstehenden Vibrationen
aufnehmen, welche sonst auf gröſsere Entfernung fortgepflanzt würden. Das Mauerwerk
darunter umfaſst einen Raum von 600cbm. In Perm
und anderen Werken hat man es vorgezogen, die Chabotte am Platze zu gieſsen, anstatt
sie aus einzelnen Stücken zusammenzusetzen; die Chabotte in Perm wiegt 600t. Schneider hatte
gewichtige Bedenken gegen das Gieſsen derselben in einem einzigen Stücke und lieſs
sich dadurch bestimmen, dieselbe aus 6 Schichten herzustellen. Jede Schicht besteht
aus 2 Theilen mit Ausnahme der obersten, auf welcher der Ambos ruht; diese ist in
einem Stücke gegossen und wiegt 120t. An den
einzelnen Stücken sind Angüsse zum Anfassen vorhanden. Diese einzelnen Theile der
Chabotte sind abgedreht und mittels Schrauben verbunden, wie überhaupt alle Theile
des Hammers Schraubenverbindungen haben, deren Muttern durch vorgesteckte Keile
versichert sind. Die Chabotte ist 5m,6 hoch; die
Grundfläche derselben beträgt 33qm; die obere
Abschluſsfläche 7qm. Der freie Raum um dieselbe
ist mit Eichenholz ausgefüllt. Die Chabotte ist ganz unabhängig vom Hammergerüste
hergestellt.
Das Hammergerüst besteht aus zwei Seitenständern, welche auf einer maſsiven
Fundamentplatte befestigt sind, die auf dem Mauerwerke um die Chabotte herum
aufliegt. Jeder Seitenständer ist aus zwei mittels Flanschen verschraubten Stücken
hergestellt. Die Führungen sind getrennt gegossen und gleichfalls mittels Flanschen
an die Seitenständer angeschraubt. Beide Führungen sind überdies durch kräftige
schmiedeiserne Platten zu beiden Seiten des Hammergerüstes oben und unten mittels
Schrauben verbunden. Die Weite zwischen den Führungen beträgt 1m,9, die Höhe der Ständer 10m,25 und das Gewicht der letzteren einschlieſslich jenem
der Führungen 250t. Die schmiedeisernen
Verbindungsplatten wiegen 25t und die gegossene
Fundamentplatte von 12m,6 Länge und 6m Breite, auf welcher die Seitenständer ruhen,
90t. Das ganze Hammergerüste besitzt, wie nach
der Construction voraus zu sehen war und der seitherige Betrieb auch zeigte, groſse
Steifigkeit. Das Querstück oberhalb der Ständer wiegt 30t.
Der darauf ruhende Dampfcylinder im Gewichte von 22t ist der Länge nach aus zwei Theilen von je 2m,5 Höhe hergestellt, welche mittels Flanschen verschraubt sind. Die Höhe
des Querstückes einschlieſslich des Cylinders beträgt 6m. Die Dampfvertheilung erfolgt durch zwei einfache entlastete Ventile;
der Durchmesser des Einströmventiles ist 340mm,
jener des Ausströmventiles 460mm. Der
Cylinderdurchmesser beträgt 1900mm, die
Kolbenfläche 27345qc, abzüglich des Querschnittes
der Kolbenstange, deren Durchmesser 360mm miſst.
Bei 5at Dampfüberdruck beträgt der gesammte
Dampfdruck auf den Kolben rund 140t. Da das
Gewicht der zu hebenden Theile nur 80t ist, so ist
klar, daſs dieser Dampfdruck groſs genug ist, um ein sehr rasches Aufsteigen des
Hammerbärs zu bewirken. Der volle Hub des Hammerbärs beträgt 5m und somit die vom fallenden Hammer bei jedem
Schlage geleistete Arbeit 5 × 80000 = 400000mk.Der 50t-Hammer in Essen hat 3m Hub; es beträgt daher dort die bei jedem
Schlage geleistete Arbeit nur 150000mk.
Vorausgesetzt, daſs beide Hämmer auf einen Guſsblock von 1m,5 auffallen, so entwickelt der Hammer zu
Creuzot 280000mk jener in Essen dagegen
nur 75000mk; in diesem Falle ist also die
Wirkung des Creuzoter Hammers mehr als dreimal so stark als jene des Essener
Hammers. Die Weite zwischen den beiden Seitenständern
(Schmiedeweite) beträgt 7m,5 und die freie Höhe
unter der unteren Verbindungsplatte 3m,2, so daſs
Raum genug vorhanden ist für die groſsen Blöcke, welche hier zur Verarbeitung
kommen. Die ganze Höhe des Hammers von der Fundamentplatte bis zur Spitze beträgt
18m,6; die Höhe von der Fundamentsohle bis zur
Spitze ungefähr 30m. Aus Rücksicht für die
Stabilität des Ganzen muſsten dieser ungewöhnlichen Höhe wegen die Dimensionen der
Basis und des ganzen Fundamentes in passenden Verhältnissen genommen werden. Als
Beweis für die gelungene Wahl dieser Verhältniſse und für die Wirksamkeit der
Eichenholzunterlage unter der Chabotte mag gelten, daſs die durch die Schläge
verursachten Erschütterungen in einer bestimmten Entfernung weniger arg sind als bei
den kleineren Hämmern.
Die Steuerungsventile werden durch Zugstangen und Hebel vom Hammerführer von Hand
bewegt. Die Platform, auf welcher der Führer steht, ist ungefähr 3m hoch über der Hüttensohle so angebracht, daſs
derselbe gegen die vom Arbeitsstücke ausstrahlende Wärme geschützt ist.
Einschlieſslich der kleinen Theile mit 33t beträgt
das Gesammtgewicht des Hammers 530t und mit
Einschluſs der Chabotte 1280t.
In den Fig. 3 und 4 Taf. 32
ist noch die Verbindung zwischen der Kolbenstange und dem Hammerbär näher
dargestellt (vgl. *1878 227 339). Die sehr interessante
Construction ist aus der Zeichnung deutlich ersichtlich, und erübrigt nur noch zu
bemerken, daſs der um das conisch erweiterte Ende der Kolbenstange gelegte
kegelförmige Ring aus zwei Theilen hergestellt ist.
Die vier nur in Zeichnungen ausgestellten Krahne sind durchwegs nach demselben Typus
gebildet, welcher durch Fig. 5 und
6 Taf. 32 dargestellt ist. Die gebogenen Auslader bestehen aus Eisenblech
und Winkeleisen. Die Krahnsäule reicht tief in das Fundament hinab und dreht sich in
der Höhe der Hüttensohle, an Frictionsrollen gestützt, in einem Ringe der
Fundamentplatte des Krahnes, welche mit jener des Hammers in feste Verbindung
gebracht ist. Die Höhe vom Spurlager bis zur Krone beträgt bei jedem Krahne 17m,4, die Höhe der Laufschienen für die Katze über
der Hüttensohle 9m, endlich der Radius des vom
Krahne bestrichenen Kreises 9m,35. Jeder Krahn ist
mit einer kleinen Dampfmaschine mit zwei Cylindern versehen, welche bei 250 Hüben in
der Minute 60e entwickeln. Der Cylinderdurchmesser
beträgt 260mm, der Kolbenhub 300mm. Durch diese Dampfmaschine werden 4 Bewegungen
ausgeführt, und zwar das Drehen des Krahnes im Bogen, das Heben der Last, das
Verschieben der Laufkatze, somit der Last und endlich das Drehen der Last. Die drei
erstgenannten, bei Krahnen gewöhnlich gebräuchlichen Bewegungen werden durch
Schneckengetriebe und eingeschaltete Kegelräder und Stirnräder bewerkstelligt, wie
aus der Zeichnung deutlich ersichtlich ist.
Die vierte Bewegung ist bei Krahnen neu, für die Manipulation beim Dampfhammer jedoch
absolut nothwendig. Dieselbe bezweckt das Drehen des auf dem Ambos aufliegenden
Arbeitsstückes. Mittels dieser Vorrichtung wird ein 1001 schweres Arbeitsstück mit Leichtigkeit um seine Achse gedreht, während
sonst beim Schmieden eines Stückes von wenigen Tonnen Gewicht eine kleine Armee von
Arbeitern zu dieser Manipulation erforderlich ist. Die rotirende Bewegung wird
mittels einer Tubushülse und darin verschiebbaren 'Achse übertragen, welche Theile
mittels Universalgelenk einerseits mit dem Rollengehäuse, an dem die Last hängt,
andererseits mit der Antriebwelle verbunden sind. Letztere wird durch Kegelräder von
der Dampfmaschine in Umdrehung versetzt.
Das Gesammtgewicht des 100t-Krahnes beträgt 10t, jenes des 160t-Krahnes 140t. Der Maschinenführer
steht auf einer Platform an der Vorderseite der Dampfmaschine, wo ihm alle Hebel zur
Einleitung der verschiedenen Bewegungen bequem zur Hand liegen.
Der Dampf für die Krahne und für den Hammer wird in 8 Lancashire-Stahlkesseln
erzeugt, welche auch den Dampf für die übrigen Dampfhämmer und für ein Walzwerk
liefern.
Die vier Oefen (Fig. 3 Taf.
31 und Fig. 1 bis 4 Taf. 33),
in welchem die Arbeitsstücke erhitzt werden, sind Slowenische Regenerativöfen und
ebenfalls nur in der Dispositionszeichnung ausgestellt. Die äuſseren Dimensionen
derselben sind 7m,8 Länge, 3m,6 Breite und 10m Höhe; die inneren Dimensionen 4m,3
Länge, 3m,4 Breite und 2m,6 Höhe. Die Oeffnung zum Einbringen der
Metallblöcke ist 3m,5 lang und 2m,3 hoch. Die Verschluſsthür dazu wird durch
hydraulische Cylinder bewegt, welche unterhalb derselben im Fundamente liegen, wie
aus der Zeichnung deutlich ersichtlich ist. Die Gasgeneratoren, welche das Gas für
die 4 Oefen und für ein Radschienen-Walzwerk liefern, sind (36 an der Zahl in 9
Gruppen zu je 4 Generatoren) in einiger Entfernung von der Schmiede aufgestellt.
Für die Herstellung der Guſsblöcke sind in den Schneider'schen Werken zu Creuzot 6 Bessemerbirnen von
8 und 10t, 8 Siemens-Martin-Oefen und 2 rotirende
Oefen vorhanden, welche zusammen hinreichend viel Metall für einen Block von 120t liefern. Die ganze, für die Production so
groſser Schmiedestücke nothwendige Einrichtung vom Gieſsen der Blöcke bis zu den
letzten Operationen der Schmiede verursachte eine Auslage von ungefähr 3 Millionen
Franken.
Der (im Facsimile aus Eisenblech) ausgestellte Block im Gewichte
von 120t und die gekrümmte Panzerplatte im
Gewichte von 65t, sowie nicht minder die als rohes
Schmiedestück ausgestellte Kurbelachse mit 3 Kurbel armen – 7000mm lang, 420mm
Durchmesser – im Gewichte von 15t sind geeignet,
die Groſsartigkeit der mit dieser wohl kostspieligen, aber nichts desto weniger
rationell angelegten Einrichtung erzielbaren Resultate zur Vorstellung zu
bringen.
J. P.
(Fortsetzung folgt.)