Titel: | Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris 1878. |
Autor: | J. Pechan |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 489 |
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Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris
1878.
Mit Abbildungen.
(Fortsetzung von S. 413 dieses
Bandes.)
Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris 1878.
(Schluſs der Einleitung von S. 406.) Die französische
Maschinenhalle im östlichsten Flügel des Hauptgebäudes bildet in ihrer
systematischen Gliederung und consequenten Anordnung einen angenehmen Contrast zu
der Maschinenhalle der anderen Länder; hier ist auch, durch zwei die Transmission
tragende Säulenreihen, ein Mittelgang geschaffen, welcher das Ausgestellte in
kleinere Gruppen zerlegt und so die Besichtigung bequemer und ordnungsmäſsiger
vorzunehmen gestattet.
Die ersten drei Blocks, welche uns hier, von Süden aus beginnend,
entgegentreten, umfassen Typographie, sowie Textilindustrie und sind schon von Prof.
Kick früher gründlich behandelt worden.
Die horizontale Antriebsmaschine des ersten Blocks ist von der Compagnie de Fives-Lille, welche überhaupt glänzend in
der Ausstellung vertreten ist. Sie hat Farcot-Schleppschieber auf dem als
Langschieber angeordneten Grundschieber und trägt auſserdem an beiden Enden des
Cylinders kleine Anlaſsschieber, welche von einem gemeinsamen Hebel aus bewegt
werden können. Da die Farcot-Steuerung nur Füllungen bis zu etwa 30 Proc. gibt, so
ist eine derartige Anordnung zur Erleichterung des Anlassens besonders wichtig, da
bei schwer beladener Maschine der Kolben erst mit beiläufig halbem Hub anzugehen
beginnt. (Vgl. eine demselben Zwecke dienende Anordnung * 1876 220 390.)
Der zweite Block (Textilmaschinen) hat zwei Antriebe, rechts eine
Woolf'sche Balanciermaschine mit Correy-Steuerung von Powell in Rouen (*1876 221 495), links eine
sehr schöne Woolf'sche Horizontalmaschine von J.
Hermann-Lachapelle. in Paris. Bei dieser liegen groſser und kleiner
Cylinder dicht neben einander und greifen mit ihren Kolbenstangen beiderseits- am
Kreuzkopfe an, welcher in einer runden, vom gemeinsamen Deckel beider Cylinder
ausgehenden Führung läuft und sammt Führungsschuhen und Zapfen aus einem Stück Stahlguſs besteht. Die Kolbenstangen des
groſsen und des kleinen Cylinders gehen nach hinten durch und treiben
beziehungsweise die Luftpumpe und die Speisepumpe. Die Steuerung des kleinen
Cylinders ist vom Regulator abhängig, welcher eine der Schieberstange parallel
laufende, fest gelagerte Stange umdreht und auf Farcot'sche Schleppschieber wirken
dürfte.
Der Antrieb des dritten Block (Textilindustrie) findet rechts
durch eine horizontale Compound-Maschine von Weyher und
Richemond in Pantin statt, welche auf plumpem Gestelle über einem
Locomotivkessel gelagert ist und seitlich von demselben die Luftpumpe aufgestellt
hat. Die Steuerung ist eine modificirte Farcot'sche für alle Füllungsgrade. Links
geschieht der Antrieb durch eine seltsame Horizontalmaschine der Société anonyme des usines de la Marquise zu St.
Maurice-Lille; sie ist nach „System Fourlinnie“
gebaut, trägt ihren Cylinder auf einem hohen Gestelle, in welchem der Kreuzkopf
mittels Lenkern geführt wird, und verändert die Expansion durch einen von der
façonnirten Regulatorhülse bewegten Rückenschieber. Bemerkenswerth ist noch, daſs
bei jedem Hubende die Cylinder-Ausblashähne selbstthätig geöffnet werden, was insofern gerechtfertigt
erscheint, als die Steuerung über, dem Cylinder liegt und die Maschine mit
Condensation arbeitet.
Wir gelangen jetzt zum vierten Block, welcher die Maschinen zum
Bergwerks- und Hüttenbetrieb enthält und vor allem durch zwei mächtige
Fördermaschinen imponirt, die eine von der Compagnie de
Fives-Lille, die andere von der Société anonyme
d'Anzin (A. de Quillacq), welche in Wien die
schöne Fördermaschine mit Guinotte's Steuerung ausgestellt hatte (*1874 212 261). Beide Maschinen, welche leider nicht in Betrieb
gesetzt werden können, wetteifern in eleganten Formen und vortrefflicher Ausführung-
beide haben Ventilsteuerung, aber während die Maschine von Fives-Lille nach älterem
Systeme mit rotirenden Wülsten expandirt und reversirt, hat die Maschine von Anzin
eine vom Regulator abhängige Auslösesteuerung. Die Société
d'Anzin hat auch eine nette Grubenlocomotive, mit comprimirter Luft nach
System L. Mékarski, ausgestellt. Weiters sind in dieser
Abtheilung, ausgestellt von Lippmann und Comp.,
kolossale Freifallbohrer zum Schachtabteufen zu sehen, Gesteinsbohrmaschinen,
Luftcompressoren, Briquettepressen und verschiedene Aufzüge. Eine kleine
Grubenlocomotive der Société anonyme de Passy, zum
Arbeiten mit comprimirter Luft bestimmt, führt die Cornpressionsluftpumpe zum
Nachfüllen mit sich, welche einfach durch Auflegen eines Riemens in Gang gesetzt
wird.
Die Antriebsmaschinen dieser Abtheilung sind rechts eine
Horizontalmaschine mit Sulzer's Ventilsteuerung von der Société anonyme d'Anzin, links, eine Horizontalmaschine mit Condensation
und Farcot-Steuerung von Bréval in Paris.
Nach diesen vier Blocks wird die Maschinenhalle von einem
Hauptgang durchkreuzt, welcher, südlich am Centralgebäude der Stadt Paris
vorübergehend, die ganze Ausstellung durchzieht und mit einem zweiten nördlich der
„Stadt Paris“ laufenden Quergange das ganze Marsfeld in einen südlichen,
mittleren und nördlichen Tract trennt. Bei der gänzlich mangelnden Bezeichnung
einzelner Abtheilungen, weder durch Nummern und Buchstaben, noch durch Namen, ist es
gut, wenigstens an dieser Eintheilung einigen Anhalt zu finden.
Der mittlere Theil der französischen Maschinenhalle enthält nun
wieder drei Blocks, welche sämmtlich der Mechanik im Allgemeinen und
Werkzeugsmaschinen speciell gewidmet sind. Letztere sind schon in dem Berichte Prof.
Kick's (S. 107 d. Bd.) allgemein erledigt worden
und sollen hier nur noch einige besonders bemerkenswerthe Objecte hervorgehoben
werden.
Im ersten Block des Mitteltractes sind interessante Gasmaschinen
ausgestellt, darunter Otto und Langen's verticale Gasmaschine (*1877 223 557),
Otto's neuer Motor (*1878 228 201), beide von der Compagnie parisienne de
chauffage et d'éclairage par le gaz; ferner von P.
Hugon ein horizontaler Gasmotor und von Mignon und
Rouart in Paris Bisschop's Gasmotor, der wie
die alte Otto-Langen'sche Maschine vertical angeordnet ist, aber den Kraftkolben
durch Kreuzkopf und Schubstange direct mit der Schwungradwelle verbunden hat. Diesen
Motor sieht man, neben dem Otto'schen, vielfach zum Betriebe kleiner Industrien in
der Ausstellung in Thätigkeit. Im selben Block sind noch verschiedene
Centrifugalpumpen, Ventilatoren und Doppel Ventilatoren in Thätigkeit, eine
Kaltluftmaschine von Giffard und Berger in Paris
u.a.m., und werden angetrieben rechts und links von je einer horizontalen
Corliſsmaschine mit Flachfeder-Steuerung (*1874 214 272,
vgl. auch 1876 222 100), erstere von Leconteux und Garnier in Paris, die andere von Le Gavrian und Sohn in Lille. Von Dampfmaschinen sind
ferner hier im Betrieb: eine kleine rotirende Dampfmaschine nach Martin's Patent, welche bis 3000 Touren macht und von
Fau in Bordeaux zum directen Antrieb verschiedener
Holzbearbeitungsmaschinen verwendet ist; eine West'sche
Sechscylinder-Maschine (*1875 217 441, vgl. auch 218 458) von Le Blanc in
Paris, eine einfache Verticalmaschine mit Säulenständer und hoch gelagerter
Schwungradwelle zum directen Antrieb der Transmission von Aubert in Paris, eine oscillirende Dampfmaschine von Molard (vgl. *1877 224 26)
und eine schöne Horizontalmaschine von A. Damey in Dole
mit automatisch regulirbarer Doppelschiebersteuerung durch Fink'sche Coulisse und
Regulator-Schaltwerk. Dabei geht von demselben Hebel, welcher den Gleitklotz der
Coulisse bethätigt, eine kleine Zugstange zu einer Drosselklappe, so daſs man mittels einer
Stellschraube auch die Drosselklappe zur Wirkung bringen kann. Dies geschieht, um
bei ganz niedrigen Füllungsgraden, speciell beim Leerlauf, wie hier in der
Ausstellung, die Regulirung genügend empfindlich zu machen, und dürfte sich bei
manchen Maschinen sehr empfehlen.
Endlich sind noch im ersten Block ausgestellt einige Turbinen, ein
Elektromotor von Cance in Paris, ein Pumpwerk mit
gemeinsamem, möglichst schlechtem Antrieb der drei unter 120° aufgestellten
Pumpencylinder von dem Kurbelzapfen einer verticalen gekröpften Turbinenwelle,
einige schöne Festigkeitsmaschinen und hydraulische Pressen und endlich verschiedene
Collectionen von Armaturen für Dampfkessel und Dampfmaschinen. Unter diesen heben
wir hervor die bekannte Firma F. E. Bourdon in Paris,
welche auch einen netten tragbaren Ventilator ausgestellt hat, Lethuilier und Pinel's magnetische Wasserstandzeiger
(vgl. *1874 214 97) und Chaudré's metallische Schwimmer (*1878 229
132).
Der zweite Block enthält die Ausstellungen der beiden groſsen
Maschinenfirmen Cail und Comp. in Paris und Farcot und Söhne in St. Ouen. Von Cail ist auch die Antriebsmaschine der rechten Seite
des zweiten Block geliefert, eine Horizontalmaschine mit Bahnsteuerung und vom
Regulator verstellter Auslösevorrichtung. Dieselbe Firma, welche auch in einer
anderen Abtheilung verschiedene Maschinen für Zuckerfabrikation ausgestellt hat,
zeigt hier noch eine Halblocomobile mit Röhrenkessel und Condensation, sowie ferner
die Vorwärmpumpe des italienischen Ingenieurs Chiarzari. Die groſsartige Ausstellung von Farcot
und Söhne enthält zunächst die zweite Antriebsmaschine dieses Block, eine
Horizontalmaschine mit Farcot-Steuerung, welche mittels unterirdischer
Kegelrädertransmission und Riemenübersetzung den linken Transmissionsstrang
antreibt; ferner eine Halblocomobile mit Farcot-Steuerung, groſse Dampfkessel mit
Innenfeuerung und herausnehmbaren Siederohren, einen Ueberhänghammer von etwa
1000k mit complicirter Hahnsteuerung u.a.m.;
endlich die gröſste Dampfmaschine der Ausstellung, zweicylindrig von 700e, mit in den Deckel gelagerten Schieberhähnen und
modificirter Corliſs-Steuerung für alle Expansionsgrade, Diese Maschine ist,
natürlich leerlaufend, im Betrieb.
Auſserdem sind noch folgende Dampfmaschinen im Gange: von Windsor und Sohn in Rouen eine Woolf'sche
Balanciermaschine, deren Vertheilungsschieber von einer fixen Daumenwelle gesteuert
wird, der Expansionsschieber automatisch variabel vom façonnirten Regulatormuff; von
der Compagnie des fonderies et Jorges de l'Horme eine
rotirende Wasserhaltungsmaschine mit Ventilsteuerung (die zu den Pumpensitzen
führenden Schubstangen greifen an einer Vorgelegewelle an); von Crespin und Marteau in Paris eine Horizontalmaschine
mit Ventil-Auslösesteuerung.
Von den (wenigstens bis Anfang Juli) kalt stehenden Maschinen ist
besonders bemerkenswerth durch ihre originelle Steuerung die horizontale
Compound-Maschine der Société de construction des
Batignolles (E. Gouin) in Paris. Hier scheint
nämlich der kleine Cylinder von einer normalen Stephenson'schen Coulisse gesteuert
zu sein, welche mittels Regulatorschaltwerk verstellt wird; bei näherer Untersuchung
bemerkt man aber, daſs die Coulisse vollständig gerade ist und, obwohl die
Schieberschubstange ziemlich kurz ist, so zeigen doch die ausgestellten Diagramme
eine ganz gleichmäſsige und gute Dampfvertheilung für Füllungen von 15 bis 50 Proc.
Da die Coulisse in der Mitte aufgehängt ist und der dieser Fabrik eigenthümliche
Coulissenstein dieselbe auſsen umfaſst, so ist nur die obere Hälfte der Coulisse
verwendbar. Reversirung wäre auch bei dem hier stattfindenden directen Antrieb des
Schiebers für den groſsen Cylinder von einem Excenter der Schwungradwelle überhaupt
nicht möglich. Dieselbe Firma hat im französischen Annex eine Eilzugsmaschine für
die französische Westbahn ausgestellt, welche dieselbe hübsche Construction der
Coulisse hat, aber mit Allan-Steuerung arbeitet. Endlich ist noch von ihr im
Trocadero-Annex der französischen Eisenbahnen ein Schmalspur-Sechskuppler
ausgestellt, welcher als die best construirte unter dieser Gattung von Locomotiven
anerkannt wird; hier greift die Coulisse die doppelt geführte Schieberstange
unmittelbar hinter deren Stopfbüchse an und ist gleichfalls ganz gerade; sie wird
wie eine gewöhnliche Stephenson'sche Coulisse mittels eines am oberen Ende
angreifenden Hängeeisens gehoben und gesenkt. Die langen Excenterstangen lassen hier
diese für kleine Locomotiven besonders wichtige und empfehlenswerthe Anordnung um so
zulässiger erscheinen.
Auſser der Compound-Maschine von Batignolles sind unter den im zweiten Block des Mitteltractes stehenden
Maschinen noch zwei Maschinen von Gebrüder Buffand in
Lyon zu bemerken – die eine mit Farcot-Steuerung, die andere mit Meyer-Steuerung,
durch directe Verdrehung der Schieberstange vom Regulator stellbar; ferner eine
horizontale Zweicylindermaschine mit Corliſs-Flachfeder-Steuerung von Corbran und Le Marchand aus Ronen, eine Maschine mit
Farcot-Steuerung von Calla in Paris, zwei
eigenthümliche „Box-Maschinen“ von L. Vallet in
St. Dié („système compound à un seul cylindre“)
und von der Compagnie de Fives-Lille
(Compound-Maschine, System Demenge). Bemerkenswerth ist
auch eine verticale Compound-Pumpenmaschine von Durenne
in Paris, mit zwei horizontalen Pump- und zwei verticalen Dampfcylindern auf einem
Hammergestell, in welchem die zweimal gekröpfte Welle liegt und an jedem Zapfen von
je einer verticalen und einer horizontalen Schubstange angegriffen wird.
Endlich sind in diesem Block noch verschiedene Aufzüge (darunter
Megy *1876 222 532) und
Werkzeugsmaschinen ausgestellt, unter welch letzteren wir besonders die
Schmirgelsteine und -Maschinen von P. Henry und die
bereits von Kick beschriebenen praktischen
Schweifsmaschinen von Dard (S. *108 d. Bd.)
erwähnen.
Der dritte und letzte Block des mittleren Tractes der
Maschinenhalle enthält hauptsächlich Werkzeugsmaschinen, darunter besonders
zahlreich Fräsmaschinen, Maschinen zum Mutternschmieden und Kalt- und Warmpressen.
Bemerkenswerth ist eine Planschmirgelmaschine von Poulot in Paris, bei welcher die Schmirgelscheibe mit ihrer flachen Seite
arbeitet und direct durch Klauen auf einer Planscheibe befestigt ist, daſs sie
möglichst vollständig abgenutzt werden kann. Am hervorragendsten in dieser Gruppe
ist die groſse Ausstellung des Pariser Werkzeugsfabrikanten Bouhey und in dieser selbst wieder eine kolossale Locomotivräder-Drehbank.
Zum Antrieb dieses Block dient rechts eine horizontale Woolf'sche Maschine mit
Auslöse-Expansionsschieber, der sich quer gegen die Richtung des
Vertheilungsschiebers bewegt, links eine Woolf'sche Balanciermaschine gleichfalls
mit auslösbarem Expansionsschieber, beide Maschinen von Gebrüder Boudier in Rouen.
Wir durchschreiten die zweite Quergallerie, welche nördlich vom
Ausstellungsgebäude der „Stadt Paris“ läuft und zum Hauptthor der
Ausstellung, der Porte Rapp, führt, und gelangen in den
dritten, nördlichen Tract der französischen Maschinenhalle.
Hier sind im ersten Block noch Werkzeugsmaschinen zur Metall- und
Holzbearbeitung ausgestellt, welche sich bis in den zweiten Block erstrecken, der
mit verschiedenen Präcisionswerkzeugen und Maschinen für Galanterie- und Kurzwaaren
u.s.w. schlieſst. Der dritte Block enthält Maschinen zur Erzeugung von
Nahrungsmitteln und anderen Artikeln häuslichen Consums, der vierte Block endlich
Maschinen für Bekleidungsgegenstände., also speciell für Leder- und
Schuhzeug-Fabrikation, Zuschneid-, Bügel-, Plissirmaschinen u.s.f. und endlich die
ganze Legion von Nähmaschinen für Wäsche, Kleider, Hüte, Stiefel, Handschuhe,
Riemenzeug u. dgl.
Es mögen im ersten Block nur die herrlichen Werkzeugsmaschinen der
in Paris als erste anerkannten Fabrik von Varall, Elwell und
Middleton in Paris erwähnt werden, darunter eine kolossale Hobelmaschine
mit vier Supports und eine mächtige Horizontal-Bohrmaschine; von Pihet in Paris eine schöne Stoſsmaschine mit variabler
Stoſsrichtung zum Conischstoſsen und eine zweite Stoſsmaschine mit auf und nieder zu
stellendem Werkzeugkopf, um in verschiedenen Höhen stoſsen zu können; endlich von
Hurtu und Hantin eine kleine (unter Glasglocke
stehende) Spiralbohrer-Fräsbank für Uhrmacherwerkzeuge u.a. Dieses Maschinchen
arbeitet nämlich mit zwei genau über einander stehenden Fräsen, von denen die eine oben, die andere
unten die zweite Nuth des Bohrers schneidet, und welche dem entsprechend ihre Achsen
unter rechten Winkeln gegen einander geneigt haben. Es wird hierdurch das einseitige
Verdrücken des Arbeitsstückes hintangehalten, was für die hier vorkommenden
minimalen Dimensionen unumgänglich nothwendig ist, gewiſs aber auch bei manchen
groſsen Maschinen vortheilhaft wäre.
Die weiteren Maschinen des nördlichen Tractes der französischen
Maschinenhalle sind schon, so weit sie ein allgemeineres Interesse haben, in den
erwähnten Mittheilungen von Kick erledigt und sollen
hier nur noch die Antriebsmaschinen der verschiedenen Gruppen angeführt werden. Den
ersten Block treiben rechts und links Maschinen von E.
Boyer in Lille: eine Woolf'sche Balanciermaschine mit auslösbaren
Expansionsschiebern ähnlich wie bei Correy (s. oben)
und eine Horizontalmaschine mit Bajonnetständer, Langschieber und Farcot-Steuerung.
Beide Maschinen gehören in ihrer Ausführung und die Horizontalmaschine speciell
ihrer trefflichen Construction halber zu den sehenswerthesten der Ausstellung.
Im zweiten Block dient rechts eine horizontale
Condensationsmaschine (System Demenge) von Orly und Granddemange in Paris zum Antrieb, mit einer
Zweischieber-Steuerung, deren Grundschieber von einem Excenter, der eigenthümliche
Expansionsschieberhahn aber von dem façonnirten Regulatormuff angetrieben wird;
links eine äuſserst interessante Maschine von Duvergier
in Lyon mit Doppelschieber-Steuerung.
Im dritten Block geschieht der Antrieb rechts durch eine ziemlich
unförmliche horizontale Compound-Maschine von Claparède
in St. Denis. Die Steuerung geschieht hier durch kleine Doppelsitzventile, welche
vorn und hinten an die Cylinderdeckel aufgeflickt erscheinen und von quer über die
Cylinderenden gelagerten Daumenwellen angetrieben werden; zur Expansionsregulirung
im kleinen Cylinder werden die Wellen vom Regulator verschoben.
Den vierten Block treibt nur eine
Dampfmaschine, von Lecointe und Villette in St.
Quentin. Dieselbe hat horizontale Zwillingscylinder und die Luftpumpen an den
verlängerten Kolbenstangen; die hübsch construirte Steuerung erfolgt durch Ventile
mit Auslösemechanismus vom Regulator stellbar.
Westlich von der französischen Maschinenhalle enthält das
Hauptgebäude in seinem nördlichen Theile noch zahlreiche schöne Ausstellungen
französischer Eisen- und Guſswerke; darunter vielfach gelungene Stahlgüsse, welche
in Frankreich neuerdings sehr in Mode gekommen sind und speciell im Locomotivbau
vielfach angewendet werden. Oestlich von der Maschinenhalle begrenzt noch eine
schmälere Halle diesen Flügel des Ausstellungsgebäudes, enthält jedoch nichts
speciell technisches.
Dagegen bieten die beiden östlichen Annexe Frankreichs noch eine
reiche Sammlung Maschinen aller Art. Zwischen denselben und dem Hauptgebäude erheben
sich die fünf französischen Kesselhäuser.
Das erste derselben (wie stets von Süden beginnend), von der Compagnie de Fives-Lille, fällt vor allem auf durch
seinen gewaltigen Kamin, der sich auf maſsigem guſseisernen Sockel in cylindrischem
Schaft aus Eisenblechtrommeln erhebt and mit geschmackvoll ausladendem Gesims,
gleichfalls aus Blech, abschlieſst; es enthält zwei riesige Locomotiv-Röhrenkessel,
deren Gase aus der Rauchkammer nach abwärts zum Kamin geleitet werden.
Im zweiten Kesselhaus von der Société
centrale de Pantin (Weyher und Richemond) sind
drei Paar über einander liegende Kessel, von denen die unteren, in herauszunehmender
Box, die Feuerung enthalten.
Das dritte Kesselhaus enthält Belleville'sche Dampferzeuger neuester Construction für 300e.
Im vierten Kesselhaus sind zwei einfache Bouilleur-Kessel mit
seitlichen Vorwärmern, von echt französischem Type zu sehen; sie sind von P. Villette in Lille.
Das letzte Kesselhaus überdacht in geschmackvoller
Eisenconstruction drei mächtige Lancashire-Kessel mit Vorwärmern von Chevalier Grenier und Droux im Lyon.
Der erste französische Annex, südlich der Porte Rapp, enthält in seinem südlichen Theil eine groſse Papiermaschine,
Druckerei-, Färberei- und Appreturmaschinen und noch einiges andere, das augenscheinlich nur aus
Platzmangel hierher gekommen ist. Der Antrieb der einfachen hier durchlaufenden
Transmission erfolgt von einer vortrefflich arbeitenden verticalen Halblocomobile
von Rikkers in St. Denis mit directem Antrieb der
Kurbel von einer Coulissenschleife an zwei seitlichen Kolbenstangen und mit äuſserst
empfindlicher Rider-Steuerung. Weiters dient hier zum Antrieb eine Locomobile mit
Farcot-Steuerung.
Die zweite Abtheilung dieses Annexes bildet die ausgedehnte, aber
dennoch ziemlich unvollständige Ausstellung französischer Eisenbahnen. Besonders die
Wagen sind mangelhaft vertreten, wenn verglichen mit den schönen Ausstellungen
österreichischer und deutscher Bahnen in Wien 1873; aber auch Locomotiven lassen
manchen Type vermissen; so sehen wir zwar 6 gewaltige Eilzugslocomotiven mit Rädern
von 2m oder mehr und meistens je einem vorderen
und einem hinteren Laufräderpaar, aber keine einzige normale Personenzugsmaschine,
und auch die Eilzugsmaschinen lassen erkennen, daſs noch viele ihrer Details nicht
endgiltig festgestellt sind. Durch besonders gute Arbeit ragt hier nur die Société des chemins de fer Paris Lyon Méditerrannée
hervor, sowohl in Locomotiven als einigen ausgestellten Werkzeugsmaschinen. Die
französische Nordbahn hat eine Eilzugslocomotive, ausgeführt von Köchlin in Mülhausen (Elsaſs), ausgestellt, bei welcher
in Folge der Nichtbetheiligung Deutschlands jedes Zeichen der fremden Provenienz
entfernt werden muſste.
Von der Société anonyme des atéliers de
construction de Passy ist eine Locomotive nach System Mallet ausgestellt, rechts mit groſsem, links mit
kleinem Cylinder, von denen jeder seine gesonderte Steuerung hat; die Maschine
erhält normal frischen Dampf nur im kleinen Cylinder, und expandirt im groſsen
Cylinder nach dem Compoundsystem, da die Kurbeln normal unter rechtem Winkel
geblieben sind; zum Anfahren und für schwere Steigungen ist in die Rohrverbindungen
ein Volldruckschieber eingeschaltet, der beiden Cylindern directen Dampf zu geben
ermöglicht (vgl. 1876 222 187) 394).
Der dritte Tract des südlichen französischen Annexes enthält
hauptsächlich Dampfkessel und Halblocomobilen; letztere sind von zahlreichen Firmen,
darunter auch von der bekannten Fabrik J.
Hermann-Lachapelle, ausgestellt, zeigen jedoch keine besonderen Neuerungen;
bemerkenswerth im Allgemeinen ist die zahlreiche Anwendung von
Farcot-Steuerungen.
Von Dampfkesseln ist verhältniſsmäſsig wenig ausgestellt und
meistens normales. Bemerkenswerth sind die schönen Blechschweiſs- und Börtelarbeiten
von Gebrüder Imbert in St. Chaumond (Loire), darunter
verschiedene geschweiſste Feuerbüchsen recht complicirter Form für die in Frankreich
beliebten Locomobilkessel, deren Stehkessel von einem verticalen Cylinder gebildet
wird, in welchen der Feuerkasten rund hineinragt und nur an der Stelle der Rohre
abgeflacht wird.
Meunier und Comp. in Fives-Lille zeigen „générateurs à vapeur semitubulaires“ mit zwei
Bouilleurs über dem Rost, darüber liegendem Hauptkessel mit Retoursiederohren. Die
vordere Rohrwand, welche beim Oeffnen der hier befindlichen Ausputzthüren dem Zuge
ausgesetzt wird, ist durch eine in ca. 50mm
Distanz vorgeschraubte Platte geschützt; dieselbe ist natürlich nach dem lichten
Durchmesser der Siederohre ausgebohrt, um den Heizgasen Durchgang zu gestatten.
Noch ist von A. Girard in Paris ein
Röhrenkessel mit cylindrischer Box in der Längsachse zu erwähnen, in welchem die
Rohre nicht direct in die Rohrwände eingezogen werden, sondern nach Constant (*1875 215 488) in
diese ein conischer Ring, in welchem das Rohr etwa 2mm rundum Spiel hat und schlieſslich durch Einpressen von Asbest
abgedichtet wird. Zum Herausnehmen der Rohre wird mit einem eigenen Kronbohrer der
Asbestring herausgebohrt.
Die beiden nördlichen Tracte dieses Annexes enthalten Modelle und
Zeichnungen von Gruben- und Förderanlagen und endlich eine schöne Collection
elektrischer und telegraphischer Apparate in allen möglichen Anwendungen.
Wir überschreiten den Haupteingang, die Porte Rapp, und kommen zum zweiten, nördlichen Annex Frankreichs. Die
ersten Blocks enthalten ein wahres Chaos von Gasapparaten, chemischen Apparaten,
Waschmaschinen, Chocolademaschinen, Feldbacköfen, Refrigeratoren und Eismaschinen,
Mühlen (merkwürdigerweise nur ein einziger Walzenstuhl), Trieurs und Sortirmaschinen
und allerlei Apparate zur Zucker- und Confiturenfabrikation, alles dies unter dem
Namen „Apparate und Verfahrungsarten der Chemie, Pharmacie und Gerberei, der
Landwirthschaft und der Nahrungsmittelfabrikation“ zusammengefaſst. Als
Antrieb dienen hier zwei Locomobilen gewöhnlicher Construction. Aufgefallen ist uns
eine mächtige Plandrehbank für Mühlsteine, welche von C.
Roger und Comp. in La Ferté sous Jouarre ausgestellt ist und im
Werkzeugsupport einen rotirenden Fräskopf mit eingesetzten Diamanten trägt (vgl.
*1877 226 576. 1878 227
532).
Der dritte Block, welcher den ganzen nördlichen Theil dieses
Annexes ausfüllt, enthält ausschlieſslich Locomobilen und landwirtschaftliche
Maschinen, bei welchen sich selbstverständlich manche hübsche Detailconstruction,
aber nichts wesentlich Neues findet. Als typisch erscheint der schon vorhin erwähnte
Locomobilkessel mit vertical cylindrischem Kasten; auffallend ist auch das häufige
Vorkommen von kleinen Locomobilen auf nur zwei Rädern. Eine derartige zweirädrige
Locomobile von der Compagnie de Fives-Lille trägt eine
Compound-Maschine, System Demenge, eine andere in sehr
netter Anordnung einen regulären Belleville-Kessel.
Zum Antrieb einiger landwirtschaftlichen Maschinen und der hier
auch noch untergebrachten Sägen von F. Arbey in Paris
dient eine hübsche Locomobile mit Farcot-Steuerung von Crespin und Marteau in Paris; dieselbe macht ihre 80 bis 100 Touren ganz
anstandslos und widerlegt so das gangbare Vorurtheil, daſs Farcot-Steuerungen nur
bei geringer Tourenzahl verwendbar seien.
Auf dem Marsfelde bleiben hiernach nur noch einige Pavillons zu
besichtigen. Vor allem der Glanzpunkt der Ausstellung, der Pavillon von Schneider und Comp. zu Creuzot, ferner der Pavillon der
Compagnie des fonderies et forges de Terre-Noire,
welcher auſser einer imposanten Zusammenstellung von Walzproducten und Eisenguſs
speciell noch sehr schöne Muster von Stahl-Façonguſs enthält. Aehnliches ist auch in
dem Pavillon der Compagnie de St. Chaumond (Director
Montgolfier) zu sehen, hier auſserdem einige
interessante Panzerplatten, welche durch Zusammenschweiſsen und Walzen mehrerer
schwächerer Stahlplatten gebildet sind.
Wir verlassen das Marsfeld und sehen, zur Jena-Brücke gehend,
längs der Seine links die commercielle Ausstellung der französischen Seehäfen,
rechts den Marine-Annex und hinter demselben den Annex für Pumpen. Beide waren
Anfang Juli noch nicht eröffnet und enthielten, soweit sich aus dem hier
herrschenden Chaos schlieſsen lieſs, noch wenig bemerkenswerthes.
Jenseits der Jena-Brücke, auf dem Trocadero, zeigt sich rechts der
Annex für die Ingenieurwissenschaften, welcher auch erst Ende Juni eröffnet wurde;
links sind noch drei kleinere Hallen dem Eisenbahnwesen gewidmet und enthalten das
interessanteste dieser Branche in der Ausstellung.
Der erste Pavillon enthält speciell Straſsen-Locomotiven und
Wagen, u.a. von Tilkin Mention aus Lüttich und von der
Compagnie de Fives-Lille je eine kleine
Locomotivmaschine mit zwei gekuppelten Achsen, von Cail
eine „feuerlose“ Locomotive, System Lamm-Francq
(1877 226 428), von L.
Mékarski einen automobilen Wagen und eine Locomotive für Straſsenbahnen,
beide mit comprimirter Luft arbeitend.
Der zweite Pavillon enthält verschiedenes Eisenbahnmaterial,
darunter herrliche schmiedeiserne Räder, deren interessante Fabrikation Specialität
von Lucien Arbel in Rive de Gier ist.
Im dritten Pavillon endlich ist die „transportable Eisenbahn
für landwirtschaftliche Zwecke“ von Decauville
(1878 227 310) in Gleisen, Wechseln, Drehscheiben,
Waggons und Locomotiven ausgestellt, und wird so ein anschauliches Bild dieser
bedeutungsvollen Neuerung gegeben. Hier sehen wir auſserdem zwei Dampfwagen von A. Bollée in Mans (1876 219
275), die aber mehr dem ersten als dem achten Decennium dieses Jahrhunderts
anzugehören scheinen.
Schlieſslich sind noch verschiedene interessante Schmalspur-Locomotiven
ausgestellt., darunter auch die schon oben erwähnte der Société des Batignolles.
Hiermit schlieſst unser Rundgang durch die maschinen-technischen Abtheilungen der
Ausstellung; es ist überflüssig zu sagen, daſs begreiflicherweise vieles Wichtige
und Bedeutungsvolle übersehen wurde; aber auch darauf möge hingewiesen werden, daſs
selbst Anfang Juli noch manches erst in der Aufstellung begriffen, anderes noch gar
nicht an Ort und Stelle war. Auch so möge diese Uebersicht wenigstens den Nutzen
haben, dem Besucher die ersten Orientirungsgänge in der Ausstellung zu ersparen oder
zu erleichtern, und denen, welche nicht die Ausstellung besuchen, ein gewisses Bild
über den allgemeinen Eindruck der siebenten Weltausstellung zu verschaffen.
Specielle Charakterisirungen einzelner Maschinengattungen, Vergleichung der Praxis
verschiedener Länder und Schlüsse über die voraussichtliche Entwicklung der hier
auftretenden neuen Gedanken können rationeller Weise erst im Verlaufe der einzelnen
Notizen vorgeführt werden. Auch läſst sich bei der mehr oder weniger unvollständigen
Ausstellung der fremden Länder, welche doch meistens nur Auſsergewöhnliches zur
Ausstellung senden wollen, nur bei der französischen Ausstellung ein Urtheil über
die normale Praxis im Maschinenbau bilden. Da fällt
zunächst in die Augen der wahrhaft nationale Charakter
der französischen Industrie, welche sich wie vor dem Import fremder Fabrikate durch
Schutzzölle so vor der Nachahmung fremder Gedanken durch das allüberall hoch
entwickelte Selbstbewuſstsein schützt. Der sonst allgemein präponderante Einfluſs
Englands ist hier nirgends sichtbar, und hierin dürfte vielleicht die hauptsächliche
Ursache zu finden sein, daſs uns deutschen Ingenieuren, denen immer mehr oder
weniger englischer Maschinenbau als Ideal vorschwebt, so vieles an französischen
Maschinen durchaus nicht gefallen will.
Bedenkt man aber, daſs trotzdem diese Maschinen gut, dauerhaft und billig arbeiten,
daſs dabei der Maschinenfabrikant und das ganze Land reich und reicher wird, daſs
Frankreich allein in der ganzen Welt die Krisis der letzten Jahre fast unbemerkt
vorüberziehen sah, so muſs man anerkennen, daſs diese nationale Abschlieſsung in
materieller Hinsicht gewiſs ihr Gutes hat.
Dieser Schutz des Eigenen gegen Fremdes macht sich nicht allein im groſsen Ganzen,
sondern fast bei jedem Einzelnen geltend; daher gehen die gediegenen
Normalconstructionen ab, welche englische Maschinen so imposant machen, und manches
absonderliche Gebilde, bisweilen an Amerika erinnernd, wird gezeichnet und
ausgeführt. Während aber in Amerika bei derartigen Fällen gewöhnlich nur die Praxis
ihr Wort spricht und das Studium, die Theorie, ignorirt wird, findet bei Frankreichs
hochgebildetem Ingenieurstande vielleicht etwas Gegentheiliges statt; in anderen
Ländern geht leider der Praxis die Erfindungsgabe, dem Wissen der Muth ab.
Darum muſs die deutsche Industrie so oft den Vorwurf der Nachahmung hinnehmen, obwohl
sie Wissen und Können zu einer nationalen Industrie reichlich besitzt. Möge endlich
die Zeit kommen, wo wir es verstehen, den reichen Bildungsstoff, der im Volke
angesammelt ist, auch thatkräftig wirksam zu machen, und wir werden ebenso sehr uns
selbst, als dem gemeinsamen Interesse aller Culturvölker genutzt haben!
Müller-Melchiors.
Maschine und Steuerung der Schweizerischen Locomotiv- und
Maschinenfabrik zu Winterthur. (Tafel
39.)
In der vortrefflichen Ausstellung der Schweizerischen Maschinenfabriken nimmt die
oben genannte Firma, deren Werkstätten unter der Leitung des bekannten Ingenieurs
Ch. Brown stehen, einen hervorragenden Rang ein.
Die Fabrik hat auſser einer Schmalspur- und einer Straſsenbahn-Locomotive,
entsprechend dem zweiten Theil ihres Titels, auch eine Dampfmaschine ausgestellt und
darin gewissermaſsen die Vorzüge der Locomotivmaschine auf die Stabilmaschine
übertragen. Leichtigkeit, Kühnheit der Construction, elegante Formen und prachtvolle
Ausführung aller Details, ohne Entfaltung unnützen Prunkes, zeichnen diese Maschine
schon beim ersten Anblick vor vielen anderen aus, und der wunderbar ruhige Gang, in
dem sich ihre 120 Touren in der Minute abspielen, kann das günstige Urtheil nur noch
befestigen. Sie ist entsprechend der ausgesprochenen Tendenz unsers Decenniums eine
Ventilmaschine, unterscheidet sich aber gleich der Collmann'schen Maschine (*1877 225 316) von den
anderen Ventilmaschinen der Ausstellung dadurch, daſs kein Auslösemechanismus
vorhanden ist und somit auf den plötzlichen Schluſs der Einströmung verzichtet wird.
Das Ventil steht vom Momente der Eröffnung bis wieder zum Abschluſs stets unter dem
Einflusse festgegliederter Steuerungsorgane und kann daher eine viel höhere
Tourenzahl mitmachen, als wenn es, zum Beginn der Expansion ausgelöst, unter dem
Stoſse von Federn oder Gewichten auf seinen Sitz geschleudert würde. Daſs hierbei
der Abschluſs verlangsamt und dadurch die Vollkommenheit der inneren Steuerung
beeinträchtigt wird, ist offenbar; andererseits werden Ventile und Sitze mehr
geschont, die äuſseren Mechanismen einfacher und dauerhafter und die mindere
Vollkommenheit des Abschlusses durch die Vortheile hoher Tourenzahl theilweise
wieder hereingebracht (vgl. 1877 225 317). In der
Wesenheit ihres Effectes stimmt die Brown'sche Steuerung mit einer gewöhnlichen, und
zwar der Gooch'schen Coulissensteuerung, beiläufig überein; sie ist daher in
gleicher Anordnung auf einfache Muschelschieber anwendbar und in dieser Form an der
Straſsenbahn- und der Schmalspur-Locomotive der Austellung angebracht; wir beginnen unsere Beschreibung
mit letzterer.
Hier liegt, wie aus Fig. 1 Taf.
39 ersichtlich, der Cylinder hoch oberhalb der zwei gekuppelten Achsen und treibt
dieselben mittels einer Blindwelle an, auf welcher beiderseits Balanciers angebracht
sind – eine Anordnung, welche behufs bequemer Disposition im Allgemeinen
empfehlenswerth ist und hier auch mit Rücksicht auf die Steuerung vorgezogen werden
muſste. Die Treibstange, welche vom Balancier zum Hinterrade führt, hat im zweiten
Drittel ihrer Länge einen Bolzen angebracht, welcher somit die bekannte, einer
Ellipse sehr ähnliche Curve beschreibt.Die
Verwendung dieser Bewegung in einer Dampfmaschinensteuerung ist unseres
Wissens zuerst von Deprez (*1876 219 9) 221 97) gemacht
worden. Hier ist nun die verticale Stange angelenkt, welche die
Excenterstange einer gewöhnlichen Steuerung vertritt; das obere Ende derselben
greift an einem Lenker an, der einerseits von einem um festen Drehpunkt schwingenden
Hebel geführt wird, andererseits in einer drehbaren Hülse gleitet und derart einen
angenäherten Ellipsenlenker bildet. In Folge dessen wird das obere Ende der
Excenterstange in einer Graden, senkrecht zur Verbindungslinie beider
Lenkerdrehpunkte, geführt, und jeder Zwischenpunkt der Excenterstange beschreibt
eine eigentümliche birnförmige Curve, die sich in der Nähe des geradegeführten
Punktes wieder einigermaſsen einer Ellipse nähert. Hier wird nun die
Schieberbewegung abgeleitet und der unterhalb des Cylinders liegende, mit Trick'schem Kanale versehene und entlastete Schieber in
der aus Fig. 1
ersichtlichen Weise bewegt. Wird das Verbindungsglied der beiden Lenkerdrehpunkte
verstellt, was wie bei einer Coulissensteuerung mittels des Reversirhebels
geschieht, so neigt sich auch die Geradführungslinie und mit ihr die Curve des
Schieberführungspunktes parallel zum Reversirhebel. Die Füllung wird vergröſsert, je
stärker die Neigung wird; die Maschine fährt vorwärts, wenn die Reversirstange in
der Richtung des Pfeiles verdreht wird, rückwärts bei der entgegengesetzten
Verstellung.
In ähnlicher Weise ist die Steuerung bei der Straſsenbahn-Locomotive angeordnet; auch
hier wird die Bewegung des Kolbens mittels Balancier auf die Räder übertragen; sie
wiegt 7t,5 im Dienst und ist die Modification
einer gewöhnlichen Locomotivmaschine mit dem hauptsächlichen Unterschiede, daſs die
Feuerbüchse den Rundkessel bedeutend überragt und einen groſsen Wasserbehälter
bildet, damit sich der Führer längere Zeit hindurch weder um die Speisung, noch um
das Feuer zu kümmern hat.
Die Stabilmaschine ist in Fig. 2 und
3 im Längsschnitt und Grundriſs, in Fig. 4 im
vergröſserten Längsschnitt durch den Cylinder und in Fig. 5 und
6 im halben Querschnitt durch den Cylinder, bezieh. Vorderansicht,
gezeichnet. Der mit Dampf geheizte Cylinder ist in ähnlicher Weise wie bei der
Sulzer-Steuerung mit den Eintrittventilen oben, den Austrittventiten unten
construirt, letztere in der aus Fig. 2
ersichtlichen Weise bewegt. Die Eintrittventile und die zu ihrer Bewegung dienenden
kleinen Winkelhebel sind aus Fig. 4
genauer zu ersehen. Es sind Doppelsitzventile, welche von den Kämmen der
Ventilspindel erfaſst werden und sich daher frei drehen können; sie werden von dem
nach aufwärts verlängerten Ventilsitze central geführt und finden in dem beim
Niedergange hier eingeschlossenen Dampf zur Vermittlung sanfteren Aufsitzens ein
Dampfkissen. In den verticalen Armen der Winkelhebel ist die Schieberstange geführt
und kommt mit ihren plattenförmigen Anschlägen abwechselnd mit dem hinteren oder
vorderen Winkelhebel in Berührung; in ihrer Verlängerung zur Excenterstange ist sie
aus einem Gasrohre gebildet. Der Steuermechanismus entspricht vollständig dem früher
beschriebenen und ist geschmackvoll am Regulator angeordnet.
Hier ist der oben besprochene Ellipsenlenker angebracht und trägt an dem
Verbindungsglied der Drehpunkte einen Bügel, welcher den Regulatorständer umfaſst
und in der aus Fig. 6
ersichtlichen Weise die Lagerung der Geradführung vermittelt. Am unteren Ende
empfängt die Excenterstange ihre Bewegung von der Treibstange – hier nicht direct,
sondern zur Verminderung des Hubes durch Vermittlung eines Zwischengliedes. Die
Verdrehung der Geradführung findet selbstverständlich vom Regulator statt; zu dem
Zwecke wird der Regulatormuff von einem Bügel umfaſst, der in seiner Verlängerung
nach rechts an einer festen Zugstange aufgehängt ist (vgl. Fig. 2),
während links eine Zugstange zum Oelkatarakt führt und in der Mitte an das
Verbindungsglied der Geradführung angelenkt ist.
Von den übrigen Details der Maschine ist speciell die eigenthümliche Anordnung des
Bettes bemerkenswerth. Dasselbe schlieſst sich hinten an den central gestützten
Dampfcylinder an, zieht sich als geschlossener Cylinder, die Kreuzkopfführung
bildend, nach vorn und geht endlich in zwei Arme aus, welche die Schwungradlager
tragen und unterhalb derselben in Tragfüſse ausgehen. Die Lager sind vertical
getheilt, die verzahnten Deckel oben mit zwei Schrauben befestigt und zum
Nachstellen der Lagerschalen oben und vorn Stellschrauben angebracht; unterhalb des
Lagers wird der hier runde Tragfuſs von einem Band umgeben, welches als Tropfschale
dient. Zwischen den beiden Lagern und knapp an denselben anliegend befinden sich
zwei guſseiserne Kurbelscheiben, verbunden durch den starken Kurbelzapfen, der von
der Treibstange, mit gleichfalls vertical getheiltem Kopf, ergriffen wird. In der
vorderen Kurbelscheibe ist nur ein kurzes Stück Welle eingepreſst, um zur Lagerung
zu dienen; über das hintere Lager geht die Welle hinaus, trägt hier das
Riemenschwungrad und findet noch ein drittes Lager auf getrenntem Ständer.
Hinter dem Dampfcylinder stehen die zwei einfach wirkenden Luftpumpen, welche von der
nach rückwärts verlängerten Kolbenstange durch einen Winkelhebel angetrieben werden
(vgl. Fig. 2). Das die Luftpumpe umgebende Gehäuse, welches gleichzeitig den
Condensator und den Ausguſsbehälter bildet, enthält die Lager des Winkelhebels und
trägt mittels einer Säule das hintere Ende der kleinen Kreuzkopfführung, deren
vorderes Ende am Cylinderdeckel befestigt ist. Diese ganze Anordnung, welche auch
bei den Sulzer'schen Ausstellungsmaschinen wiederkehrt,
macht einen vortrefflichen Eindruck. Das vom Cylinder zum Condensator führende
Ausströmrohr ist in Fig. 1 und
3 ersichtlich. Hinter demselben mündet das Dampfrohr in den
Cylindermantel ein und gelangt von hier aus durch das zwischen den Einströmventilen
befindliche Absperrventil zum Cylinder. Auch dieses ist ein Doppelsitzventil, dessen
lange Spindel einen den Steuerventilträgern nachgebildeten Ständer passirt und
endlich mit einer Kappe verbunden ist, welche dem Ständer mit steilem flachgängigem
Gewinde aufgeschraubt wird (vgl. Fig. 4). An
der Kappe ist ein Hebel befestigt, mit welchem das Ventil geöffnet und geschlossen
wird. Die Ventilspindel hat zur Dichtung Ringnuthen eingedreht, erhält aber
auſserdem oben eine Stopfbüchsenpackung.
Zum Schlusse möge noch in wenig Worten die Theorie der Steuerung berührt werden,
soweit sie sich überhaupt annäherungsweise geben läſst, und endlich die ältere Brown'sche Ventilsteuerung besprochen werden.
Es bezeichne in Fig. 7,
welche die Locomotivsteuerung der Fig. 1,
allerdings in verzerrten Verhältnissen, repräsentirt: r
den Kurbelradius, v das Verhältniſs der ganzen
Treibstangenlänge zu dem zwischen Kreuzkopfbolzen und Excenterstange
eingeschlossenen Stücke und ebenso z das Verhältniſs
der ganzen Excenterstangenlänge zu dem zwischen Geradführung und Schieberstange
eingeschlossenen Stücke, so besteht bei dem Verdrehungswinkel ω der Kurbel und α der
Geradführung finden Schieberweg ξ die Gleichung:
(\xi-u)=\frac{1}{z}\,(r\,cos\,\omega-u).
Der Werth u ergibt sich, indem
man die Neigung der Excenterstange ebenso wie die der Treibstange vernachlässigt,
bezieh. den Cosinus ihres Neigungswinkels gleich eins setzt, aus der Gleichung:
u=\frac{r}{v}\,sin\,\omega\,tg\,\alpha und
daraus
\xi=\frac{r}{v}\,tg\,\alpha\,\left(1-\frac{1}{z}\right)\,sin\,\omega+\frac{r}{z}\,cos\,\omega.
Hieraus läſst sich ohne weiteres das Zeuner'sche
Schieberdiagramm bilden, indem
\frac{1}{2}\,\frac{r}{v}\,tg\,\alpha\,\left(1-\frac{1}{z}\right)
die Ordinaten und \frac{1}{2}\,\frac{r}{z} die Abscissender Centralcurve
darstellen. Man ersieht auch daraus, daſs die Abscisse für alle Neigungswinkel der
Coulisse constant bleibt und wir somit genau das Diagramm einer Gooch'schen
Steuerung erhalten. Dem entsprechend sind auch die Eigenschaften dieser Steuerung zu
beurtheilen; es lassen sich mit derselben, bei Anwendung einer Schiebersteuerung,
ebenso wenig Füllungen unter 30 Proc. erreichen, ohne eine auſserordentlich groſse
Compression zu veranlassen. Bei der Ventilsteuerung dagegen, wo nur der Einlaſs
durch diesen Mechanismus besorgt wird, lassen sich auch die Diagrammkreise, welche
sonst für den Rückwärtsgang gelten, zum Vorwärtsgang benutzen und demgemäſs beliebig
kleine Füllungen erzielen. Allerdings fällt hierbei die Ventilerhebung sehr klein
aus, wie dieselbe auch thatsächlich beim Leerlauf der Ausstellungsmaschine kaum mehr
als 1 bis 2mm betrug.
Interessant ist, daſs die Hackworth'sche Steuerung,
deren Theorie wir in D. p. J. * 1876 219 4 aufstellten, genau dieselben Resultate ergibt, wie
denn überhaupt zwischen beiden Steuerungen eine gewisse Verwandtschaft existirt; bei
der Anwendung auf Locomotiven haben beide den Nachtheil, daſs durch die Wirkung des
Federspieles bedeutende Ungenauigkeiten entstehen.
Derselbe Mechanismus ist übrigens schon bei der älteren Brown'schen Steuerung angewendet, wie sie in Fig. 8
angedeutet ist. Hier dient derselbe jedoch nur zur Bewegung des Hilfsventiles,
welches auf dem Hauptventil aufsitzt und bei seiner Verdrehung das Anheben des
letzteren bewirkt. Dies geschieht dadurch, daſs das Hauptventil nach oben zu einem
Kolben erweitert ist, dessen Inneres durch eine Zahl enger Bohrungen mit dem
Dampfraum communicirt. Dadurch findet im Ruhezustande auf beiden Seiten des Ventiles
gleicher Druck statt; wie aber der Drehschieber die kleinen zum Cylinder führenden
Bohrungen, welche er bis jetzt verdeckt hatte, öffnet, strömt der oberhalb des
Kolbens befindliche Dampf in den Cylinder, wo grade Ausströmung stattfindet, und der
frische Dampf kann durch die Kolbenbohrungen nicht rasch genug nachdringen; es
bildet sich ein Ueberdruck, das Ventil hebt sich, schlägt wider den Deckel an und
verschlieſst so die Oeffnungen. In Folge dessen bleibt es so lange gehoben, bis der
Drehschieber absperrt, worauf der oberhalb durchsickernde Dampf wieder Spannung
gewinnt und endlich den Niedergang des Ventiles bewirkt. Die Steuerung beruht auf
gleichem Principien wie die Mehrzahl der bei direct wirkenden Pumpen angewendeten
Steuerungen und theilt wohl auch deren Fehler mit dem Verlust des Steuerdampfes und
nicht absoluter Verläſslichkeit; aber auch sie legt Zeugniſs ab von dem vielseitigen
Erfindergenie ihres Schöpfers Ch. Brown.
Müller-Melchiors.
Massey's Dampfhammer und Schmiedemaschine. (Fig.
1 und 2 Taf.
40.)
Von Dampfhämmern ist noch bemerkenswerth die Ausstellung von B. und S. Massey in Openshaw bei Manchester, von welcher Firma nebst zwei
im kleinen Maſsstabe ausgeführten gangbaren Modellen 5 Hämmer ausgestellt sind,
welche der Reihe nach 25, 75, 175, 250, 2500k
Gewicht des Hammerbärs aufweisen. Die beiden ersten und der vierte haben
Selbststeuerung und Handsteuerung vereinigt, der dritte hat blos Selbststeuerung und
ist ein sogen. Schnellhammer, der fünfte hat blos Handsteuerung und
Selbstumsteuerung beim höchsten Hube des Hammerbärs als Sicherheitsvorkehrung.
Die Selbststeuerung ist zur Veränderung der Hubhöhe eingerichtet und weist zwei
interessante Anordnungen auf. Die eine ist schon seit der Wiener Weltausstellung
1873 bekannt und in D. p. J. *1874 212 286 beschrieben; die Hubänderung geschieht mittels
Stellhebel und Sperrquadrant. Das andere beim zweiten Hammer angewendete neue Detail
bewirkt direct die Verstellung des Schiebers, bezieh. des Bolzens a' (Fig. 1 Taf.
40) durch die in denselben eingehängte Schubstange s,
die mit der Rolle r auf der gekrümmten Bahn des Keiles
k gleitet. Die Achse b' ist hier im Ständer gelagert und der eine Arm des Winkelhebels bb' wird wie früher durch eine Feder c an der Rolle a anliegend
erhalten. Wird der Keil k mittels des Handrades h durch die Schraube t
nach einwärts geschoben, so wird a' gehoben, im
entgegengesetzten Falle gesenkt und dadurch die Hubveränderung bewirkt. Die Stange
s erhält die oscillirende Bewegung vom gebogenen
Arme b des Winkelhebels, der an seinem Ende ein Auge
besitzt, in welches die Verlängerung von s achsial
verschiebbar eingreift. Die oscillirende Bewegung von s
um die Achse a' aber bewirkt die Bewegung des
Kolbenschiebers während jedes Hubes, somit die Dampfvertheilung. Der Schnellhammer
macht bei vollem Dampfdrucke 400 bis 500 Schläge in der Minute.
Bezüglich der Ausführung mag noch bemerkt werden, daſs die vier
kleineren Hämmer durchwegs Schmiedeisen als Material für den Fallbär aufweisen, um
Sicherheit gegen durch Stöſse leicht eintretende Brüche zu gewähren. Der Fallbär des
groſsen Hammers dagegen ist, wie sonst üblich, aus Guſseisen hergestellt. Kolben und
Kolbenstange sind aus Schmiedeisen in einem Stücke geschmiedet. Die kleinen Hämmer
arbeiten durchwegs mit Oberdampf, der groſse kann sowohl mit, als auch ohne
Oberdampf benutzt werden. In letzterem Falle wird durch eine Stellschraube der
Ausschlag des Hand-Steuerhebels derart beschränkt, daſs die Dampfeinströmung über
den Kolben nicht erfolgen kann.
Von derselben Firma ist noch eine Schmiedemaschine für Bolzen etc. und eine Kreissäge
zum Schneiden glühenden Eisens ausgestellt. Bei der Schmiedemaschine, welche in Fig.
2 Taf. 40 dargestellt, kann das Untergesenke während des Ganges der
Maschine der Höhe nach verstellt werden, und zwar wird dies von Massey durch Verschiebung der keilförmigen Unterlagen
bewirkt. Die Maschine besitzt vier Stempel von je 89mm Durchmesser, welche wie bei der bekannten Whitworth'schen Schmiedemaschine durch Excenter niedergedrückt und durch
Spiralfedern gehoben werden. Die Untergesenke ruhen, wie erwähnt, auf in Schlitzen
geführten und durch Schrauben niedergehaltenen keilförmigen Stücken, welche mittels
Schraubenspindeln und an deren beiden Enden angebrachte Handräder von beiden Seiten
der Maschine aus verstellt werden können. Beide Seiten der Maschine sind
Arbeitsseiten, und können daher stets zwei, auch vier Arbeiter die Maschine
benutzen. Zur Auflage der Arbeitsstücke sind verstellbare Stützenwinkel auf die
Tischplatte aufgeschraubt. Die Excenterwelle ist aus Stahl gefertigt, die Lager für
dieselbe sind mit Weiſsmetall ausgegossen. Die Antriebsriemenscheiben haben 355mm Durchmesser und 95mm Breite. Die Tourenzahl derselben beträgt 750 in der Minute, das
Gesammtgewicht der Maschine 3200k; zum Betriebe
derselben ist 1e erforderlich.
Tweddell's hydraulische Schere für Eisenbahnschienen.
(Fig. 3 Taf. 40.)Auf Tafel 40 ist zu lesen „Tweddell“ statt „Twedell.“
Eines der interessantesten Stücke der englischen Ausstellung ist die hydraulische
Schere von Tweddell, welche in Fig. 3 Taf.
40 dargestellt und von der Hydraulic Engineering
Company in Chester ausgestellt ist; die zugehörige direct wirkende
Dampfpumpe, nach Taylor's System wurde bereits in D. p. J. * S. 122 d. Bd. ausführlich beschrieben. Die
Verbindung zwischen der Schere und der Preſspumpe ist durch ein Preſsrohr mit
entsprechenden Krümmungen hergestellt. Die Schere, welche den Preſskolben von 300mm Durchmesser enthält, wiegt 4t und kann frei auf das Fundament gestellt werden,
ohne irgend eine weitere Befestigung zu erfordern. Die Preſspumpe besitzt einen
Dampfkolben von groſsem Durchmesser, welcher mit einem Pumpenkolben von kleinem
Durchmesser direct durch dieselbe Kolbenstange verbunden ist. Das Wasser wird durch
das Preſsrohr mit Ausschluſs irgend welcher Ventile in den Preſscylinder der Schere
geleitet und kehrt wieder in den Pumpencylinder zurück, wenn der Druck auf den
Dampfkolben aufhört. Ein einziger Hub des Pumpenkolbens genügt für einen vollen Hub
des Preſskolbens. Die Preſspumpe, welche ebenfalls keiner weitern Befestigung auf
dem Fundamente bedarf, wiegt 5t Mit Inbegriff blos
noch eines kleinen transportablen Dampfkessels wird hier die Arbeit ausgeführt,
welche sonst eine Maschine von mindestens 18t
Gewicht, eine bedeutende Fundirung, eine Transmission und eine Antriebsdampfmaschine
sammt Kessel dazu beanspruchen würde. Diese hydraulische Schere kann übrigens auch
als Lochmaschine verwendet werden.
Die Ingangsetzung der Preſspumpe erfolgt durch einen vom Maschinenwärter zu
stellenden Hebel. Der Abschluſs der Dampfeinströmung erfolgt selbstthätig, so daſs
der Dampf noch expandiren kann, und zwar durch eine in entsprechender Höhe vorhandene
Oeffnung, deren drei seitlich angebracht und durch Hähne verschlieſsbar sind, wie
aus Fig. 3 deutlich ersichtlich ist. Hat der Kolben diese Oeffnung
überschritten, so tritt der Dampf aus und schlieſst den Eintrittkanal durch
Vermittlung eines Kolbenventiles. Ist die Arbeit vollendet, so bewirkt die
Hebelbewegung den Austritt des Dampfes auf der anderen Seite dieses Kolbenventiles
und öffnet dann neuerdings das Dampfeinströmungsrohr. Der Dampfverbrauch ist dabei
nach Maſsgabe der erforderlichen Leistung regulirt. In dem Falle, als der
Maschinenwärter vergessen würde, den einen der drei seitlichen Ausströmhähne
vollständig zu öffnen, bevor er den Einströmhahn öffnet, würde ein breiter Kanal,
welcher an der oberen Stelle des Dampfcylinders angebracht ist, den Dampf in der
höchsten Stellung des Kolbens über den Kolben treten lassen und diesen ins
Gleichgewicht stellen. Die Zurückbewegung des Preſskolbens mit dem Schermesser
erfolgt durch Gegengewichte, welche an Ketten gehängt sind; letztere sind durch
Rollen aus der verticalen in die horizontale Richtung abgelenkt. Zur Geradführung
des Schermessers ist der Preſskolben unten mit einem Fuſse versehen, welcher auf
einer gehobelten Paſsleiste des Bettes gleitet. Die äuſserst sinnreiche Einrichtung
der ganzen Maschine und ihre Einfachheit sichern mit geringen Kosten einen
regelmäſsigen Betrieb dieses mächtigen Werkzeuges.
Von der Hydraulic Engineering Company in Chester sind
noch eine Reihe hydraulischer Maschinen ausgestellt, wovon die wichtigsten im
Folgenden kurz besprochen werden sollen.
Tweddell's hydraulische Lochmaschine und Schere. (Fig.
4 Taf. 40.)
Diese in Fig. 4 Taf.
40 dargestellte Maschine besitzt drei hydraulische Preſskolben von gleichem
Durchmesser (300mm) wie die vorbeschriebene Schere
für Eisenbahnschienen; der erste Kolben trägt eine gerade Schere, der mittlere eine
Winkelschere, der letzte den Lochstempel. Diese 3 Kolben sind jedoch im Querschnitte
nicht kreisrund, sondern zur Verhinderung der Verdrehung des Schermessers mit einer
angehobelten Fläche versehen, welche sich gegen einen in die Stopfbüchse eingelegten
Keil anlegt. Diese Maschine hat wie die vorgenannte zunächst den Hauptvortheil, daſs
keinerlei Räderwerk, keine Welle und kein Riemen zum Betriebe erforderlich sind;
daſs ferner keine Brüche durch momentane Umsetzung der lebendigen Kraft von
Schwungmassen eintreten können, wie groſs auch die zwischen die Schermesser
eingebrachten Eisenquerschnitte sein mögen. Es kann eben der Druck auf das
Schermesser nur ein ganz bestimmtes Maximum erreichen, das durch die vorhandene
Wasserpressung begrenzt ist, und für welches die Dimensionen der Maschine berechnet
sind.
Die drei hier vereinigten Werkzeuge sind ganz unabhängig von einander und können auch
getrennt in irgend welcher passend erscheinenden Weise gegen einander aufgestellt
werden. Dadurch ist der bedeutende Vortheil gesichert, daſs, falls ja jemals ein
unvorhergesehener Bruch eines Theiles einen Stillstand herbeiführt, nicht sofort die
ganze Maschine auſser Verwendung kommen muſs, sondern die nicht gebrochenen beiden
anderen Werkzeuge ungehindert in Betrieb bleiben können. Die Lochmaschine hat noch
einen ganz besonderen Vorzug gegenüber der durch Riemen betriebenen, welcher darin
besteht, daſs der Lochstempel niemals unzeitig niedergeht, sondern nur dann, wenn
der Maschinenwärter mittels des Handhebels das Einlaſsventil für das Druckwasser
öffnet. Durch Anschrauben von Gesenken oder Stanzen kann diese Maschine auch als
Schmiedepresse oder als Druckwerk zum Prägen verwendet werden. Die Schermesser
können auch beliebig schief gegen die Ständerachse an den Kolben angeschraubt
werden, um das Abschneiden langer Stücke Flacheisen u. dgl. zu gestatten.
Am Steuerhebel ist eine abwärts hängende Stange mit verstellbaren Anschlägen
angebracht, wie in Fig. 4 links
und in der Mitte ersichtlich, welche in einem kleinen, am Preſskolben befestigten
Lager geführt ist und zur Hubbegrenzung dient. Durch die Verstellung dieser
Anschläge kann die Hubhöhe stets mit Leichtigkeit der, Blechdicke angepaſst werden,
so daſs jeder unnütze Wasserverlust vermieden ist.
Diese Maschine ist gleichfalls so schwer, daſs sie keine weitere Befestigung auf dem
Fundamente erfordert. Das Druckwasser wird einem Accumulator entnommen, welcher auf
100at Wasserpressung berechnet ist. Die
ausgestellte Maschine locht 25mm Durchmesser in
Blech von 19mm Dicke 600mm vom Rande und schert 19mm dicke Bleche auf dieselbe Entfernung vom Rande;
die Winkelschere endlich schneidet Winkeleisen von 100mm Schenkellänge und 12mm Dicke.
Tweddell's hydraulische Nietmaschinen. (Fig. 5 bis
10 Taf. 40.)
Von diesen Maschinen bekannten Principes (vgl. *1877 224
33) sind mehrere ausgestellt, welche sich durch die Detailconstruction der Ständer,
bezieh. der Träger der Nietstempel und Preſscylinder unterscheiden. Danach theilen
sich die ausgestellten Maschinen in eine fixe, auf festem Fundamente stehende, mit
fest verbundenen Ständerarmen und horizontaler Achse der Nietstempel, eine
halbtragbare, bei welcher die bekannte transportable Nietmaschine in einem
festgestellten Ständer durch einen Fuſstritt vertical verstellbar ist, um die Nieten
einbringen zu können, bei welcher die Achse der Nietstempel vertical steht, und
endlich mehrere tragbare Nietmaschinen, welche an Krahnen hängen. Die Rohrleitung
führt von der Krahnsäule zur Krahnkatze mit Gelenkstücken (vgl. * S. 418 d. Bd.),
von der Katze zum Aufhängestücke der Maschine in einer langgezogenen Spirale und endlich von hier zum
Preſscylinder in einem trompetenförmig gebogenen oder spiralförmig gerollten Rohre,
wie aus den Fig. 5 bis
9 Taf. 40 ersichtlich ist, welche die vier Typen der ausgestellten
tragbaren Nietmaschinen zeigen.
Die Nietmaschinen sind sämmtlich auf der Ausstellung im Gange. Da es jedoch nicht
gestattet ist, in den Räumen der Ausstellung ein Schmiedefeuer zum Hitzen eiserner
Nieten aufzustellen, so werden mittels derselben Nieten von Blei in entsprechend
vorgebohrte Nietlöcher eingezogen. Die Arbeit geht auſserordentlich rasch von
statten und das Ergebniſs ist ein sehr befriedigendes. Durchschnitte von in Eisen
ausgeführten Nietungen, welche in mehreren Exemplaren ausgestellt sind, zeigen
durchwegs guten Anschluſs der Nieten an das Blech, selbst bei ganz unmäſsig gegen
einander verschobenen Nietlöchern.
Das erforderliche Druckwasser liefert auch hier ein Accumulator und zwar derselbe,
welcher das Druckwasser für die vorbeschriebene Lochmaschine und Schere liefert.
Eine mit 3 Pumpenkolben versehene, durch Riemen angetriebene Pumpe sorgt dafür, daſs
der Accumulator stets mit dem hinreichenden Wasserquantum versehen ist. Fig.
10 Taf. 40 gibt ein Bild des Accumulators und der damit in Verbindung
stehenden Pumpe; derselbe ist ein sogen. Differential-Accumulator und besteht aus
einem Cylinder, welcher über die fesstehende verticale Kolbenstange geschoben und
mittels Stopfbüchsen an beiden Enden gegen die Kolbenstange abgedichtet ist. Die
untere Hälfte der Kolbenstange hat einen gröſseren Durchmesser als die obere, und
die Differenz beider Querschnitte gibt die Druckfläche. Wird die Pumpe in Bewegung
gesetzt, so steigt der Cylinder rasch aufwärts. Ist dieser hinreichend hoch gehoben,
so wird der Antriebriemen selbstthätig auf die Losscheibe geschoben und dadurch die
Pumpe abgestellt. Wird dem Accumulator Wasser entnommen, so sinkt der Cylinder und
bringt dabei zugleich die Pumpe wieder in Thätigkeit. Bei der ausgestellten Pumpe
wird der Riemen nur von Hand von der Festscheibe auf die Losscheibe gerückt, die
selbstthätige Abstellung ist hier nicht vorhanden. Durch auſsen um den Cylinder
gelegte zweitheilige Ringgewichte kann der Wasserdruck im Accumulator nach Belieben
regulirt werden. Die Differenz der beiden Querschnitte der Kolbenstangen, also die
Druckfläche, ist im Verhältniſse zu der durch eine Nietmaschine zum Einziehen einer
Niete verbrauchten Wassermenge gering und erfolgt daher beim Oeffnen des Ventiles
der Nietmaschine das Niedergehen des Accumulatorcylinders ziemlich rasch. In Folge
der dadurch erlangten Beschleunigung wird am Ende der Bewegung des Nietstempels ein
kleiner Stoſs auf die fertig eingezogene Niete ausgeübt, was für die Nietung als
vortheilhaft erachtet wurde.
Bezüglich der Ausführung ist noch zu bemerken, daſs bei der fixen Nietmaschine,
welche hauptsächlich zum Nieten von Locomotivkesseln bestimmt ist, der Gegenständer
aus Schmiedeisen hergestellt ist. Die freie Höhe im Einschnitte vom Boden bis zu den
Nietstempeln (Ausladung) beträgt bei dieser Maschine 1800mm. Diese Maschine ist stark igenug, um Nieten von
25 bis 30mm Durchmesser einzuziehen. Bei der in
Fig. 7 und 8
dargestellten tragbaren Nietmaschine sind die beiden mit einander fest verschraubten
Arme, welche Nietstempel und Preſscylinder tragen, ebenfalls aus Schmiedeisen
hergestellt, und zwar im Querschnitte hohl durch Schweiſsung bei a bis d (Fig. 8).
Diese Maschine ist hauptsächlich zum Nieten von Trägern bestimmt. Mit derselben
können Nieten von 19 bis 22mm Durchmesser
eingezogen werden und zwar in zwei Stellungen, bei horizontaler und bei verticaler
Lage der Achse der Nietstempel (Fig. 7 und
9). In der verticalen Lage verharrt die Maschine durch das Eigengewicht,
in der horizontalen ist sie durch einen federnden Anschlag gehalten, wie aus Fig.
7 deutlich ersichtlich ist. Die Maschine nach Fig. 5 kann
durch Schneckengetriebe im Räume beliebig eingestellt, daher in allen Lagen der
Nietnath angewendet werden. Die in Fig. 6
dargestellte Maschine ist nur für horizontale Lage der Achse der Nietstempel
eingerichtet und soll hauptsächlich zum Nieten der Feuerthüröffnung bei
Locomotivkesseln dienen und hat deshalb nur geringe Ausladung. Der Preſscylinder ist
bei dieser Maschine in einem Ringe solid gelagert und durch eingeschnittene
Schneckenzähne und im Ringe gelagerte Schnecke im Kreise drehbar.
Tweddell's hydraulische Träger-Richtmaschine. (Fig.
11 Taf. 40.)
Die von der obengenannten Firma ausgestellte hydraulische Trägerrichtmaschine hat
einen horizontalen Preſskolben von 130mm
Durchmesser. Die Träger werden auf zwei beiderseits am Ständer angebrachte vertical
verstellbare Rollen aufgelegt. Am Preſskolben und an den beiden Gegenlagern sind im
Gelenk eingehängte Druckstücke befestigt. Die Construction derselben ist im Uebrigen
aus Fig. 11 deutlich ersichtlich.
J.
Pechan.