Titel: | Ueber amerikanische Dampfmaschinen; von Professor J. F. Radinger. |
Autor: | J. F. Radinger |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 507 |
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Ueber amerikanische Dampfmaschinen; von Professor
J. F. Radinger.
Mit Abbildungen.
(Fortsetzung von S. 417 dieses
Bandes.)
Radinger, über amerikanische Dampfmaschinen.
Dampfmaschine von Bowser, Prentiss und Falls in Fort
Wayne (Ind.).
Für den Betrieb der Lederhalle diente eine liegende Maschine von normaler
amerikanischer Construction.
Der Cylinder hatte
305mm Durchmesser
Der Kolben „
508mm Hub
Umdrehungen
140 in der Minute
Kolbengeschwindigkeit
2m,37 in der Secunde
Einströmrohr-Durchmesser
76mrn
Fläche 1/16
Cylinderfläche
Ausströmungs- „
110mm
„ 1/7,7
„
Dampfgeschwindigkeit
38m in der Secunde.
Der etwa 3m,7 lange, 350mm hohe Grundrahmen war an den Langseiten mit je
sechs vertieften Spiegeln gegossen und oben ganz gehobelt. Die Cylinderpratzen. und
deren Schrauben, sowie der vordere und hintere Cylinderdeckel lagen in polirten
Guſsdecken, und der Cylinder selbst war mit silberplattirtem Blech überkleidet. Vom
normalen Gabelkreuzkopf mit eingegossenem Zapfen ging eine flache Schubstange aus,
deren Länge 1m,54 (sechsmal die Kurbellänge),
deren Querschnitt in der Mitte 71 bei 44mm
betrug.
Am Kurbellager erschien absolut Alles blank gemacht, was dadurch erleichtert wurde,
daſs die Seitenflächen rund und auf der Drehbank bearbeitbar waren. Es enthielt vier
Schalen, deren seitliche aus Bronze, deren untere und obere aus Guſseisen mit
Weiſsmetallflächen bestanden. Die Wangenschrauben für die Seitenschalen lägen in
guter Art weit aus einander (130mm bei 162mm Lagerbreite), aber der durch jederseits eine
Schraube niedergehaltene Deckel war nicht übergreifend.
Das Rad hatte 2m,7 Durchmesser und insofern eine
ungewöhnliche Form, daſs der Kranz 90mm breit und
155mm hoch, schwer und auſsen wulstförmig
gegossen war und der Effect durch eine gesonderte Riemenscheibe abgeleitet werden
muſste. Der Kranz war gedreht und angestrichen.
Die Steuerung erfolgte durch ein Excenter und dessen Stange übersetzte durch einen
Zwischenhebel um 120mm näher an dem Cylinder.
Diese Uebersetzung ist eigenthümlich genug, um näher erörtert zu werden. (Vgl. Fig.
1 und 2 Taf, 41.)
Der Hebel, 420mm lang, fand unten an der Seite des
Bettbalkens seinen Drehpunkt und endete oben in eine 190mm lange gerade Schleife, welche sich zur Hälfte nach aufwärts, zur Hälfte
nach abwärts um jene 420mm mittlerer Länge
erstreckte. In dieser Schleife war der Stiel eines Auſsenzapfens mit Hintermutter
dann verschiebbar, wenn die Maschine stand, und da die Excenterstange an jenem
Zapfen angriff, so schwang der Hebel mehr oder weniger aus, je nach dessen Stand.
Hinter der Schleife wuchs aber ein Auge aus dem Hebel, in welches gegen die
Innenseite der Maschine zu ein fixer Zapfen eingesteckt war, an dem die
Schieberstange mit einem Bügelkopfe hing. Verstellte man also den Excenterzapfen, so
änderte man dadurch den Ausschlag des Schiebers und die Füllung, was angeblich bis ½
möglich war. Die von dem schwingenden Hebel ausgehende, 29mm dicke Schieberstange ging aber ganz direct, d.
i. ohne Einschaltung eines Gelenkstückes, durch die Schieberkasten-Stopfbüchse, und man versicherte den
Verfasser über Anfrage, daſs der Ausschlag in der Stopfbüchse nicht1/100 Zoll betrage
und, von der Elasticität der Packung aufgenommen, gar keine anormale Ausnutzung der
Stopfbüchsenrohrtheile bewirken könne. Es sprach auch kein Anzeichen (Blasen u.
dgl.) gegen diese Behauptung.
Die Entfernung des schwingenden Hebels vom vordersten Punkte der Stopfbüchse war
800mm. Nimmt man daher die gesammte
Stangenlänge mit nur 1m und den halben Schieberhub
mit 60mm an, so ergibt sich ein Ausschlagwinkel
des 420mm langen Zwischenhebels von1/44 Umfang oder
etwa 8 Bogengraden, deren Cosinus allerdings 0,9903 beträgt, so daſs das
Niederdrücken auf 420 × 0,9903 = 416mm, d. i. um
4mm erfolgt. In der Stopfbüchse reducirte sich
diese Senkung bereits auf ⅕ von 4mm, oder, falls
ihre Höhe in der halben Schwingungshöhe liegt, auf1/10 von 4mm, welch unbedeutender Betrag allerdings unmerkbar bleiben kann. Dieses
Detail kommt in Amerika an neueren Maschinen, insbesondere den Locomotiven, überall
vor. In Europa getraute man sich aber bisher nicht ein Aehnliches. zu thun, oder
versäumte vielmehr sich obige Rechenschaft über die verschwindende Gröſse der
Abweichung zu geben, welche dem elastischen Kissen der Packung um so sicherer
anvertraut werden darf, als man durch die Abnutzung unter den Eigengewichten u. dgl.
viel gröſsere Beträge in den Stopfbüchsen ausgleichen kann und muſs.
(Schluſs folgt.)