Titel: | E. Saladin's mikrometrische Garnwage zur Bestimmung des Feinheitsgrades der Gespinnste. |
Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 129 |
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E. Saladin's mikrometrische Garnwage zur Bestimmung
des Feinheitsgrades der Gespinnste.
Mit Abbildungen auf Tafel 12.
Saladin's mikrometrische Garnwage.
Der Feinheitsgrad oder die Nummer eines Gespinnstes wird bekanntlich entweder durch
das Gewicht einer als Einheit gewählten unveränderlichen Fadenlänge, oder durch die
Länge eines als Einheit gewählten unveränderlichen Fadengewichtes ausgedrückt (vgl.
1873 209 93. 1876 219 36). In der Praxis ist es jedoch
bei Bestimmung der Garnnummer nicht üblich, die auf die Gewichtseinheit kommende
Länge abzumessen, sondern man begnügt sich, mit Hilfe eines Haspels, welcher 5 oder
10 Spulen auf einmal abwickelt, um einen genaueren Mittelwerth zu erhalten, eine
Länge von 500 oder 1000m, je nach der gröſseren
oder geringeren Feinheit des Fadens, abzumessen und den Strähn alsdann an eine
gewöhnliche Garnwage zu hängen, deren Zeiger auf einem graduirten Bogen die Nummer
anzeigt. Diese Operation, so klein sie an sich ist, wiederholt sich jedoch in
sorgfältig beaufsichtigten Spinnereien täglich sehr oft und hat daher einen
erheblichen Verlust an Zeit und Material zur Folge – ein Uebelstand, welchen E. Saladin nach dem Bulletin de
Rouen, 1878 S. 269 durch seine mikrometrische Zeigerwage beseitigt
hat.Im Wesentlichen, ist die Garnwage von E.
Saladin. Professor für Spinnerei und Weberei an der École supérieure de commerce et d'industrie in
Rouen, schon früher bekannt geworden (vgl. 1872 205 71). Da sich indeſsen der Prüfungsausschuſs (HH. Ch. Delaporte, F. Zierer und E. Manchon) der Société
industrielle de Rouen neuerdings mit der Wage beschäftigt und
gröſserer Beachtung empfohlen hat, so mag dieselbe eingehender wie früher
hier beschrieben werden. Dieses auf die Messung sehr kleiner
Gewichte eingerichtete Instrument ist empfindlich genug, um mit Fadenlängen von 80,
40 oder 20m genaue Resultate zu geben; für rasche
Untersuchungen genügen sogar 4 und 2m.
Das wesentliche Organ des in Fig. 5 Taf.
12 skizzirten Apparates ist ein Zeiger, welcher, wie derjenige einer gewöhnlichen
Zeiger wage, vor einem graduirten Quadranten schwingt, nur mit dem Unterschiede,
daſs er viel leichter und empfindlicher ist und schon bei sehr schwachen Gewichten
einen Ausschlag gibt. Auſserdem enthält das Zifferblatt drei Scalen, deren
Theilungen für 80, 40 und 4m berechnet sind, wenn
es sich um feinere Gespinnste handelt, oder für 40, 20 und 2m bei gewöhnlichen Garnnummern. Der eigentlichen Wage ist als
Ergänzung ein Spulengestell Fig. 6 und
7 aus polirtem Holz und eine Anzahl Meſsstäbe von folgenden Längen
(entsprechend der alten, leider noch gebräuchlichen Numerirung) beigegeben:
500mm
für
die
französische
Garnnummer
423
„
„
englische
„
385
„
„
belgische
„
357
„
„
metrische Kammwoll-Numerirung
250
„
„
metrische Streichwoll-Numerirung
166
für
Hanf, Leim, Jute.
Um nun die Nummer einer Partie Baumwollgarn zu bestimmen, bringt man 10 Spulen in das
Gestell Fig. 6,
zieht jeden Faden durch einen Fadenführer und vereinigt dann sämmtliche Fäden zu
einem; diesen wickelt man viermal der Länge nach um den Meſsstab von 500mm und wiegt das auf diese Weise erhaltene
Strähnchen. Der Zeiger wird alsdann auf der 40m-Scale über der gesuchten Fadennummer stehen bleiben. Will man mit nur 2m Garnlänge die Nummer bestimmen, so umwickelt man
den Meſsstab zweimal von einer einzigen Spule oder einmal von zwei Spulen aus.
Hängt man das Spulengestell in der Fig. 8 Taf.
12 angedeuteten Weise an den Aufwindedraht der Feinspinnmaschine und gibt den
Fadenführungshäkchen den nämlichen Abstand wie den Spindeln, so kann man auch die
Numerirung auf dem Selfactor selbst vom dritten Auszug an nach jedem Anknüpfen
vornehmen.
Der Erfinder bedient sich seiner Zeigerwage auch zum Wiegen und Analysiren von
Geweben. Zu diesem Zwecke fügt er dem Instrument noch eine besondere Scale bei, mit
deren Hilfe das Gewicht von 100qm eines beliebigen
Stoffes in Kilogramm auf folgende Weise ermittelt werden kann. Man klemmt zwischen
zwei quadratischen Metallschablonen, deren jede Seite 10cm miſst, ein Stück des zu untersuchenden Stoffes und schneidet mittels
einer Schere die vorstehenden Ränder ab. Auf diese Weise erhält man ein 10qc, d.h. den zehntausendsten Theil von 100qm, enthaltendes Quadrat des Stoffes. Diesen
Lappen bringt man auf die Zeigerwage und liest auf der Scale für Gewebe sofort das
Gewicht von 100qm ab. Ist der in Behandlung
befindliche Stoff mehr oder weniger als 1m breit,
so findet man das Gewicht eines 100m langen
Stückes, indem man das erhaltene Resultat mit der in Meter ausgedrückten Breite
multiplicirt. Hat man auf diese Weise das Gewicht von 100m des Stoffes gefunden, von welchem die Nummer der
Kette und des Schusses gesucht wird, so löst man 20 Kettenfäden und 20 Schuſsfäden
von jenem quadratischen Lappen ab, dessen Seitenlänge 10cm beträgt, so daſs man über eine Fadenlänge von 2m der Kette und 2m des Einschusses verfügt, die man getrennt abwiegt. Man berücksichtigt
sodann die durch hygroskopischen Einfluſs und Fädenkreuzung hervorgebrachte
Verlängerung, indem man sich auf die durch die Praxis gebotenen Erfahrungsresultate
stützt und einen oder mehrere jener 20 Ketten- und Schuſsfaden ausspannt und
sorgfältig miſst. Auf diese Weise erhält man die Nummern der Gewebsfaden. Durch ein-
oder mehrmaliges Auslaugen hat man sich bereits vorher von der Menge der in der
Waare eingeschlossenen Appretur überzeugt.