Titel: | Ueber die directe Darstellung von Schmiedeisen und Stahl aus Eisenerzen. |
Autor: | –r. |
Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 181 |
Download: | XML |
Ueber die directe Darstellung von Schmiedeisen
und Stahl aus Eisenerzen.
(Schluſs von S. 87 dieses Bandes.)
Ueber directe Darstellung von Eisen und Stahl.
Schon vor mehr als 1000 Jahren hat man es verstanden, durch Reduction von Eisenerzen
mittels Holzkohle in irdenen Tiegeln schmiedbares Eisen herzustellen. Noch heute
vorhandene Säbelklingen aus jener Zeit erregen allgemeine Bewunderung durch die
vorzügliche Qualität des Materials. Ohne Zweifel ist die directe Ueberführung der
Rohmaterialien in Fertigfabrikate der einfachste und rationellste Proceſs; allein
die Fabrikationsweise jener alten Zeit litt an dem groſsen Fehler der
Unrentabilität. Ein groſser Theil der zur Verwendung gekommenen Erze blieb
unreducirt, der Aufwand an Brennmaterial war unverhältniſsmäſsig groſs und die
erzeugte Menge relativ klein.
Nur die unumstöſsliche Thatsache., daſs die Qualität des Productes unantastbar war,
bestimmte Gelehrte und Fachgenossen, die directe Fabrikationsmethode wieder
aufzugreifen, und ihren ganzen Scharfsinn darauf zu lenken, dieselbe im Groſsen mit
Nutzen ausführbar zu machen. Seit ¾ Jahrhundert werden in dieser Richtung alle nur
denkbaren Versuche gemacht, und der Schwierigkeiten, mit denen man zu kämpfen hatte,
waren nicht wenige. In neuerer Zeit ist es mehrfach unternommen worden, den directen
Proceſs in die Praxis einzuführen. Der Form nach kann man hier drei verschiedene
Methoden unterscheiden: 1) Behandlung der Erze in geschlossenen Tiegeln, unter
äuſserer Erhitzung. 2) Flache offene Gefäſse aus feuerfestem Material, von oben und
unten erhitzt, in welchen Erz und Kohle ausgeschüttet und bis zur Reduction
umgerührt werden. 3) Rotirende Cylinder, welche entweder von auſsen oder von innen
erhitzt werden.
Der Proceſs Du Puy's, welcher sich heute schon einer
gewissen Vollkommenheit erfreut, basirt auf der erst angeführten Methode. Die
Gesichtspunkte, welche hier maſsgebend waren, sind folgende: Das erzeugte Product
gewinnt an Qualität durch die Abwesenheit jeder oxydirenden Wirkung. Der Umstand,
daſs sowohl Eisenerze als Kohle auſserordentlich schlechte Wärmeleiter sind, macht
es zur Bedingung, bei der Reduction eine möglichst hohe Temperatur, mindestens aber
Schweiſshitze, anzuwenden, und das zu reducirende Material in möglichst dünnen
Schichten, jedenfalls nicht stärker als 13cm, in
den Ofen zu bringen. Aus dieser Voraussetzung folgt, daſs die Tiegel, welche zur
Aufnahme der zu reducirenden Erze dienen, am zweckmäſsigsten aus einem mit der zu
erzeugenden Masse gleichen Material herzustellen sind, weil die völlige Lostrennung
des glühenden Eisenkönigs von der ihn umgebenden Hülle in den meisten Fällen
unmöglich ist, und weil eine Erneuerung des Tiegels, vorausgesetzt, daſs derselbe an
sich werthlos, nach jedem Guſs zu kostspielig sein würde.
Bei Du Puy's Verfahren zur Reduction der Erze bestehen
die zur Aufnahme bestimmten Gefäſse aus zwei in einander gesteckten Cylindern aus
Eisenblech, von denen der auſsere ungefähr 400mm
und der innere 150mm weit ist. Beide sind durch
einen Boden aus demselben Material mit einander verbunden. Der innere Raum des
engeren Cylinders bleibt durchweg offen. Die auf diese Weise gebildeten ringförmigen
Büchsen erhalten eine Höhe von 0,6 bis 0m,9. Es
ist von vorn herein einleuchtend, daſs dieselben im gefüllten Zustand, allseitiger
Erhitzung ausgesetzt, der sie durchdringenden Wärme nach jeder Seite höchstens eine
Schicht von 60mm Dicke darbieten.
Die Füllmasse besteht aus einem fein gemahlenen Gemenge von Eisenerzen, Holzkohle
oder Koke und einer für jede Erzsorte vorher genau zu berechnenden Menge Alkalien;
letztere dienen dazu, um mit den erdigen Bestandtheilen der Erze eine flüssige
glasige Masse zu bilden, welche, den entstandenen Eisenkönig bedeckt und dadurch vor
jedem schädlichen Einfluſs durch Luft oder Gase schützt. Die so gefüllten und mit
einem Deckel aus Eisenblech verschlossenen Büchsen werden, auf einer mehrere
Centimeter dicken Lage von Koke ruhend, in einen Glühofen gesetzt, welcher sowohl
durch natürlichen Zug, als durch Unterwind betrieben werden kann. Zur Reduction
genügen 5 bis 6 Stunden, nach welcher Zeit das gebildete Metall sich auf den Boden
der Büchse abgesetzt hat und von der flüssigen Schlacke bedeckt wird. Am besten
stellt man die Büchsen in Entfernungen von je 18 bis 20cm von einander auf, damit dieselben von allen Seiten gehörig von der
Flamme umspült werden können.
Zur Weiterverarbeitung des Metallkönigs bedient man sich verschiedener Wege. Wenn man
denselben in Stahl zu verwandeln beabsichtigt, walzt man ihn in derselben Hitze zu
einem Luppenstab aus, welcher geschnitten, packetirt, in einem Schweiſsofen wieder
erhitzt und gehämmert wird. Der so verarbeitete Block ist geeignet zur Herstellung
jeder beliebigen Stahlsorte; denn man hat nur nöthig, ihn nach dem Umschmelzen durch
Zusatz von Roheisen auf den gewünschten Kohlungsgrad zu bringen. Ein Verfahren,
welches besonders dazu geeignet ist, in kurzer Zeit groſse Quantitäten, mit
bedeutender Brennmaterialersparniſs zu erzeugen, besteht darin, daſs das reducirte
Metall in glühendem Zustand in einem Siemens'schen
offenen Herd oder einem anderen hocherhitzten Ofen mit oder ohne Roheisenzusatz
schnell geschmolzen wird. Die Umschmelzung und Kohlung kann selbstredend auch in
demselben Ofen vorgenommen werden, in welchem die Reduction stattfand. Unterlaſst
man den Roheisenzusatz, so ist das Product Schmiedeisen. Mag die in der
Reductionsbüchse vorhandene Menge Kohlenstoff noch so bedeutend sein, so wird
dieselbe doch stets nur zu Sauerstoffaufnahme, aber nicht zur Kohlung des Eisens
benutzt.
Das auf dem obigen Wege erzielte Product ist in Folge seiner auſserordentlichen
Reinheit gewöhnlich rothbrüchig; diese Eigenschaft verliert es, wie durch viele
Versuche festgestellt ist, nur durch höhere Kohlung. Eine ganz auffallende Rolle
spielt bei dem Reductionsverfahren der Phosphor. Mag derselbe in noch so groſsen
Mengen vorhanden sein, so gehen doch nur Spuren davon in das Eisen über; dies läſst
sich nur dadurch erklären, daſs sowohl Phosphor als Schlacke bei viel niedrigerer
Temperatur schmelzen als das Metall und letzteres bedecken. In der ruhigen Hitze des
Flammofens findet sich, im Gegensatz zu den Vorgängen im Hohofen oder in der
Bessemerbirne, keine Gelegenheit zu gegenseitig inniger Durchdringung beider
Massen.
Zu dem chemischen Theil des Processes übergehend, haben wir die Vorgänge in der
Reductionsbüchse zu unterscheiden in die Verbrennung des Kohlenstoffes zu Kohlenoxydgas
durch Sauerstoffaufnahme aus den Erzen, Verbindung der Kieselsäure und Thonerde aus
letzteren mit den zugesetzten Alkalien zu einer glasigen Schlacke, welche das
reducirte Eisen bedeckt und vor Oxydation schützt, und schlieſslich die Aufnahme des
ganzen vorhandenen Phosphors durch diese Schlacke. Der Durchschnitt von 14
verschiedener Analysen der Republik-Erze vom Lake Superior ergab folgendes
Resultat:
Metallisches Eisen
68,48
Proc.
Phosphor
0,053
„
Kieselsäure
2,07
„
Das aus diesen Erzen auf dem directen Wege dargestellte Eisen
enthielt:
Metallisches Eisen
99,700
Kohlenstoff
0,042
Silicium
0,021
Schwefel
0,032
Phosphor
0,016
Schlacke
0,185
–––––––
99,996.
Ein Vergleich vorstehender Analysen mit denjenigen der besten
schwedischen und russischen Brände wird durchweg zu Gunsten der ersteren zeugen.
Kommen wir nun zum finanziellen Theil dieser Fabrikationsmethode, so ist vorerst
Folgendes festzustellen: Erz, Kohle und Zuschlag können gemahlen, gemischt und in
die Büchsen gefüllt werden zum Preise von 40 Pf. für 1t Erz. Büchsen aus Eisenblech 380mm
äuſserer Weite und 330mm Höhe mit innerem Rohr von
152mm Durchmesser wiegen, eingerechnet Boden
und Deckel, ungefähr 2k,8. In dieser Gröſse haben
dieselben ein Fassungsvermögen an 67proc. Erz von 53k, auſser Kohle und Zuschlag. Das Ausbringen, eingeschlossen des
Eigengewichtes der Büchse, beträgt 75 bis 80 Proc. an metallischem Eisen. In eigens
dazu construirten Oefen wird man indeſsen leicht Büchsen bis zu 405mm äuſserer Weite und 955mm Höhe anwenden und dieselben in Abständen von je
150 bis 200mm über die ganze Ofensohle vertheilen
können. Unter Annahme eines Ofens von 3m × 4m,6 lichter Weite, lassen sich in demselben in
Abständen von je 200mm sowohl unter einander, als
von den Wandungen nach einer Richtung 7 und nach der anderen 5, also im Ganzen 35
Büchsen von je 180k Fassungsvermögen aufstellen.
Da die Reductionszeit etwa 6 bis 7 Stunden beträgt, so können in 24 Stunden
mindestens 3 Chargen gemacht werden. Bei einem Ausbringen von 80 Proc. beträgt
demnach die Tagesproduction eines Ofens 15t. Wenn man einschlieſslich der
Ausschuſswaare 12 Büchsen von je 6k,8 Schwere auf
1t fertigen Eisens rechnet – womit man unter
allen Umständen auskommt – was also einem Gesammtgewicht von 82k entspricht, so beziffert sich der Verschleiſs an
Büchsen auf höchstens 5 bis 6 M. für 1t Eisen. Da
es praktisch nachgewiesen worden ist, daſs die Reduction der Erze durch
Anthracitstaub oder jedes andere billige Brennmaterial bewirkt werden kann, so
bleibt noch festzustellen, daſs die Kosten zur Erhitzung des Flammofens ungefähr 2
M. und die Arbeitslöhne eingerechnet Materialverschleiſs bis zum Auswalzen der
Luppenstäbe 3 bis 4 M. für 1t Eisen betragen.
Auf Grundlage obiger Angaben läſst sich nachstehende Selbstkostenberechnung
aufstellen:
1t,75 reiches Erz zu 3,50
M. oder 2t,75 armes Erz zu 2,25 M.
6,13
M.
0t,50 Anthracitstaub zu 1,5
M.
0,75
Zerkleinern von Erz, Kohle und Zuschlag, Mischen und
Füllen
1,00
Gaserzeugung
2,00
82k Eisenblech zu
Büchsen
5,85
Arbeitslohn
1,00
Zuschläge
0,50
Luppenwalzen, Hämmern und Fertigwalzen
2,00
––––––––––
Zusammen
19,23
M.
Hierzu kommen selbstverständlich Amortisation und Generalkosten.
Berücksichtigt man, daſs das nach Du Puy's Methode
erzeugte Eisen für gewisse Zwecke mit den besten Schmiedeisensorten concurrirt, daſs
auſser den Erzen Abfalleisen jeder Art und so zu sagen ohne Gewichtsverlust zu
Schmiedeisen verarbeitet werden kann, daſs die Anlagekosten im Verhältniſs zu
denjenigen anderer Eisenwerke auſserordentlich niedrig, und daſs der Proceſs so sehr
unter der Controle des Betriebsleiters steht, daſs dieser mit Gewiſsheit genau die
verlangte Qualität in Eisen oder Stahl herstellen kann, so ist es wohl
gerechtfertigt, dieses Verfahren dem unparteiischen Urtheil der Fachwelt in der
Absicht zu unterbreiten, dasselbe ohne Voreingenommenheit zu prüfen und zu
verwerthen.
Um sich ein Urtheil darüber bilden zu können, bis zu welchem Grade das Verfahren
heute ausgebildet ist, geben wir zum Schluſs nach dem Journal of the Franklin Institute, 1878 Bd. 105 S. 377 folgende Reihe von
Betriebsresultaten des directen Processes, wie solche im J. 1877 in Pittsburg und
Umgegend erzielt worden sind:
Textabbildung Bd. 230, S. 184
Buchsen; Gewicht für je 1 Charge;
Ofensystem; Anzahl für 1 Charge; Aeuſserer Durchmesser; Innerer Durchmesser;
Hohe; Gewicht; Erz und Buchsen; Eisen und Buchsen; Luppen; Luppenstabe;
Ausbringen; Art der Erhitzung; Redactionszeit; Siemensofen; Gas; Schweiſsofen;
Puddelofen; Unterwind
–r.