Titel: | Antimon aus den Saigerrückständen von Schwefelantimon; von C. A. Hering, Ingenieur zu Freiberg i. S. |
Autor: | C. A. Hering |
Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 253 |
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Antimon aus den Saigerrückständen von
Schwefelantimon; von C. A. Hering, Ingenieur zu Freiberg i. S.
Hering, über Antimon.
Die hüttenmännische Verarbeitung von Antimonerzen zielt entweder auf die Darstellung
von Schwefelantimon (Antimonium crudum, Antimonsulfür
Sb2
S3), oder aber auf die
Erzeugung von metallischem Antimon (Antimonii regulus
stellatus) hin, während alle übrigen Producte, welche aus Antimonhütten in
den Handel gelangen, nicht direct beabsichtigte Nebenproducte oder Präparate einer
mit der Hütte verbundenen weiteren chemischen Fabrikation sind.
Das rohe Schwefelantimon wird bekanntlich dadurch erhalten, daſs man
Grauspieſsglanzerz (Antimonglanz, Antimonit) einem Saigerproceſs unterwirft. Zu
diesem Processe nimmt man Erze, welche gewöhnlich einen sehr bedeutenden Antheil des
Gesteines enthalten, in welchem sie brechen, oder aber eingesprengt sind. Meistens
bestehen die Bergarten aus Quarz oder Silicaten. Bei der groſsen Unvollkommenheit
aller Saigerprocesse ist es leicht erklärlich, daſs auch hier der Rückhalt an
auszubringenden Schwefelantimon in den Saigerrückständen ein bedeutender ist; ja er
ist im besonderen Falle ganz auffällig hoch, weil die Temperatur bei dem
Saigerprocesse ziemlich niedrig gehalten werden muſs, um ein reines, schönstrahliges
Antimonium crudum darzustellen. Man kann also den
Schluſs ziehen: je schöner das Schwefelantimon, desto reicher an Antimon die
Rückstände von dessen Darstellung.
Wenn man solche Saigerrückstände näher untersucht, wird man finden, daſs die Bergart
mit Schwefelantimon gewissermaſsen glasirt ist, d.h. äuſserlich eine dünne Hülle von
Schwefelantimon erhalten hat; aber auch beim Zerschlagen der Stücke findet man
häufig das Innere durchsetzt durch Trümmer von Schwefelantimon. Dieser Umstand ist
selbstverständlich von jeher den Antimonhüttenleuten wohl bekannt gewesen und hat zu
vielen und verschiedenartigen Versuchen Anlaſs gegeben, dieses Antimon auf irgend
eine Art zu gewinnen. So hat man z.B. in Ober-Ungarn die nasse, mechanische
Aufbereitung dieser Rückstände versucht. Meines Wissens aber hat bis jetzt noch kein
Versuch einen wirklichen Erfolg ergeben und der Vorschlag von Lampadius, die Saigerrückstände unter Zuschlag von
Glaubersalz über dem Schachtofen zu verhütten, scheint ganz unberücksichtigt
geblieben zu sein. Da ich nun i. J. 1876 Gelegenheit hatte, ebenfalls dahin zielende
Versuche anzustellen, dürfte es gewiſs, besonders den Antimonproducenten,
interessant sein, hierüber Etwas zu erfahren.
Zum besseren Verständniſs für Diejenigen, denen die praktische
Metallurgie des Antimons fernsteht, muſs ich der Beschreibung meiner Versuche
vorausschicken, daſs man durchaus nicht jede Sorte Grauspieſsglanzerze zur
Crudum-Fabrikation verwendet und auch verwenden kann.
Nach ihrer bergmännischen Gewinnung werden diese Erze sortirt in: 1) Stufferze, 2)
Saigererze, 3) Schmelzerze und 4) Wascherze.
Die Stufferze sind ausgesuchte reinere Erzstücke, mit einem Gehalt
von über 90 Proc. Antimonsulfür. Sie unterliegen in der Regel keiner weiteren
hüttenmännischen Verarbeitung, sondern sind direct verkäuflich, da sie in
feingemahlenem Zustande ohne weiteres eine verschiedenartige Verwendbarkeit haben,
neuerlich besonders als Anstrichfarbe für Schiffe. Die Saigererze sind ebenfalls
Stückerze, nur reicher an Bergart als vorige Sorte. Ihr Gehalt an Antimonsulfür
schwankt zwischen 45 und 90 Proc. Diese Sorte gelangt ausschlieſslich zur
Fabrikation von Antimonium crudum. Die Schmelzerze von
ungefähr denselben Gehalten wie die Saigererze werden zur Darstellung von
Antimonmetall verwendet. Als Abfallproduct bei der Handscheidung voriger Sorten
können sie wegen der geringeren Grobe nicht zum Saigerproceſs und wegen des
geringeren Gehaltes an Antimonsulfür nicht direct wie die Stufferze verwendet
werden. Die Wascherze (Pochgänge und Abfälle von der Handscheidung, sowie
Grubenklein) sind geringhaltige Erze, welche einer Concentration durch mechanische
Aufbereitung unterliegen. Diejenigen Producte der Aufbereitung, welche über 90 Proc.
Antimonsulfür enthalten, werden wie die Stufferze direct verwerthet; hingegen
gelangen die minderhaltigen Erze, wie die Schmelzerze, zur Darstellung von
Antimonmetall.
Ferner sei noch vorausgeschickt, daſs die Darstellung von
Antimonmetall im Groſsen bis jetzt wohl nur entweder mittels der
Röst-Reductionsarbeit oder aber mittels der Niederschlagsarbeit erfolgt.
Für die Röst-Reductionsarbeit unterliegen die Grauspieſsglanzerze
zunächst einer Röstung im Flammofen, wobei der Schwefel zu schwefliger Säure
verbrennt und somit entfernt wird, während das Antimon im Wesentlichen zu sehr
feuerbeständigem antimonsaurem Antimonoxyd (SbO3
SbO5 = SbO4) verwandelt wird.
Dieses geröstete Erz, welches unter gewissen Umständen auch Grauspieſsglanzasche
genannt wird, wird nun entweder im Tiegel unter Zuschlag von Kohle und
entsprechendem Fluſsmittel oder im Schachtofen auf Antimonmetall verschmolzen.
Bei der Niederschlagsarbeit werden die Grauspieſsglanzerze im
rohen Zustande direct der Schmelzung unterworfen, und es erfolgt die Zersetzung des
Schwefelantimons durch zugeschlagenes metallisches Eisen.
Die Producte der Schmelzung sind bei der Röst-Reductionsarbeit:
Schlacke und metallisches Antimon, dagegen bei Niederschlagsarbeit: Schlacke,
Schwefel eisen und metallisches Antimon. Bei letzterer Arbeit gibt man, da
Antimonmetall und Schwefeleisen sehr wenig Unterschied in ihren Volumgewichten
zeigen, einen geringen Zuschlag von Glaubersalz, das durch Kohle zu Schwefelnatrium
reducirt, sonach in Verbindung mit dem Schwefeleisen ein specifisch leichteres
Product ergibt, welches sich erfahrungsmäſsig ausgezeichnet scharf vom Antimonmetall
absondert.
Die Menge des erforderlichen Präcipitationseisens läſst sich
theoretisch nicht genau berechnen, weil die Constitution der pyrochemischen
Schwefeleisen von sehr verschiedenen Umständen abhängt, namentlich auch von der Höhe
der Temperatur im Schmelzraume. Das schwefelreichste Product, das
Einfachschwefeleisen, wird in der Praxis wohl niemals rein als solches erhalten,
sondern man erhält stets Subsulfürete, die meist nahezu der Formel Fe8
S7 entsprechen, und es
würde sich die zuzuschlagende Eisenmenge sonach aus der Reactionsgleichung 7 Sb2
S3 + 24 Fe= 14 Sb + 3Fe8
S7 berechnen. Trotzdem
aber würde es doch sehr falsch sein, nach dieser Formel den Eisenzuschlag zu
bemessen; denn, wenigstens bei einer Schmelzung im Tiegel, würde man weder
Antimonmetall noch Schwefeleisen erhalten, sondern ein Product, welches aus Antimon,
Eisen und Schwefel vereint besteht. Die Ursache ist einfach zurückzuführen auf die
bedeutende Verflüchtigung von Schwefelantimon. Die Praxis hat gelehrt, daſs man zu
dem Zwecke aus erwähntem Grunde auf 100 Antimonsulfür nur 40 metallisches Eisen
zuschlagen darf, und zwar letzteres in möglichst fein vertheiltem Zustande, um die
Reaction zu erleichtern und zu beschleunigen. Sehr vorsichtig ist zu operiren, wenn man es mit Blei,
Kupfer oder Arsen enthaltenden Erzen zu thun hat. Bei solchen muſs man den
Eisenzuschlag noch mehr beschränken, und bei dem Raffiniren des Regulus kann man nur
durch Zuschlag von Schwefelantimon jene Metalle aus dem Regulus entfernen.
Meine Versuche, die Saigerrückstände zu verwerthen, lieſsen nur die
Niederschlagsarbeit als Erfolg versprechend erscheinen; schon die Natur dieser
Saigerrückstände wies auf diesen Verarbeitungsmodus hin, und zwar in erster Linie
ihre chemische Zusammensetzung. Die Analyse einer im groſsen Maſsstabe vorgenommenen
Durchschnittsprobe der Saigerrückstände ergab folgendes Resultat:
Sb
2
S
3
20,40
FeS
2,87
FeS
2
1,23
SiO
2
59,84
Al
2
O
3
4,65
CaO
5,22
CO
2
4,10
Alkalien, kohlige Theile und Verlust
1,69
–––––––
100,00.
Die 20,40 Proc. Antimonsulfür entsprechen 14,64 Proc. metallischem Antimon, welches,
wenn für 100k ein Grundpreis von 180 M. angenommen
wird, den Metallwerth jener Saigerrückstände für 100k zu 26,352 M. stellt.Natürlich muſs, da der Preis der Antimonproducte auſserordentlich schwankt,
bei der Calculation den jeweiligen Conjuncturen Rechnung getragen
werden. Der Werth dieser Saigerrückstände und die groſse
Wahrscheinlichkeit der rationellen Antimongewinnung veranlaſsten die Versuche, wie
sie im Groſsen ausgeführt worden sind und nunmehr beschrieben werden sollen.
Vorprobe im Tiegel: Der erste Versuch, aus den
Saigerrückständen Antimonmetall darzustellen, wurde mit einer Tiegelschmelzung im
Windofen angestellt. Die Zusammensetzung der Beschickung machte man ziemlich analog
der, wie man dieselbe bei der Verhüttung im Groſsen projectirt hatte, und zwar
wurden gemischt:
Saigerrückstände
5k
Puddelschlacke
3
Soda
2
Holzkohlenpulver
0,25,
und man erhielt als Producte 0k,56 Antimonmetall und 1k,66
schwefelnatriumhaltiges Schwefeleisen. Das erhaltene Antimonmetall war sehr rein und
trennte sich vollständig vom Schwefelmetall. Der erhebliche Antimonverlust von 23,55
Proc. lieſs sich bei derartiger Schmelzung sehr wohl erklären; während bei der
Verarbeitung im Groſsen der Metallverlust keineswegs in solcher Höhe stattfinden
kann, wenn man die Einrichtungen danach trifft.
Schachtofen-Schmelzung. Meinen Schmelz versuchen im
Schachtofen waren bereits mehrere Experimente vorausgegangen, welche jedoch so
unglücklich ausgefallen waren, daſs dann die meinigen auf Wunsch des Unternehmers
nur deshalb angestellt wurden, um zu beweisen, daſs der angebahnte Weg wirklich zum
erwünschten Ziele führen könnte.
Die ausführbare Veränderung an dem Rundschachtofen erstreckte sich
nur darauf, daſs ich das Gestelle mit einem Wasserkühlring nach Freiberger Muster
versah, durch den in gleichen Abständen 3 Windformen von 75mm lichter Weite angebracht waren. Die Zustellung
des Ofens als Tiegelofen war ganz unmöglich, da derselbe nicht frei, sondern in
einem sehr starken Rauhgemäuer eingebaut und überdies in einem so engen Gebäuderaum
errichtet war, daſs die Stiche nur in der Brustseite und somit in einem Sumpf sich
befanden. Die Höhe des Ofens von der Form bis zur Gicht betrug 5m,68, die lichte Weite am Gestelle 1m, die lichte Weite an der Gicht 1m,5, die Distanz vom Formmittel zum Schlacken
stich 0m,28 und die Entfernung vom Formmittel zum
Metallstich 0m,6.
Die verfügbare theoretische Windmenge betrug bei 54 Kolbentouren
als Maximum in der Minute 10cbm; doch war die
gesammte Maschinerie und Anlage in einem solchen Zustande, daſs man kaum 50 Proc.
Leistung erwarten konnte.
Diese Umstände müssen ganz besonders erwähnt und bei der
Beurtheilung der Sache berücksichtigt werden.
Bei der Berechnung der Beschickung ging ich von der Ansicht aus,
daſs nur das gröſstmoglichste Durchsetzen, d.h. das rascheste Schmelzen zum Zwecke
führen könnte. Da nun im gegebenen Falle die mechanischen Mittel unzulänglich waren,
so muſsten demnach alle möglichen chemischen Hilfsmittel herangezogen werden. Als
relativ billigste Zuschläge waren Puddelschlacke und Kalkstein zu beschaffen, deren
chemische Zusammensetzung unten folgt. Diese Zuschlage haben gemeinschaftlich den
Zweck, als gute Schlackenbilder, und die Puddelschlacke noch auſserdem den, als
Präcipitationsmittel zu dienen, indem sie das zur Zerlegung des Schwefelantimons
nothwendige Eisen hergeben soll.
Es ist nun leider nicht möglich, wie schon oben angedeutet, auf
rein theoretischem Wege immer die Beschickung festzustellen. So wäre es praktisch
sehr falsch, wenn ich die Menge Präcipitationseisen aus dem voraussichtlich sich
bildenden Fe8
S7 berechnen würde,
dagegen aber praktisch richtiger und theoretisch falsch, wenn ich zu dieser
Berechnung annehme, daſs die Zerlegung nach einer Reaktionsgleichung wie Sb2
S3 + 3Fe = 2Sb + 3FeS vor sich gehe. Aus folgender Tabelle (S. 257)
ergibt sich nun, daſs die gesammte freiwerdende Schwefelmenge 6,088 beträgt und dies
würde 10,654 Eisen absorbiren, welche in 18 Th. Puddelschlacke enthalten sind.
Danach ergeben 100 Th. Saigerrückstände und 18 Th. Puddelschlacke weniger der
Productionsmenge an Antimonmetall und Schwefelmetall die als Schlacke abzuführende
Masse an.
Wie aus Nr. III der Tabelle ersichtlich ist, überwiegt nun der
Sauerstoff der Kieselsäure dieser Masse den der Basen um mehr als das Sechsfache, so
daſs also ein wirkliches Schmelzen der Substanzen an sich unmöglich ist. Bezüglich
der Bildung einer guten Schlacke muſs nun ganz besonders die metallurgische
Erfahrung helfend auftreten. Zunächst würde man geneigt sein, so viel basische
Zuschläge zu geben, daſs ein Singulosilicat entstünde, zumal wegen der niedrigen
Schmelztemperatur desselben; doch würden hierfür zu groſse Mengen Zuschlag
erforderlich sein, welche andere Nachtheile (zu viel Zeitaufwand beim Schmelzen,
daher auch zu hohe Eisenreduction und dann zu hohe Metallverflüchtigung) bringen
wurden.
Da nun die Praxis gelehrt hat, daſs eine polybasische Schlacke
selbst als Bisilicat noch sehr leichtflüssig ist – vorausgesetzt, daſs die Thonerde
nicht vorherrscht, dieselbe muſs mindestens durch das Sechsfache der übrigen Basen
überwogen werden – so ergab die Berechnung, daſs für obwaltende Umstände eine
Beschickung, die auf 100 Saigerrückstände 150 Puddelschlacke und 40 Kalkstein
erhielt, eine passende sein dürfte, wie dies denn auch die
Tabelle zur Berechnung des für die Antimon-Präcipitation
erforderlichen Eisenzuschlages und der hiernach übrig bleibenden, durch die
Verschmelzung zu verschlackenden Substanzen.
Nr.
Gewicht
BezeichnungderSubstanz
Inhalt an Schlacken
gebendenBestandtheilen
Inhalt an Sauerstoff d.
schlacken-gebenden Bestandtheile.
Sauerstoff-Differenz
Metall. Eisenaus
Eisenoxydenberechnet
BerechneteProduction
Al2O3
FeO
CaO
Summe
SiO2
Al2O3
FeO
CaO
Summe
SiO2
Basen
Saure
Sb
FeS
III
10018
SaigerrückständePuddelschlacke
4,6500,486
––
5,2200,072
9,8700,558
59,8403,276
2,1700,226
––
1,4900,021
3,6600,247
31,9101,750
––
+ 28,250+ 1,503
–10,654
14,650–
20,514
III
118
Summe I und II
5,136
–
5,292
10,428
63,116
2,396
–
1,511
3,907
33,660
–
+ 29,753
10,654
14,650
–
Aus allen vorhandenen Eisenverbindungen
ist das Eisen als Element berechnet und angegeben. – Als Producte sind
metallischesAntimon und Einfachschwefel eisen
angenommen.Analysen der für die Verschmelzung zu verwendenden
Zuschlage.
IV
100
Puddelschlacke
2,700
76,307
0,400
79,407
18,200
1,260
16,960
0,110
18,330
9,710
+ 8,620
–
–
–
–
V
100
Kalkstein
–
–
55,160
55,160
1,500
–
–
15,760
15,760
0,800
+ 14,960
–
–
–
–
Das gesammte Eisen ist als Oxydul
berechnet.Beschickungs-Tabelle.
III
118
Summe I und II.
5,136
–
5,292
10,428
63,116
2,396
–
1,511
3,907
33,660
–
+ 29,753
10,654
14,650
20,514
VI
122
Puddelschlacke
3,294
93,090
0,488
96,872
22,204
.
.
.
.
.
.
.
.
–
–
VII
40
Kalkstein
–
–
22,064
22,064
0,600
–
–
.
.
.
.
.
.
–
–
VIII
280
Beschickung
8,430
93,090
27,844
129,364
85,920
3,930
20,687
7,955
32,572
45,820
–
+ 13,248
–
–
–
Sauerstoff der Basen verhält sich zum Sauerstoff der Säure wie 1
: 1,4.
Versuche dargethan haben, welche den meinigen
vorangingen. Bei den von mir selbst geleiteten Versuchen habe ich die Menge
Puddelschlacke noch auf 140 herunterdrücken können. Diese Beschickung ist in Nr.
VIII der Tabelle zusammengestellt, wobei zu bemerken ist, daſs in Nr. III 18 Th.
Puddelschlacke inbegriffen sind.
Der Schmelzgang war bei meinen Versuchen ein ganz regelrechter, die Schmelzzone hielt
sich in normaler Lage, die Gicht blieb vollständig kühl, der Gichtrauch war dünn,
schwärzlich gefärbt, wurde aber sofort leuchtend roth, sobald die Gicht nur etwas
über 0m,5 tief gesunken war, wobei man dann die
Verflüchtigung von Antimonsulfür und Antimonoxyd bemerken konnte – ein Zeichen, daſs
der Ofen noch etwas zu niedrig war.
Obgleich eine ganz ähnliche Beschickung im Tiegel das erwünschte Resultat ergeben
hatte, erhielt man hingegen bei dem Schachtofen keinen Regulus. Ganz ähnlich wie bei
den ersten Schmelzversuchen fiel ein Product, welches dem Aeuſseren nach einem recht
schlechten grauen Roheisen ähnlich sah und, wie die Analyse ergab, aus Antimon,
Eisen und Schwefel bestand – ein Resultat also, welches bewies, daſs trotz des bei
weitem rascheren Schmelzganges als bei den früheren Versuchen immerhin noch die
Eisenreduction zu bedeutend war.
An der Zusammensetzung der Beschickung konnte man nichts ändern; denn an Verminderung
der Puddelschlacke und Vermehrung des Kalkstein-Zuschlages konnte nicht gedacht
werden, da sonst die Schlackenbildung eine zu schwierige geworden wäre, man also das
Gegentheil seiner Absicht erreicht haben würde. Es muſste also versucht werden, ob
sich der Schmelzgang von selbst nach besserer Durchwärmung des Ofens und höchster
Anspannung der Gebläsekraft steigern werde. Während bei den früheren Versuchen die
Producte im besten Falle 31,44 Proc. Antimon enthielten, so enthielt mein erstes
Abstichsproduct bereits über 40 Proc. Antimon; die später fallenden Producte stiegen
mehr und mehr im Antimongehalt, so daſs der letzte Abstich nach 3tägiger Arbeit
bereits über 60 Proc. Antimon enthielt und auch eine Kleinigkeit sich abtrennenden
Regulus ergab. Leider erlaubten die Verhältnisse des Werkes nicht, die Versuche
weiter zu führen; man muſste also dieselben gerade in dem Augenblicke unterbrechen,
als man dem Erfolge sehr nahe stand.
Um hier über die chemische Constitution der Producte einen Nachweis zu geben, so
mögen noch einige Analysen Platz finden. Ich analysirte zwei Producte, welche aus
den von mir nicht geleiteten Schmelzversuchen herstammten, und zwar war das Product
A gefallen bei sehr schlechtem Schmelzgange und B bei etwas flotterem Schmelzgang.
Es enthielt:
A
B
Eisen
64,31
60,24
Antimon
27,99
31,44
Schwefel
6,61
8,03
–––––––
–––––––
98,91
99,71.
Die bei meinen Schmelzversuchen gefallenen Producte untersuchte ich nur auf den
Gehalt an Antimon; doch wurden durch gütige Vermittelung des Bergrathes Prof. Dr.
Cl. Winkler zu Freiberg von den Bergakademikern v. Schulmann (Analyse C) und Dürichen (Analyse D) zwei Producte analysirt, wobei ich insofern
specielleres Interesse hatte, als das Product C aus dem Producte D ausgesaigert war,
wobei in D sehr schöne, stahlblau angelaufene, nadelförmige Krystalle in den
entstandenen Hohlräumen sich gebildet hatten. Ein sehr wesentlicher chemischer
Unterschied zwischen beiden Substanzen stellte sich nicht heraus, wie folgendes
Resultat der Analysen zeigt:
C
D
Eisen
45,12
45,88
Antimon
46,76
46,13
Schwefel
8,81
9,03
–––––––
–––––––
100,69
101,04.
Hiernach entspräche die Substanz nahezu den Formeln Fe26Sb12S9 = 4Fe2Sb3 + 9Fe2S. Die
Weiterverarbeitung der erhaltenen Producte auf Antimon ist meines Wissens nicht
durchgeführt worden, da das Werk nach den Versuchen gänzlich zum Erliegen kam, und
zwar weil die Grube auflässig wurde.
Die Art und Weise der Verarbeitung geschah versuchsweise durch Umschmelzen mit rohem
Grauspieſsglanzerz und Glaubersalz, wobei man sehr schönen Regulus erhielt, der
durch einmaliges Raffiniren auf den Stern gebracht wurde.
Resultat meiner Versuche, Wenn nun auch die Versuche den
richtigen Abschluſs nicht linden konnten, so glaube ich doch berechtigt zu sein, das
Resultat derselben in folgender Fassung hinstellen zu dürfen:
1) Es ist kaum mehr zu bezweifeln, daſs sich das Antimon aus den Saigerrückständen
rationell gewinnen läſst.
2) Mit gröſster Wahrscheinlichkeit lassen sich die Saigerrückstände durch ein
Präcipitationsschmelzen über dem Rundofen direct auf metallisches Antimon verhütten.
Bei weitem sicherer steht der Erfolg dann in Aussicht, wenn man durch Zuschlag
antimonreicherer Producte – seien diese oxydischer oder geschwefelter Natur – die
Schmelzbeschickung metallreicher machen kann. Hierfür spricht genügend die
Thatsache, daſs die Producte der Schmelzung desto reicher an Antimon Helen, je
rascher der Schmelzgang war.
Verschläge für die Zugutemachung der
Antimon-Saigerrückstände. Auf Grund der eben besprochenen Versuche glaube
ich für die Gewinnung des Antimons aus den Saigerrückständen in praktisch
rationeller Weise zuallernächst die Schachtofen-Schmelzung empfehlen zu dürfen. Es diene hierfür
ausschlieſslich ein Rundofen mit mindestens drei Gebläseformen, welche in dem Umfang
gleichmäſsig vertheilt den Gebläsewind nach der Achse führen. Bei den
Minimaldimensionen von
1m Gestellweite und 6m activer Höhe muſs die lichte Weite der
Formöffnung danach bemessen werden, daſs in der Minute 15cbm Wind von 20cm Wasserdruck eingeblasen werden kann. Diese Verhältnisse gestatten, mit
14 Proc. Kokesaufwand in 24 Stunden mindestens 7t
Saigerrückstände von obiger Beschaffenheit nebst den entsprechenden Zuschlägen
rationell zu verschmelzen.
Der Ofen ist mit einer Condensationskammer, wie ich solche bei anderer Gelegenheit
empfohlen habeVgl. Hering: Eine neue Verfahrungsart statt des
periodischen Abstechens. (Freiberg 1875. Engelhardt'sche Buchhandlung.), in Verbindung zu
bringen, da eine Verflüchtigung von Antimonsulfür und Antimonoxyd stets mehr oder
weniger stattfinden wird.
In Bezug auf die zu verwendenden Schmelzzuschläge verweise ich auf obige Tabelle,
muſs aber noch hierzu bemerken, daſs man gut thun wird, der Beschickung 5 Proc. vom
enthaltenen Schwefelantimon an Gyps, noch besser statt dessen an Glaubersalz
zuzusetzen und zwar aus dem Grunde, um das Schwefeleisen durch einen Gehalt an
Schwefelcalcium oder Schwefelnatrium specifisch leichter zu machen, sonach die
Trennung vom Antimonregulus zu begünstigen.
Die Producte der Schmelzung werden sein: Schlacke, welche abgesetzt wird,
Schwefeleisen, welches ebenfalls abgesetzt wird, unter Umständen aber an
Schwefelsäurefabriken verkauft werden kann, und endlich Rohregulus. Dieser im
Schachtofen producirte Rohregulus wird stets mehr oder weniger Eisen und Schwefel
enthalten, weshalb er einer Raffination unterliegen muſs.
Die Art der Ausführung der Raffination richtet sich nach dem Gehalte an Unreinheiten
des Regulus und zwar, wenn die Probe ergibt, daſs die Unreinheiten 2 Proc.
übersteigen, wird man stets am rationellsten die Raffination in gröſseren Posten in
einem Flammofen als eine vorläufige bewerkstelligen. Hierbei wird man je nach der
Art der Unreinheiten rohes oder geröstetes Grauspieſsglanzerz, sowie Glaubersalz
oder Rohsoda als Reinigungsmittel zuschlagen. Die hiervon fallenden antimonreichen
Schlacken gehen zur Schachtofenarbeit zurück und ersetzen den Zuschlag an Gyps oder
Glaubersalz.
Der gereinigte Antimonregulus wird nun in bekannter Weise noch auf den Stern
gefeint.
Was nun die Kosten der Verarbeitung der Saigerrückstände
nach vorbeschriebenem Wege betrifft, so glaube ich in der nachfolgenden Berechnung
den praktischen Erfahrungen gemäſs einen ziemlich sicheren Anhalt zu geben, betone
hierbei aber ganz besonders, daſs sich die Verarbeitungskosten relativ sehr
vermindern bei höherem Antimongehalt der Substanz.
Ich nehme beispielsweise an, daſs in dem Schachtofen in 24 Stunden
folgende Beschickung verschmolzen wird:
k
Saigerrückstände
7000
Puddelschlacke
9800
Kalkstein
2800
Schlacken von derselben Arbeit und
Schwefelnatrium-haltige Raffinadschlacke
1400
––––––
21000.
An Kokes gebraucht man 14 Proc. der Beschickung, also
2940k. An Arbeitern sind erforderlich für 24
Stunden bei 12stündigen Schichten: 2 Schmelzer, 2 Gehilfen, 2 Gichtarbeiter, 2
Förderleute und eventuell noch 2 Maschinenwärter, wenn man mittels Dampfgebläse
arbeiten muſs. Dies ergibt also zusammen 10 Schichten. Bei Dampfgebläse beträgt der
Verbrauch an Brennstoff zur Dampfentwicklung bei vorliegenden 750mk Kraftbedarf 400k Steinkohle im Maximum in 24 Stunden.
Den Antimonverlust rechne ich zu 10 Proc. im vorliegenden Falle
also bei einem Vorlaufen von 1025k,5 Antimon in
7000k Saigerrückständen zu 102k,55, so daſs also ein Antimonausbringen von
922k,95 resultirt. Hierbei sei bemerkt, daſs
dieser Verlust, durch Verschlackung und Verflüchtigung herbeigeführt, sicherlich
diese Gröſse nicht übersteigen kann, wenn die Einrichtung der Apparate und die
Führung der Arbeit wirklich gut zu nennen ist. Der Verlust bei dem Raffiniren des im
Schachtofen gewonnenen Rohregulus ist zu 3 Proc. anzunehmen, so daſs vom Vorlaufen
von 922k,95 Rohregulus als Production 895k,26 Raffinad erhalten wird. Schlieſslich ist noch
der Verlust beim Schmelzen des Raffinades auf den Stern zu 1 Proc. zu rechnen, so
daſs also vom hiesigen Vorlaufen von 895k,26
Raffinad 886k,3 Antimonii
regulus stellatus erhalten wird.
Die Kosten des Raffiniren und des Feinen sind reine locale
Erfahrungszahlen, ebenso die für Verwaltungs- und Generalaufwand. Nachfolgende
Kostenberechnung bezieht sich also auf die vollständige Verarbeitung von 7t Saigerrückständen für den Betriebstag an
Schachtofen-Arbeit:
7000k
Saigerrückstände
für
100k
in
der
Hütte
78
Pf
54,60
M.
9800
Puddelschlacke
"
"
"
"
"
34
"
33,32
2800
Kalkstein
"
"
"
"
"
34
"
9,52
2940
Kokes
"
"
"
"
"
206
"
60,57
400
Steinkohle
"
"
"
"
"
102
"
4,08
10 Schichten Arbeitslöhne, die Schicht
170
"
17,00
Beleuchtungs- und Unterhaltungsaufwand
6,91
–––––––––––
Zusammen
186,00
M.
d. i. für 100k Saigerrückstände
2,657 M. Demnach:
Schachtofenarbeit
\frac{7000\times2,657}{100}
=
186,00
M.
Raffiniren des Rohregulus
\frac{922,95\times2}{100}
=
18,46
Schmelzen auf den Stern
\frac{895,26\times2}{100}
=
17,91
Verwaltungskosten
=
23,00
Generalaufwand
=
22,23
–––––––––––
Gesammtkosten
267,60
M.
Sonach Erlös für 886k,3 Antimonii
regulus stellatus
886,30
"
Gesammtkosten
267,60
"
–––––––––––
Täglicher Reinertrag
618,70
M.
Dies ist also ein sehr gewaltiger Ueberschuſs, der aber nur
dadurch erklärlich ist, daſs man den Werth des Antimons in den Saigerrückständen
nicht in Ansatz brachte und zwar, weil dasselbe auf allen Werken für jetzt als
vollständig verloren betrachtet werden kann. In meiner Berechnung sind für die Saigerrückstände nur die
local darauf gefallenen Kosten des Transportes derselben von deren Lagerplatze bis
zu deren Verarbeitungsorte in Ansatz gebracht worden. Kann man nun diese Rückstände
an Ort und Stelle verarbeiten, hat man ferner hierbei Wasserkraft zur Verfügung und
dann noch billigere Koke, welche in meinem Beispiele sehr theuer ist, so ist
augenscheinlich, daſs man mit der Verhüttung der Saigerrückstände ein gutes Geschäft
machen kann.
Von anderen Verarbeitungsmethoden der Saigerrückstände könnte noch unter gewissen
Verhältnissen wenigstens in Frage kommen die
Flammofen-Arbeit. Der Flammofen würde mit Gasfeuerung und groſsen
Condensationsanlagen zu versehen sein. Die Arbeit könnte entweder nur als
Verflüchtigungsarbeit betrieben werden, zu welchem Zwecke die Saigerrückstände in
kleineren Portionen eingetragen ohne jedwede Zuschläge einer starken Hitze
ausgesetzt werden müſsten, das Schwefelantimon würde sich sehr leicht verflüchtigen,
zu Oxyd verbrennen und als solches in den Condensationskammern gewonnen werden, oder
aber die Arbeit könnte als Schmelzarbeit betrieben werden. In diesem Falle würde man
die Saigerrückstände mit Puddelschlacke und Kalkstein in etwas geringeren Mengen als
bei der Schachtofenarbeit beschicken und die Charge nach dem Eintragen in den
Flammofen, der hier einen tieferen Herd erhalten müſste, mit einem Gemenge von
Glaubersalz und Kohle überdecken und sonach einschmelzen. Das Glaubersalz wird die
Charge bald mit einer die Verflüchtigung des Schwefelantimons ziemlich verhindernden
Kruste überziehen und die Schlackenbildung sehr beschleunigen. Das Schwefelantimon
zerlegt sich durch das Eisen sehr leicht, und es sammelt sich das metallische
Antimon im Herdtiefsten an, wo es, an sich sehr wenig flüchtig, vor dem Verbrennen
aus Mangel an Luft geschützt ist. Nachdem alles in Fluſs gerathen ist, wird
abgestochen und man erhält einen Rohregulus, der direct auf den Stern verarbeitet
werden kann.
Diese Arbeit kann wirklich mit Vortheil betrieben werden; denn ich sah auf diese
Weise Antimonerze, welche etwa 40 Proc. Schwefelantimon enthielten, verarbeiten,
wobei man einen Verlust von etwa 20 Proc. des vorgelaufenen Schwefelantimons hatte;
hier allerdings war diese Verarbeitung nicht Gewinn bringend, und zwar deshalb
nicht, weil der Flammofen ohne Condensationskammer Cendensationskammer und sonst aber auch in allen Theilen höchst fehlerhaft construirt war.
Schlieſslich ist noch für die Verwerthung der Saigerrückstände die Extraction mittels Salzsäure zu besprechen.
Antimonsulfür löst sich bekanntlich auſserordentlich leicht in dieser Säure; demnach
dürfte die Extraction sehr rasch von statten gehen und ein Verlust an Antimon durch
Rückhalt im Material nur sehr gering sein.
Die Fällung des Antimons aus der Lösung läſst verschiedene Wege praktisch
einschlagen, zunächst durch Verdünnen der Lauge mit Wasser. Das Product ist als
Algorothpulver direct verkäuflich, sonst aber leicht auf Metall zu verarbeiten. –
Dann Präcipitation durch Metalle, wie Eisen, Zink u. dgl. Hierbei dürfte bei
arsenhaltigen Substanzen auf die Bildung von Arsenwasserstoff aufmerksam zu machen
sein, weshalb mit groſser Vorsicht zu arbeiten ist. – Ferner elektrolytische
Fällung. Wegen des hohen Atomgewichtes des Antimons dürfte hier selbst der
Inductionsstrom Vortheile gewähren. Auſserdem mache ich auf eine sehr einfache
elektrolytische Fällung aufmerksam, welche mir im Kleinen sehr gut gelungen ist. Ich
brachte in eine poröse Thonzelle die Antimonlauge und setzte dieselbe in eine dünne
angesäuerte Eisenvitriollösung. In der Antimonlauge hing ein Stück metallisches
Antimon, welches mittels eines Kupferdrahtes mit einem Stück Eisen, das in der
Vitriollauge hing, in Verbindung gebracht war. Die Fällung ging binnen 24 Stunden
vollständig vor sich. In analoger Weise wird, dies sei nebenbei bemerkt, das Kupfer
aus dem Cementwasser sehr rein und zwar ohne Beimischung basischer Eisensalze
ausgefällt. – Schlieſslich Fällung durch Schwefelwasserstoff. Da bei der Lösung des
Schwefelantimons die Entwicklung von Schwefelwasserstoff an sich sehr lästig ist, so
könnte man diese Lösung in geschlossenen Gefäſsen vornehmen und den entwickelten
Schwefelwasserstoff wiederum zur Fällung des Antimons aus der Lauge benutzen, wobei
ähnliche Apparate anzuwenden sein würden, wie bei der Desarsenicirung der
Schwefelsäure. Das hierbei erzeugte Schwefelantimon dürfte direct verkäuflich sein
und u.a. bei der Gummiwaarenfabrikation vortheilhafte Verwendung finden.