Titel: | Blauviolett aus Phenylendiamin. |
Autor: | C. E. |
Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 436 |
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Blauviolett aus Phenylendiamin.
Blauviolett aus Phenylendiamin.
Ein Farbstoff von ähnlichen Eigenschaften wie die Methylviolett ist das von Ch. Lauth aus dem (1 : 4) Phenylendiamin dargestellte
Blauviolett, weniger wichtig wegen besonderer tinctorieller Vorzüge, als wegen der
eigenthümlichen Reaction, durch welche dieser Farbstoff erzeugt wird. Von den drei
bekannten Phenylendiaminen (Diaminbenzolen) liefert nur das eine, das sogen.
Paraphenylendiamin, den Farbstoff. Dieses Diamin, welches bei 140° schmilzt, bei
267° siedet, ist nur auf umständliche Weise zu gewinnen; es entsteht durch
entsprechende Umsetzung aus dem α-Nitranilin, aus der
α-Diamidobenzoësäure und aus dem Dinitranilin. Nur
die Darstellung aus dem α-Nitranilin dürfte, wenn
überhaupt, vom technischen Interesse sein. Daſselbe wird vom Anilin durch auf
einander folgendes Acetyliren, Nitriren und Entacetyliren abgeleitet; es schmilzt bei 146°. Durch
Reduction mittels Zinn und Salzsäure wird es schlieſslich in das Diamin umgewandelt.
Das Chlorhydrat des letzteren, wenn man durch Schwefelwasserstoff, oder sein
Zinkdoppelsalz, wenn man mit diesem Metall entzinnte, krystallisiren gut und sind
leicht vollkommen rein zu gewinnen.
Wird nun die Base mit Schwefel (bei 150 bis 180°) behandelt, so entsteht ein
Thiodiamin, welches in stark verdünnter wässeriger Lösung durch Eisenchlorid zu
einem blau violetten Farbstoff oxydirt wird. Der Entdecker bemerkt, daſs sich der
Farbstoff analog dem Rosanilin in Blau und Grün überführen lasse; über die
Zusammensetzung des Körpers, welcher ein undeutlich krystallinisches Pulver
darstellt, gibt er nur an, daſs er Schwefel enthalte und wahrscheinlich das erste
Glied einer neuen Reihe von Farbstoffverbindungen sein möge. In dieser Richtung sind
nun allerdings keine neueren Funde zu bemerken; auch scheint die Untersuchung des
Lauth'schen Farbstoffes nicht von anderer Seite zu
Ende geführt zu sein; indeſsen gab sie wohl Anregung, die eigenthümliche Reaction
auch auf andere Körper auszudehnen. Der Verfasser selbst überzeugte sich, daſs das
vom Dinitrobenzol (Schmelzpunkt 86°) abgeleitete Diamin (Schmelzpunkt 63°,
Siedepunkt 287°) zwar mit Schwefel eine Thiobase, letztere aber mit Eisenchlorid
keinen Farbstoff lieferte. Dieses Diamin dürfte der Theorie nach als die
Meta-Verbindung (1 : 3) angesehen werden, sein von der Para-Verbindung abweichendes
Verhalten stimmt damit gut überein. Das dritte, das Orthodiamin (1 : 2), welches bei
99° schmilzt und bei 252° siedet und von der entsprechenden Diamidobenzoësäure
abstammt, läſst eine ähnliche Reaction wie das Paradiamin erwarten, ist aber noch
nicht daraufhin untersucht worden.
Später übrigens hat Lauth die vom Para- und
Orthotoluidin abgeleiteten Diamine derselben Reaction unterworfen und rothviolette,
gleichfalls Schwefel-haltige Farbstoffe erhalten. Die Methode selbst veränderte er
in der Weise, daſs er das Chlorhydrat der Diamine in vielem
Schwefelwasserstoffwasser löste und durch allmäligen Zusatz von Eisenchlorid
oxydirte. So wenig wie die nähere Zusammensetzung der Thiodiamine und der aus diesen
entstehenden Farbstoffverbindungen bis jetzt bekannt geworden ist, so wenig erklärt
ist es auch, wie offenbar die nämliche Thioverbindung entstehen kann, einestheils
durch Zusammenschmelzen der Diaminbase mit Schwefel, anderntheils durch Lösung des
Chlorhydrates in Schwefelwasserstoffwasser. In dieser Modification hat nun
neuerdings die Methode eine technisch ungleich mehr versprechende Anwendung
gefunden, seit die Badische Anilin- und Soda-Fabrik in
Mannheim (D. R. P. Nr. 1886 vom 15. December 1877) dieselbe auf aromatische tertiäre
Nitroso-Monamine ausdehnt.
C. E.