Titel: | Ueber das Quebrachoholz; von Dr. Josef Moeller. |
Autor: | Josef Moeller |
Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 481 |
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Ueber das Quebrachoholz; von Dr. Josef
Moeller.Verfasser beabsichtigt in einer Reihe ähnlicher Mittheilungen die neuen oder
weniger bekannten Rohstoffe von der Pariser Weltausstellung 1878 zu
beschreiben.
Mit Abbildungen auf Tafel 42.
Moeller, über das Quebrachoholz.
Quebracho colorado oder rosado wird heute schon in erheblichen Mengen aus der Argentinischen
Republik bezogen und in fremdländischen Lederfabriken angewendet und verspricht eine
bedeutende Rolle unter den Gerbmaterialien zu spielen. Blätter und Rinde des Quebracho blanco gehören zu den gehaltreichsten
Gerbmaterialien seines Vaterlandes, werden aber, soweit bekannt, in Europa bisher
nicht im Groſsen angewendet. Das weiſse Quebrachoholz dagegen ist, wie die
mikrochemische Untersuchung zeigt, als Gerbmaterial absolut werthlos.
Da das Quebrachoholz häufig in geraspeltem Zustande in den Handel kommt, ist die
Unterscheidung beider Arten und der Nachweis einer etwaigen Vermischung von
praktischer Wichtigkeit. Die Farbe, an sich wenig verläſslich, kann leicht
nachgeahmt werden; der ausgesprochen bittere Geschmack des weiſsen Quebracho dürfte
durch den adstringirenden Geschmack des Quebracho
colorado gedeckt werden. Die mikroskopische Untersuchung allein gibt
untrügliche und, wie selten, charakteristische Merkmale.
Quebracho colorado (Fig. 6 Taf.
42). Das Holz ist auſserordentlich hart, sinkt im Wasser unter (sp. G. = 1,38) und
ist schwer spaltbar. Der Splint ist an den vorliegenden rindenlosen Mustern 1 bis
2cm breit, hellgelb, geht rasch in das
röthliche Kernholz über. Mit freiem Auge ist auf dem Querschnitte kaum eine
Andeutung des feineren Baues, auf dem Längsschnitte dagegen deutlich eine dunkle
Strichelung in der Richtung der Achse erkennbar. Diese Strichelung ist häufig
unterbrochen und auf manchen Spaltflächen ist die Längsstreifung undeutlich und
durch eine netzige oder maschenförmige Zeichnung ersetzt. Es kommen alle Uebergänge
zwischen diesen Extremen vor.
Da, wie die Loupe lehrt, die dunklen Striche und Punkte der Ausdruck des Verlaufes
der Gefäſse sind, so erklärt sich aus dem Befunde, daſs die Gefäſse einmal einen
mehr gestreckten, das andere Mal einen vielfach gewundenen Verlauf haben, so daſs
sie auf Spalt-, mehr noch auf Schnittflächen wiederholte Unterbrechungen ihrer
Continuität erfahren. Mit Hilfe der Loupe sieht man neben den vertical oder sehr
schief eröffneten Gefäſsen auch zahlreiche Gefäſse im Querschnitte, die wegen ihrer
Kleinheit dem unbewaffneten Auge entgehen. Auf sorgfältig geglätteten Schnittflächen
treten auch die Markstrahlen hervor, und zwar auf Radialschnitten als nahezu gleich
kräftige, in fast gleichen Abständen parallel verlaufende Linien und auf
Tangentenschnitten als zahlreiche sehr feine und kurze Strichelchen, etwa dem
Loupenbilde eines behaarten Dipterenflügels vergleichbar. Auf dem Querschnitte
erscheinen die zahlreichen zarten Markstrahlen hell auf rothem Grunde, und die
regellos zerstreuten, nahezu gleich groſsen Gefäſsquerschnitte sind von einem
schmalen, hellen Hofe gerändert.
Nach dem mikroskopischen Befund sind die Gefäſse unregelmäſsig zerstreut, stehen
häufiger isolirt, mitunter auch gepaart, doch fehlen radiale Reihen. Sie sind selten
kreisrund, meist beträchtlich in radialer Richtung gestreckt, sehr derb wandig und
von breiten Poren durchsetzt. Ihre Gröſse schwankt bedeutend, zwischen 0,04 und 0mm,15. Das Lumen der meisten ist von Stopfzellen
mäſsig dicht erfüllt. Die Thyllen sind dünnwandige Parenchymzellen. Viele derselben
enthalten einen groſsen Kalkoxalat-Krystall. Die kleineren Gefäſse (g'
Fig.
6) sind spindelförmig, die gröſseren (g)
einseitig in eine Spitze ausgezogen; beide Formen communiciren durch vollkommen
durchlöcherte Scheidewände. Die Tüpfel, welche in natürlichem Zustande sehr
verbreiterte Poren darstellen und in einer seichten Spirale, fast horizontal,
verlaufen, werden durch Quellungsmittel sehr verengt. Sie erscheinen dann als
geschwänzte, in eine steile Spirale geordnete Spalten. Aeuſserst spärliche
Parenchymzellen sind den Gefäſsen angelagert, ohne sie in ihrer Totalität zu
umhüllen.
Die Libriformfasern (l) sind im Querschnitte verschieden
gestaltig und regellos geordnet. Ihre gröſste Breite beträgt etwa 0,015 bis 0mm,02. Das Lumen wird durch eine mächtige tertiäre
Verdickungsschicht, welche sich scharf abhebt, sehr bedeutend verengt. Sie quillt in
Chlorzinkjod beträchtlich und färbt sich violett. Nur hier und da ist eine radiale
Anordnung der Fasern angedeutet und auch Gruppen von Breitfasern finden sich, welche
einer Herbstholzlage täuschend ähnlich sehen und als solche nur deshalb nicht
angesprochen werden können, weil ihnen die Continuität und die regelmäſsige
Wiederkehr fehlt. Auf den meisten Querschnitten überwiegt die Zahl der dünnen
Libriformfasern. Es erklärt sich dies daraus, daſs die Fasern sich sehr allmälig in
lange Spitzen verjüngen.
Die Markstrahlen sind nicht über 4 Reihen breit und etwa 20 Zellen hoch. Die Zellen
sind sehr dünnwandig, reich porös und meist gleichmäſsig radial gestreckt.
Alle Zellen enthalten eine gelbe bis braune, schon in kaltem Wasser zum Theil,
vollständig in heiſsem Wasser, Alkohol, Glycerin und Alkalien lösliche Substanz,
welche durch Eisenchlorid olivengrün gefärbt wird. Durch dieses Reagens wird diese
Substanz auch in den Zellenmembranen nachgewiesen. Der wässerige Auszug des Holzes
ist wenig hellbraun gefärbt und hat einen schwach zusammenziehenden Geschmack.
Eisenchlorid erzeugt in ihm einen reichlichen schmutzig olivengrünen Niederschlag.
Trommer'sche Probe negativ. Das alkoholische Extract hat eine der wässerigen
Jodlösung gleiche Farbe und einen etwas bitteren und kratzenden Geschmack. Durch
Zusatz von Wasser entsteht keine Trübung; die Eisenchloridfällung hat einen Stich
ins Braune.
Quebracho blanco (Fig. 7 Taf.
42). Sehr hartes, schwer spaltbares, schweres (sp. G. = 1,16), auf Wasser jedoch
schwimmendes Holz von gleichmäſsig ledergelber Farbe. Nach den vorliegenden Mustern
scheint es ein Splint- oder Reif holz zu sein. Man erkennt schon mit unbewaffnetem
Auge am geglätteten Querschnitte die dicht gedrängten, sehr zarten, gestreckt
verlaufenden Markstrahlen und zahlreiche zerstreut stehende Gefäſsporen.
Nach dem mikroskopischen Befund stehen die Gefäſse g
(Fig. 7) ausnahmslos isolirt. Ihr Lumen ist fast regelmäſsig kreisrund
oder verzogen, nur wenig radial gestreckt, im Durchmesser sehr verschieden von 0,06
bis 0mm,2. Thyllen sind sehr gewöhnlich. Die
Wandverdickung ist mäſsig, die Poren sind klein, rundlich behöft. Parenchymzellen
sind nur vereinzelt, keinen Hof bildend, den Gefäſsen angelagert oder im Libriform
zerstreut, oder sie bilden kurze, unterbrochene tangentiale Reihen.
Die Libriformfasern haben im Querschnitte wenig verschiedene Dicke, etwa 0mm,02 im Mittel, sind rundlich, nicht polygonal
abgeplattet. Ihre radiale Anordnung ist verwischt. Die Verdickung, welche sehr beträchtlich ist
und mehr als zwei Drittel der Faserbreite beträgt, ist reichlich von Poren
durchzogen. Eine concentrische Schichtung ist nicht wahrnehmbar. Erst auf Zusatz von Chlorzinkjod sondert sich die primäre
Membran scharf ab und die äuſseren Schichten färben sich sofort intensiv
violett. Nach Verlauf einiger Stunden sind die inneren Schichten noch gelb
oder sehr schwach violett gefärbt.
Die Markstrahlen sind 1 bis 4 Reihen breit, sehr genähert, aus gestreckten
dünnwandigen Zellen gebildet. Die äuſseren Markstrahlzellen sind häufig
isodiametrisch und führen schön ausgebildete Krystalle.
Dies die Anschauung, welche man aus Schnitten gewinnt. Macerationspräparate geben
weitere Aufschlüsse. Die Parenchymzellen (hp) haben
conjugirende Fortsätze, die Gefäſse (g) sind
vollständig durchlöchert, Tracheïden fehlen, die krystallführenden Zellen (k) werden als Kammerfasern erkannt, in denen die
Krystalle von einem Celluloseschlauch umgeben sind.
Die Libriformfasern (l) endigen kurz zugespitzt, häufiger knorrig oder gegabelt.
Ihre Poren sind durchaus eigenthümlich, wie man sie an manchen Steinzellen,
nicht aber an irgend einem Elemente des Holzes beobachtet hat. Sie werden auf
der Primärmembran breit angelegt, während die späteren Verdickungsschichten nur
einen engen Kanal frei lassen. Dadurch gleichen sie im Querschnitte kleinen
Kopfdrüsen und, da sie ungewöhnlich reichlich vorkommen, verleihen sie den
isolirten Libriformfasern ein zierliches Relief. Durch das Macerationsmittel
wird der äuſsere Antheil der Zellwand entfernt und dadurch das von einer
widerstandsfähigen Membran ausgekleidete Köpfchen (erweiterte Ende) der Poren blosgelegt. Die Fasern
erscheinen dann wie von Perlenschnüren eingesäumt. Diese Porenenden reiſsen
häufig ab, und man findet sie in Macerationspräparaten sowohl isolirt als
rosenkranzartig. Mehr als Worte erläutert diese Verhältnisse Fig. 7 Taf.
42, welche die isolirten Elemente des Holzes darstellt.
An geformten Inhaltstoffen sind nur unregelmäſsige Klümpchen von dunkel
bernsteingelber Farbe anzuführen, die sich in geringer Menge in allen
parenchymatischen Elementen vorfinden. Sie verändern ihre Farbe auf Zusatz von
Eisenchlorid nicht, sowie dieses Reagens überhaupt in keinem Elemente Gerbstoff'
anzeigt. Die Substanz ist in Wasser und Glycerin unlöslich, in Alkohol schwer, in
Terpentin vollkommen löslich. Die kalten und heiſsen, wässerigen und alkoholischen
Auszüge sind kaum merklich gelb gefärbt; sie schmecken intensiv rein bitter. Auch in
ihnen bleibt die Gerbstoffreaction negativ.
Die Abstammung der Quebrachoholzer ist bisher durchaus nicht
sicher gestellt. Nach Griesebach (Vegetation der Erde, Bd. 2 S. 620) ist Quebrahacho (d.h. die Axt zerbrechend) eine allgemeine
Bezeichnung für harte Hölzer ohne Rücksicht auf ihre Abstammung. Der Katalog der
Argentinischen Republik für die Ausstellung in Philadelphia 1876 bezeichnet als
Stammpflanze des Quebracho colorado oder rosado: Loxopterygium Lorentzii Gr. (Terebinthaceen)
und der Katalog der
Pariser Ausstellung 1878 bestätigt diese Angabe und führt weiters als Stammpflanze
des Quebracho blanco: Aspidosperma Quebracho
(Apocyneen) an. Schlechtendal (Botanische Zeitung. Bd. 19 S. 137) hat, gestützt auf die Untersuchung der
Früchte des Quebracho blanco, dasselbe zur
Apocyneen-Gattung Aspidosperma gezogen, nach Griesebach wohl mit Recht; aber nach diesem Autor
beging er einen Fehler dadurch, daſs er Quebracho
colorado ebenfalls zu dieser Gattung zählte, obwohl derselbe nach Tweedie (Annales nat.
hist., Bd. 4 S. 161) Früchte trägt, welche denen der Sycomore (Ficus) gleichen.
In neuester Zeit berichtet Sievert
(Tanning materials of South America in dem Pharmaceutical Journal and Transactions, 1878 S. 548)
über Quebracho blanco, den er von Aspidosperma Quebracho ableitet. Nach ihm gehören die
Bäume, welche in der Provinz Cordoba diesen Namen tragen, nicht derselben Art an wie
der White Quebracho von Salta. Er glaubt nicht, daſs
das Klima die Varietät hervorbringe, sondern daſs es verschiedene Arten seien. Die
Blätter des Quebracho von Cordoba sind mit kleinen Stacheln besetzt, welche der Art
von Salta fehlen. Form und Sitz der Blätter sind gleich, obgleich die der nördlichen
Provinz dicker sind. Das Aussehen der Bäume ist gleichfalls das gleiche, der
Gerbstoffgehalt dagegen sehr verschieden.
Der White Quebracho von Salta ist der
deutschen Eiche ähnlich und seine Blätter sind eine der an Gerbstoff reichsten
Substanzen der ganzen Republik; sie enthalten 27,5 Proc. Die Gerbstofflösung der
Blätter sowie der Rinde ist fast farblos und die der Haut mitgetheilte rothe Farbe
mag von einer Gerbung mit einem Gemenge von Red Cebil
(Acacia Cebil) und White
Quebracho herrühren.
Mit der Anführung der kurzen Beschreibung des Quebracho colorado von A.
Vogl (Der Gerber, 1878 S. 207), der demselben
den Bau eines Leguminosenholzes zuschreibt, ist die Literatur über diesen Gegenstand
erschöpft.
Es scheint demnach kaum zweifelhaft, daſs die als Quebracho
blanco in den Handel kommenden Droguen der Gattung Aspidosperma angehören,
mehreren Arten oder Varietäten derselben. Ganz bestimmt ist aber Quebracho colorado etwas durchaus Verschiedenes, wie
der Bau des Holzes zeigt, und es ist kein Grund vorhanden, die Angabe des
Ausstellungskataloges in Zweifel zu ziehen, wenn nicht der, daſs Loxoptorygium Lorentzii Gr. in der systematischen
Literatur nicht zu finden ist.