Titel: | Ueber Ultramarin. |
Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 500 |
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Ueber Ultramarin.
Ueber Ultramarin.
Violettes und rothes Ultramarin. Zur Darstellung von
violettem Ultramarin will J. Zeltner in Nürnberg (D. R.
P. Nr. 228 vom 2. Juli 1877) in gewöhnliches Ultramarin Hydroxyl in folgender Weise
einführen. Werden trockene Halogene, insbesondere Chlor, über Ultramarinblau oder
Ultramaringrün, das auf 300° erhitzt ist, geleitet, so entstehen Halogenderivate des
Ultramarins. Wird Schwefelsäureanhydrid bei 150° über Ultramarin geleitet, so
entsteht ein röthliches Sulfoderivat, welches mit Alkalien schwefelsaures Alkali und
violettes Ultramarinhydroxyd gibt. Wird ferner blaues oder grünes Ultramarin auf 160
bis 180° erwärmt, und leitet man in diese erwärmte Ultramarinmasse Chlor (oder
andere Halogene) und Wasserdampf, so bildet sich direct violettes Ultramarinhydroxyd
und Chlornatrium, welch letzteres durch Wasser entfernt wird. In beiden Fällen
verwendet man auf 100k Ultramarin 34k Chlorgas.
Es gibt Salzmischungen, welche sich beim Erhitzen in Wasser, in Halogene und andere
Stoffe, wie Stickstoff u.s.w. zersetzen; solche Salzmischungen sind z.B. Nitrate und
Chlorammonium. Wird nun blaues oder grünes Ultramarin mit einer solchen
Salzmischung, wie z.B. mit Ammoniumnitrat und Chlorammonium, mit Natriumnitrat und
Chlorammonium oder überhaupt mit einer beim Erhitzen Wasser und Halogene erzeugenden
Salzmischung, gemengt und erhitzt, so entsteht direct violettes Ultramarinhydroxyd
und bei Vorhandensein von Ammoniaksalzen violettes Ultramarinamid; die dabei
entstehenden Salze werden durch Waschen entfernt und unlösliches violettes
Ultramarin bleibt zurück. Die Zersetzung geht etwa nach folgender Gleichung vor
sich: 2NH4NO3 +
NH4C1 = 5N + 6H2O + Cl. Da jedoch noch einige Nebenreactionen
eintreten, so nimmt man auf 100 Th. Ultramarin 6 Th. Ammoniumnitrat und 5 Th.
Salmiak, mischt gut und erhitzt im Tiegel. Oder man nimmt auf 100 Th. Ultramarin 6
Th. Natronsalpeter und 8
Th. Salmiak; der Zersetzung entspricht folgende Gleichung: 2NaNO3 + 3NH4C1 = 2NaCl +
5N + 6H2O + Cl. Schlieſslich gibt auch Ultramarin
mit einer Lösung von Chlorcalcium oder Chlormagnesium erhitzt eine violette
Farbe.
Nach einem anderen Patente Zeltner's (D. R. P. Nr. 1 vom
2. Juli 1877) wird Ultramarin violett, auf 130 bis 150° erhitzt, der Einwirkung von
Dämpfen einer mehr oder weniger concentrirten Salpetersäure ausgesetzt. Stark
concentrirte Salpetersäure ergibt eine bis zu lichtem Rosa aufsteigende Farbe,
verdünntere Salpetersäure dagegen ein tieferes und dunkleres rothes Ultramarin.
Behandelt man nach R. Hoffmann (Englisches Patent Nr.
3737 vom 9. October 1877) blaues, grünes, oder sogen, weiſses Ultramarin bei
erhöhter Temperatur unter Luftzutritt mit Säuren oder Salzen, die bei hoher
Temperatur Säure abgeben, so erhält man purpurrothe oder violette Farbstoffe, die
beim weiteren Erhitzen mit oder ohne Luftabschluſs und bei weiterer Behandlung mit
Säure in einen rothen übergehen.
Blaues Ultramarin. Nach J. F.
PlicqueBulletin de la Société chimique, 1878 Bd. 28 S.
518. besteht der Niederschlag, der beim Mischen von
Natriumsilicat mit Natriumaluminat entsteht, aus:
Kieselsäure
44,6
Thonerde
26,4
Natron
16,3
Wasser
12,7
–––––
100,0.
Mit Schwefelwasserstoff und schwefliger Säure, sowie mit
Schwefelkohlenstoff erhitzt, wurde zwar Ultramarinblau erhalten, welches aber nicht
krystallisirt war. Verfasser schlieſst aus seinen Versuchen, daſs Ultramarin keinen
Stickstoff enthält, daſs es aber aus einer Sauerstoffverbindung des Schwefels
gebildet wird, welche wahrscheinlich von Natrium oder Aluminium gebunden ist, da
beim Glühen in Schwefelkohlenstoff zunächst im Natriumsilicoaluminat ein Theil des
Sauerstoffes, im überschüssigen Natron aber völlig durch Schwefel substituirt wird.
Bei Einwirkung der schwefligen Säure auf dieses Product ersetzt sie einen Theil des
Schwefels im geschwefelten Natriumsilicoaluminat und führt das Schwefelnatrium in
Sulfat über: Na2S + 2SO2 = Na2SO4
+ S2. Dies geschieht nur beim längeren Erhitzen auf
750° (vgl. 1876 221 468); bei 1000° erhält man ein schwarzes
Schwefelaluminium-haltiges Product, bei niederer Temperatur eine weiſse Masse nach
Behandlung mit schwefliger Säure.
Nach GuimetComptes rendus, 1877 Bd. 85 S. 1072. Bulletin de la Société chimique, 1878 Bd. 29 S.
99. zeigen sich beim Rösten des Ultramarins Farbenveränderungen
in folgender Reihenfolge: Braun, Grün, Blau, Violett, Roth, Weiſs. Beim Schmelzen
der Ultramarinmischung entstehen zunächst Polysulfüre, welche braun sind, sobald die ersten
Schwefelflämmchen auftreten; ist der Schwefel verbrannt, so ist die Masse grün und
wird bei 700° blau. Bei Luftzutritt wird das Ultramarin dann violett, roth,
schlieſslich weiſs. Mit Kohle, Wasserstoff oder Salmiak erhitzt, treten die
Farbenänderungen in umgekehrter Reihenfolge wieder auf.
In allen Ultramarinen ist das Verhältniſs zwischen Natrium und Silicium gleich, die
Menge des Schwefels kann dagegen um das Doppelte, die des Aluminiums um ⅙ wechseln.
Unter dem Mikroskope bilden die Ultramarine gleichartig krystallinische Massen.
Da die empirische Zusammensetzung von Grün und Blau fast gleich ist, so kann nach Guimet der chemische Unterschied lediglich auf die
verschiedene Bindung des SchwefelsSehwefels zurückgeführt werden.
J. PhilippLiebig's Annalen der
Chemie, 1878 Bd. 191 S. 1. kommt in seinen fortgesetzten
Untersuchungen (vgl. 1877 224 635) zu dem Resultat, daſs sich grünes und blaues
Ultramarin nur durch einen Gehalt an Schwefelnatrium unterscheiden.
Ballin und de ForcrandBulletin de la Société chimique, 1878 Bd. 30 S.
112. besprechen die Darstellung von gelbem Silberultramarin (vgl.
1878 227 215), sowie der entsprechenden Kalium-, Barium-, Zink- und
Magnesiumverbindungen. Das reine gelbe krystallinische Silberultramarin, hergestellt
durch Erhitzen von Ultramarinblau mit salpetersaurem Silber im zugeschmolzenen Rohre
bei 120°, enthält 46,63 Proc. Silber.
S. SuguiraChemical News, 1878 Bd. 37 S. 213.
zeigt, daſs Ultramarin auch durch Kohlensäure zersetzt werden kann, daſs man also
freie Salzsäure nicht in Gegenwart von Kohlensäure durch Ultramarin nachweisen
kann.
Nach dem Bericht von PlicqueMoniteur scientifique, 1878 S. 1048. Chemische Industrie, 1878 S. 334.
über die Ultramarin-Ausstellung zu Paris erreicht die Jahresproduktion an dieser
Farbe in Europa mehr als 10000t bei einem
mittleren Verkaufswerth von 2 Franken für 1k. (Das
aus dem Lapis lazuli i. J. 1820 noch bereitete Blau
kostete 4000 Franken für 1k.) Als
Constitutionsformel für das reine Blau wählt Verfasser folgenden Ausdruck
\left.{3\,SiO_2Al_2O_3NaS_2\atop
3\,SiO_2Al_2O_3NaSO_2\right\} für das blauviolette Product, welches
unter dem Einfluſs von Chlor Violett und Roth liefert, den Ausdruck
4\,SiO_2Al_2O_3\left\{NaS\atop NaSO_2\right. wonach
entsprechend den über diese Producte veröffentlichten Analysen das blaurothe
Ultramarin bei demselben Kieselsäuregehalt weniger Thonerde und mehr Schwefel als
das rein blaue Product enthält. Würde es den gegenwärtigen Arbeitsbedingungen
gelingen, den thatsächlichen Kieselsäuregehalt von 38 Proc. bis zu dem von der
Theorie geforderten (45
Proc.) zu steigern, ohne zugleich die Masse zum Fritten zu bringen, so würde man
unzweifelhaft die Maximalintensität des Farbstoffes erreichen; doch überschreitet
man die zur Zeit von der Industrie angewendeten Mengenverhältnisse, so wird die
Innehaltung der bei den verschiedenen Fabrikationsphasen erforderlichen Temperaturen
zu einer sehr schwierigen und die richtige physikalische Beschaffenheit des
Productes leicht gefährdet. Ersetzt man in dem ursprünglichen Product den Schwefel
schrittweise durch Sauerstoff, so gelangt man allmälig von Grün zum Blau und von
diesem schlieſslich zum Violett.