Titel: Ueber Neuerungen in der Spiritusfabrikation.
Fundstelle: Band 231, Jahrgang 1879, S. 164
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Ueber Neuerungen in der Spiritusfabrikation. Mit Abbildungen auf Tafel 15. [Ueber Neuerungen in der Spiritusfabrikation.] Werthbestimmung der Kartoffeln. Schon Berg (1837 65 48) fand, daſs zwischen dem specifischen Gewichte und dem Stärkemehlgehalte der Kartoffel Beziehungen stattfinden; Lüdersdorff (1841 79 313) und Balling stellten Tabellen hierfür auf, Fresenius und Schulze (1851 119 308), Krocker (1853 128 388), Schwarzer (1872 203 67) u.a. beschrieben die Bestimmung des specifischen Gewichtes der Kartoffeln. HoldefleiſsLandwirthschaftliche Jahrbücher, Supplementheft 1877 S. 107. zeigt nun, daſs die Balling'schen Tabellen nur für mittlere Stärkegehalte einigermaſsen richtig sind. Auf Grund einer groſsen Anzahl vergleichender Bestimmungen berechnet er folgende Tabelle, welche für die specifischen Gewichte von 1,07 bis 1,16 den Gehalt an Stärkemehl und an wasserfreier Trockensubstanz angibt. Da von den mitgetheilten 42 Beleganalysen 29 bis auf 0,2 Proc. des wirklich vorhandenen Stärkegehaltes stimmen und nur 2 einen Fehler von 0,5 Proc. geben, so verdient diese Tabelle allgemeine Anwendung. Tabelle zur Bestimmung des Stärke- und Trockengehaltes der Kartoffeln nach dem specifischen Gewichte. Spec. Gew. Stärkemehl Trocken-substanz Spec. Gew. Stärkemehl Trocken-substanz Spec. Gew. Stärkemehl Trocken-substanz 1,070 14,36 18,02 1,101 18,96 23,71 1,131 25,38 30,82 1,071 14,43 18,14 1,102 19,16 23,94 1,132 25,58 31,05 1,072 14,51 18,27 1,103 19,37 24,17 1,133 25,78 31,28 1,073 14,60 18,40 1,104 19,58 24,40 1,134 25,97 31,50 1,074 14,69 18,54 1,105 19,79 24,64 1,135 26,17 31,72 1,075 14,79 18,68 1,106 20,01 24,87 1,136 26,36 31,94 1,076 14,89 18,83 1,107 20,22 25,11 1,137 26,55 32,16 1,077 15,00 18,98 1,108 20,43 25,35 1,138 26,73 32,37 1,078 15,12 19,14 1,109 20,65 25,58 1,139 26,91 32,58 1,079 15,24 19,30 1,110 20,86 25,82 1,140 27,09 32,79 1,080 15,37 19,46 1,111 21,08 26,06 1,141 27,27 33,00 1,081 15,50 19,63 1,112 21,30 26,30 1,142 27,44 33,20 1,082 15,63 19,81 1,113 21,52 26,54 1,143 27,61 33,40 1,083 15,77 19,99 1,114 21,74 26,79 1,144 27,77 33,60 1,084 15,92 20,17 1,115 21,96 27,03 1,145 27,93 33,79 1,085 16,07 20,35 1,116 22,18 27,27 1,146 28,09 33,98 1,086 16,22 20,54 1,117 22,40 27,51 1,147 28,24 34,17 1,087 16,38 20,73 1,118 22,61 27,75 1,148 28,39 34,36 1,088 16,54 20,92 1,119 22,83 27,99 1,149 28,53 34,54 1,089 16,71 21,12 1,120 23,05 28,23 1,150 28,67 34,71 1,090 16,88 21,32 1,121 23,27 28,47 1,151 28,80 34,88 1,091 17,05 21,53 1,122 23,49 28,71 1,152 28,93 35,05 1,092 17,23 21,74 1,123 23,70 28,951 1,153 29,05 35,22 1,093 17,41 21,95 1,124 23,92 29,19 1,154 29,17 35,38 1,094 17,59 22,16 1,125 24,13 29,43 1,155 29,28 35,53 1,095 17,78 22,37 1,126 24,34 29,66 1,156 29,39 35,68 1,096 17,97 22,59 1,127 24,55 29,90 1,157 29,49 35,83 1,097 18,16 22,81 1,128 24,76 30,13 1,158 29,58 35,97 1,098 18,36 23,03 1,129 24,97 30,36 1,159 29,68 36,11 1,099 18,56 23,26 1,130 25,17 30,59 1,160 29,76 36,24 1,100 18,76 23,48 Hollefreund's Maischapparat. Wie bereits (1874 211 327) kurz berichtet, ist dieser zuerst i. J. 1871 ausgeführte Apparat als einer der wichtigsten Fortschritte der Spiritusfabrikation zu betrachten. Der in Fig. 1 und 2 Taf. 15 im Längenschnitt und Querschnitt dargestellte Apparat besteht im Wesentlichen aus einem starken Eisenblechcylinder A und dem Condensator B. Beim Gebrauch wird A durch die Mannlöcher b bis auf etwa zwei Drittel seines Inhaltes mit Kartoffeln gefüllt, dann durch das Rohr c gespannter Dampf zugeführt, der durch die kleinen Stutzen d gleichmäſsig vertheilt wird; um beim Abstellen des Dampfes das Zurücktreten des Kartoffelbreies in die Dampfleitung zu verhüten, sind diese Stutzen mit Kugelventilen versehen. Das gebildete Condensationswasser kann, falls es der Beschaffenheit der Kartoffeln nach erforderlich sein sollte, durch das Ventil e entfernt werden, so lange es keine Stärke mit sich führt. Nun wird ein Dampfdruck von 2 bis 3at gegeben und nach etwa 1 Stunde das Rührwerk l anfangs langsam, dann mit 40 bis 50 Umdrehungen in der Minute durch Maschinenkraft in Bewegung gesetzt. Sind nach 15 bis 20 Minuten die Kartoffeln völlig zerkleinert, so läſst man den Dampf durch ein Ventil entweichen; sind zwei solcher Apparate vorhanden, so läſst man den ausströmenden Dampf passend in den mit frischen Kartoffeln beschickten Apparat treten, um ihn wenigstens einigermaſsen auszunutzen. Ist kein Ueberdruck mehr vorhanden, so schlieſst man dieses Ventil, öffnet f, setzt eine mit i in Verbindung stehende nasse Luftpumpe in Gang und spritzt durch h Wasser ein. Ist durch die rasche Verdunstung die Temperatur der Kartoffelmasse auf 70° gefallen, so stellt man die Pumpe ab, rührt in einem durch ein Rohr mit a verbundenen Gefäſse die erforderliche Malzmenge mit kaltem Wasser an und läſst nach Oeffnung eines entsprechenden Ventiles das Malz durch den Ueberdruck der Atmosphäre nach A hinüber pressen. Man erreicht hierdurch eine Erniedrigung der Temperatur auf 65°, welche für den Maischproceſs die vortheilhafteste ist. Nun wird mittels des Rührwerkes gut gemischt und die Masse nach 15 bis 30 Minuten durch das Ventil e abgelassen. Die ganze Operation dauert, einschlieſslich der Reinigung und Neubeschickung, etwa 3 Stunden. Bei der Verwendung von Körnerfrüchten ist das Verfahren etwas abweichend. Es wird dabei der Cylinder A mit einer passenden Menge Wasser von 60° beschickt und unter beständigem Gange des Rührwerkes das geschrotene oder gequetschte Korn, Hirse, Mais u. dgl. durch die Mannlöcher b eingetragen; dann werden Condensator und Luftpumpe in der oben angegebenen Weise in Thätigkeit gesetzt, unter gleichzeitiger Bewegung des Rührwerkes, und im Cylinder A eine Luftleere gegen 68cm hervorgebracht. Nun läſst man Dampf einströmen, bis die Temperatur der Masse im Cylinder auf etwa 112°, bei sehr harten Körnern auf etwa 150° gestiegen ist; die Masse bleibt dann ¼ bis ½ Stunde dem Dampfdrucke von 1 bis 3at ausgesetzt, nachdem schon bei etwa 60° derselben Condensator- und Luftpumpe abgestellt und das Ventil f geschlossen waren. Die erst wirksame Luftleere soll die Schrottheilchen möglichst lockern, während der spätere hohe Dampfdruck und die Temperatur die Aufweichung der Masse durch das Wasser unterstützen. Das weitere Verfahren ist dann ganz so wie bei dem Einmaischen von Kartoffeln. Die heraustretende Maische muſs nun noch weiter gekühlt werden, was mittels der gewöhnlichen Kühler, wie sie z.B. Nägeli (* 1872 203 315) und Siemens (* 1872 205 29) angeben, ausgeführt werden kann. Um eine vollständige Abkühlung schon innerhalb des Apparates zu erreichen, wird derselbe wohl mit einem Mantel umgeben, der durch n mit Kühlwasser versorgt wird, das durch p wieder abflieſst. Vortheilhafter dürfte es sein, statt dessen den ganzen Apparat mit einer Isolirschicht zu umgeben, um die starke Abkühlung während des Kochprocesses zu vermeiden. BöhmM. Märcker: Handbuch der Spiritusfabrikation (Berlin 1877), * S. 239. hat diesen Apparat dadurch verbessert, daſs er den Rührer l hohl aus Kupferblech herstellt und durch diesen, sobald der Kochproceſs beendigt ist, kaltes Wasser leitet, bis die Maischtemperatur erreicht ist, dann nach beendetem Maischproceſs weiter kühlt bis zur Gährungstemperatur. Dadurch wird der Condensator B, die Luftpumpe und der Kühlapparat überflüssig: die Dauer der ganzen Operation beträgt 4 bis 5 Stunden. Der Maischapparat von L. KrupskiMoniteur industriel belge, 1876 * S. 551. ist, wie Fig. 3 Taf. 15 zeigt, ähnlich construirt. Der aus starkem Eisenblech hergestellte Cylinder A ist unten 1m,5, oben 1m,4 weit und trägt das Sicherheitsventil q, die beiden Mannlöcher p und eine Verschluſsschraube r. Der Apparat wird wie gewöhnlich mit Kartoffeln gefüllt, dann wird durch das mit Manometer s versehene Rohr t Dampf langsam eingelassen. Das Condensationswasser läſst man aus l ablaufen; sobald jedoch starke Dämpfe austreten, wird l geschlossen und der Hahn des Rohres h geöffnet, bis das in B befindliche Wasser durch den entweichenden Dampf zum Sieden erhitzt ist. Nun werden die Hähne des Rohres v geöffnet, so daſs die erforderliche Menge Wasser nach A flieſst, dann v und b geschlossen und gespannte Dämpfe durch t rasch zugelassen, bis ein Druck von 2 bis 2at,5 erreicht ist. Jetzt wird die 10cm starke schmiedeiserne Welle a, welche die guſseisernen Arme c trägt, in Bewegung gesetzt, bis die Kartoffeln zerkleinert sind. Ist dies erreicht, so wird t geschlossen und b geöffnet, der abgehende Dampf somit zum Vorwärmen des in B befindlichen Wassers benutzt. Zur weiteren Abkühlung auf die Verzuckerungstemperatur wird in den Trichter e kaltes Wasser eingelassen. Daſselbe flieſst durch die 26mm weite innere Bohrung der Welle a, tritt seitlich bei f in die untersten hohlen Arme c und deren Ansätze aus Kupferblech d, steigt durch g, h, i und k in die Höhe, um sich in die Schale m zu ergieſsen und von hier abgeführt zu werden. Gleichzeitig wird durch die rund um den Cylinder A geführten Rohre n derselbe in einen feinen Regen kalten Wassers eingehüllt, wodurch die Abkühlung allerdings beschleunigt, zugleich aber auch der Arbeitsraum mit Dämpfen gefüllt wird. Sobald die gewünschte Temperatur erreicht ist, läſst man das im Behälter C mit Wasser angerührte Malz durch z zuflieſsen, maischt 20 bis 30 Minuten, setzt die unterbrochene Kühlung wieder in Gang und läſst schlieſslich die auf Gährtemperatur abgekühlte Maische durch u austreten. Diese drei Apparate erfordern eine ziemlich groſse Maschinenkraft. Es ist demnach als ein weiterer groſser Fortschritt zu bezeichnen, daſs H. HenzeK. Stammer: Die Branntweinbrennerei (Braunschweig 1878. Friedr. Vieweg und Sohn), * S. 451. – Henze ist am 3. November 1878 auf seinem Gute Weichnitz in Schlesien gestorben. im J. 1873 zuerst den Gedanken aussprach, zur Zerkleinerung der Kartoffeln seien derartige Rührvorrichtungen gar nicht erforderlich. Der Henze'sche Dämpfer ist ein aus starkem Kesselblech hergestellter stehender Cylinder, welcher unten conisch verjüngt (vgl. Fig. 4 Taf. 15) und mit Manometer und Sicherheitsventil versehen ist. Derselbe wird durch das im Deckel angebrachte Mannloch mit Kartoffeln gefüllt dann wird durch zwei Rohre Dampf zugeführt, von denen eines unter dem Deckel, eines im conischen Theile mündet, bis bei geöffnetem Sicherheitsventil alle Luft entfernt ist, worauf man 2 bis 3at Dampfdruck gibt. Nach der Dämpfung wird das untere Ventil geöffnet, so daſs die Kartoffeln herausgedrückt und dadurch fein zerstäubt werden. Die so ohne mechanischen Kraftaufwand völlig zerkleinerten Kartoffeln gelangen nun in einen Vormaischbottig mit Wasserkühlung, treffen hier mit dem erforderlichen Malz zusammen, werden dadurch sofort verflüssigt und können daher leicht gemaischt werden. Gebrüder Avenarius in Berlin (*D. R. P. Nr. 1213 vom 12. October 1877) haben, um zu verhüten, daſs sich einzelne Theile der Einwirkung des Dampfes entziehen, diesen Dämpfer dahin abgeändert, daſs der Dampf nicht mehr durch zwei Rohre eintritt, sondern durch drei Rohrsysteme b, c und d (Fig. 4 bis 7 Taf. 15) mit zweimal acht und zweimal sechs tangential an den Ecken eines regulären Sechseckes bezieh. Achteckes ausmündenden Dampfausströmungen a. Dadurch soll eine starke Bewegung der Masse erzeugt werden, so daſs beim Oeffnen des Abblaseventiles V die Masse noch besser zerkleinert herausgeschleudert wird, als dies bei dem ursprünglichen Apparate der Fall ist, dessen sonstige Einrichtung mit Mannloch m, Sicherheitsventil s und Manometer n übrigens unverändert beibehalten wurde. Der Henze'sche Dämpfer hat, weil er keine nennenswerthe Maschinenkraft erfordert, bereits eine groſse Verbreitung gefunden. Als Nachtheil wird ihm vorgeworfen, daſs beim Abblasen der Arbeitsraum in eine dicke Dampfwolke gehüllt, das Malz leicht verbrüht wird und daſs schlechte Kartoffeln nicht hinreichend zerkleinert werden.

Tafeln

Tafel Tafel 15
Tafel 15