Titel: | Ueber Sheabutter; von C. Deite. |
Autor: | C. Deite |
Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, S. 168 |
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Ueber Sheabutter; von C. Deite.
Deite, über Sheabutter.
Auf der Pariser Ausstellung 1878 hatte die Königliche
Hofkerzenfabrik in Brüssel neben ihren Fabrikaten Sheabutter und daraus
gewonnene Fettsäuren, letztere als Laboratoriumsproducte bezeichnet, ausgestellt. Bei dieser
Gelegenheit wies die genannte Firma auf die groſse Bedeutung hin, welche dieses
Fett, das in Folge der durch kriegerische Unruhen und groſse Ueberschwemmungen
bedeutend gesteigerten Palmölpreise seit einiger Zeit in gröſserer Menge auf dem
europäischen Markte erscheint, wegen des hohen Schmelzpunktes der daraus
darstellbaren Fettsäuren für die Stearinindustrie hat. Da in einem Vortrage, welchen
der Director PfaffNeue Wochenschrift für den Oel- und
Fettwaarenhandel, 1878 S. 76. der Pommerensdorfer Fabrik
zu Anfang des Jahres 1878 in der Polytechnischen Gesellschaft in Stettin hielt,
gleichfalls die Wichtigkeit dieses Pflanzenfettes für die bezeichnete Industrie
hervorgehoben ist, so dürfte es nicht ungerechtfertigt sein, dasselbe hier näher zu
besprechen.
Die Sheabutter wird aus den Samen einer Bassia-Art, eines Baumes, der zur Familie der
Sapoteen gehört, in Indien und an der Westküste Afrikas gewonnen. Es sind mehrere
Species der Gattung Bassia, welche Fett liefern; doch sind dieselben noch nicht
genau ermittelt. Die Galam-, Mawah-, Choorie- und Phulawarahbutter, das Illipe-,
Djave- und Noungonöl sind nach WiesnerJ. Wiesner: Die Rohstoffe des Pflanzenreiches
(Leipzig 1873), S. 211. sämmtlich Bassiafett. Kotschy bezeichnet den Baum, dessen Samen die
Sheabutter liefern, als Butyrospermum Parkii;
OlivierTransactions of the Linnean Society of London,
*Bd. 29 S. 104. als Bassia Parkii.
Wiesner hält es für wahrscheinlich, daſs die Bassia
butyracea Roxb. (Indien, Senegal) die Sheabutter, B. longifolia L. und B. latifolia Roxb.
(Indien) das Illipeöl oder die Mawahbutter liefern; dagegen erklärt er für noch
nicht festgestellt, welche Species das westafrikanische Djave- und Noungonfett
geben. Die Frucht, von der die Sheabutter stammt, hat nach Olivier die Groſse eines Taubeneies. Unter einer dünnen Schale findet sich
ein Fleisch von ausgezeichnetem Geschmack; dieses bedeckt wieder einen Kern und aus
diesem letztern wird die Butter gewonnen.
Zur Gewinnung des Fettes werden die Kerne, welche zuvor an der Sonne getrocknet sind,
zerstoſsen und dann in groſse irdene Töpfe gebracht, in welchen sie mit Wasser
ausgekocht werden. In dem Maſse, als das Fett an der Oberfläche erscheint, wird es
abgeschöpft. Das so gewonnene Fett hat bei gewöhnlicher Temperatur Butterconsistenz,
ist grauweiſs oder grünlichweiſs, von einer eigenthümlich zähen, klebrigen
Beschaffenheit, ähnlich einem Gemisch von Fett und Terpentin und besitzt einen
eigentümlichen aromatischen Geruch. Es hält sich sehr lange, ohne ranzig zu werden,
und wird deshalb von den Eingebornen als Speisefett sehr geschätzt. Der Schmelzpunkt
der Sheabutter wird ziemlich verschieden angegeben; während Thomson und WootAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 72 S.
273. fanden, daſs das Fett bei 35° erweicht und 43°,3 schmilzt,
gibt ChâteauDie Fette, deutsch von Hartmann (Leipzig 1864), S. 255. den Schmelzpunkt auf
29° und die obengenannte Brüsseler Stearinfabrik denselben auf 23 bis 24° an. Es ist
möglich, daſs diesen Bestimmungen Fette verschiedener Abstammung zu Grunde gelegen
haben, aber auch ebenso möglich, daſs die verschiedenen Angaben auf die zur
Untersuchung benutzten Methoden, bezieh. die Individualität der Beobachter
zurückzuführen sind. Bei Körpern wie die Fette, bei welchen man den Schmelzpunkt
nicht direct bestimmen kann, sondern nur auf Umwegen zum Ziele gelangt, und bei
welchen Schmelzpunkt und Erstarrungspunkt scheinbar nicht zusammenfallen, ist es nur
zu erklärlich, daſs die Schmelzpunkte bei fast allen natürlichen Fetten sehr
verschieden angegeben werden. Ich will nur daran erinnern, daſs die Angaben über den
Schmelzpunkt des Rindtalges zwischen 37° und 59°,6 schwanken.
Thomson und WoodDie Fette, deutsch von Hartmann (Leipzig 1864), S. 255. wollen aus der
Sheabutter durch Verseifen mit Kalilauge und Zersetzen der gebildeten Seife durch
Weinsteinsäure, öfter wiederholtes Lösen in Alkohol, Umkrystallisiren und Pressen
zwischen Flieſspapier eine feste Säure von 61° Schmelzpunkt erhalten haben, die sie
als Margarinsäure bezeichnen. A. C. Oudemanns jun.Journal für praktische Chemie, Bd. 89 S.
215. dagegen fand, daſs dieses Fett bei der Verseifung ein
Gemisch aus einer festen Fettsäure von 69° Schmelzpunkt und einer flüssigen gibt;
die erstere wurde als Stearinsäure bestimmt. Das in der Sheabutter enthaltene
flüssige Fett ist nach Pelouze und BoudetAnnales de Pharmacie, Bd. 29 S. 43.
Oleïn. Die Angabe, daſs die feste Fettsäure Stearinsäure ist, wurde später von H. L. BuffInaugural-Dissertation (Göttingen 1863), S. 17. bestätigt. Pfaff fand nun, daſs die Sheabutter auſser Stearin und
Oleïn, die sich wie 7 : 3 verhalten, auch noch 3,5 Proc. Wachs enthält und daher
ihre klebrige Beschaffenheit rührt. Durch Behandeln mit 2 Proc. concentrirter
Schwefelsäure bei 160 bis 170° und nachfolgendes Destilliren mit überhitztem
Wasserdampf gewann derselbe aus der Sheabutter ein schwach gelblich gefärbtes
Fettsäuregemisch von 56° Schmelzpunkt und durch Abpressen eine blendend weiſse
Fettsäure kristallinischer Structur von 66°
Schmelzpunkt. Die oben genannte Brüsseler Kerzenfabrik erhielt durch Behandeln mit
concentrirter Schwefelsäure und nachfolgende Destillation Fettsäuren von 52 bis 54°
Schmelzpunkt, die jedoch ein öliges Ansehen hatten, und durch Pressen daraus ein
Stearin von über 60° Schmelzpunkt. Dieses letztere bildete trotz seines hohen
Schmelzpunktes eine weiche, zerreibliche Masse, welche rein zur Kerzenfabrikation
nicht verwendet werden konnte, aber im hohen Grade die Eigenschaft besitzt, sich
beim Erkalten zusammenzuziehen. In Folge seiner schwammigen Beschaffenheit hält
dieses Stearin auch in der Warmpresse die färbenden Bestandtheile zurück und läſst sich daher schwer
reinigen. Sobald man diese Schwierigkeit überwunden haben wird, sobald man ein
Mittel gefunden hat, die Sheabutter leicht zu verarbeiten, hebt die bezeichnete
Stearinfabrik hervor, werden die Stearinfabrikanten darin ein sehr werthvolles
Rohmaterial finden. Ich halte diese Schwierigkeit nicht für groſs. Die Erscheinung,
daſs das Stearin aus der Sheabutter trotz seines hohen Schmelzpunktes weich und
zerreiblich ist, erklärt sich aus der Thatsache, daſs dasselbe reine Stearinsäure
und kein Gemisch von festen Fettsäuren ist. Es hat zuerst H.
KoppAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 93 S.
184. darauf hingewiesen, daſs die reinen Fettsäuren weich, locker
und leicht zerreiblich sind, und daſs die Entfernung der Oelsäure durch Auspressen
nur dann möglich ist, wenn die fetten Säuren gemischt sind. Sie werden dann dichter
und härter und können so dem Drucke ausgesetzt werden, welcher erforderlich ist, um
die Oelsäure abzupressen. Die reinen Säuren ziehen sich beim Erkalten so zusammen,
daſs daraus gegossene Kerzen kein schönes Ansehen erhalten. Das Gemisch der Säuren
ist wenig krystallinisch bis amorph, und ist dies der Grund, weshalb sich aus der
halb erstarrten Masse dichte, nichtkrystallinische Kerzen gieſsen lassen. Kerzen aus
reinen Fettsäuren sind weich, zerreiblich und nicht durchscheinend und besitzen
keinen Glanz; Kerzen aus einem Gemisch von festen Fettsäuren sind hart, glänzend und
durchscheinend. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, die Sheabutter in den
Stearinfabriken nicht allein, sondern mit Palmitin-haltigem Fett gemischt zu
verarbeiten. Die unangenehmen Eigenschaften, welche die Sheabutter zeigt, wenn sie
allein verarbeitet wird, werden dann sicherlich nicht zum Vorschein kommen; der
geeignetste Zusatz dürfte Palmöl sein.
Auf der Küste von Coromandel wird, wie Wiesner
mittheilt, das Fett der Bassia butyracea schon seit
längerer Zeit zur Seifenbereitung benutzt; die Brüsseler Firma gibt an, daſs die
Sheabutter eine schöne harte, weiſse Seife liefert, welche jedoch nicht schäumt.
Schlieſslich will ich noch erwähnen, daſs die mehrfach genannte Brüsseler
Stearinfabrik es für am geeignetsten hält, nicht das Fett selbst, sondern die Samen
einzuführen und in Europa zu verarbeiten, um so zugleich ein sehr gutes Speisefett
zu gewinnen.