Titel: | Ventildampfmaschine mit Präcisionssteuerung, Patent A. Knoevenagel. |
Autor: | Fse. |
Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, S. 221 |
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Ventildampfmaschine mit Präcisionssteuerung,
Patent A.
Knoevenagel.
Mit Abbildungen auf Tafel 20.
Knoevenagel's Ventildampfmaschine mit
Präcisionssteuerung.
Auf der Allgemeinen Gewerbe-Ausstellung für die Provinz
Hannover 1878 wurde die Hauptbetriebskraft in der
Maschinenhalle von einer Ventildampfmaschine aus der Maschinenfabrik von A. Knoevenagel in Hannover geliefert, welche mit einer
neuen, dem Erfinder patentirten Präcisionssteuerung (*D. R. P. Nr. 2102 vom 15.
Januar 1878) ausgestattet war. Wie die bezüglichen Figuren auf Taf. 20 zeigen, ist
der durch einen Fuſs unterstützte Cylinder mit seiner vorderen Flansche an den
bajonetförmig construirten Ständer (mit ausgebohrter Gleitbahn und vierschaligem
Kurbellager) angeschraubt; der Dampf eintritt und Austritt geschieht von Unten; der frische Dampf umspült den Cylinder, ehe er durch
das in der Mitte über demselben angebrachte Absperrventil zu den seitlich liegenden
Einströmungsventilen gelangt; die Ausströmungsventile befinden sich an der tiefsten
Stelle des Cylinders; in dem Dampfzuleitungsrohr ist ein selbstthätiger
Condensationswasser-Ableiter eingeschaltet. Die Dimensionen des Cylinders sind
360mm Durchmesser bei 780mm Hub; das Schwungrad von 4m Durchmesser ist mit 5 keilförmigen Nuthen zur
Aufnahme von 45mm starken Hanfseilen versehen. Die
normale Tourenzahl der Maschine beträgt 75 in der Minute, was einer
Kolbengeschwindigkeit von secundlich 1m,950
entspricht. Die Steuerung der vier Ventile sowie die Regulatorbewegung wird von
einer durch conische Räder mit der Kurbelwelle in Verbindung stehenden Steuerwelle
abgeleitet; die Bewegung der Auslaſsventile geschieht durch unrunde Scheiben, die
der Eintrittsventile durch Excenter.
Die Steuerung der Einströmungsventile, welche in Fig. 7 in
ihrer kinematischen Anordnung, in Fig. 4, 5
und 6 in der constructiven Ausführung dargestellt ist, gehört in die Klasse
derjenigen Präcisionssteuerungen, bei welchen, um veränderliche Expansion zu
erzielen, der active Mitnehmer durch den Regulator
verstellt wird. Die Einrichtung ist folgende:
Die Excenterstange a gleitet in einer Hülse b, welche an dem Hebel c
drehbar aufgehängt ist, und muſs so oberhalb ihres Schwingungspunktes auſser der
auf- und niedergehenden eine hin- und hergehende Bewegung ausführen. Die gehärtete
Nase d, welche durch eine Schraube in dem Schlitz der
Excenterstange befestigt ist, wird demnach im Laufe der Bewegung eine eiförmige
Curve beschreiben. Während des Niederganges trifft dieselbe bei der angedeuteten
Drehrichtung der Steuerwelle auf die ebenfalls gehärtete Nase e des mit den Hebeln f und
g zu einem Parallelogramm vereinigten Gelenkstückes
h, drückt dieses nieder und hebt so durch
Vermittlung des Hebels f das Ventil, welches an der Stange i aufgehängt ist. Bei fortschreitender Bewegung gleiten
die beiden Nasen von einander ab, das Parallelogramm wird frei, die in dem Gehäuse
k eingeschlossene Feder kommt zur Wirkung,
schlieſst das Ventil und bringt das Parallelogramm in seine ursprüngliche Lage
zurück, in welcher es auſser durch Eigengewicht durch die kleine Feder l festgehalten wird. Je nach der Dauer der Einwirkung
der beiden Nasen auf einander findet nun ein anderer Füllungsgrad statt; derselbe
wird vergröſsert, wenn die Curve, welche die Nase an der Excenterstange beschreibt,
mehr nach innen, und verringert, wenn sie mehr nach auſsen liegt. Um nun die
Excenterstange entsprechend zu verstellen, ist der Hebel c auf den excentrischen Zapfen m der mit dem
Regulator durch den Hebel n in Verbindung stehenden
Welle o gesteckt und findet gleichzeitig durch eine
kleine Coulisse Führung an dem festen Punkte p. Sobald
der Regulator (und damit der Hebel n) in die Höhe geht,
kommt der excentrische Zapfen mehr nach rechts und bewegt den Coulissenhebel und
damit die ganze Excenterstange mehr nach auſsen, wodurch die Füllung verringert wird
und umgekehrt.
Die Grenzstellungen sind in Fig. 7
angedeutet. Bei Beschreibung der Curve αβγ, welche ganz
auſserhalb des Parallelogrammes liegt, findet offenbar gar keine Einwirkung der
beiden Nasen auf einander statt; bewegt sich dagegen die Nase der Excenterstange in
der Curve α1
β1
γ1, so tritt erst bei
80 Proc. des Kolbenhubes ein Abgleiten ein. Die Füllung wird also zwischen 0 und 80
Proc. selbstthätig durch den Regulator verändert.
Um ein für alle Füllungsgrade constantes Voreilen zu erzielen, ist die Gleitfläche
der Nase e nach einem Kreisbogen um den Punkt q (Stellung der Excentricität bei Beginn der
Einströmung) gekrümmt. Die Parallelführung derselben ist ferner deshalb nothwendig,
damit die beiden Gleitflächen während der ganzen Zeitdauer ihrer Berührung eine von
der parallelen möglichst wenig abweichende Lage gegen einander behalten. Durch
Einschaltung einer Mutter mit rechts- und linksgängigem Gewinde in dem Hebel g hat man ferner ein sehr bequemes Regulirungsmittel
gefunden, welches auch geeignet ist, die Ungleichförmigkeiten der Dampfvertheilung,
hervorgerufen durch die endliche Länge der Schubstange, gröſstentheils zu
beseitigen.
Was die Einwirkung des Regulators auf die Steuerung anlangt, so ist durch die
getroffene Hebelanordnung mit excentrischem Zapfen und Coulisse eine groſse
Kraftreduction erzielt worden, so daſs der Regulator mit der gröſsten Leichtigkeit
die Expansion verstellt und ebenso eine Rückwirkung der in den Steuertheilen
auftretenden Kraftwirkungen auf jenen absolut nicht wahrnehmbar ist. Die bei anderen
Steuerungen übliche Oelpumpe zur Vermeidung des unruhigen Ganges im Regulator ist
hier daher überflüssig. Wie ferner die in Fig. 7
angedeutete Scale zeigt, nimmt die Empfindlichkeit der Steuerung mit abnehmendem Füllungsgrade
ebenfalls sehr bedeutend ab, so daſs für solche geringe Füllungen, mit denen der
vortheilhaftesten Dampfausnutzung wegen Präcisionssteuerungen meistens arbeiten, ein
verhältniſsmäſsig groſser Regulatorweg erst eine geringe Veränderung der Füllung
herbeiführt. Ein sehr ruhiger Gang bei veränderlichen Widerständen ist die Folge
dieser Eigenschaft der Steuerung. Als wesentlicher Vortheil der Construction dürfte
schlieſslich die Vermeidung jeden Zusammenhanges zwischen den passiven (am
Ventilbocke befestigten) Steuertheilen und den mit dem Regulator und der Steuerwelle
in Verbindung stehenden activen Theilen zu bezeichnen sein, welche Einrichtung ein
Herausnehmen und Nachsehen der Ventile sehr erleichtert, da solches ohne Lösung
irgend welcher Organe der Steuerung geschehen kann.
Fse.