Titel: | Elektrische Lampe von S. Marcus und B. Egger in Wien. |
Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, S. 423 |
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Elektrische Lampe von S. Marcus und B. Egger in Wien.
Mit Abbildungen auf Tafel 39.
Marcus und Egger's elektrische Lampe.
Die in Fig. 1 bis 3 Taf. 39
dargestellte Lampe beruht auf der Wirkung der elektrischen Spiralanziehung und ist
die erste, welche dieses Princip für die Construction elektrischer Lichtregulatoren
in höchst einfacher Weise zur gebührenden Geltung bringt. Den vielen Vorzügen,
welche dieses Princip anderen gegenüber bietet, stellte sich bisher als
Hauptschwierigkeit der Umstand entgegen, daſs der Weg, welchen ein in eine Spirale
hineingezogener Eisenkern zurückgelegt, relativ sehr kurz ist und insbesondere, daſs
die Kraft, welche bei seiner fortschreitenden Bewegung auf ihn einwirkt, von
ungleicher Intensität ist; dies veranlaſste bei früheren Constructionen elektrischer
Lampen, welche nicht blos für kurze Zeit (z.B. bei Schul versuchen), sondern für
praktische Zwecke dienen sollten, die eine lange Brenndauer (z.B. für
Hafenbeleuchtung u. dgl.) erheischten, einen Uebertragungsmechanismus anzubringen,
dem die Aufgabe zufiel, auch verhältniſsmäſsig lange Kohlenspitzen, deren Maſs weit
über das des Weges, welchen der Eisenkern in der Spirale zurücklegt, hinausreicht,
möglichst gleichförmig nachzuschieben.
Solche Mechanismen, welche meist aus Zahnrädern, Zahnstangen, Federn, Hebeln u. dgl.
zusammengesetzt sind, veranlassen wegen ihrer Complication nicht selten plötzliche
Störungen, welche Jedem, der sich mit der elektrischen Beleuchtung befaſst hat,
bekannt sind; um diese zu vermeiden, ist bei der von S.
Marcus und B. Egger in Wien (*D. R. P. Nr. 304
vom 12. Juli 1877) angegebenen Lampe von einem solchen Uebertragungsmechanismus ganz
abgesehen worden und die Regulirung der Kohlenspitzen, gleichviel ob kurze oder
lange Stücke zur Verwendung kommen, direct durch die Spiralanziehung
bewerkstelligt.
Wie die schematische Figur 3
veranschaulicht, ist die Spirale derartig construirt, daſs sie stets mit dem Maximum
ihrer Kraftleistung auf den Eisenkern einwirkt, und daſs der Weg, welchen derselbe
zurücklegen soll, beliebig lang sein kann. Sie besteht aus einer gröſseren Anzahl
selbstständiger Spiralen von geringer Höhe, welche sämmtlich hinter einander zu
einer einzigen Spirale sich verbinden; auſserdem sind beide Enden jeder der
kleineren Spiralen mit kleinen Metallschienen m bis m7 und n1 bis n7 verbunden, welche an
den beiden aus Kautschuk oder sonst einem isolirenden Material gefertigten Stäben
o und o1 geschraubt sind.
Die Einleitung des elektrischen Stromes in die Spirale, sowie dessen Austritt,
geschieht mittels der an federnden Metallstreifen i und
i1, angebrachten
Contactrollen h und h1, welche auf den kleinen Schienen nur sechs kleine
Spiralenabtheilungen s in sich schlieſsen; somit nimmt
der Strom nur durch diese sechs und nicht durch sämmtliche Windungen seinen Weg. In
dem Maſse, als die Contactrollen nach aufwärts oder abwärts gleiten, schlieſsen sie
auf der einen Seite neue kleine Spiralenabtheilungen in den Stromkreis ein, während
gleichzeitig auf der anderen Seite früher in demselben befindliche ausgeschaltet
werden.
Der Eisenkern E (Fig. 3),
welcher durch die Stange F und das metallene Querstück
L mit dem Metallstreifen i,
i' verbunden ist, hat zu den vom Strome durchlaufenen Spiralenabtheilungen
eine solche Stellung, daſs er mit voller Intensität in dieselben hineingezogen wird
(er ragt nämlich ungefähr ⅓ über dieselben hinaus), und da das gegenseitige
Verhältniſs von Eisenkern und wirksamer Spiralenabtheilung in Folge der mit dem
Eisenkern parallel laufenden Contactrollen sich nicht ändert, so legt der Eisenkern
seinen ganzen Weg unter gleicher Krafteinwirkung zurück.
Eine weitere Eigenartigkeit liegt in der Anwendung der Doppelnuthrolle R (Fig. 2).
Dieselbe hat den Zweck, die durch das Abbrennen bedingte Nachschiebung der oberen
Kohle, welche sich zu der unteren wie zwei zu eins verhalten soll, zu vermitteln.
Dies zu erreichen, ist die Rolle R mit zwei Nuthen
versehen, deren Durchmesser sich wie 2 zu 1 verhalten; in jeder derselben ist an
einem Punkte ein dünnes Stahlband befestigt. Das Stahlband, welches in der Nuth von
kleinerem Umfange geführt wird, ist über die kleine Gleitrolle p nach abwärts gebogen und mit dem Eisenkern E verbunden, während das zweite Stahlband die im hohlen
Ständer S frei bewegliche Stange T an einem Zapfen trägt. Es ist klar, daſs jede
Bewegung des Eisenkernes nach aufwärts oder abwärts stets die entgegengesetzte
Bewegung der Stange T zur Folge hat, und zwar
entsprechend den ungleichen Durchmessern der Nuthen im Verhältniſs von 2 zu 1; da
nun das untere Kohlenstäbchen mittels der Klemme u1 mit dem Eisenkern und das obere mittels der an dem
Querarm Q befindlichen Klemme u mit der Stange T
verbunden ist, so
erhalten auch die Kohlenspitzen die für die Regulirung erforderliche Bewegung.
Die Gewichtsstücke Z dienen theils zur Entlastung der
beiden Kohlenspitzen sammt deren Träger, theils und insbesondere aber dazu, die
beiden Kohlenspitzen in einen der jeweiligen Stromstärke entsprechend günstigen
Abstand von einander einzustellen; durch Auflegen oder Hinwegnehmen von flachen
Gewichtchen läſst sich derselbe empirisch leicht ermitteln.
Um die Lampe in Thätigkeit zu setzen, wird die Stange T
durch Auflage von Gewichtchen auf die Schale des Querstückes L in eine solche Gleichgewichtslage mit dem in der Spirale spielenden
Eisenkerne gebracht, daſs sich die Kohlenspitzen leicht berühren. Dann schraubt man
in die Klemmen k und k1 die Polenenden eines kräftigen elektrischen
Stromgebers. Der Strom nimmt nun bei der in Fig. 3
veranschaulichten Stellung des Eisenkernes E
folgendermaſsen seinen Weg: Von der Klemme k1 durch den Ständer S
und Stange T zu den beiden Kohlenspitzen H, H1 von hier zu dem
federnden Metallstreifen i1 (da die Isolirung M den Durchgang desselben
zum zweiten Metallstreifen i verhindert), weiter durch
die Contactrolle h in die von den kleinen Schienen m7, n1 eingeschlossenen sechs Spiralen s12 bis s7 und gelangt endlich
durch die zweite Contactrolle h in die Schiene y, welche isolirt neben den kleinen Schienen n bis n7 angeschraubt ist, zurück zu der Klemme k bezieh. zum zweiten Pole der Elektricitätsquelle.
Der Durchgang des Stromes durch die Spiralen hat nun, wie oben beschrieben, zur
Folge, daſs der Eisenkern etwas nach abwärts in dieselben hineingezogen wird; damit
entfernen sich gleichzeitig die Kohlenspitzen ein wenig von einander und der
elektrische Lichtbogen gelangt an der Unterbrechungsstelle zur Erscheinung. Da nun
mit der Zunahme der Stromintensität der Eisenkern kräftiger nach abwärts gezogen
wird, wodurch der Abstand zwischen den Spitzen sich vergröſsert, und andernfalls
beim Sinken der Stromstärke durch das Ueberwiegen der Gewichtsbelastung Z dieselbe verringert wird, so ergibt sich hieraus die
vollkommene selbstthätige Regulirung der Lampe.
Die Hauptvorzüge dieser Lampe lassen sich in folgenden Punkten
zusammenfassen: 1) Einfachheit der Construction. 2) Verläſslichkeit ihrer Function.
3) Daſs sie in Folge ihrer geringen Reibungsmomente auf jede Stromveränderung sofort
reagirt. 4) Daſs die Regulirung nicht wie bei Zahnrädern ruckweise, sondern stetig
vor sich geht, in Folge dessen 5) das Licht nicht mit zuckender, sondern mit ruhiger
Flamme brennt und endlich, was sich bei einer guten Lampe von selbst versteht, 6)
daſs der Lichtpunkt relativ zu einem an der Lampe anzubringenden Hohlspiegel
unveränderlich bleibt.
Diese Vorzüge eignen diese Lampe u.a. besonders zu Signal- und Beleuchtungszwecken
für Eisenbahnzüge, da selbst Stöſse und Erschütterungen die Lampe nicht in ihrer
Function beirren.