Titel: | Zur chemischen Technologie der Alkalien. |
Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, S. 519 |
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Zur chemischen Technologie der
Alkalien.
(Schluſs von S. 443 dieses Bandes.)
Mit Abbildungen auf Tafel 41.
Zur chemischen Technologie der Alkalien.
D. C. Knab in Paris (Englisches Patent Nr. 3082 vom 13.
August 1877) schlägt vor, Chlornatrium oder Chlorkalium mit der äquivalenten Menge
Bleiglätte und der 5fachen Wassermenge auf 80 bis 90° zu erhitzen. Das nach einigen
Stunden ausgeschiedene Chlorblei wird mittels Pressen von der kaustischen Lauge
getrennt und diese wird eingedampft. Das Chlorblei wird durch Ammoniumcarbonat
zersetzt., das ausgeschiedene kohlensaure Blei als Farbe verwerthet, oder durch
Glühen wieder in Glätte verwandelt, der Salmiak wird mittels Manganoxydul zersetzt.
Wird das dabei erhaltene Manganchlorür unter Luftzutritt geglüht, so entweicht Chlor
und Manganoxyd bleibt zurück, welches durch Erhitzen mit Schwefel wieder in Oxydul
verwandelt werden kann.
Darstellung von Soda und Potasche von K. Lieber in
Charlottenburg (*D. R. P. Nr. 1049 und Zusatz Nr. 1736 vom 12. Juli 1877).
100 Th. Chlornatrium oder Chlorkalium und 100 Th. Schwefelsäure von 50° B. werden
mit 200 bis 300 Th. Thonerdehydrat und so viel Wasser erwärmt, daſs die Masse beim
Erkalten erstarrt. Sie wird dann in gleichförmige nuſsgroſse Stücke gebracht, auf
der Darre D (Fig. 20
Taf. 41) getrocknet und in die Sulfatcylinder S
eingefüllt, die von dem abgehenden Feuer der Aluminatretorten erhitzt werden. Die
durch das Rohr C entweichende Salzsäure wird nach
passenden Condensationsapparaten geführt, die aus Sulfat und Thonerde bestehende
Masse in die Aluminatretorten A gebracht und dort mit
überhitztem Dampf aus dem Schlangenrohr U oder mit
Kohlenwasserstoffgas behandelt. Es bildet sich hierbei Alkalialuminat, während
schweflige Säure frei wird: die Masse wird, wenn sich keine schweflige Säure mehr
entwickelt und die Aluminatbildung somit vollständig beendigt ist, aus den Retorten
genommen und ausgelaugt, wobei die überschüssig zugesetzte Thonerde zurückbleibt.
Die Alkalialuminatlösung wird in bekannter Weise, wie bei der Sodafabrikation aus
Kryolith, mit Kohlensäure behandelt, die erhaltene kohlensaure Alkalilösung durch
Eindampfen u.s.w. in Soda oder in Potasche verwandelt, und das beim Carbonisiren
erhaltene, wiedergewonnene Thonerdehydrat wird von neuem mit regenerirter
Schwefelsäure und Chloralkali und der zuerst beim Auslaugen zurückgebliebenen
Thonerde gemengt, um, wie eben beschrieben, wiederum verwendet zu werden. Soll sie
jedoch zu Alaun u. dgl. verarbeitet werden, so empfiehlt Lieber 100 Th. gemahlenen Bauxit mit 60 bis 70 Th. Alkalichlorid und ebenso viel
Schwefelsäure zu mischen und dann, wie eben angegeben, zu behandeln.
Die bei der Aluminatbildung entwickelte schweflige Säure leitet man entweder durch
das Rohr B zur Bleikammer oder mit Luft gemischt direct
auf das ursprüngliche Thonerdegemisch. Auf Taf. 41 zeigt Fig. 20
einen Längsschnitt des hierzu verwendeten Apparates, Fig. 21
einen Horizontalschnitt desselben und Fig. 22
einen Querschnitt durch den halben Aluminatofen. Die in dem Generator C entwickelten Gase treffen in dem Kanal a mit der durch den Kanal L eintretenden erhitzten Luft zusammen. Die Feuergase erhitzen die
Retorten A zur Rothglut, verlassen diesen Ofen durch
den Kanal T, fallen in dem Ueberhitzer U herunter, erwärmen die Sulfatretorten S auf 400 bis 500° und gehen durch den Kanal v unter der Darre D hinweg
in den zum Schornstein führenden Kanal v. Die
Aluminatretorten bestehen aus zwei Stücken, der eigentlichen Retorte R (Fig. 22)
und dem Knierohr K. Dieselben sind oben und unten durch
eiserne Mundstücke i und d
verschlossen, durch welche die Masse eingeführt, bezieh. herausgenommen wird. In den
Retorten wird die Masse gehalten durch die beiden Chamottescheiben c und c1; letztere ist durchlöchert, um den überhitzten
Dampf durchzulassen, der vom Ueberhitzer U her
zugeführt wird. Letzterer besteht aus einem 60 bis 100m langen, spiralförmig gewundenen eisernen Rohre, durch welches Dampf
hindurch geführt wird.
Herstellung von Soda und Potasche aus Schwefelalkalien.
Nach E. Siermann in Pommerensdorf (D. R. P. Nr. 3280
von 18. Januar 1878) wird Schwefelkalium oder Schwefelnatrium mit Thonerde in einer
Kugelmühle innig gemischt; doch wird etwas weniger Thonerde genommen, als zur
Bildung von Aluminat erforderlich wäre. Dieses Gemisch wird in Muffelöfen unter
Luftzutritt erhitzt; die entwickelte Schwefligsäure wird in Bleikammern geleitet,
das gebildete Natriumaluminat wird in Wasser gelöst und nach dem Absetzen durch
Kohlensäure zersetzt. Die abgeschiedene Thonerde wird nach dem Trocknen zur
Zersetzung neuer Mengen Schwefelalkali verwendet und die Carbonatlösung, welche nur
wenig Sulfat enthält, eingedampft.
Gleichzeitige Herstellung von Aetzalkalien und
Thonerdepräparaten; von Q. und Fr. Löwig in Dresden (D. R. P. Nr. 93, 1650
und 2248 vom 3. Juli und 21. December 1877 und 5. Februar 1878). Da es bei der
Fabrikation von kaustischen Alkalien besonders darauf ankommt, ein möglichst reines
Product herzustellen, so muſs man bei der Verarbeitung von Thonerde, Bauxit,
Kryolith u.s.w. vermeiden, daſs man nicht mehr als 1 Aeq. Alkali auf 1 Aeq. Thonerde
anwendet, damit man neben Natriumaluminat nicht auch kohlensaures oder
schwefelsaures Natrium erhält. Man muſs demnach beim Glühen von Kryolith noch 2 Aeq.
Thonerde zusetzen, bei Bauxit berücksichtigen, wieviel Alkali
I. Tabelle zur Reduction der gefundenen Volume des Gases auf die
Temperatur von 0°.
Textabbildung Bd. 237, Zu S. 522
I. Tabelle zur Reduction der gefundenen Volume des Gases auf die
Temperatur von 0°.
Textabbildung Bd. 237, Zu S. 522
II. Tabelle zur Reduction der gefundenen Volume des Gases auf
einen Barometerstand von 760mm.
(Die am Barometer abgelesene Zahl ist für Temperaturen von 0 bis
12° um 1mm, für 13 bis 19° um 2mm, für 20 bis 25° um 3mm zu vermindern.)
Textabbildung Bd. 237, Zu S. 522
II. Tabelle zur Reduction der gefundenen Volume des Gases auf
einen Barometerstand von 760mm.
(Die am Barometer abgelesene Zahl ist für Temperaturen von 0 bis
12° um 1mm, für 13 bis 19° um 2mm, für 20 bis 25° um 3mm zu vermindern.)
Textabbildung Bd. 237, Zu S. 522
durch die im Bauxit enthaltene Kieselsäure gebunden wird;
durch Zusatz einer äquivalenten Menge Kalk läſst sich dieser Verlust vermeiden,
indem sich dann unlösliche Doppelsilicate von Thonerde und Kalk bilden. Uebrigens
kann man bedeutend mehr kohlensaures Alkali, als dem Thonerdegehalt des Bauxits
entsprechen würde, anwenden, da das in demselben enthaltene Eisenoxyd in gleicher
Weise wie die Thonerde in der Glühhitze aus den Alkalicarbonaten die Kohlensäure
austreibt und eine Verbindung von Eisenoxyd mit Alkali zu gleichen Aequivalenten
entsteht, die beim Auslaugen mit Wasser in freies Alkali und Eisenoxyd zerfällt. In
gleicher Weise kann man durch Glühen mit Eisenoxyd kohlensaure Alkalien ätzend
machen. Glüht man die Thonerde mit schwefelsauren Alkalien, so erhält man neben
Alkalialuminat schweflige Säure, die zum Bleikammerproceſs verwendet werden kann
(vgl. oben Lieber's Patent).
Zu der concentrirten Lösung des so erhaltenen Kalium- oder Natriumaluminates wird
unter Mitwirkung von Wärme dünner Kalkbrei (oder ein Brei von Baryt, Strontian- oder
Magnesiahydrat) so lange zugefügt, bis die Flüssigkeit vollkommen ätzend und
sämmtliche Thonerde ausgefällt ist. Man erhält eine Auflösung des Aetzalkalis,
während eine Verbindung von 3 Kalk (CaO) auf 1 Thonerde
(Al2
O3) vollkommen
unlöslich abgeschieden wird. Die Trennung der Lösung von dem Niederschlage wird auf
mechanische Weise vorgenommen. Die Lösung des kaustischen Natrons oder Kalis wird
entweder als solche oder als festes Hydrat nach erfolgtem Abdampfen in den Handel
gebracht. Der vollständig ausgewaschene Thonerdekalk (oder Thonerdebaryt, Strontian
oder Magnesia) wird in zwei gleiche Theile getheilt. Hierauf wird der eine dieser
Theile in Salzsäure vollständig gelöst und zu dieser Lösung der andere, nachdem er
mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt wurde, allmälig zugesetzt, bis eine
abfiltrirte Probe nur noch kleine Spuren von Thonerde in der Lösung zeigt. Auf diese
Weise scheidet sich unter Bildung von Chlorcalcium (bezieh. Chlorbarium,
Chlorstrontium oder Chlormagnesium) eine Modifikation von Thonerdehydrat aus, welche
zum Entfärben des Zuckersaftes dienen soll (vgl. 1878 228 350).
Um Chloraluminium herzustellen, wird Bauxit, Kaolin u. dgl. mit
Salzsäure unter Druck behandelt. In ähnlicher Weise will E.
W. Parnell (Englisches Patent Nr. 4144 vom 7. November 1877) ätzende
Alkalien dadurch herstellen, daſs er die kohlensauren Alkalien unter Druck roh Kalk
behandelt. Während die Lösungen in offenen Gefäſsen ein specifisches Gewicht von
höchstens 1,11 haben dürfen, kann er bei Anwendung von Druck solche von 1,2 sp. G.
anwenden.
R. Hasenclever bespricht S. 188 und 359 in der Chemischen Industrie, 1878 die wirtschaftliche Lage der
deutschen Sodaindustrie.
Danach befindet sich dieselbe in miſslicher Lage, seitdem
i. J. 1873 der Eingangszoll für calcinirte Soda von 4 auf 1,5 M. ermäſsigt ist. Die
Einfuhr von Soda, nach Abzug der ausgeführten, betrug in Centner zu 50k:
Im Jahre
Calc.Soda
Kaust.Soda
Kryst.Soda
Doppeltkohl. Natron
Zusammenauf 90°berechnet
1872
158167
23311
237334
5015
287645
1873
212713
38303
266074
9945
378169
1874
324480
77340
238709
8512
529894
1875
338199
123312
246080
10888
609624
1876
303414
161460
286550
10581
641849
1877
305907
?
230895
?
?
Für 1877 fehlen die Angaben für Aetznatron und Bicarbonat. Die
Production sämmtlicher deutschen Sodafabriken betrug vor Jahren annähernd 1160000
Ctr. jährlich, so daſs also schon i. J. 1872 rund 25 Proc. der inländischen
Production vom Auslande eingeführt wurde. Inzwischen ist die einheimische Production
auf 850000 Ctr. gesunken, die Einfuhr ist aber mehr wie doppelt so groſs als früher,
so daſs 1875 und 1876 sogar 75 Proc. der Production an fremder Soda eingeführt
worden ist.
Bei der Darstellung von Soda nach Leblanc werden etwa 75 Proc. für Materialien und 25 Proc. für Löhne
verausgabt. Der Grund, weshalb die deutsche Sodafabrikation mit der englischen nicht
concurriren kann, liegt dem entsprechend in der dort billigeren Beschaffung der
Rohstoffe. Besonders wirken die billigen Frachten, deren sich englische Industrielle
durch ihre maritime Lage, durch ihr ausgedehntes Kanal- und Eisenbahnnetz zu
erfreuen haben, auf den Herstellungspreis von Soda günstig ein, da 9 bis 10t Rohstoffe für 1t calcinirte Soda, auf 100 Proc. berechnet, erforderlich sind, und läſst
sich eine Preisdifferenz für Rohstoffe von 3,60 M. für 100k Soda zu Gunsten englischer Fabriken nachweisen.
Hasenclever führt dann aus, welchen Einfluſs eine
Erhöhung des Sodazolles auf 3 M. für 100k auf
andere Industriezweige haben würde; doch müssen wir bezüglich dieser Ausführung auf
unsere Quelle verweisen. (Vgl. auch 1877 223 302. 224 321. 1878 229 100.)
F.