Titel: | Ueber die Art der Verbrennung im Hohofen; von Prof. J. A. Church in Columbus, Ohio. |
Autor: | –r. |
Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 84 |
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Ueber die Art der Verbrennung im Hohofen; von
Prof. J. A. Church in
Columbus, Ohio.
Church, über die Art der Verbrennung im Hohofen.
Es ist Thatsache, daſs der Brennmaterial verbrauch, auf 1t Roheisen berechnet, in Holzkohlen-Hohöfen unter sonst gleichen
Betriebsbedingungen geringer ist als in Kokes- oder Anthracit-Hohöfen. Zur Erklärung
dieser Thatsache hat man verschiedene Theorien aufgestellt, welche indessen mehr
oder weniger anfechtbar sind.
Der Chemiker erblickt in der Eigenschaft der Holzkohle, groſsporig und locker zu
sein, das Vermögen, die vor der Form durch Verbrennung der Gebläseluft entstandene
Kohlensäure sofort zu Kohlenoxyd zu reduciren, noch bevor dieselbe das
Hohofengestell verlassen hat. Nimmt man selbst diese Voraussetzung als richtig an,
was in Anbetracht der Hindernisse, welche der Entnahme von Gasen aus einem
Hohofengestell zum Zweck der Analyse bis heute entgegenstehen, immerhin sehr gewagt
ist, so sind doch unzweifelhaft nachstehende Einwendungen berechtigt. Zunächst ist
erwiesen, daſs durchgehends die Reduction in einer ziemlich bedeutenden Höhe, 3 bis
7m über dem Gestell, stattfindet und der Ort
dieses Processes in Bezug auf den Brennmaterialverbrauch durchaus keine Rolle
spielt. Ferner aber würde die im Gestell stattfindende Reduction der Kohlensäure zu
Kohlenoxyd eine ganz beträchtliche Temperaturabnahme bedingen, während doch
feststeht, daſs die Gestelle von Holzkohlen-Hohöfen heiſser sind als diejenigen von
Kokes- oder Anthracit-Hohöfen. Der Praktiker erklärt sich den Vorgang dadurch, daſs
das dichte Brennmaterial der Verbrennung länger widersteht als das lockere, woraus
folgt, daſs bei Kokes- und Anthracit-Hohöfen dem eingeblasenen Winde eine grösere
Oberfläche an Brennmaterial dargeboten werden muſs, um in der Zeiteinheit ebenso
viel Kohlensäure zu liefern, als dies bei mit Holzkohle betriebenen Oefen der Fall
ist. Diese Theorie ist ganz richtig, allein der Schluſs auf gröſseren
Brennmaterialverbrauch ist falsch; denn um dem Gebläsewind eine gröſsere Oberfläche
der zu verbrennenden Kohle darzubieten, genügt es, die Dimensionen des
Hohofengestelles zu vergröſsern, ohne daſs es nöthig wäre, den Erzsatz auf eine
bestimmte Menge Brennmaterial zu vermindern.
Zur richtigen Erkennung der Einflüsse, welche in dem vorliegenden Falle zur Wirkung
kommen, ist es nothwendig, den Gegenstand von einer anderen Seite zu beleuchten. Vor
allen Dingen steht fest und muſs hervorgehoben werden, daſs für eine gegebene Menge
Brennmaterial das Gestell eines Holzkohlen-Hohofens wärmer ist als dasjenige eines
Kokes- oder Anthracit-Hohofens, und daſs ferner in einem Anthracit-Hohofen eine
verhältniſsmäſsig gröſsere Menge Brennmaterial das Gestell erreicht als in einem
Kokes- oder Holzkohlen-Hohofen. Die Erklärung für diese Thatsachen liegt
ausschlieſslich in dem verschiedenen Grade von Brennbarkeit der genannten
Materialien. Im Allgemeinen kann man den Grundsatz aufstellen, daſs unter gegebenen
Verhältnissen dasjenige Brennmaterial am besten seinen Zweck erfüllt, welches in der
Zeiteinheit die
gröſste Menge Sauerstoff aufnimmt, oder mit anderen Worten, der Werth eines
Brennmaterials steht im umgekehrten Verhältniſs zu dem Sauerstoffgehalt des Gases,
bei welchem es noch zu verbrennen im Stande ist.
Dies vorausgeschickt, wollen wir die Erscheinungen, welche beim Eintritt
atmosphärischer Luft in glühendes Brennmaterial statthaben, etwas näher betrachten.
Unsere Luft ist bekanntlich ein Gemisch von 23 Proc. Sauerstoff mit 77 Proc.
Stickstoff, und ihr Sauerstoffgehalt genügt, um bei einer groſsen Anzahl brennender
Körper die Verbrennung zu unterhalten; dagegen kann nicht bestritten werden, daſs je
nach der Natur des Brennmaterials die Verbrennung eine mehr oder weniger heftige
ist. So wissen wir, daſs Holzkohlen sehr leicht durch einige brennende Hobelspäne
entzündet werden können, während Anthracit zu demselben Zwecke schon eines recht
lebhaften Kohlenfeuers bedarf. Umgekehrt ist bekannt, daſs die atmosphärische Luft,
wenn ihr nur wenige Procent Kohlensäure beigemengt sind, die Flamme einer Kerze
nicht mehr zu unterhalten vermag. Hieraus folgt, daſs die in den Hohofen
eingeblasene Luft den gröſseren Theil ihres Sauerstoffes unmittelbar vor der Form
abgibt und die mittlere Partie des Gestelles in einem Zustande erreicht, wo zur
weiteren Sauerstoffaufnahme schon ein recht lockeres Brennmaterial gehört, wie wir
solches in der Holzkohle besitzen. Demnach erklärt sich leicht die höhere Temperatur
der Gestelle von Holzkohlen-Hohöfen.
Je gröſser die Menge Kohlenstoff ist, welche innerhalb eines gegebenen Raumes in der
Zeiteinheit verbrennt, oder mit anderen Worten, je kleiner der Weg ist, welchen der
Wind im Hohofen behufs Abgabe seines Sauerstoffgehaltes zu durchlaufen hat, um so
höher ist die erzeugte Temperatur. Da Holzkohle in Folge ihrer porösen Structur in
dieser Beziehung sowohl Kokes als Anthracit übertrifft, so ist ihr Vorrang vor den
beiden letztgenannten Brennmaterialien unleugbar; denn ihre Verbrennung findet fast
ausschlieſslich unterhalb der Schmelzzone statt, was, wie wir gleich sehen werden,
vom wesentlichsten Einfluſs auf den Brennmaterial verbrauch im Hohofen ist.
In Anthracit-Hohöfen ist der Vorgang wesentlich anders. Unmittelbar nach dem Eintritt
der Gebläseluft, findet hier wohl auch eine intensive Verbrennung statt; allein
nachdem der Sauerstoffgehalt der ersteren auf ein gewisses Maſs herabgemindert ist,
geht eine weitere Abgabe nur sehr allmälig und groſsentheils erst in höheren
Ofenregionen vor sich. Der Vortheil dadurch erzeugter höherer Temperatur wird durch
die Eigenschaft der darüber liegenden Kohlenschichten, auf die hoch erhitzten
kohlensauren Gase reducirend zu wirken, mehr als ausgeglichen. Beim Eintritt der
Gebläseluft in das Hohofengestell hat dieselbe in Folge der Lage der Düsen und
Formen eine horizontale Richtung, wird- aber durch die verticale Achse des Ofens
sehr bald aufwärts gezogen, so daſs die Resultante eine Curve in verticaler Ebene
bildet, wodurch der Windstrom mehr oder weniger von dem Eindringen in das
Gestellmittel abgelenkt wird. Dies, trägt dazu bei, daſs bei sehr dichtem
Brennmaterial, wie Anthracit, um so eher im Gestellmittel eine wenig oder gar nicht
brennende Säule sich befinden kann, welche abkühlend auf die Schmelzmasse wirkt.
Die Mittel, um bei verhältniſsmäſsig dichtem Brennmaterial möglichst vortheilhaft zu
hütten, beschränken sich darauf, daſs man die Höhe und Weite des Ofenschachtes
vergröſsert, die Temperatur der Gebläseluft erhöht und die Gestelle recht weit
macht. Die beiden ersten Mittel bewirken durch erhöhte Temperatur der zur
Verbrennung gelangenden Elemente eine intensivere chemische Vereinigung, während das
letzte der Verbrennungsluft einen längeren Aufenthalt im Gestell gestattet und eine
gröſsere Oberfläche an Brennmaterial darbietet. Das Verhalten der
Beschickungsmaterialien im Hohofen harmonirt übrigens genau mit den vorhergehenden
Schlüssen. Sowohl Eisenerze als Zuschlag schmelzen im Inneren des Hohofens, während
das Brennmaterial seine feste Form bis zu dem Punkte bewahrt, wo es zur Verbrennung
gelangt. Das in den Erzen enthaltene Eisen wird in irgend einer Zone des Ofens zu
Eisenschwamm verwandelt und gelangt in diesem Zustand wahrscheinlich bis dorthin, wo
es dem frischgebildeten, hoch erhitzten Kohlenoxydgas begegnet, um dort zu
schmelzen. Wenn die Gangart des Erzes ein leichtflüssiges Silicat ist, so schmilzt dieselbe schon in
den oberen Regionen des Ofenschachtes und überläſst in der eigentlichen Schmelzzone
den heiſsen Gasen nur das Flüssigmachen des Eisenschwammes. Sind dagegen die
Gangmittel streng flüssiger Natur, so gehen dieselben unverändert mit dem
Eisenschwamm bis zur Schmelzzone nieder und nehmen dort die heiſsen Gase neben der
Schmelzung des Eisens auch zu ihrer eigenen in Anspruch, was natürlich an dieser
Stelle, im Vergleich mit dem erstgenannten Falle, eine Herabminderung der Temperatur
zur Folge hat. Derjenige Ofenraum nun, welcher zwischen der Schmelzzone und dem
sogen. Eisenkasten liegt, d.h. demjenigen Theil des Gestelles, wo sich das
geschmolzene Eisen und die Schlacke ansammeln, ist ausschlieſslich mit Brennmaterial
angefüllt. Die Menge bezieh. die Höhe der hier lagernden Kohlenschicht, welche unter
dem Einfluſs der eindringenden Gebläseluft daselbst verbrennt, bedingt die
Temperatur des Gestelles und ist abhängig von der Menge Sauerstoff, welche in der
Secunde im Gestell verbrannt wird, dem Verhältniſs von Erz zum Kohlenstoff des
Brennmaterials und der relativen Schmelzbarkeit der Gangart in den Erzen. Ein schwer
schmelziges Erz wird demnach die Höhe dieser Brennmaterialschicht vermindern, und
die jaus dem Gestell aufsteigenden heiſsen Gase werden, wenn sie nicht an Menge
zunehmen, nicht mehr im Stande sein, ihr Schmelz vermögen über einen ebenso groſsen
Raum auszudehnen, als wenn die Gangart der Erze schon in höher gelegenen
Ofenregionen geschmolzen worden ist. Schwerschmelzige Erze haben daher den doppelten
Nachtheil, daſs sie zunächst, wegen der erforderlichen höheren Temperatur, mehr
Brennmaterial erheischen und auſserdem die Kohlenschicht im Gestell vermindern,
wodurch der Gebläseluft eine kleinere Oberfläche zur Verbrennung dargeboten wird. Um
daher die Schmelzzone in demselben Umfange wieder herzustellen, welchen sie bei
leichtflüssigen Erzen hat, ist eine gröſsere Menge Brennmaterial im Verhältniſs zu
dem aufgegebenen Eisenstein erforderlich. Genau dasselbe Resultat wird erzielt durch
die Verhüttung von dichtem Brennmaterial; letzteres nimmt für eine gegebene Höhe der
im Gestell vorhandenen Kohlensäule weniger Sauerstoff auf, erzeugt also weniger
Hitze, und der Umfang der Schmelzzone wird dadurch vermindert.
Nach der vorstehenden Auseinandersetzung gelangt man zu dem für den Hüttenmann gewiſs
unerhörten Schluſs, daſs für den Hohofenbetrieb das leichteste Brennmaterial das
beste ist. Die Verhüttung der Holzkohle im Gegensatz zum Anthracit liefert dafür den
schlagendsten Beweis, und trotzdem gibt man sich alle Mühe, um möglichst dichte
Kokes herzustellen, unter dem Vorwande, daſs leichte schwammige Kokes zu einer
vortheilhaften und billigen Roheisenproduction nicht geeignet seien. In der Regel
beschränkt sich die Begründung dieser angeblichen Thatsache auf die Behauptung, daſs
leichte Kokes die Erzcharge nicht tragen können und im Hohofen zerdrückt werden.
Dies alles ist ein Märchen aus alter Zeit, und es liegen zu schlagende Beweise vor,
welche von dem Gegentheil überzeugen. Die häufig in den oberen Partien von
Hohofenschächten angesammelten pulverförmigen Kohlenmassen haben vielleicht zu dem
falschen Schlüsse beigetragen, während doch heute erwiesen ist, daſs dieselben nur
ein auf chemischem Wege erzeugtes Product des Hohofens selbst sind. Unter unseren
Betriebsführern von Holzkohlen-Hohöfen finden wir sogar solche, welche halb
verkohltes Holz mit 25 bis 30 Proc. Gasen der gargebrannten Kohle vorziehen, weil
sie vortheilhafter damit hütten, und wenn man in Erwägung zieht, daſs oft in einem
Hohofengestell nach Monate langem Betriebe unverbrannte Stücke von Holzkohlen
vorhanden sind, so spricht dies gewiſs nicht für deren zu groſse
Zerreiblichkeit.
Den obigen Schluſsfolgerungen steht allerdings die Thatsache im Wege, daſs unsere
Hohöfner wirklich mit dem dichtesten Kokes am vortheilhaftesten hütten; die
Beweiskraft desselben wird indessen wesentlich abgeschwächt, wenn wir an den Umstand
erinnern, daſs die sogen, magere Kohle, welche lockere Kokes liefert, in der Regel
sehr schieferig ist und deshalb den Aschengehalt der Kokes bedeutend in die Höhe
treibt. Unsere bis heute betriebenen Kohlenwäschen sind noch zu mangelhaft, um
diesen Aschengehalt auf das nöthige Maſs herabzudrücken, und wie bedeutend der
Unterschied zwischen einer Koke mit beispielsweise 10 Proc. und einer solchen mit 20 Proc. Asche für
den Hohofenbetrieb ist, braucht nicht erst erläutert zu werden. Abgesehen von den
dadurch herbeigeführten Uebelständen gröſseren Brennmaterialverbrauches geringerer
Production und schlechterer Qualität des Productes, ist namentlich die Gefahr für
die Existenz des Hohofens hervorzuheben, welche dadurch entsteht, daſs die stets
sehr saure Kokesasche zu ihrer Neutralisation einen sehr hohen Kalkzuschlag
erfordert, welcher erst nach der Verbrennung der Kokes also so zu sagen auf der
Gestellsohle, zur Wirksamkeit kommt und deshalb während seines Niederganges durch
den Hohofen alle Uebelstände einer Kalkübersetzung und damit die stete Gefahr einer
Kalkverstopfung in sich schlieſst.
Wenn es dagegen gelingt, leichte Kokes mit dem nöthigen Grade von Reinheit
darzustellen, so wird ohne Zweifel das finanzielle Resultat des Hohofenbetriebes
durch deren Verhüttung gewinnen; dies um so mehr, da einestheils das Vorkommen
derjenigen Kohlenpartien, welche zur Herstellung leichter Kokes geeignet sind,
bedeutend vorherrscht, und auſserdem, weil diese Kohle im Kokesofen durchweg ein
höheres Ausbringen liefert. (Nach dem Iron, 1878 Bd. 12
S. 427.)
–r.