Titel: | Zur chemischen Technologie des Glases. |
Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 348 |
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Zur chemischen Technologie des
Glases.
Zur chemischen Technologie des Glases.
Bei weitaus den meisten Verwendungen des Glases kommt namentlich
die Widerstandsfähigkeit desselben gegen atmosphärische Einflüsse und gegen
Lösungsmittel in Frage.
Schon Kunkel (1744) wuſste, daſs das
Glas vom Wasser mehr oder weniger angegriffen wird, und Griffith (1826 20 537) fand, daſs diese
Einwirkung rasch bei steigender Temperatur zunimmt; ja als Daubrée Glas mit überhitztem Wasserdampf unter Druck behandelte, zerfiel
dasselbe völlig in Kieselsäure, Wollastonit (CaSiO3)
und Alkalisilicat. Weitere Versuche über die Zersetzlichkeit des Glases wurden von
Pelouze (1856 142 121),
Benrath (1871 202 422.
1872 203 19. 1875 218 277),
Staſs (1868 188 163),
Siegwart (1872 205 50),
Kämmerer (1875 217 340)
und Emmerling (1869 194 251)
gemacht, aus denen hervorgeht, daſs die Widerstandsfähigkeit des Glases im
Wesentlichen von der chemischen Zusammensetzung desselben und nicht etwa von dem
Bezugsort, wie Truchot (1875 216 286), oder von der Farbe u. dgl. abhängt, wie Macagno (1879 231 145) annimmt.Vgl. Fehling: Handwörterbuch der Chemie, Bd. 3
S. 385.
Dumas (1831 39 27) hat eine Reihe im Handel vorkommender Gläser untersucht, deren
Sättigungsverhältniſs Na2O.CaO.4SiO2 entsprach. Da aber, wie bereits Berthier (1831 39 43)
nachgewiesen hat, ein höherer Kieselsäuregehalt das Glas namentlich strengflüssiger
und härter macht, der Kalk wesentlich die Widerstandsfähigkeit gegen chemische
Einflüsse bedingt, so bezeichnet BenrathBenrath: Glasfabrikation, (Braunschweig 1875) S.
23 und 34. auf Grund vieler Analysen als „Glas“ allerdings
Silicate, deren Sättigung der allgemeinen Formel RO.2SiO2 entspricht, hebt aber hervor, die für alle Zwecke der Glasfabrikation
günstigste Zusammensetzung der Gläser (abgesehen von optischen Gläsern) liege
zwischen den Grenzen Na2O.CaO.6SiO2 und 5Na2O.7CaO.36SiO2, wobei Na durch K, Ca durch
Pb ersetzt werden kann. Nach Ebell (1878 227 264) entspricht Glas der Sättigungsformel 2RO.5SiO2; O. Schott (1875 216 346) meint aber, daſs sich für sämmtliehe Gläser des
täglichen Gebrauches keine einheitliche Normalformel aufstellen lasse. Während Fensterglas der Formel
Na2O.CaO.5SiO2
entsprechen könne, müsse Spiegelglas mehr Kieselsäure aber weniger Kalk, Hohlglas
dagegen mehr Kalk enthalten.
Um die Widerstandsfähigkeit eines Glases zu bestimmen, behandelt
es Vogel (1859 152 181) mit
einer Lösung von salpetersaurem Zink, während Splittgerber (1861 159 158) das Verhalten das
Glases beim Erhitzen beobachtet. Besser ist der Vorschlag von Weber (1864 171 129), das zu
prüfende Glas Salzsäuredämpfen auszusetzen; gute Gläser dürfen nach dem Trocknen
keinen Beschlag zeigen. Benrath erhitzt die Glasprobe
mit Eisenvitriol auf schwache Rothglut und bestimmt den Gewichtsverlust – ein
Verfahren, welches schon vor dem J. 1820 von Guyton-Morveau angewendet wurde.
H. FrickhingerArchiv der Pharmacie, 1879 Bd. 214 S.
136. hat beobachtet, daſs böhmische Glasflaschen angegriffen wurden
von Natronweinstein, Magnesia, krystallisirtem Natriumcarbonat, Kaliumbicarbonat,
sowie von einem Gemisch von Campfer und Weingeist.Wackenroder (1844 92
316) beobachtete, daſs Glasgefäſse durch Natronlauge leicht zersprengt
werden. Dem Referenten zersprang mehrere Mal das mit Kalilauge gefüllte
Absorptionsrohr seines Apparates zur Untersuchung der Rauchgase (* 1878 227 258), und zwar stets unmittelbar unter der
oberen Zusammenschnürung. Jetzt wird die Kalilauge nach jeder Versuchsreihe
um 3 bis 4cm tiefer eingestellt und
seitdem hat das Glas gehalten; ob aber diese Erscheinung der Einwirkung der
Kalilauge oder der mehr oder weniger guten Kühlung des Glases zuzuschreiben
ist, bleibt fraglich.F. Eine
Analyse der Gläser wurde leider nicht ausgeführt.
R. WeberAnnalen der Physik, 1879 Bd. 6. S.
431. hat eine groſse Anzahl Versuche ausgeführt über die chemische
Zusammensetzung der Gläser und die dadurch bedingte Widerstandsfähigkeit derselben
gegen atmosphärische Einflüsse. Er hat eine Reihe entschieden guter, zweifellos
mangelhafter und auch solcher Gläser untersucht, welche den praktischen Ansprüchen
nicht durchweg genügen und sich schon den fehlerhaften Gläsern hinneigen. Als gute
Gläser wurden diejenigen angesehen, welche sich beim Gebrauch längere Zeit erhalten
hatten.
Nach Weber darf gutes Glas an der Luft nicht beschlagen
und der Staub soll auf demselben wenig haften. Die mangelhaften Gläser werden
bekanntlich an der Luft feucht oder beschlagen mit einem reifartigen Gebilde,
welches sich nach dem Abwischen alsbald erneuert. Solche Gläser erblinden in Folge
der chemischen Veränderung der Oberfläche und bekommen häufig die bekannten farbigen
Anflüge, welche von dünnen Schichten der Zersetzungsproducte herrühren. Zuweilen
erscheint die Oberfläche solcher Gläser mit zahllosen Haarrissen gleichsam
überkleidet und unter Umständen, vielleicht unter Mitwirkung dauernder
Erschütterungen, vertiefen sich diese Risse zu Sprüngen, welche die zweite
Oberfläche erreichen, so daſs mitunter eine völlige Zerklüftung der Glasgegenstände
eintritt. Gläser, bei welchen die mangelhafte Beschaffenheit weniger ausgeprägt ist,
zeigen erst nach längerer Zeit, namentlich in feuchten Räumen und in ruhenden
Luftschichten, mehr oder weniger deutliche Beschläge. Bei mangelhaften
Fensterscheiben zeigt sich der Fehler nach längerem Aufbewahren in den
Lagerräumen,
Nummer
Kiesel-säureSiO2
ThonerdeAl2O3
KalkCaO
MagnesiaMgO
KaliK2O
NatronNa2O
Zu-sammen
SiO2 : CaO:
Na2O
I) Mangelhafte Glaser
12345678910111213141516171819202122
70,7470,1566,4464,3664,5563,6264,6462,0663,9563,9063,4062,7866,6470,4270,0074,2172,6674,2971,3375,8069,3874,88
1,501,740,842,852,731,481,682,102,013,302,672,572,672,143,450,881,441,232,141,362,141,36
4,505,227,248,278,747,888,148,407,919,1113,755,517,385,717,473,954,263,493,211,767,235,81
0,090,130,230,220,320,090,140,120,100,37–0,230,110,420,220,65––1,16–0,250,04
20,0122,6825,1623,7523,5624,5822,9226,8625,7723,1619,8616,44 1,05 1,12 0,55 4,20 4,36 7,10 2,75 1,75 0,83–
3,21–––– 1,96 1,75––––12,4622,4520,7418,7116,4516,5713,7419,2718,2519,7017,70
100,0599,9299,9199,4599,9099,6199,2799,5499,7499,8499,6899,99100,30100,55100,40100,3499,2999,8599,8699,37199,5399,79
14,6 : 1 : 3,212,5 : 1 : 2,5 8,2 : 1 : 2 7 : 1 :
1,6 6,6 : 1 : 1,5 7,5 : 1 : 2 7,4 : 1 : 1,8 6,9 : 1
: 2 7,5 : 1 : 2 6,2 : 1 : 1,4 4,3 : 1 : 1,8510 : 1
: 3,6 8,4 : 1 : 2,810,4 : 1 : 3 8,4 : 1 : 2,214,3 : 1
: 3,516 : 1 : 419,8 : 1 : 4,713,7 : 1 : 440 : 1 :
9,9 8,5 : 1 : 2,412 : 1 : 2,7
II) Glaser von mittlerer
Beschaffenheit
232425262728293031
73,6672,2871,7174,4975,8173,6370,90
70,33269,81
2,271,481,331,191,002,011,782,131,38
8,327,458,018,868,176,7913,1012,3515,07
0,220,250,030,050,120,31–0,240,09
–10,30 0,61– 0,43––––
15,28 8,2417,6215,9414,1516,6414,6814,9512,69
99,75100,0099,31100,5399,6899,8100,46100,0099,04
8 : 1 : 1,6 8,6 : 1 : 1,7 8,3 : 1 : 2 7,8 : 1 :
1,6 8,6 : 1 : 1,6 9,5 : 1 : 2 5 : 1 : 1 5,2 : 1 :
1 4,3 : 1 : 0,7
III) Bewahrte Glaser
323334353637383940414243
71,2371,03 71,922 73,352 72,682 72,66270,5874,5875,8172,1375,2370,07
1,702,980,850,731,060,951,011,231,011,412,121,02
16,3915,6213,6511,9112,7615,2016,075,577,3811,518,0012,13
0,200,150,160,710,260,250,800,140,10–0,030,32
–––––––17,9011,39 5,66 6,3815,03
10,7810,7613,4213,1213,2410,9411,77Pb
0,34 4,8410,06 8,84 2,00
100,30100,54100,00100,00100,00100,0099,2399,76100,53100,77100,60100,57
4,0 : 1 : 0,6 4,2 : 1 : 0,0 4,8 : 1 : 0,88 5,3 : 1 :
0,9 5,2 : 1 : 0,9 4,4 : 1 : 0,6 3,8 : 1 : 0,612,5 : 1
: 2 9,6 : 1 : 1,5 5,8 : 1 : 1 8,8 : 1 : 1,5 5,2 : 1
: 0,85
IV) Bleiglaser
444546474849
53,7053,7052,4145,2440,6533,35
1,121,070,960,820,771,20
0,170,590,770,360,220,50
Bleioxyd37,0234,9135,2447,0651,1862,36
7,369,1210,376,806,623,11
0,700,30 0,083–– 0,073
100,0799,6999,83100,2899,44100,59
5,3 : 1 : 0,5 5,3 : 1 : 0,6 5,1 : 1 : 0,64 3,5 :
1 : 0,33 2,9 : 1 : 0,3 1,9 : 1 : 0,1
1 0,45 Schwefelsäure. 2 Kieselsäure als Rest (Analyse mittels Fluſssaure). 3 Magnesia statt Natron.
namentlich wenn die Tafeln in Kisten verpackt stehen bleiben.
Neben besseren Scheiben in Fenster eingesetzt, tritt die mehr oder weniger geringere
Qualität durch eine stärkere Neigung zum Bestäuben, als dies bei den guten Sorten
der Fall ist, hervor. Werden mangelhaft zusammengesetzte Hohlgläser zu Glocken u.
dgl. verarbeitet, so beschlagen namentlich leicht deren innere Wandungen, sobald
durch Deckel oder Abschlüsse der Luftwechsel im Inneren beschränkt wird.
Die bei dem längeren Gebrauche der Gläser sich herausstellende Beschaffenheit kündigt
sich bereits schon an, wenn die betreffenden durch sorgfältiges Abwaschen mit
Alkohol gesäuberten Gegenstände oder Probestücke unter gleichen Verhältnissen (etwa
in einer gut bedeckten Holzkiste) während einer Zeit von 6 bis 12 Monaten sich
überlassen bleiben. Der verschiedene Grad der Fehlerhaftigkeit gibt sich dann durch
einen geringeren und stärkeren Grad des Beschlagens kund, während die bewährten
Gläser unverändert bleiben.
Nach der Behandlung mit Salzsäuregas zeigen, wie bereits erwähnt, alle schlechten
Gläser einen weiſsen Anflug, gute Gläser bleiben frei davon. Zur Beurtheilung der
nur wenig beschlagenden Scheiben hält Weber dieselben
jetzt einem Fenster parallel und beobachtet sie dann unter einem Winkel von 30 bis
40°, wobei sich auch die zartesten hauchförmigen Beschläge der auf der Grenze
zwischen guten und schlechten stehenden Gläser erkennen lassen. Das Rauh werden der
Oberfläche beim Erhitzen zeigt sich selbst bei entschieden fehlerhaften Gläsern
nicht immer.
Nebenstehende Tabelle zeigt zunächst die Zusammensetzung von 22 mangelhaften Gläsern.
Bei dem in der Zusammenstellung bemerkten Verhältniſs der Kieselsäure zu den Basen
ist hier der Einfachheit wegen MgO zu CaO entsprechend CaO zu PbO und K2O zu Na2O
gezogen.
Die Fensterglasproben 1 bis 3 beschlagen an der Luft mit
Feuchtigkeit, sie sind mit feinen Haarrissen bedeckt, werden beim Erhitzen stark
rauh und es sondern sich schuppenartige Blättchen ab. Durch Salzsäuredunst entstehen
starke, weiſse Beschläge. Nr. 4 und 5 sind Proben von erblindeten Fensterscheiben,
die sich den vorigen sehr ähnlich verhalten. Die Fensterglasproben 6 bis 9 stammen
von zwei noch nicht erblindeten, aber an der Luft stark feucht werdenden Scheiben
her; durch Salzsäuredunst beschlagen sie stark, durch Erhitzen werden sie rauh. Die
10. Fensterglasprobe zeigt dieselben Eigenschaften, doch weniger stark als die
vorigen. Die Probe 11 ist ein Bruchstück von einer Glasröhre, die beim Kochen mit
Wasser stark angegriffen wird. Die 12. Probe ist ein Stück feucht beschlagendes,
völlig zerklüftetes Spiegelglas aus einem Berliner Schaufenster. Die 13. Probe ist
von der Scheibe einer Schrankthür, welche sich mit einem zarten, langfaserigen
Krystallgebilde bedeckte, das an der Luft zerfloſs und sich nach dem Abwischen bald
erneuerte; sie wurde von Salzsäure stark beschlagen und rauhete auch stark beim
Erhitzen. Die Glasscheibe Nr. 14 bedeckte sich mit einem reifartigen Gebilde, Nr. 15
wurde an der Luft blind; beide beschlagen mit Salzsäure und werden beim Erhitzen
rauh. Die Spiegelgläser Nr. 16 bis 18 beschlagen an der Luft stark, verhalten sich
sonst wie die vorigen Proben. Analyse 19 ist von dem Bruchstück eines
(wahrscheinlich venetianischen) Bechers, der sich an der Luft mit zarten,
zerflieſslichen Krystallen bedeckt. Probe 20 ist das Bruchstück von einer in Werningerode
gekauften Glasglocke, welche bei zufälligem Erhitzen in einer Ofenröhre mit einem
rauhen Ueberzuge sich bedeckte. Dieselbe läſst erkennen, daſs schon ein Kalkgehalt
von 1,76 Proc. genügt, um eine Glasmasse zu bilden, welche verarbeitet werden kann,
freilich aber zu äuſserst mangelhaften Fabrikaten. Es bildet sich beim Verblasen
solcher Glasmasse (durch Verflüchtigung von Alkali) wohl eine härtere Kruste, welche
der Luft einigen Widerstand leistet; denn als durch Abschleifen und Poliren eine
neue glatte Oberfläche hergestellt worden, trat die leichte Veränderlichkeit dieser
Glasmasse durch starkes Beschlagen sehr augenfällig hervor. Die Glasscheibe Nr. 21
machte sich durch reifartiges Beschlagen bemerklich. Die Probe 22 ist von einer
Glasglocke, deren innere Wandung stark beschlug; beide reagirten deutlich auf
Salzsäuredunst.
Unter Nr. 23 bis 31 sind Analysen zusammengestellt von Gläsern, welche nicht ganz den
Gebrauchsansprüchen genügen und daher als von nur mittlerer Beschaffenheit zu
bezeichnen sind.
Die 23. Probe stammt von einer Fensterscheibe, welche zum
Bestäuben neigte und mit Chlorwasserstoff einen geringen hauchartigen Beschlag
zeigte. Von den Spiegelglasproben 24 bis 27 beschlug die erste stärker als die
übrigen, welche nur schwach behaucht erschienen. In gleicher Abstufung zeigten die
Scheiben mit Salzsäure einen geringen Hauch, beim Erhitzen verminderte sich der
Glanz der Oberfläche nur von Nr. 24 etwas. Dieses Verhalten bestätigt die
ErfahrungVgl. Scholz, Jahrbuch des polytechnischen Instituts
in Wien, 1820 Bd. 2 S. 179., daſs bei ähnlicher
Zusammensetzung die Kaligläser leichter angreifbar sind als die Natrongläser (vgl.
auch Nr. 4, 5 und 10). Die Proben 28 bis 31 stammen von Fensterscheiben, welche
Neigung zum Beschlagen und Bestäuben zeigten, während Nr. 29 an der Luft schwach
blau anlief. Salzsäuredunst gab einen geringen Hauch, beim Erhitzen zeigte sich
keine Veränderung.
Unter Nr. 32 bis 43 sind die Analysen einer Reihe bewährter Gläser verzeichnet.
Die Proben 32 und 33 haben sich mehrere Jahre in einem Fenster
befunden, 34 bis 37 hielten sich auf einem Lagerraum länger als 1 Jahr unverändert.
Mit Salzsäure gaben sie nur einen kaum merklichen Hauch, der jedoch bei Nr. 37,
einer Probe von belgischem Fensterglas, etwas stärker war. Das Spiegelglas Nr. 38
verhielt sich ebenso, die böhmischen Krystallgläser Nr. 39 und 40 und die Hohlgläser
Nr. 41 und 42 verhielten sich auch gegen Salzsäure unverändert, ebenso das zur
Herstellung von Linsen, Prismen u. dgl. verwendete optische Glas Nr. 43.
Nr. 44 bis 49 endlich enthalten die Analysen einiger Bleigläser.
Die Proben 44 bis 46 sind vortreffliche Krystallgläser aus St.
Louis, St. Lambert und Baccarat, welche nicht beschlagen, mit Salzsäure aber einen
sehr schwachen Anflug geben, in Folge der leichteren Zersetzlichkeit der Bleigläser.
Von den drei Flintglasproben 47 bis 49 hält sich die erste sehr gut, 48 neigt zum
Beschlagen und 49 zeigt nach dem Schleifen nach kurzer Zeit regenbogenfarbige
Beschläge.
Diese Analysen bestätigen, daſs weder die absolute, oft beträchtliche Menge von
Kieselsäure, noch eine an sich geringe Menge von Alkali die Güte des Glases
bedingen, sondern daſs auſser dem richtigen Verhältnisse der Kieselsäure zu den
Basen das Mengenverhältniſs des Kalkes oder Bleioxydes und der Alkalien einen
maſsgebenden Einfluſs auf die Eigenschaften der Gläser ausübt. So war z.B. die
Glasprobe 22 trotz der 74,88 Proc. Kieselsäure entschieden mangelhaft in Folge des
geringen Kalkgehaltes.
Das Sättigungsverhältniſs der Kieselsäure zu den Basen ist bei den schlechten Gläsern Nr. 1 bis
22 durchweg niedriger als 3:1 und mit Ausnahme von Nr. 11 überwiegen die Alkalien
bedeutend gegen den Kalk. Etwas günstiger stellt sich dieses Verhältniſs bei den
mittleren Gläsern Nr. 23 bis 31. Die Zusammensetzung der guten Gläser Nr. 32 bis 43
läſst erkennen, daſs auch bei einigem Wechsel der Zusammensetzung Gläser von guter
Beschaffenheit erhalten werden. Dabei zeigt sich eine Aehnlichkeit in der
Zusammensetzung der ihrer Bestimmung nach zusammen gehörenden Gläser, aber eine
Abweichung unter den verschiedenen Gruppen. So haben z.B. die guten Fenstergläser
zwar etwas weniger Kieselsäure, als dem Sättigungsverhältniſs RO.3SiO2 entspricht, dagegen mehr Kalk als Alkali. Die
Zusammensetzung des Glases Nr. 41 entspricht fast der Formel CaO.Na2O.6SiO2. Die
Schleifgläser Nr. 39 bis 42 haben dagegen mehr Alkali, zugleich aber auch mehr
Kieselsäure als das Fensterglas, woraus sich die wesentlich verschiedenen
Eigenschaften dieser Gläser gegenüber den mangelhaften Nr. 3 bis 5 mit ähnlichem
Verhältniſs zwischen Kalk und Alkali erklärt. Diese Möglichkeit der Ausgleichung
eines für gewisse Fälle ungünstigen Verhältnisses durch eine entsprechend gröſsere
Menge eines anderen Bestandtheiles ist für die Glasindustrie besonders wichtig, weil
ein gewisses Mischungsverhältniſs einzelner Bestandtheile Eigenschaften der Gläser
bedingt, welche dieselben für bestimmte Zwecke besonders geeignet machen. Bezüglich
der Verhältnisse, welche eine derartige Ausgleichung mehr oder weniger bedingen,
zeigt Nr. 22, daſs bei einem Verhältniſs von 1CaO zu 2,7Na2O zu 12SiO2 nicht genügen die ungünstige
Wirkung des Alkaliüberschusses auszugleichen; ähnlich Nr. 17 und 18. Bei den
Bleigläsern Nr. 44 bis 49 tritt das Alkali noch mehr zurück, wie das gute Flintglas
Nr. 47 zeigt 5 bei einem geringeren Gehalt an Kieselsäure wird das Glas mangelhaft,
wie aus Nr. 48 und 49 zu ersehen ist.
Bei den bewährten Kalk-Alkaligläsern näherte sich das Sättigungsverhältniſs somit der
Formel CaO.Na2O.6SiO2; bei gröſserem Alkaligehalt ist mehr Kieselsäure, bei weniger
Kieselsäure auch weniger Alkali vorhanden. Von der Bestimmung des Glases hängt es
der Regel nach ab, welcher Mischung der Vorzug gegeben wird; bei den Fenstergläsern
kommen jetzt vielfach die an Kalk reicheren, an Alkali ärmeren Gläser vor, wobei
dann aber auch der Erfahrung Rechnung getragen ist, daſs ein gröſserer Kalkgehalt
den Glanz der Gläser erhöht. Bei den Schleifgläsern, sind die an Alkali und zugleich
an Kieselsäure reicheren Gläser vielfach vertreten, welche meistens härter sind,
gute Politur annehmen und für diese Bestimmung besonders geeignet sich erwiesen
haben.