Titel: | Gerb- und Farbmaterialien; von Dr. Josef Moeller. |
Autor: | Josef Moeller |
Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 478 |
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Gerb- und Farbmaterialien; von Dr. Josef
Moeller.
(Schluſs des Berichtes S. 374 dieses
Bandes.)
Moeller, über Gerb- und Farbmaterialien.
Bignonia Chica Bonpl. Die Blätter dieser in Südamerika
heimischen Pflanze liefern den „Caragérou“, „Chica“, auch
„Cica“ genannten prächtig rothen Farbstoff.
Der Umriſs der Blätter ist eiförmig-länglich, zugespitzt, gegen den dünnen Blattstiel
(in der Drogue häufig fehlend) abgerundet, am glatten Rande etwas umgebogen. Die
Secundarnerven gehen von dem wenig stärkeren Mediannerv unter mäſsig spitzem Winkel
ab, verlaufen bogenläufig und schlieſsen ein. zartes, engmaschiges Geader ein. Die
Oberfläche der Blätter ist glatt, in. verschiedenen Nuancen braun bis purpurn. Die
Epidermis der Oberseite besteht aus wenig gebuchteten, meist polyedrischen Zellen
mit gewellter Cuticula, die der Unterseite aus stark buchtigen Zellen, zwischen
denen kleine (0mm,015 lange, 0mm,008 breite) Stomata eingestreut sind. Die
sternförmig verzweigten Mesophyllzellen enthalten eine dunkelbraune klumpige
Substanz, die durch Wasser, Alkohol und Alkalien nur zum geringen Theile in Lösung gebracht werden
kann.
Auch die Blätter der Bignonia tinctoria liefern
Caragérou und aus einer näher nicht bekannten Art soll in Guinea nach Isert Indigo bereitet werden. Das Chicaroth scheint mir
nicht fertiggebildet in den Blättern vorzukommen.
Symplocos spicata. Eine Art von Gelbholz
„Sweet-wood“ stammt von der amerikanischen Symplocos tinctoria L., in Conchinchina werden die Blätter von S. spicata unter dem Namen „La Dung“ zum
Gelbfärben verwendet.
Die trockenen Blätter sind kaisergelb, verkehrt-eiförmig, abgerundet und glattrandig
oder elliptisch, zugespitzt und gezähnt, kurz gestielt, bis 8cm lang und 4cm
breit. Die Nerven sind beiderseits stark ausgeprägt, die Secundärnerven sind
schlingenläufig, mit den Nerven höherer Ordnung weite Anastomosen bildend. Die
Blattflächen sind glatt, die Oberseite glänzend. Die Epidermiszellen der Oberseite
sind polygonal, derbwandig, auſsen 0mm,015 dick,
die der Unterseite schwach wellig-buchtig, etwas weniger verdickt und reichlich von
breit-elliptischen Spaltöffnungen unterbrochen. Die Mesophyllzellen sind äuſserst
dünnwandig, unregelmäſsig, die Pallisadenschicht undeutlich; sie färben sich durch
Chlorzinkjod rasch violett. Einzelne enthalten groſse Krystalldrusen, die übrigen
sind Träger des Farbstoffes, welcher in den lebenden Zellen wahrscheinlich gelöst
ist, in den getrockneten die Wände imprägnirt und als klumpige Masse angetroffen
wird.
Die Blätter geben schon in kaltem Wasser eine Gummigutt ähnliche Lösung, dagegen ist
der Farbstoff in Alkohol unlöslich. Durch Alkalien wird er vollständig, auch aus den
Membranen, mit Hinterlassung eines körnigen (protoplasmatischen?) Rückstandes
extrahirt. Auch verdünnte Mineralsäuren nehmen ihn ohne Farbenwandlung auf.
Cochlospermum tinctorium Perot (Racine de Fayar). Diese
FärberwurzelAuch medicinisch als Emenagogum angewendet. vom Senegal kommt in
cylindrischen, auch etwas flach gedrückten, etwa 3cm im Durchmesser haltenden Stücken vor. Die Oberfläche ist rostroth,
schwach gerunzelt in Folge mäſsiger Eintrocknung. Auf dem hellbraunen, etwas
röthlichen, porenreichen Querschnitte erkennt man mit Hilfe der Loupe eine zarte
concentrische Zeichnung, hervorgerufen durch die Aufeinanderfolge groſslückiger und
feinporiger Schichten. Bei stärkerer Vergröſserung zeigt die Wurzel folgenden Bau:
Um spärliche Reste des Markes sind groſse Spiroiden (bis 1mm,5 Durchmesser) gelagert Weiterhin sind die
Gefäſse in concentrische Kreise geordnet, von einander getrennt durch sehr
weitmaschiges, dünnwandiges., zum Theile zerrissenes Parenchym und durch zwei – bis
dreiseitige, aus stark gestreckten Zellen bestehende Markstrahlen. Die Gefäſse
stehen oft gepaart, sind über 0mm,12 weit,
dünnwandig und dicht mit breit gezogenen Tüpfeln besetzt. Sie sind eingehüllt und
seitlich mit einander verbunden durch dünnwandiges Parenchym, dessen Zellen in der
Nähe der Gefäſse kurz, weiter entfernt in achsialer Richtung bedeutend gestreckt und
von einfachen Poren durchbohrt sind. Die aus 0mm,3
breiten, aus tangential gestreckten Zellen bestehende Rinde ist von dünnem
Plattenkork bedeckt.
Die Wurzel enthält reichlich eine der Manihot ähnliche Stärke. Einige verticale, den
Markstrahlen folgende Reihen breiter (bis 0mm,1),
achsial gestreckter Parenchymzellen führen eine glänzend orangegelbe, klumpige
Masse, welche in kaltem Wasser unlöslich, in heiſsem Wasser und in Alkalien zum
iheile löslich ist. Alkohol gibt eine dunkel citronengelbe Lösung. Die Wurzel
enthält auch eisengrünenden Gerbstoff in ansehnlicher Menge, aber keinen
Bitterstoff.
Auch die Rinde, von der es nicht bekannt ist, ob sie zum Färben dient, fand sich vor.
Sie ist höchstens 2mm dick, eingerollt, mit
zimmtbraunem dünnem Kork bedeckt, innen orangeroth, längsstreifig. Der Bruch ist
auſsergewöhnlich lang- und zartfaserig.
Mikroskopischer Befund. Auf eine dünne Lage zum Theile zerrissener Korkzellen folgt
eine ununterbrochene Schicht von rechteckigen Steinzellen bis zu 5 Zellen Mächtigkeit; sie
ist von einem folgenden nur 2 Zellen breiten Steinzellengürtel durch eine dünne
Korklage getrennt. Die Auſsenrinde ist 0mm,15
breit. Die Mittelrinde, fast 1mm,0 breit, besteht
aus vorwaltend tangential gestrecktem, dünnwandigem Parenchym, dessen Zellen
Chlorophyll enthalten. An der Grenze der Innenrinde befinden sich einzelne, häufiger
kleine Gruppen von Bastfasern. Ihr Querschnitt ist rein weiſs, hell glänzend, 0mm,04 breit.
In der Innenrinde sind die Bastfasern schmächtiger (0mm,03 im Mittel), dagegen bedeutend länger (ich maſs deren von 3mm Länge und es gibt deren ohne Zweifel noch
längere) und ihre Gestalt von der typischen Form höchst abweichend, durch Worte kaum
gut darstellbar. Fast ausnahmslos sind sie verkrümmt, ihre Wand höckerig, stumpfe
Fortsätze treibend, die Enden häufig gegabelt, hier und da ankerförmig gekrümmt und
die Arme treiben wieder mächtige Fortsätze. Dabei sind sie bis zum Schwinden des
Lumens verdickt, geschichtet und ziemlich reich von Porenkanälen durchzogen. Sie
kommen nur selten isolirt vor, meist sind sie zu Bündeln bis zu 30, selbst darüber,
vereinigt. Die Bündel haben höchst verschiedengestaltige Umrisse und sind sowohl in
radialer, wie in tangentialer Richtung geordnet; doch ist die letztere mehr in die
Augen fallend, weil dünne Stränge von Siebröhren mit den Bastbündeln abwechseln,
während die Markstrahlen am Querschnitte kaum zu unterscheiden sind.
Die Siebröhren haben glatte Wände, die einzelnen Glieder sind etwa 0mm,6 lang, 0mm,025 breit, ihre Siebplatten sind stark geneigt, verbreitert und spärlich
durchbohrt.
Das Parenchym ist quantitativ untergeordnet und je mehr nach innen, desto mehr wird
es von den maſsigen Bastbündeln verdrängt. Unter den unregelmäſsig verzogenen Zellen
fallen einzelne oder Nester von Zellen durch ihre gerundete Form und ihren formlosen
orangefarbigen Inhalt auf. Dieser diffundirt (durch die todte Zellwand) und färbt
alle übrigen Membranen. In den gröſseren Bastfasergruppen sind die Randfasern
citronengelb, die central gelagerten Fasern farblos. Der Farbstoff liegt in den
Zellen mitunter geschrumpft; meist füllt er sie aber ganz aus. Er ist in kaltem
Wasser unlöslich; auch das wässerige Extract ist nur schwach gelb gefärbt, schmeckt
bitter und enthält nur Spuren von Gerbstoff. In dem weingeistigen Auszug, der
beinahe farblos ist, ist kein Harz enthalten.
Der Inhalt wird auch durch Kali nicht gelöst, er verändert nur seine Farbe in
chocoladebraun. Durch Chlorzinkjod wird er braunviolett. Terpentin, Essigsäure und
Mineralsäuren verleihen ihm verschiedene Nuancen zwischen gelb und braun, ohne ihn
im Geringsten zu lösen. Diese auſserordentliche Widerstandsfähigkeit gegen
Lösungsmittel ist dadurch erklärlich, daſs der Farbstoff beim Eintrocknen der Rinde
vom Protoplasma aufgenommen wird.