Titel: | Ueber die Verwendung des Phosphorkupfers bei der Kupferraffination; von Dr. C. Rössler in Darmstadt. |
Fundstelle: | Band 233, Jahrgang 1879, S. 48 |
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Ueber die Verwendung des Phosphorkupfers bei der
Kupferraffination; von Dr. C. Röſsler in Darmstadt.Sonderabdruck aus der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und
Salinenwesen, 1879 Bd. 27 S. 14.
Röſsler, ü. Verwendung des Phosphorkupfers bei der
Kupferraffination.
Dr. Hampe in Clausthal (1876 221 188) berichtet über einen auf der Saigerhütte bei Hettstedt
ausgeführten Raffinationsversuch, welchem die Idee zu Grunde lag, dem zähe gepolten
Raffinade eine seinem Sauerstoffgehalte entsprechende Menge Phosphor zuzusetzen, um
damit, bauend auf dessen energische Reductionsfähigkeit, ein an Sauerstoff freies
oder doch wenigstens an Sauerstoff sehr armes Kupfer zu erzielen. Den gehegten
Erwartungen entsprach der Erfolg, indem das so erhaltene Metall einen Grad von
Zähigkeit und Dehnbarkeit besaſs, wie solches auf dem gewöhnlichen Wege des Polens
allein nicht erreichbar ist. Die hier gemachten Erfahrungen konnten späterhin
bestätigt werden durch einen von A. Lismann in München
(1878 227 278) in gleichem Sinne unternommenen Versuch,
zu welchem man sich des amorphen Phosphors bediente, während. bei ersterwähntem Versuche gewöhnlicher
Stangenphosphor zur Anwendung kam.
Es kann nicht geleugnet werden, daſs die Anwendung des freien Phosphors, welche
Vorsichtsmaſsregeln auch hierbei beobachtet werden mögen, eine Reihe von
Unzuträglichkeiten mit sich führt, die das Verlangen rege machen, sich an Stelle
dessen eines Phosphorkupfers von bekanntem Gehalte zu bedienen, welch letzteres
jetzt vielfach behufs Einführung des Phosphors in die Bronzelegirungen benutzt wird.
In der That, nach einem Berichte von W. WestonPhilosophical Magazine, Bd. 4 S. 542.
ist daſselbe bereits seit einer Reihe von Jahren in den Chatam Dockyards im
Gebrauche und zwar, wie sich daselbst ausgesprochen findet, mit groſsem Erfolge. Die
Vorzüge, welche die Anwendung des Phosphorkupfers gegenüber der des freien Phosphors
gewähren muſste, mögen hier hervorgehoben werden: 1) Bei der Einführung des
Phosphorkupfers in das flüssige Metall verbrennt kein Phosphor auf Kosten des
Sauerstoffes der Luft; es wird somit dessen ganze Menge seiner eigentlichen
Bestimmung., nämlich der Reduction des vorhandenen Kupferoxyduls, zugeführt. 2) Die
Möglichkeit, diejenige Menge Phosphorkupfer im Voraus genau bemessen zu können,
welche zur Wegnahme einer gegebenen Menge Sauerstoff erforderlich ist. 3) Der
Ausschluſs jeglicher dem Arbeiterpersonale erwachsenden Gefahr oder Belästigung. 4)
Die Bequemlichkeit hinsichtlich der Art und Weise der Einführung.
Auf der anderen Seite erschien die Frage der Beantwortung werth, in wie weit der
erforderliche Kostenaufwand im Einklänge steht mit den erwähnten Vorzügen, wie mit
dem erzielten Erfolge überhaupt, insbesondere aber, ob das im Handel vorkommende
Phosphorkupfer in dieser Hinsicht eine Verwendung gestattet. Auf eine dieserhalb von
mir ausgegangene Anregung hin war es Hr. Carl Schreiber
in Burbach bei Siegen, welcher mit der anerkennenswerthesten Bereitwilligkeit die
Ausführung eines solchen Versuches auf seiner Hütte gestattete und damit die
Gelegenheit zur Erlangung einiger Erfahrungen bot, welche hier im Nachstehenden
mitgetheilt werden sollen. Vor näherer Beschreibung jenes Versuches sei es jedoch
gestattet, die folgende theoretische Erörterung voranzuschicken, welche um deswillen
als nothdig erscheint, weil sie der später folgenden Betrachtung als Unterlage
dient.
Nach Hampe entsteht bei der Einwirkung von Phosphor auf
Kupferoxydul metallisches Kupfer und Phosphorsäure, wonach 31 Th. (1 Aeq.) Phosphor
im Stande sind, 40 Th. (5 Aeq.) Sauerstoff zu entfernen. Dies bedarf, insofern einer
Berichtigung, als sich nicht freie Phosphorsäure
(Anhydrid), sondern Kupferoxydulphosphat bildet. Denn führt man in geschmolzenes
oxydulhaltiges Kupfer Phosphor in der Form von Phosphorkupfer ein (was bekanntlich geschehen kann,
ohne daſs eine Verbrennung des Phosphors im gewöhnlichen Sinne des Wortes erfolgt),
so beobachtet man nichts von einer Ausströmung weiſser Dämpfe, welches dann doch der
Fall sein müſste; dagegen erscheint sofort auf der Oberfläche eine höchst
leichtflüssige Schlacke, welche sich bei dem Erkalten des Metalles in Gestalt eines
braunrothen Glases ablöst. Daſselbe besteht aus Kupferoxydulphosphat und enthält
nach einer von mir ausgeführten Analyse auf 1 Atom Kupferoxydul 1 Atom
Phosphorsäure. Es muſs somit dem in Rede stehenden Vorgange durch die folgende
Gleichung Ausdruck verliehen werden: 6Cu2O + 2P =
10Cu + Cu2O,P2O5, wonach also 31 Th. Phosphor die Entfernung von 48
Th. Sauerstoff zu bewirken vermögen.
Durch einen quantitativ ausgeführten Versuch konnte dies auſserdem bestätigt werden.
Eine gewogene Menge oxydulhaltigen Kupfers, dessen Gehalt an Sauerstoff' man zuvor
genau ermittelt hatte, wurde in einem Tiegel unter Zuleitung eines
Kohlensäurestromes – behufs Abhaltung der Luft – geschmolzen, darauf eine ebenfalls
gewogene Menge Phosphorkupfer von bekanntem Gehalte hinzugefügt und nun das Ganze
nach sorgfältigem Umrühren in eine eiserne Form gegossen. Die Menge des zugesetzten
Phosphorkupfers war eine solche, daſs sie etwa das doppelte von der betrug, welche
zur Reduction des vorhandenen Kupferoxydules ausgereicht hätte, der Rest des
Phosphors somit in dem Kupfer verbleiben muſste. Die Wägung der sorgfältig
gesammelten Schlacke, sowie die Bestimmung des in dem Kupfer verbliebenen Phosphors
ergab nun solche Zahlen, welche fast genau mit denen zusammenfielen, die man auf
Grundlage obiger Gleichung im Voraus berechnet hatte.
Zu dem Raffinationsversuche diente ein Cementkupfer, welches, wie die Untersuchung
ergab, frei war von Blei, Wismuth und Antimon, nach den bisherigen Erfahrungen also
zu einer Behandlung mit Phosphor geeignet war. Um eines nicht allzu groſsen
Aufwandes an Phosphorkupfer zu bedürfen, war beabsichtigt, die Desoxydation des
übergaren Raffinades zunächst bis zu einem gewissen Punkte durch das gewöhnliche
Polen zu bewirken, dann aber den Proceſs durch den Zusatz des Phosphorkupfers zu
beendigen, wobei die Menge des letzteren nach dem Sauerstoffgehalte einer Probe
bemessen war, welche man bei einer früheren Beschickung während des nämlichen
Stadiums der Gare genommen hatte.
Das in dem Raffinirofen befindliche Kupfer, dessen Menge etwa 1700k betrug, wurde, wie erwähnt, zunächst in der
herkömmlichen Weise gepolt. Als eine herausgenommene Probe zeigte, daſs derjenige
Punkt der Gare eingetreten war, welchen man erreicht zu haben wünschte, wurde das
Phosphorkupfer hinzugefügt; dessen Menge betrug 9k
bei einem Gehalte von 11,7 Proc. Phosphor. Die Einführung geschah in 5 einzelnen
Portionen, welche man an ebenso viele möglichst von einander entfernt liegende
Stellen des flüssigen Metalles brachte, worauf das Ganze mittels einer mit Lehm
überzogenen eisernen Krücke gut umgerührt wurde. Nach Aufschichtung einer
Holzkohlendecke wurden endlich Thür sowie sämmtliche Zugöffnungen des Ofens
geschlossen.
Die nun nach einer Weile aus dem Ofen geschöpfte Probe zeigte eine völlig veränderte
Beschaffenheit gegen diejenige betrachtet, welche man vor dem Zusätze des
Phosphorkupfers genommen hatte. Während diese nach dem Meiſselhiebe durch wenige
nach einer Richtung geführte Hammerschläge kurz abbrach, konnte die andere erst dann
zum Bruche gebracht werden, nachdem man sie zu wiederholten Malen nach beiden
Richtungen umgebogen hatte. Mit einem Worte, dieselbe besaſs einen Grad von
Zähigkeit, welcher geradezu erstaunlich war. Ihr Bruch war feinzackig, von
lachsrother Farbe und seidenartigem Glänze, wie der des chemisch reinen Kupfers, im
Gegensatze zu dem Bruche der anderen Probe, welcher sich von dem des gewöhnlichen
Handelsraffinades nicht unterschied. Zugleich sei hierbei noch bemerkt, daſs auch
eine gegen das Ende des Ausschöpfens genommene Probe durchaus von der nämlichen
Beschaffenheit war. Das späterhin bei einer Temperatur von 18° ermittelte
specifische Gewicht beider Proben ergab für die Probe vor dem Zusätze des
Phosphorkupfers 8,731 und nachher 8,906. Nach alledem lieſs sich also wohl
behaupten, daſs der Phosphor seine Schuldigkeit gethan hatte.
Von einem besonderen Interesse erschien nun die Bestimmung des in beiden Proben
enthaltenen Sauerstoffes. Dieselbe geschah durch Ermittelung des Gewichtsverlustes,
welchen die hieraus bereiteten Feilspäne beim Glühen im Wasserstoffstrome erlitten.
Hierbei fand man für die Probe vor dem Zusätze des Phosphorkupfers 0,190 und nachher
0,042 Proc. wobei erwähnt sein mag, daſs der bei der letzten Probe gefundene
Gewichtsverlust wohl ganz oder zum Theil auf Rechnung eines darin noch vorhandenen
Phosphorgehaltes gesetzt werden muſs. Der in der ersten Probe gefundene Gehalt an
Sauerstoff zeigte daſs die durch das Polen bewirkte Desoxydation noch nicht so weit
vorgeschritten, als angenommen war, und hiernach die zur Beseitigung jenes
Sauerstoffgehaltes erforderliche Menge Phosphorkupfer eigentlich nahezu das doppelte
hätte betragen müssen von der, welche man in Wirklichkeit zugesetzt hatte. Dies
erschien um so auffallender, als nichts desto weniger der Phosphor seine volle
Wirkung ausgeübt hatte. Es muſste somit noch ein anderer Factor vorhanden gewesen
sein, welcher hier seine Mitwirkung ausübte, durch welchen es möglich wurde, die
durch den Phosphor begonnene Reduction zu vollenden. Als ein solcher konnte kein
anderer angesehen werden, als das bei der Einwirkung des Phosphors auf das
Kupferoxydul entstandene Kupferoxydulphosphat, welches auf der gesammten Oberfläche des flüssigen
Metalles in Gestalt zahlloser Tröpfchen verbreitet war. Es erschien nicht als
unmöglich, daſs die in dem Ofen herrschenden Zustände solcher Art waren, daſs dieses
unter dem Einflüsse der hohen Temperatur, der glühenden Holzkohlen wie der stark
reducirenden Flamme eine Reduction recht wohl erleiden konnte, wonach das so
regenerirte Phosphorkupfer im Stande war, von Neuem seine Wirkung zu thun.
Daſs eine solche Reduction unter den obwaltenden Umständen in der That möglich war,
konnte durch den folgenden Versuch bewiesen werden, bei welchem die nämlichen
Bedingungen, wie sie innerhalb des Raffinirofens vorhanden sein muſsten, im Kleinen
nachgeahmt waren. In einem Tiegel wurde Kupfer unter Zusatz einer gewissen Menge der
erwähnten Schlacke geschmolzen, hierauf die Oberfläche mit einigen Holzkohlen
bedeckt und nun durch den durchbohrten Deckel ein Strom von Leuchtgas eingeführt.
Nachdem der Tiegel während einiger Zeit einer heftigen Weiſsglühhitze ausgesetzt
war, wurde der Inhalt desselben ausgegossen, wobei sich zeigte, daſs die Schlacke
fast vollständig verschwunden war. Die spätere Untersuchung des Kupfers aber ergab,
daſs sich nahezu die ganze Menge des in der Schlacke enthaltenen Phosphors diesem
mitgetheilt hatte. Es lag nun der Gedanke nicht fern, ob nicht die nämliche Menge
Phosphorkupfer, oder wohl eine noch geringere ausgereicht hätte, den gesammten
Sauerstoffgehalt des übergaren Raffinades zu beseitigen, oder mit anderen Worten, ob
nicht die nämliche Wirkung erzielt worden wäre, wenn man das Polen ganz unterlassen
hätte. Ein solcher Versuch ist nicht angestellt worden. Indessen, in Anbetracht
seiner Wichtigkeit bedarf es wohl nur dieses Hinweises, um hiermit eine Anregung
dazu gegeben zu haben.
Aus Vorstehendem ist ersichtlich, daſs die Menge des dem Raffinade zuzusetzenden
Phosphorkupfers in einer nothwendigen Beziehung zu dessen Sauerstoffgehalt
eigentlich nicht zu stehen hat, vielmehr daſs die erforderliche Minimalmenge durch
die Praxis ermittelt werden muſs. Wie hoch dieselbe auch gegriffen werden muſs, so
viel scheint aus dem Gesagten zur Genüge hervorzugehen, daſs es eine Grenze nicht
überschreiten dürfte, welche der Verwendung des Phosphorkupfers in ökonomischer
Beziehung ein Hinderniſs in den Weg legt. Rechnet man hierzu den Umstand, daſs die
von den Guſsstücken abspringende Schlacke innerhalb des Ofens wieder
Reductionsfähigkeit erlangt, so ist einleuchtend, daſs damit, so weit dieselbe
überhaupt gesammelt werden kann, der Verbrauch an Phosphorkupfer sich noch weiter
einschränken läſst.
Es sei gestattet, hier am Schlusse die Hauptpunkte, welche in Obigem besprochen
wurden, nochmals hervorzuheben. Die Wirkungsweise des Phosphors innerhalb des
Raffinirofens ist keine ausschlieſslich desoxydirende, sondern zugleich eine
vermittelnde. Seine Aufgabe besteht darin, in das flüssige Metall unterzutauchen, den
daselbst empfangenen Sauerstoff an die Oberfläche zu führen, um ihn dort der darüber
streichenden Flamme bezieh. der glühenden Holzkohle zu übergeben und dieses Spiel so
lange fortzusetzen, als er den kleinsten Rest an Sauerstoff noch vorfindet, um
schlieſslich nach vollbrachter Arbeit in dem Kupfer zu verbleiben. Doch damit ist
seine Thätigkeit noch nicht abgeschlossen; er beginnt sie von Neuem, sobald das
Metall aus dem Ofen in die Formen geschöpft wird. Hier schützt er daſselbe vor der
Einwirkung des atmosphärischen Sauerstoffes und gestattet diesem eine bleibende
Aufnahme erst dann, wenn er selbst seiner ganzen Menge nach sich wieder daraus
entfernt, d.h. in der Form von Kupferoxydulphosphat an die Oberfläche begeben
hat.Bei dem auf der Saigerhutte bei Hettstedt ausgeführten Versuche wurde dem
zähegepolten Raffinade eine seinem Sauerstoffgell alte nahezu entsprechende
Menge Phosphor zugesetzt, hierbei aber beabsichtigt, späterhin einen
weiteren Zusatz folgen zu lassen, als Ersatz für den durch Verbrennung
entstandenen Verlust, welcher immerhin in mehr oder weniger hohem Grade
statthaben muſste. – Dieser Zusatz unterblieb. Der Umstand aber, daſs nichts
desto weniger die zugefügte Menge sich als ausreichend erwies, scheint die
hier ausgesprochene Ansicht nur zu bestätigen.
Es mag noch erwähnt sein, daſs das zu dem besprochenen Versuche benutzte
Phosphorkupfer von der Firma W. G. Otto in Darmstadt
bezogen war, welche daſselbe bis zu einem Gehalte von 16 Proc. Phosphor im Groſsen
darstellt.