Titel: Der Profilzirkel von Martin Kovatsch.
Autor: Martin Kovatsch
Fundstelle: Band 233, Jahrgang 1879, S. 118
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Der Profilzirkel von Martin Kovatsch. Diplomirter Ingenieur und honorirter Docent an der k. k. technischen Hochschule in Brünn. Mit Abbildungen auf Tafel 14. Kovatsch's Profilzirkel. Theilt man einen Quadranten derart ein, daſs die Lage der Theilstriche der Reihe nach um die Winkel: φ 1 = arc sin 0,01 .... .. ................... φ 2 = arc sin 0,02 φ 99 = arc sin 0,99 φ 3 = arc sin 0,03 φ 100 = arc sin 1,00 vom Nullpunkte abstehen, so erhält man (den Nullpunkt eingerechnet) 101 ungleiche, vom Nullpunkte aus stets gröſser werdende Theile. Wählt man die zugehörige Bezifferung so, daſs an diesen Theilstrichen der Reihe nach die Werthe 0, 1, 2, 3, .... 99, 100 abgelesen werden können, so erhält man eine Sinustheilung für den Radius = 100. Eine Alhidade, welche mit einem Index versehen ist, würde vom Nullpunkte aus, um einen beliebigen Winkel – kleiner als 90° – verdreht, die directe Ablesung der Sinus dieser Winkel ermöglichen.Ein an derselben Alhidade angebrachter, um 90° abstehender Index würde die directe Cosinusablösung gestatten. Zwischen je zwei Theilstrichen könnten selbstverständlich noch Unterabtheilungen im gleichen Sinne angebracht werden; sie wären jedoch für den vorliegenden Zweck und bei dem hierfür nöthigen Genauigkeitsgrad überflüssig. Der vertical gestellte Limbus des vorliegenden Instrumentes hat dies Sinustheilung von einem mittleren Nullpunkt aus zweimal, einmal nach rechts, einmal nach links, auf einem Halbkreise aufgetragen, der mit einem Pendelzeiger P versehen einem Gradbogen zur Bestimmung von Höhenwinkeln ähnlich wird, wie Fig. 1 näher zeigt. Ein solcher mit einer Sinustheilung versehener Halbkreis an eine Latte von gewisser Länge, hier 100cm, derart befestigt, daſs bei horizontaler Lage der Latte der Pendelzeiger auf Null steht, gibt, da Δ ABC ~ Δ abc und die dem Winkel φ gegenüber liegenden Dreieck-weiten proportional sind, schon eine Vorrichtung zum Profiliren (vgl. Fig. 2). Wenn die Linie AB = 100cm = Lattenlänge, BC = der relative Höhenunterschied der Punkte A und B, so ist: BC=AB\ sin\ \varphi . . . . . . . . . . (1) und diese Zahl eben ist es, welche in diesem Falle an dem Bogen als Sinus für den Radius = 100 abgelesen wird. Sobald der Radius 100cm beträgt, so bedeutet die abgelesene Zahl (das Mass BC) ebenfalls Centimeter, nachdem sich die Ablesung nach der Masseinheit jener Lattenlänge richten wird, welche der Theilung und Bezifferung des Limbus zu Grunde gelegt wurde. Weit handsamer und bequemer als die eben besprochene Latte ist ein groſser Zirkel mit der unveränderlichen Zirkelöffnung von 100cm.Es stünde natürlich nichts im Wege, eine gröſsere Zirkelöffnung anzuwenden, oder den Zirkel so einzurichten, daſs die Zirkelschenkel auf einen Bruchtheil jener Oeffnung, welche der Theilung des Limbus zu Grunde liegt, eingestellt werden könnte. Um für diesen Fall die richtige Ablesung zu erhalten, wäre der Werth der Ablesung am Pendelzeiger proportional zu vergröſsern oder zu verkleinern, oder es müſste bei Benutzung der an dem Limbus bereits vorhandenen Theilung an die gemachte Ablesung eine der neuen Zirkelconstanten entsprechende Correction angebracht werden.Es sei nach Fig. 2 AB=l, AD=l', BC=h, DE=h_1, bc=h', ab=r, so ist:h=\frac{l}{r}\,h',weil \triangle\,ABC\sim\triangle\,abc; \frac{l}{r}=c ist für die Theilung des Limbus constant, somit:h=ch'.Der gleiche Werth der Theilung für die Lättenlänge l ist durch die Gleichung angedeutet.Für eine andere Lattenlänge l' wäre das entsprechende h_1=h\,\frac{l'}{l},weil \triangle\,ABC\sim\triangle\,ADE. Durch Substitution des für h erhaltenen Werthes wird: h_1=\frac{l'}{l}\,h'\,\frac{l}{r}. Nach früher ist \frac{l}{r}=c, daher: h_1=\frac{l'}{l}\,ch'.Wählt man also eine andere Lattenlänge, welche der Theilung des vorhandenen Limbus nicht entspricht, so wird man, um die der neuen Lattenlänge l' entsprechenden Höhenunterschiede der Endpunkte zu erhalten, die gegebene Ablesung ch' mit dem Verhältniss der neuen Lattenlänge l' zu jener Lattenlänge l, welche der Theilung des vorhandenen Limbus entspricht, zu multipliciren haben. Nach den vorausgeschickten Erörterungen dürften diesem in Fig. 3 und 4 in 1/10 n. Gr. dargestellten Instrument nur wenige Worte beizufügen sein. Die Höhe desselben ist derart bemessen, daſs damit, ohne sich biegen zu müſsen, bequem gearbeitet werden kann. Zur Handhabung des Zirkels befindet sich am Kopf ein Arm H, welcher in der Verticalebene durch die Drehungsachse der Zirkelschenkel in verschiedene Lagen gedreht werden kann. Diese Handhabe kann dazu benutzt werden, um eine Winkeltrommel zum Abstecken der Profilrichtung aufzusetzen, und da die Bewegung dieser Handhabe in der Verticalebene durch die Drehungsachse erfolgen kann, so sind bei dem Umstand auch Visuren längs sehr steiler Lehnen möglich. Der nach dem erwähnten Principe getheilte Limbus ist am Zirkelkopf derart befestigt, daſs der Theilungsmittelpunkt des Limbus und der Drehungsmittelpunkt des Pendels P in die Drehungsachse der Zirkelschenkel fallen. Selbstverständlich könnte der Limbus sammt dem Pendel an einer beliebigen Stelle des Zirkels befestigt werden; es wäre daran nur die Bedingung geknüpft, daſs der Pendelzeiger bei horizontaler Stellung der Zirkelspitzen auf Null einspielen müſste. Die Zirkelschenkel Z sind durch die Spange S versteift. Auſser Gebrauch kann der Zirkel zusammengeklappt und die Schenkel durch einen Riemen festgeschnürt werden. Zu dem Zwecke kann die Schraube, welche die Spange an dem einen Ende festhält, gelüftet und nach der Drehung um den zweiten Befestigungspunkt letztere am entsprechenden Zirkelschenkel befestigt werden. Damit das Instrument beim Transporte nicht beschädigt werden kann, ist der Zirkelkopf mit dem Limbus in einem Gehäuse verwahrt. Soll das Instrument richtige Ablesungen geben, so muſs der Zeiger des Pendels P bei horizontaler Lage der Zirkelspitzen auf Null einspielen. Bedient man sich zur Prüfung des Instrumentes einer schiefen Ebene, so muſs die Differenz der ersten und der nach der Drehung des Instrumentes um 180° in derselben Verticalebene erhaltenen Ablesung gleich Null sein: \alpha-\beta=0. Ergibt sich bei dieser Untersuchung ein Fehler F, so wird derselbe dadurch berichtigt, daſs der Limbus nach Lüftung der Schraube R um den Werth F=\frac{\alpha-\beta}{2} entsprechend gedreht wird. Die Aufnahme der Profile geschieht in der Weise, daſs der Zirkel in der abgesteckten Profilsrichtung entweder durch Drehung um eine der Spitzen, oder durch Ueberstellen um eine Zirkelconstante fortbewegt wird; ein sehr geringes Neigen des Instrumentes wird genügen, damit das Pendel zur Ruhe gebracht und dadurch die Ablesung sofort gemacht werden könne. Ob man der abgesteckten Profilsrichtung folgt, hiervon kann man sich leicht mit Hilfe der oberen Limbuskante überzeugen. Die Anordnung einer besonderen Visurvorrichtung würde das Instrument unnöthig vertheuern. Während der Arbeit können die gemachten Ablesungen in einer nach dem in Fig. 5 veranschaulichten Muster angefertigten Tabelle eingetragen und das entsprechende Profil kann übersichtshalber in der Rubrik „Anmerkung“ nach dem Augenmaſse graphisch dargestellt werden. Uebrigens wird sich die Anordnung der diesbezüglichen Aufzeichnungen nach den jeweiligen Verhältnissen und nach den während der Arbeit auftretenden Bedürfnissen regeln. Das Auftragen der Profile gestaltet sich sehr einfach. Vor allem werden die in der Natur gemessenen Höhen auf einer Verticalen VV' (Fig. 6) in einem bestimmten Maſsstabe aufgetragen und durch die erhaltenen Punkte die Parallelen I, II, III u.s.w. gezogen. In dem nämlichen Maſsstabe wie die aufgetragenen Höhen wird der Zirkelconstanten des Instrumentes entsprechend ein gewöhnlicher Zirkel geöffnet. Vom Punkte I ausgehend schneidet man mit dieser Zirkelöffnung in der Reihenfolge alle Parallele und die erhaltenen Punkte 1, 2, 3 u.s.w. geben verbunden das Bild des aufgenommenen Profiles.In jedem Wendepunkte des Profiles errichtet man neue Verticale VV' und verfährt wie bereits angegeben. Wurde die Zirkelconstante auf Bruchtheile eingestellt und die entsprechende Ablesung im früher erwähnten Sinne corrigirt, so ist dies beim Auftragen an der bezüglichen Profilstelle zu berücksichtigen. Dieses Instrument soll der Hauptsache nach das Profiliren durch das sogen. „Abwägen“, oder „Staffeln“ ersetzen, kann in beschränkten Räumen, wie z.B. in Fundamenten u.s.w., sowie zu den verschiedensten Operationen, im Nothfalle, wenn kein feines Nivellirinstrument bei der Hand wäre, auch für rohe Nivellirungen verwendet werden. Beim Profiliren durch das Staffeln sind bekanntlich drei Stücke, d. i. die Setzlatte, Abwagelatte und eine Libelle, erforderlich. Abgesehen, daſs die Libelle an die Abwagelatte befestigt werden kann, und daſs der zur Handhabung derselben nöthige Mann entfällt, so sind zur Bedienung der Abwage- und Setzlatte dennoch zwei Mann unbedingt nöthig, während der Ingenieur als dritter die Aufzeichnungen der Ablesungen zu besorgen hat. Der Profilzirkel ist sehr bequem und gegenüber den zum Abwägen nöthigen Apparaten sehr leicht gehalten. Während der Arbeit ist zur Handhabung desselben nur ein Mann nöthig; dabei notirt der Ingenieur als zweiter die Ablesungen. Es wird demnach bei dieser Art der Profilirung gegenüber den Staffeln immer ein Mann erspart, im Nothfalle kann derjenige, welcher mit dem Zirkel arbeitet, auch die Ablesungen aufschreiben, was beim Staffeln unmöglich ist. Das Profiliren mit dem Zirkel kann in Folge der leichteren Fortbewegung viel schneller als nach der Methode des Staffelns erfolgen; das schwingende Pendel kann, um die Ablesung rasch machen zu können, durch ein geringes Neigen des Limbus schnell zur Ruhe gebracht werden. Beim Staffeln hingegen müſsen die von zwei verschiedenen Individuen abhängigen Operationen des Horizontalstellens der Abwagelatte und des Senkrechtstellens der Setzlatte vorangehen, bevor zur Ablesung geschritten werden kann. Den Profilen, welche durch das Staffeln aufgenommen werden, liegen die horizontalen Projectionen der mit der Abwagelatte gemessenen Terrainlängen und die entsprechenden Höhenunterschiede der Terrainpunkte als Constructionselemente zu Grunde; mit dem Profilzirkel hingegen werden die wirklichen Terrainlängen gemessen und die Profile mit Hilfe dieser und der den Zirkelconstanten entsprechenden Höhenunterschiede der Terrainpunkte erhalten.Das beschriebene Instrument wird durch den Mechaniker und Libellenfabrikanten Hrn. Wenzel Reinisch in Wien, IV Kolschitzkygasse Nr. 3, angefertigt.

Tafeln

Tafel Tafel 14
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